Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 25.01.2010

OVG NRW (der rat, antragsteller, stellungnahme, bebauungsplan, planung, gemeinde, bevölkerung, einleitung des verfahrens, bewertung, lärm)

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 D 97/09.NE
Datum:
25.01.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 D 97/09.NE
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
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Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan "Lebensmittelmarkt P.---
straße " der Antragsgegnerin.
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Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans befindet sich am nördlichen Rand
des Ortsteils T. und umfasst eine Gesamtfläche von ca. 1,17 ha. Diese Fläche setzt
sich aus einer größeren und einer kleineren Teilfläche zusammen. Die größere
Teilfläche wird im Nordosten durch die N.------straße (L 810), im Südosten durch die P.---
straße , im Südwesten durch einen zu einer Hofstelle führenden Wirtschaftsweg und im
Nordwesten durch eine geradlinige Verbindung zwischen dem Wirtschaftsweg und der
N.------straße begrenzt. Unmittelbar südwestlich an diese Teilfläche grenzt die kleinere
Teilfläche an, die mit einer Breite von durchschnittlich 20 m parallel zur P.---straße und
mit einer Breite von 15 m entlang der Südwestgrenze des Grundstücks Gemarkung
O. , Flur 2, Flurstück 477, verläuft und an die sich in nordwestlicher Verlängerung
der T1. anschließt. Westlich dieser Teilfläche und des T2. befinden sich ein
Ehrenfriedhof mit zwei künstlich angelegten Teichen sowie zwei Sportplätze.
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Das Plangebiet ist bislang unbebaut. Es besteht weit überwiegend aus
landwirtschaftlich genutzten, durch einen Feldweg voneinander getrennten
Ackerflächen. Ferner befinden sich im nordwestlichen Planbereich eine ungenutzte
Vegetationsfläche und im westlichen Planbereich ein frei wachsender Gehölzstreifen.
Außerdem sind entlang der P.---straße ein Entwässerungsgraben und drei Linden sowie
an der Kreuzung der P.---straße mit der N.------straße ein die Verkehrs- von den
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Ackerflächen trennender Grünstreifen vorhanden.
Der Antragsteller ist Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks P.--
-straße 40 (Flurstück 784) und Alleineigentümer des südlich hinter diesem Grundstück
gelegenen Flurstücks 795. Diese Grundstücke liegen auf der dem Planbereich
gegenüberliegenden Seite der P.---straße etwa in Höhe der südwestlichen Begrenzung
der größeren Teilfläche des Plangebiets.
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Die P.---straße ist eine von der N.------straße in südwestlicher Richtung abzweigende
Gemeindestraße, in die aus südöstlicher Richtung die Straßen Am U. und X.--------
weg und aus westlicher Richtung die Straße X1. einmünden. Etwa in Höhe dieser
Straße beschreibt die P.---straße einen Halbkreis Richtung Südwesten und mündet
nach einem anschließenden Knick in südlicher Richtung schließlich in die Hauptstraße
ein, die den Ortsteil T. als Teil einer Kreisstraße in west-östlicher Richtung
durchquert und etwa 200 Meter südöstlich der Einmündung der P.---straße über einen
Kreisverkehr an die N.------straße angebunden ist. Die P.---straße ist in dem an das
Plangebiet grenzenden Bereich zwischen der N.------straße und der Einmündung der
Straße X1. einseitig und im weiteren Verlauf beidseitig bebaut. Für den Bereich
südöstlich der P.---straße im Abschnitt zwischen der N.------straße und dem Fuß- und
Radweg, Flurstück 851, setzt der Bebauungsplan "N.------straße " in der Fassung der 1.
Änderung ein Mischgebiet fest. Dieser Bereich umfasst u.a. nordöstlich der Straße Am
U. einen Schreinereibetrieb mit dem angrenzenden Wohngrundstück P.---straße 42
sowie südwestlich der genannten Straße die Grundstücke des Antragstellers und das
Wohngrundstück P.---straße 38 (Flurstück 862). Die zulässige Höchstgeschwindigkeit
auf der P.---straße ist südwestlich der Einmündung der Straße Am U. auf 30 km/h
begrenzt. In Höhe des X2.--------weges wie im weiteren südlichen Verlauf weist die P.---
straße Verengungen auf, die nur einspurigen Kraftfahrzeugverkehr zulassen.
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Der streitgegenständliche Bebauungsplan trifft im Wesentlichen folgende
Festsetzungen: Die östlich des Wirtschaftsweges befindliche größere Teilfläche ist
größtenteils als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Großflächiger
Lebensmitteleinzelhandel" ausgewiesen. In dem Sondergebiet ist die
Gesamtverkaufsfläche auf 1.000 qm, die Grundfläche auf 5.000 qm und die Zahl der
Vollgeschosse auf eins beschränkt. Als (nahversorgungsrelevante) Sortimente
zugelassen sind durch textliche Festsetzung Drogeriewaren, Parfümerie- und
Kosmetikartikel, Getränke, Nahrungs- und Genussmittel (inklusive Tabakwaren und
Getränke), Pharmazeutika, Reformwaren, Schnittblumen, Zeitungen und Zeitschriften;
ausnahmsweise dürfen auf maximal 10 % der Verkaufsfläche ergänzende
Warensortimente als zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden. Die
überbaubare Grundstücksfläche von 65 x 30 m ist durch Baugrenzen festgelegt und
befindet sich im Nordwesten des Sondergebiets abgerückt von der N.------straße und der
P.---straße . Durch textliche Festsetzung ist insoweit bestimmt, dass abweichend von
der offenen Bauweise Baukörper mit einer Gesamtlänge bis zu 65 m zulässig sind.
