Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 04.07.2005

OVG NRW: öffentliche sicherheit, öffentliche ordnung, ausweisung, sozialhilfe, verfügung, behandlung, einkünfte, gefahr, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 18 B 1635/04
Datum:
04.07.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 B 1635/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 7 L 4462/03
Schlagworte:
EU-Richtlinien langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige
Sozialhilfe
Normen:
Richtlinie 2003/109/EG des Rates der Europäischen Union vom
25.9.2003 Art. 5 Abs. 1 Buchst. a); Richtlinie 2003/109/EG des Rates der
Europäischen Union vom 25.9.2003 Art. 12 Abs. 1
Leitsätze:
1. EU-Richtlinien begründen grundsätzlich keine unmittelbaren Rechte
und Pflichten Einzelner.
2. Die in der Richtlinie 2003/109/EG festgelegten Bedingungen für die
Zuerkennung der Rechtsstellung eines langfristig
aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen liegen im Falle der
Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen für den eigenen
Lebensunterhalt und den der unterhaltsberechtigten
Familienangehörigen nicht vor.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, die
vom Senat im Beschwerdeverfahren nur zu prüfen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO),
rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung.
2
Die Antragstellerin hat sich in ihrer Beschwerdebegründung allein darauf berufen, sie
3
sei langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige im Sinne der Richtlinie
2003/109/EG des Rates der Europäischen Union vom 25. September 2003 und diese
Richtlinie habe schon vor ihrer Umsetzung innerstaatliche Wirkung mit der Folge, dass
deren Art. 12 ihrer Ausweisung entgegenstehe. Dem ist nicht zu folgen. Soweit es in Art.
12 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt, die Mitgliedstaaten könnten nur dann gegen einen
langfristig Aufenthaltsberechtigten eine Ausweisung verfügen, wenn eine gegenwärtige,
hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit
darstelle, vermag die Antragstellerin daraus zu ihren Gunsten nichts herzuleiten. EU-
Richtlinien haben keine direkte Wirkung im innerstaatlichen Recht und können
grundsätzlich keine unmittelbaren Rechte oder Pflichten Einzelner begründen.
Ob eine solche Richtlinie vor Ablauf der Umsetzungsfrist überhaupt – und
gegebenenfalls unter welchen Bedingungen – Vorwirkungen entfaltet und von den
Staatsorganen der Mitgliedstaaten gegebenenfalls zu beachten ist, kann der Senat offen
lassen. Die Antragstellerin ist nämlich nicht "langfristig aufenthaltsberechtigte
Drittstaatsangehörige" im Sinne der Richtlinie. Abgesehen davon, dass diese
Rechtsstellung gemäß Art. 2 Buchstabe b) i.V.m. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie der – hier
nicht gegebenen – Erteilung bedarf, liegen im Falle der Antragstellerin auch nicht die in
Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a) der Richtlinie festgelegten Bedingungen für die Zuerkennung
dieser Rechtstellung vor. Danach ist nämlich der Nachweis des Drittstaatsangehörigen
erforderlich, dass er für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen über
feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspruchnahme von
Sozialhilfeleistungen für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner
Familienangehörigen ausreichen. Diesen Nachweis kann die Antragstellerin für den
hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist nicht
erbringen. Vielmehr ist der angefochtenen Verfügung vom 5. November 2003 sowie der
ärztlichen Stellungnahme des Katholischen Klinikums Duisburg vom 7. Oktober 2004 zu
entnehmen, dass die Antragstellerin zu keiner Zeit ihres Aufenthalts in der
Bundesrepublik Deutschland einer längerfristigen Beschäftigung nachgegangen ist,
sondern vielmehr ihren Lebensunterhalt durch den Bezug von Sozialhilfe sicherstellt.
4
Die Geltendmachung eines Klinikaufenthalts der Antragstellerin zur psychiatrischen
Behandlung ist erst nach der mit dem 23. August 2004 abgelaufenen
Beschwerdebegründungsfrist erfolgt und daher gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6
VwGO im Beschwerdeverfahren nicht zu beachten.
5
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
6
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53, 71 Abs. 1 Satz 2,
72 Nr. 1 GKG.
7
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
8