Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2005

OVG NRW: ablauf der frist, unterkunftskosten, angemessenheit, miete, ergänzung, reform, notlage, wohnungsmarkt, gegenüberstellung, verfügung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 3673/03
31.03.2005
Oberverwaltungsgericht NRW
12. Senat
Beschluss
12 A 3673/03
Verwaltungsgericht Münster, 5 K 585/00
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien
Zulassungsverfahrens.
G r ü n d e :
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil die
beabsichtigte Rechtsverfolgung bei vorläufiger - aus der Sicht zum Zeitpunkt der
Entscheidungsreife vorgenommene - Betrachtung nach Maßgabe der nachfolgenden
Gründe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
2. Der Zulassungsantrag führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des
erstinstanzlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Es mag dahinstehen, ob mit dem Zulassungsvorbringen die Annahme des
Verwaltungsgerichts erschüttert wird, die Einkommensverhältnisse der Klägerin zu 1. seien
im streitgegenständlichen Zeitraum auf Grund einer jahrelangen Unterstützung durch Herrn
B. unklar. Hierbei handelt es sich nur um eine von mehreren - die Klageabweisung
selbstständig tragenden - Begründungen.
Jedenfalls werden nämlich die das Ergebnis ebenfalls für sich tragenden Feststellungen
des Verwaltungsgerichtes, der Beklagte sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht
verpflichtet gewesen, die Miete im Rahmen der Bewilligung von laufender Hilfe zum
Lebensunterhalt zu übernehmen, und die Klägerin zu 1. habe im Übrigen über
ausreichendes Einkommen zur Bedarfsdeckung verfügt, durch den Vortrag der Kläger im
Zulassungsverfahren nicht entscheidend in Frage gestellt.
Es unterliegt zunächst keinen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht hier die
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Angemessenheit der Unterkunftskosten unter Zugrundelegung der im sozialen
Wohnungsbau anerkannten Wohnraumgrößen als objektive Obergrenze nach der Fläche
der Wohnung bemessen hat. Inwieweit die Überschreitung dieser Obergrenze durch einen
besonders günstigen Mietzins pro Quadratmeter in sozialhilferechtlich relevanter Weise
kompensiert werden kann,
vgl. dazu den Beschluss des Senats vom 15. März 2004 - 12 A 714/03 -,
ist hier ohne Belang, den eine solche Kompensation ist weder von den Klägern
vorgetragen worden noch sonst wie ersichtlich.
Das Wohngeld muss - wie jeder andere Einkommensbestandteil - bei der Frage der
Angemessenheit der Unterkunftskosten außer Betracht bleiben.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. März 2003
- 16 B 2385/03 -.
Der Senat sieht hier keine Veranlassung, insoweit der abweichenden Auffassung in der
sozialhilferechtlichen Fachliteratur
Hoffmann in LPK-BSHG, 6. Aufl., § 12 Rdnr. 27
zu folgen.
Die Frage, ob eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung alternativ zur
Verfügung gestanden hat oder die von den Klägern bewohnte Unterkunft die in dem
maßgeblichen räumlichen Umkreis und Bedarfszeitraum einzig verfügbare war, ist vom
Verwaltungsgericht korrekt abgehandelt worden. Ausweislich der von der Klägerin zu 1.
unterzeichneten Verhandlungsniederschrift vom 19. November 1999 ist ihr sehr wohl auch
eine Frist gesetzt worden, innerhalb derer sich der Beklagte vorbehaltlich von Bemühungen
um eine Senkung der Unterkunftskosten namentlich durch einen Wohnungswechsel
zunächst zu Übernahme der Unterkunftskosten in voller - unangemessener - Höhe bereit
erklärt hat. Dass der Beklagte an die gewährte Übergangszeit von sechs Monaten nicht
mehr gebunden sein würde, nachdem sie mit ihrem Antrag auf eine Renovierungsbeihilfe
vom 28. Januar 1999 ihre Umzugsunwilligkeit zu erkennen gegeben hatte, musste auch der
Klägerin zu 1. klar gewesen sein. Eine Bindung an die unrichtige Rechtsauskunft, nach
Ablauf der Frist könne die Miete nur noch in angemessener Höhe berücksichtigt werden,
haben die Kläger im Zulassungsverfahren selbst nicht geltend gemacht. Auch mit dem
Zulassungsantrag haben die Hilfsbedürftigen nicht substantiiert dargelegt, dass eine
andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen
Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht
auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft ihnen nicht zugänglich war.
Dass § 3 Abs. 1 der RegelsatzVO es nicht zulässt, wenigstens die angemessenen
Unterkunftskosten in die Bedarfsberechnung einzustellen, hat das Verwaltungsgericht
gleichermaßen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, ohne dass die Kläger dem mit
dem Hinweis auf das im Sozialhilferecht geltende Bedarfsdeckungsprinzip und den
entstehenden Umzugszwang durchschlagende Argumente entgegengesetzt hätten. Das
Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass die Ergänzung des § 3 Abs. 1
RegelsatzVO durch dessen neuen Satz 3 auf Grund von Artikel 11 des insoweit am 1.
August 1996 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli
1996 (BGBl. I S. 1088) nicht lediglich die Bedeutung einer "Klarstellung" dafür besitzt, dass
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der Sozialhilfeträger für die vor Inkrafttreten liegende Zeit bei Anmietung einer
sozialhilferechtlich unangemessenen Unterkunft zur Übernahme jedenfalls der
angemessenen Aufwendungen verpflichtet sei.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1998
- 5 C 6.98 -, FEVS 49, 145 (153).
Die danach vom Verwaltungsgericht zu Recht ohne die Berücksichtigung von
Unterkunftskosten für den streitbefangenen Zeitraum vorgenommene Gegenüberstellung
von Bedarf der Klägerin zu 1. im Übrigen und ihrem monatlichen Einkommen wird durch
die auf die Darstellung einer gegenwärtigen Notlage ("Anordnungsgrund") gerichteten
Ausführungen der Kläger zu ihrem Familieneinkommen und den tatsächlichen
Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Begründung des Zulassungsantrags von vornherein
nicht berührt. Auch soweit die Schulden aus dem Anspruchszeitraum herrühren, ist nicht
erkennbar, dass sie neben dem Regelsatz und dem Zuschlag für Alleinerziehende in die
Bedarfsberechnung einzustellen gewesen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.
Mit diesem Beschluss, der nach § 152 VwGO unanfechtbar ist, wird das angefochtene
Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).