Südöstlich der überbaubaren Grundstücksfläche sieht der Bebauungsplan Flächen für
Stellplätze vor. Ein das Sondergebiet nach Norden und Westen abschließender
Randstreifen ist als Fläche zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen
Bepflanzungen festgesetzt. Durch die Festsetzung von Bereichen ohne Ein- und
Ausfahrt ist die Zufahrt zum Sondergebiet festgelegt; sie soll zur P.---straße hin angelegt
werden, etwa in Höhe des Schreinereibetriebs in rund 50 Meter Entfernung zur
Kreuzung P.---straße /N.------straße . Die kleinere Teilfläche westlich des
Wirtschaftsweges ist im Wesentlichen als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur
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Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (naturnaher Gewässerraum)
ausgewiesen. Ein an die P.---straße grenzender Randstreifen des Plangebiets (als Geh-
und Radweg) sowie eine 10 m breite und 5 m lange Fläche im Bereich der Einmündung
des Wirtschaftswegs in die P.---straße (als Geh-, Rad- und Wirtschaftsweg) sind als
Verkehrsflächen mit besonderer Zweckbestimmung festgesetzt. Unter der Rubrik
"Hinweise, Kennzeichnungen, nachrichtliche Übernahmen" wird im Bebauungsplan
ferner ausgeführt, die Kompensation für Eingriffe in Natur und Landschaft erfolge auf
dem Flurstück 477.
In der Planbegründung und dem Umweltbericht wird u.a. ausgeführt: Die in der
Gemeinde O. vorhandenen Handels- und Dienstleistungseinrichtungen zur
Grundversorgung der Bevölkerung befänden sich vorwiegend im Siedlungsschwerpunkt
des Hauptortes O. . Die unzureichende Nahversorgung im Ortsteil T. sowie
attraktive Einkaufseinrichtungen in den Nachbargemeinden bewirkten einen deutlichen
Kaufkraftabfluss. Um diesem Prozess entgegenzuwirken, solle die Unterversorgung mit
Lebensmitteln in T. auf der Grundlage der Empfehlungen des Stadtforschungs- und
Planungsbüros K. und L. in seiner im April 2006 erstellten "Aktualisierung der
einzelhandelsrelevanten Rahmendaten in der Gemeinde O. " (im Folgenden:
Einzelhandelsgutachten 2006) behoben werden. Der Sicherung der Nahversorgung
könne die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von maximal
1.000 qm dienen. Diese Größe resultiere aus der Berechnungsmethodik, die einem
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. (richtig: 24.) November 2005 zugrunde
liege. § 24a des Gesetzes zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm –
LEPro) stehe der Planung nicht entgegen. Die Stellungnahme des Büros K. und L.
"zur geplanten Neuansiedlung eines Lebensmittelvollsortimenters (Fa. K+K) in T.
im Hinblick auf seine Genehmigungsfähigkeit unter Berücksichtigung von § 24a LEPro"
von Juli 2008 (im Folgenden: gutachterliche Stellungnahme 2008) sei zu dem Ergebnis
gekommen, dass das Vorhaben schwerpunktmäßig der Nahversorgung des Ortsteils
T. diene und keine Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche oder die
Versorgungsstrukturen im Raum im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO haben werde.
Solche Auswirkungen würden durch die Zweckbindung der Sondergebietsfestsetzung,
die Festlegung der maximalen Verkaufsfläche und die Begrenzung der Verkaufsflächen
für Non-Food-Sortimente unterbunden. Der gewählte Standort weise im Vergleich zu
den geprüften Alternativen die beste Eignung auf. Insbesondere seien im Ortskern von
T. keine ausreichend großen Flächen für den verfolgten Zweck verfügbar. Um die
Funktion der P.---straße als Erschließungsstraße für den Ortsteil T. hervorzuheben
und mögliche Durchfahrtsverkehre zu reduzieren, seien außerhalb des
Plangeltungsbereichs flankierende Straßenraumgestaltungen vorgesehen. Mit Blick auf
die vor allem auf die Nutzung der Landesstraße zurückzuführende Vorbelastung des
Plangebietes und seiner Umgebung durch Verkehrsimmissionen sei es Ziel der
Bauleitplanung, die schallempfindlichen Nutzungen in den südlich angrenzenden
Gebieten durch den Anlagenlärm des geplanten Lebensmitteleinzelhandels nicht
erheblich zu belasten. Deshalb sei die Zufahrt soweit wie möglich zur Landesstraße
verschoben und befinde sich gegenüber einem Handwerksbetrieb im Mischgebiet. Eine
Schalltechnische Untersuchung des Planungsbüros I. aus März 2008 (im Folgenden:
Schallgutachten) habe ergeben, dass die schalltechnischen Richtwerte im Bereich der
Nachbarnutzungen südlich der P.---straße deutlich unterschritten würden. Ein
abschließender Nachweis sei bei der Bauantragsstellung zu erbringen. Ökologisch
wertvolle Bereiche würden nicht in Anspruch genommen. Der überwiegend durch die
Versiegelung zu erwartende Eingriff sei zur Verbesserung der Nahversorgung
unvermeidbar. Er solle innerhalb des Plangeltungsbereichs durch
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Begrünungsmaßnahmen im Bereich der Sondergebietsfläche und durch Herstellung
eines naturnahen Gewässerraums mit vielfältigen ökologischen Funktionen im
Anschluss an den T1. kompensiert werden.
Der Flächennutzungsplan der Gemeinde O. in der Fassung seiner im
Parallelverfahren betriebenen 10. Änderung stellt das Gebiet des Bebauungsplans
östlich des Wirtschaftswegs als "Sondergebiet – Großflächiger
Lebensmitteleinzelhandel (max. 1000 m² Verkaufsfläche)" und in einem nördlichen
Randstreifen als Grünfläche dar. Der vom Bebauungsplan umfasste Bereich westlich
des Wirtschaftsweges ist in dem Flächennutzungsplan als Fläche für Maßnahmen zum
Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft ausgewiesen.
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Das Bebauungsplanverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: Am 19. Juni
2008 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Einleitung eines Verfahrens zur
Aufstellung des Bebauungsplanes. Der Beschluss wurde am 3. September 2008
bekannt gemacht. Die Träger öffentlicher Belange wurden hiervon sowie von dem
gleichzeitig gefassten Beschluss zur Einleitung des Verfahrens zur 10. Änderung des
Flächennutzungsplans mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 und 2. Januar 2009
unterrichtet. In diesem Rahmen teilte die Bezirksregierung Münster mit Schreiben vom
20. Januar 2009 mit, dass gegen die 10. Änderung des Flächennutzungsplans keine
landesplanerischen Bedenken erhoben würden, da die im Rahmen der
landesplanerischen Anpassung mit einem Schreiben vom 21. Oktober 2008 formulierten
Eckpunkte, insbesondere eine detaillierte Alternativen-abwägung, vollständig umgesetzt
worden seien. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung fand in Form einer öffentlichen
Informationsveranstaltung am 21. Januar 2009 statt, an der auch der Antragsteller
teilnahm. Nach öffentlicher Bekanntmachung am 18. Februar 2009 wurde der
Bebauungsplanentwurf zusammen mit dem Entwurf zur Änderung des
Flächennutzungsplans und dem Schallgutachten in der Zeit vom 26. Februar bis
einschließlich 27. März 2009 öffentlich ausgelegt. Träger öffentlicher Belange erhielten
Gelegenheit, bis zum 27. März 2009 Stellung zu nehmen. Es gingen zahlreiche
Einwendungen ein. Der Antragsteller machte dabei u.a. geltend, dass der
Bebauungsplan mit den Zielen der Landesplanung nach § 24a LEPro nicht vereinbar
sei, weil der beabsichtigte Standort des Lebensmittelmarktes nicht in einem zentralen
Versorgungsbereich liege. Die innerörtlichen Einzelhandelsangebote im Ortsteil T.
wie auch diejenigen im Hauptort O. würden gefährdet, zumal die Kaufkraft in der
Gemeinde nach dem Einzelhandelsgutachten 2006 bereits abgeschöpft sei. Durch die
Festsetzungen des Bebauungsplans komme es zu erheblichen Flächenversiegelungen.
Die reizvolle Lage der Bebauung entlang der P.---straße mit freien Blicken auf die
landwirtschaftlichen Flächen werde sich hierdurch deutlich verschlechtern. Zu
befürchten sei, dass das Kraftfahrzeugaufkommen in der P.---straße und anderen als
Wohnstraßen dimensionierten Straßen in der Umgebung des Plangebietes deutlich
steigen und zu einer erheblichen zusätzlichen Belastung der Anwohner führen werde.
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Am 23. April 2009 befasste sich der Rat der Antragsgegnerin mit den während der
Offenlegung eingegangenen Stellungnahmen und beschloss sodann gleichzeitig mit
der 10. Änderung des Flächennutzungsplans den Bebauungsplan mit seiner
Begründung und dem Umweltbericht als Satzung. Am 26. August 2009 wurde der
Satzungsbeschluss zusammen mit der Genehmigung der 10. Änderung des
Flächennutzungsplans durch die Bezirksregierung N1. vom 25. August 2009
bekanntgemacht.
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Der Antragsteller hat am 26. August 2009 den vorliegenden Normenkontrollantrag
gestellt.
12
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:
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Er sei antragsbefugt, weil sein Grundstück durch die Verwirklichung des Planvorhabens
erheblichen zusätzlichen Belastungen durch Gewerbe- und Verkehrslärm ausgesetzt
werde. Die zu erwartende Verkehrslärmerhöhung sei mehr als nur geringfügig. Bei der
P.---straße handele es sich um eine verkehrsberuhigte Wohnstraße, die nach eigenen
Verkehrsmessungen des Antragstellers derzeit eine durchschnittliche tägliche
Verkehrsbelastung von knapp 1.360 Fahrzeugen und eine "durchschnittliche gewichtete
Verkehrsbelastung" von 1.291 Fahrzeugen aufweise. Zu erwarten sei, dass deutlich
mehr als die Hälfte des durch den geplanten Lebensmittelmarkt ausgelösten Verkehrs
über die P.---straße geführt werde, da dies für weite Teile der Bevölkerung T3. der
kürzeste und bequemste Weg zum Plangebiet sei. Demnach sei mit mehr als einer
Verdopplung des Verkehrsaufkommens und einer abwägungsrelevanten Erhöhung des
Beurteilungspegels der verkehrsbedingten Geräuschimmissionen um mehr als 3 dB(A)
zu rechnen.
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Der Bebauungsplan sei nicht den Zielen der Raumordnung angepasst, weil er gegen §
24a LEPro verstoße. Die der Planung zugrundeliegende Auffassung, das Vorhaben
habe keine Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche, sei unzutreffend. Die in
diesem Zusammenhang in der Begründung des Bebauungsplans in Bezug genommene
gutachterliche Stellungnahme aus dem Jahre 2008 habe den Ratsmitgliedern bei der
Beschlussfassung nicht vorgelegen. Schon dies begründe einen Abwägungsmangel.
Die in der Stellungnahme enthaltene Feststellung, das Vorhaben übernehme in erster
Linie eine Nahversorgungsfunktion für die Bevölkerung T3. , rechtfertige nicht den
Schluss, dass damit keine Auswirkungen auf andere Versorgungsbereiche zu erwarten
wären. Die Schwächung des zentralen Versorgungsbereichs im Ortsteil O. sei
nicht beachtet worden. Der neue Markt binde Kaufkraft, die dieser Versorgungsbereich
laut dem Einzelhandelsgutachten 2006 benötige. Mit dessen Empfehlung, zur
Vermeidung entsprechender Umsatzumverteilungen in schädlichem Ausmaß die
Gesamtverkaufsfläche des Lebensmittelanbieters auf maximal 800 qm festzusetzen,
habe sich der Rat nicht hinreichend auseinandergesetzt. Zudem diene nach Auffassung
der in der Arbeitsgruppe "Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3
BauNVO" vertretenen Einzelhandelsunternehmen ein Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb
der verbrauchernahen Versorgung in der Regel nur, wenn der voraussichtliche
Gesamtumsatz 35 v.H. der relevanten Kaufkraft im Nahbereich nicht übersteige.
Demgegenüber werde in der gutachterlichen Stellungnahme 2008 davon ausgegangen,
dass durch das Vorhaben mehr als 35 v.H. der Kaufkraft in T. abgeschöpft werde.
Bei diesen Einschätzungen lege die Stellungnahme ferner eine Aufteilung der
Verkaufsfläche in einen Lebensmittel- und einen Getränkemarkt zugrunde, die in den
Festsetzungen des Bebauungsplans keinen Niederschlag gefunden habe. Dass ein
reiner Lebensmittelmarkt zu einer weitergehenden Kaufkraftabschöpfung führe, habe
der Rat der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt. Auch mit den Auswirkungen des
Vorhabens auf die Verkaufseinrichtungen in T. habe sich der Rat nicht genügend
befasst.
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Abwägungsfehlerhaft sei der Bebauungsplan auch deswegen, weil die mit dem
Vorhaben verbundenen Immissionen unzutreffend und unvollständig ermittelt worden
seien.
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Das den Gewerbelärm betreffende Schallgutachten gehe von falschen Prämissen aus.
So liege sein, des Antragstellers, Grundstück nicht in einem Mischgebiet, sondern in
einem allgemeinen Wohngebiet. In diesem seien die ermittelten nächtlichen
Spitzenpegel nicht zulässig. Das in dem Schallgutachten als Immissionsort (IO) 2
gekennzeichnete Gebäude P.---straße 40 b existiere nicht. Sein, des Antragstellers,
Grundstück liege damit nicht in dessen Schallschatten, so dass die
Immissionsbelastung deutlich höher sein dürfte als im Schallgutachten veranschlagt.
Die auf die Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt gestützte
Berechnung der zu erwartenden Pkw-Bewegungen im Schallgutachten sei
dahingehend zu korrigieren, dass bezogen auf die für den Getränkemarkt vorgesehene
Teilfläche von 200 qm eine Bewegungshäufigkeit von 0,17 statt lediglich 0,1 je qm
anzusetzen sei. Das Schallgutachten lege zu Unrecht allein die Bewegungshäufigkeit
für einen kleinen Verbrauchermarkt zugrunde, obwohl die Parkplatzlärmstudie für einen
Getränkemarkt eine größere Bewegungshäufigkeit ausweise. Die Zunahme des
Verkehrslärms auf der P.---straße hätte in die Bewertung des Schallgutachtens
einfließen müssen.
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Im Hinblick auf die Verkehrslärmimmissionen sei zu beanstanden, dass die
Antragsgegnerin keinerlei Ermittlungen zur voraussichtlichen Zunahme des Verkehrs
angestellt habe. Hierzu hätte es der Feststellung des bisherigen Verkehrsaufkommens
auf der P.---straße bedurft. Mit den Einwendungen, die P.---straße und die von ihr
abzweigenden Wohnstraßen seien für den zu erwartenden Verkehr nicht ausreichend
dimensioniert, habe sich der Rat fehlerhaft auseinandergesetzt. Insbesondere seien der
enge Ausbau der P.---straße verkannt und die Straße Am U. zu Unrecht als
Sackgasse qualifiziert worden.
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Die planbedingten Lärmbeeinträchtigungen müsse er, der Antragsteller, nicht
hinnehmen, zumal sie mit einer erheblichen Verschlechterung seiner bislang sehr
ruhigen und geradezu idyllischen Wohnlage am Ortsrand einhergingen. Sein
Grundstück sei bislang keinen relevanten Belastungen durch Gewerbelärm,
insbesondere durch den an das Wohnhaus P.---straße 42 grenzenden
Schreinereibetrieb, ausgesetzt. Gleiches gelte im Hinblick auf den durch die P.---straße
hervorgerufenen Verkehrslärm. Der Verkehr von und zu den von der P.---straße
erschlossenen Geschäften bleibe innerhalb des Ortes und führe in der Regel nicht an
seinem, des Antragstellers, Grundstück vorbei. Die immissionsschutzrechtlichen Fragen
könnten auch nicht vollständig ins Baugenehmigungsverfahren verlagert werden, da
sich der Vollzug des Bebauungsplans in der Erteilung der Baugenehmigung erschöpfe.
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Das mit dem Bebauungsplan geplante Gewässer bedeute entgegen dem Umweltbericht
eine erhebliche Gefahr für Amphibien, da es zum Laichen aufgesucht werden und bei
einem Trockenfallen zum Verlust der Populationen führen könne. Bei der Abwägung sei
nicht berücksichtigt worden, dass das im Sondergebiet anfallende Niederschlagswasser
über einen Vorfluter in das Naturschutzgebiet C. eingeleitet werde.
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Die Festsetzung der zehn Meter breiten und fünf Meter langen Verkehrsfläche
besonderer Zweckbestimmung sei ohne erkennbaren Sinn und lasse befürchten, dass
es sich um eine zweite Zufahrt zum Sondergebiet handele.
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Bei der gemeinsamen Behandlung einer Vielzahl von Einwendungen seien einzelne
Gesichtspunkte nicht vollständig abgewogen worden. Schließlich habe sich der Rat der
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Antragsgegnerin nicht hinreichend mit der Anregung auseinandergesetzt, das Gebäude
im Sondergebiet solle näher zur Landesstraße versetzt werden. Er habe lediglich auf die
Einhaltung der Lärmgrenzwerte nach dem Schallgutachten abgestellt und dabei die
Lärmimmissionen für eine mögliche künftige Bebauung der südwestlich an das
Sondergebiet angrenzenden Flächen außer acht gelassen.
Der Antragsteller beantragt,
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den Bebauungsplan "Lebensmittelmarkt P.---straße " der Antragsgegnerin
für unwirksam zu erklären.
24
Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie erwidert: Der Antragsteller sei nicht antragsbefugt. § 47 Abs. 2 VwGO setze voraus,
dass der Antragsteller in eigenen Rechten betroffen sei; die bloße Möglichkeit reiche
insoweit nicht aus. Hieran fehle es, denn der Antragsteller habe nicht substantiiert
dargelegt, dass er planbedingt unzumutbare Lärmimmissionen zu befürchten habe.
Aufgrund des Schallgutachtens stehe fest, dass Überschreitungen der
Immissionsrichtwerte ausgeschlossen seien. Es sei zutreffend, dass das Grundstück
des Antragstellers in einem Mischgebiet liege. Selbst wenn die Richtwerte für ein
Allgemeines Wohngebiet zugrunde gelegt würden, würden diese eingehalten. Die
Einwände des Antragstellers gegen das Schallgutachten gingen fehl. Soweit das als IO
2 gekennzeichnete Grundstück nicht bebaut sein sollte, ergebe sich hieraus keine
höhere Schallbelastung für den Antragsteller, weil sein Grundstück von der Schallquelle
aus gesehen nicht hinter jenem Grundstück liege. Allenfalls sei mangels durch die
Bebauung sonst möglicherweise hervorgerufener Schallreflexionen mit einer geringeren
Schallbelastung zu rechnen. Die vom Antragsteller verlangte fiktive Teilung der Netto-
Verkaufsfläche des geplanten Marktes in einen Verbraucher- und einen Getränkemarkt
bei der Ermittlung der Fahrzeugbewegungen nach der Parkplatzlärmstudie sei
systemwidrig. Bei Einrichtungen mit gemischtem Angebot sei die Nutzung maßgeblich,
die dem Vorhaben seinen wesentlichen Charakter gebe. Zudem liege die im Gutachten
zugrunde gelegte Netto-Verkaufsfläche von 1.000 qm über dem Wert, der bei
Ausschöpfung des Bebauungsplans erreicht werden könne. Denn anders als die dort
– maximal auf 1.000 qm – festgesetzte Verkaufsfläche umfasse die Netto-Verkaufsfläche
im Sinne der Parkplatzlärmstudie nicht die den Kunden zugänglichen Toiletten,
Kassenbereiche, den Vorraum zwischen Kassen und Eingang, Leergutabstellplätze
sowie Lagerräume und Flure außerhalb des eigentlichen Verkaufsraums. Selbst wenn
bei Ausschöpfung der Planfestsetzungen die Immissionsrichtwerte überschritten
würden, stelle dies die Wirksamkeit des Bebauungsplans nicht in Frage, weil mögliche
Immissionskonflikte im Rahmen des nachfolgenden Baugenehmigungsverfahrens
sachgerecht gelöst werden könnten. Die vom Antragsteller befürchtete Überlastung der
P.---straße sei ebenfalls nicht substantiiert dargelegt. Es handele sich um eine
Ortsdurchfahrtsstraße, die der Erschließung der angrenzenden Bau- und Wohngebiete
sowie darüber hinaus von Sportstätten, Friedhof, Bäckerei, Metzgerei und
weiterführender Schule diene. Die Straße sei damit für den überörtlichen und örtlichen
Verkehr ausreichend dimensioniert. Aufgrund der Lage der einzigen Zufahrt zum
Sondergebiet sei zudem davon auszugehen, dass der durch das Vorhaben ausgelöste
Verkehr hauptsächlich über die Landesstraße zu- und abfließen werde.
27
Der Antrag sei darüber hinaus unbegründet. Hinsichtlich der Untersuchung und
Bewertung der Lärmimmissionen folge dies aus den Ausführungen zur Unzulässigkeit
des Antrags. Die mit dem Vorhaben verbundenen Verkehrsimmissionen seien im
Schallgutachten eingehend untersucht worden. Eine zusätzliche Berücksichtigung des
durch das Vorhaben ausgelösten Verkehrs auf der P.---straße sei nach Nr. 7.4 der TA
Lärm nicht zulässig, da er sich mit dem öffentlichen Verkehr vermische. Eine
nachhaltige Beeinträchtigung der Verkehrslärmsituation sei zudem aufgrund der
dargelegten gegenwärtigen Ausgestaltung der P.---straße als
Haupterschließungssammelstraße nicht zu besorgen. Die Verengungen im südlichen
Verlauf der Straße dienten einzig der Geschwindigkeitsbegrenzung und nicht der
Verlagerung des Verkehrs auf andere Straßen. § 24a LEPro sei mangels
Verbindlichkeitsanspruchs in räumlicher und/oder sachlicher Hinsicht sowie der
erforderlichen abschließenden Abwägung durch den Träger der Landesplanung kein
Ziel, sondern lediglich ein Grundsatz der Raumordnung. Zu diesem Grundsatz setze
sich die angegriffene Planung nicht in Widerspruch. Die gutachterliche Stellungnahme
2008 belege, dass das Planvorhaben schwerpunktmäßig eine Nahversorgungsfunktion
für die Einwohner des Ortsteils T. sowie zum Teil auch des Ortsteils D. erfülle
und damit zu keiner Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit zentraler
Versorgungsbereiche in der Gemeinde O. und in benachbarten Gemeinden führen
werde. Die Stellungnahme habe den Ratsmitgliedern bei der Fassung des
Satzungsbeschlusses entgegen der Behauptung des Antragstellers vorgelegen. Der
vom Antragsteller in Abrede gestellte Sinn der Festsetzung einer zehn Meter breiten und
fünf Meter langen Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung bestehe darin, den
vorhandenen Wirtschaftsweg planungsrechtlich abzusichern.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 7 B 1248/09.NE, der
Aufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin und der von den Beteiligten vorgelegten
Unterlagen Bezug genommen.
29
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
30
Der Antrag ist zulässig.
31
Der Antragsteller ist insbesondere gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Nach
dieser Vorschrift kann den Antrag auf Normenkontrolle jede natürliche oder juristische
Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in
ihren Rechten verletzt zu sein. Dabei sind an die Geltendmachung einer
Rechtsverletzung entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keine höheren
Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Es genügt, wenn der
Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich
erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht
verletzt wird. Als verletztes Recht kommt insbesondere das subjektive Recht auf
fehlerfreie Berücksichtigung privater Belange in der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7
BauGB in Betracht. Zu dessen Geltendmachung muss der Private allerdings einen
eigenen Belang als verletzt benennen, der abwägungsbeachtlich war, und zwar einen
solchen Belang, der in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten
Bezug hat.
32
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46.
33
Der Antragsteller ist zwar nicht Eigentümer eines im Bebauungsplangebiet gelegenen
Grundstücks, stützt sich jedoch auch auf solche eigenen Belange, die
abwägungsbeachtlich waren.
34
Das Interesse von Anwohnern, vor planbedingt erhöhten Lärmimmissionen bewahrt zu
bleiben, gehört zu den abwägungsrelevanten Belangen bei der Aufstellung eines
Bebauungsplans. Als Abwägungsposten beachtlich ist das Lärmschutzinteresse nicht
erst, wenn Geräuschbeeinträchtigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG als
schädliche Umwelteinwirkungen zu qualifizieren sind. Auch Lärm, der nicht aufgrund
der Wertungen des einfachen oder des Verfassungsrechts als unzumutbar einzustufen
ist, kann im Rahmen der Abwägungsentscheidung den Ausschlag geben. In die
Abwägung braucht das Lärmschutzinteresse nur dann nicht eingestellt zu werden, wenn
es nicht schutzwürdig ist oder mit so geringem Gewicht zu Buche schlägt, dass der
zusätzliche Lärm als planungsrechtlich von vornherein zu vernachlässigende Größe
außer Betracht bleiben kann. Dabei verbietet sich eine engherzige Handhabung, die im
Ergebnis dazu führt, die an sich gebotene Sachprüfung als eine Frage der Zulässigkeit
des Antrages abzuhandeln.
35
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. März 1994 4 NB 24.93 -, BRS 56 Nr. 30
(dort unzutreffend als Beschluss vom 18. Februar 1994 bezeichnet), und
vom 8. Juni 2004 - 4 BN 19.04 -, BRS 67 Nr. 19, m.w.N.
36
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Abwägungsrelevanz des vom Antragsteller
geltend gemachten Lärmschutzinteresses schon im Hinblick auf den dem Betrieb des
Lebensmittelmarktes unmittelbar zuzurechnenden Gewerbelärm zu bejahen. Auf der
Grundlage des Bebauungsplans soll unter anderem die Nutzung einer Stellplatzanlage
ermöglicht werden, die nicht nur zur P.---straße erschlossen werden soll, sondern vor
allem im südwestlichen Bereich bis zu einem Abstand von nur gut 20 m an das
Wohngrundstück des Antragstellers heranreicht. Der Rat der Antragsgegnerin hat
seinen Erwägungen ein der Stellplatznutzung zugeordnetes Verkehrsaufkommen von
rund 3.200 Pkw/Tag (jeweils 1.600 Zu- und Abfahrten) zugrunde gelegt. Allein die
hierauf zurückzuführenden Geräuschimmissionen haben erkennbar ein Gewicht, das
nicht mehr als planungsrechtlich vernachlässigbare Größe außer Betracht bleiben kann.
Der Antragsteller behauptet in seine Antragsbefugnis begründender, hinreichend
substantiierter Weise, der Rat habe (auch) diesen Belang nicht hinreichend abgewogen,
indem er insbesondere die Prämissen des eingeholten Schallgutachtens in Frage stellt.
Ob unabhängig von dem Anlagenlärm auch das vom Antragsteller geltend gemachte
Interesse an der Vermeidung einer Verkehrszunahme auf der P.---straße – isoliert
betrachtet – gewichtig genug ist, um abwägungsbeachtlich zu sein, bedarf daher an
dieser Stelle keiner Entscheidung.
37
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
38
Der Bebauungsplan leidet nicht an Form- oder Verfahrensmängeln, die ohne Rüge
beachtlich wären. Nur auf Rüge beachtliche Form- oder Verfahrensfehler sind
gegenüber der Antragsgegnerin nach Lage der Akten nicht vorgebracht worden und im
Übrigen auch nicht ersichtlich.
39
Auch in materieller Hinsicht ist der Bebauungsplan nicht zu beanstanden.
40
Der Planung fehlt nicht die nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderliche städtebauliche
41
Rechtfertigung.
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich
nach der jeweiligen städtebaulichen Konzeption der Gemeinde. Welche
städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen.
Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren
städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die
Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von
Gewerbebetrieben zur Verfügung stellt. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1
BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren
und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die
Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind.
42
Vgl. zu alledem BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 NB 15.99 -,
BRS 62 Nr. 19.
43
Diesen Anforderungen wird die strittige Planung gerecht. Sie ist nach der
Planbegründung maßgeblich darauf zurückzuführen, dass im Ortsteil T. eine
unzureichende Nahversorgung mit Lebensmitteln bestehe, die einen deutlichen
Kaufkraftabfluss in über attraktive Einkaufseinrichtungen verfügende
Nachbargemeinden bewirke. Mit der Behebung dieser Unterversorgung verfolgt die
Antragsgegnerin im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 2, 4 und 8a) BauGB legitime Planziele.
44
Die einzelnen Festsetzungen des Bebauungsplanes sind ebenfalls städtebaulich
gerechtfertigt und von einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen getragen. Das gilt
insbesondere für die vom Antragsteller beanstandete, auf § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB
gestützte Festsetzung einer zehn Meter breiten und fünf Meter langen Fläche als
Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (Geh-, Rad- und Wirtschaftsweg).
Entgegen der Behauptung des Antragstellers ist der Sinn dieser Festsetzung ohne
weiteres erkennbar. Sie dient mit Blick auf den parallel zur P.---straße festgesetzten
Geh- und Radweg der planungsrechtlichen Absicherung des westlich an das
Sondergebiet grenzenden Wirtschaftsweges.
45
Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB, wonach Bauleitpläne an
die Ziele der Raumordnung anzupassen sind. Die vom Antragsteller in diesem
Zusammenhang angeführte Vorschrift des § 24a Abs. 1 LEPro stellt schon kein Ziel der
Raumordnung dar. Es kann daher an dieser Stelle (noch) offen bleiben, ob die
Erwägungen, mit denen der Rat der Antragsgegnerin Auswirkungen auf die zentralen
Versorgungsbereiche oder die Versorgungsstrukturen im Raum nach § 11 Abs. 3
BauNVO verneint hat, sachgerecht sind. Ebenso wenig bedarf der Klärung, ob § 24a
LEPro mangels Gesetzgebungszuständigkeit des Landes insgesamt verfassungswidrig
ist.
46
Vgl. zu dieser Problematik OVG NRW, Urteil vom 30. September 2009 - 10
A 1676/08 -, juris.
47
Nach der maßgeblichen Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG sind Ziele der
Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten
oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend
abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen
zur Entwicklung, Ordnung oder Sicherung des Raums. In ihnen spiegelt sich bereits
48
eine landesplanerische Abwägung zwischen den durch die Grundsätze der
Raumordnung (§ 3 Nr. 3 ROG) verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen
Belangen wider. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe
sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen,
sind verbindlich. Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis
abschließender Abwägung ist genügt, wenn die Planaussage auf der
landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Der Plangeber kann es, je
nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des
Planziels Zurückhaltung zu üben, um den planerischen Spielraum der nachfolgenden
Planungsebene zu schonen. Von einer Zielfestlegung kann allerdings keine Rede mehr
sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die
abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 2003
49
- 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = BRS 66
50
Nr. 5.
51
Eine diesen Voraussetzungen genügende planerische Vorgabe ist § 24a Abs. 1 LEPro
nicht zu entnehmen. Der 10. Senat des erkennenden Gerichts hat hierzu ausgeführt:
52
"Es fehlt an dem für ein Ziel der Raumordnung charakteristischen
Verbindlichkeitsanspruch in räumlicher und/oder sachlicher Hinsicht sowie der
erforderlichen abschließenden Abwägung durch den zuständigen Träger der
Landesplanung. Nach der Regelung des § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro dürfen die
genannten Kerngebiete sowie Sondergebiete nur in zentralen Versorgungsbereichen
ausgewiesen werden. Die Ausweisung dieser Baugebiete setzt im Rahmen der
Bauleitplanung zwingend voraus, dass die Gemeinde vorab nach Maßgabe des § 24a
Abs. 2 Satz 1 LEPro ein gestuftes System zentraler Versorgungsbereiche festlegt. Ohne
diese Festlegung kann die Kernaussage, großflächigen Einzelhandel auf zentrale
Versorgungsbereiche zu verweisen, ihren Verbindlichkeitsanspruch weder in räumlicher
noch in sachlicher Hinsicht entfalten. Haben die Gemeinden die Festlegung von
zentralen Versorgungsbereichen unterlassen, geht § 24a Abs. 1 LEPro ins Leere. Mithin
handelt es sich bei § 24a Abs. 1 Sätze 1 bis 3 LEPro in Verbindung mit § 24a Abs. 2
LEPro nur um eine Vorgabe an die Kommunen für eine gestufte Planung. Daraus folgt,
dass der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms keine
abschließende Entscheidung treffen kann, die der kommunalen Leitplanung vorgelagert
ist. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen
Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete
für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, soll auf der kommunalen
Planungsebene getroffen werden. Die Gemeinde ist insoweit nicht an vorgelagerte
raumordnerische Zielfestlegungen, sondern (lediglich) an ihre Zentren-konzepte
gebunden. Die Gemeinde kann zudem ihr Zentrenkonzept jederzeit ändern und damit
auch die Möglichkeiten für ihre kommunale Bauleitplanung unterschiedlich
ausgestalten. Bei einer Zielfestlegung, die eine Gemeinde aufgrund ihrer
Anpassungspflicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB hinzunehmen hat, wäre dies gerade nicht
der Fall."
53
OVG NRW, Urteil vom 30. September 2009
54
- 10 A 1676/08 -, a.a.O.
55
Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an.
56
Der streitgegenständliche Bebauungsplan leidet auch nicht an beachtlichen
Abwägungsmängeln.
57
Das Gebot des § 1 Abs. 7 BauGB, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander
und untereinander gerecht abzuwägen, wird zunächst dann verletzt, wenn eine
sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Es ist ferner dann verletzt, wenn in
die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie
eingestellt werden muss. Schließlich liegt eine solche Verletzung auch dann vor, wenn
die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen
den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur
objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so
gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot jedoch genügt, wenn sich die zur
Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung
des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs
entscheidet.
58
In die Abwägung war gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB das öffentliche Interesse an der
Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche einzustellen. Ob § 24a Abs.
1 LEPro, die Wirksamkeit dieser Vorschrift unterstellt, einen Grundsatz der
Raumordnung darstellt und ob es sich bei dem streitgegenständlichen Bebauungsplan
um eine raumbedeutsame Planung handelt, die eine Berücksichtigung dieses
Grundsatzes in der Abwägung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 ROG erforderte, kann offen
bleiben. Denn die Planung des Rates der Antragsgegnerin genügt jedenfalls diesen
Anforderungen. Er hat sowohl das Interesse an der Erhaltung und Entwicklung zentraler
Versorgungsbereiche als auch die gegebenenfalls aus § 24a Abs. 1 Satz 1 und 3 LEPro
folgenden Direktiven für seine Abwägungsentscheidung sachgerecht berücksichtigt.
59
Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat sich der Rat insbesondere hinreichend
mit den Auswirkungen des Vorhabens auf das innerörtliche Angebot in den Ortsteilen
T. und O. befasst. Wie der Planbegründung sowie den Ziffern 1 und 2 der
Anlage 1 zur Sitzungsvorlage vom 9. April 2009 zu entnehmen ist, hat der Rat bei seiner
Abwägung zugrundegelegt, dass im Ortsteil T. kein ausreichend großes und
zeitgemäßes Angebot für die Lebensmittel- und Getränkeversorgung bestehe. Es fehle
in T. an einem ausgeprägten Innerortszentrum und ausreichenden Flächen im
Ortskern, die die Ansiedlung eines solchen Vorhabens ermöglichten. Vielmehr seien
derartige Ansiedlungsversuche in den letzten 15 Jahren allesamt an der mangelnden
Attraktivität der jeweiligen Standorte für die Investoren gescheitert. Bei dem
Planvorhaben handele es sich um einen Markt, der der ortsnahen Versorgung der
Bevölkerung diene, nicht um ein überörtlich relevantes Vorhaben. Im Ortsteil O.
bestehe bereits ein rein statistisch überhöhtes Flächenangebot, welches nicht erweitert
werden solle. Angesichts des kompakten Angebots im Mühlenpark O. mit einem
Discounter und einem Vollsortimenter bei ausreichendem Parkplatzangebot sei nicht mit
einer solch großen Umsatzverlagerung von O. nach T. zu rechnen, dass
diese Märkte gefährdet würden.
60
Diese Erwägungen des Rates der Antragsgegnerin sind sachgerecht. Er hat sich dabei
fehlerfrei auf die Erkenntnisse des Einzelhandelsgutachtens 2006 und der
61
gutachterlichen Stellungnahme aus dem Jahre 2008 gestützt.
Dass der Rat diese gutachterlichen Ausführungen unvollständig oder einseitig
gewürdigt hätte, ist nicht erkennbar. Der in diesem Zusammenhang vom Antragsteller
erhobene Einwand, den Ratsmitgliedern habe die gutachterliche Stellungnahme 2008
bei der Beschlussfassung nicht vorgelegen, verfängt nicht. Die Ermittlung und
Bewertung des Abwägungsmaterials setzt nicht voraus, dass jedem Ratsmitglied ein
Doppel sämtlicher für die Abwägung erheblicher Unterlagen vorliegen muss; eine
solche Verfahrensweise wäre nicht praktikabel. Ausreichend ist vielmehr, dass jedes
Ratsmitglied Kenntnis von den Unterlagen hat oder zumindest sich diese Kenntnis hätte
durch Einsichtnahme verschaffen können. Diese Voraussetzungen lagen nach den
Angaben der Antragsgegnerin vor. Der Antragsteller zeigt keinen Anlass zu Zweifeln an
dieser Darstellung auf. Die von ihm angeführte Sitzungsniederschrift gibt hierfür nichts
her, denn es ist nicht Aufgabe des Protokolls, sämtliche für die Planungsentscheidung
relevanten Unterlagen einzeln auszuweisen. Im Übrigen kommt es auf die Richtigkeit
der Behauptung des Antragstellers nicht einmal an, weil der Inhalt der genannten
Stellungnahme ausweislich der Planbegründung vom Rat jedenfalls zutreffend erfasst
worden ist. Das dort wiedergegebene Ergebnis entspricht der Kernaussage der
Stellungnahme, mögliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche oder die
Versorgungsstrukturen im relevanten Umfeld seien zu verneinen, weil das
Planvorhaben schwerpunktmäßig die Nahversorgungsfunktion für die Einwohner des
Ortsteils T. erfüllen werde.
62
Mit seiner Rüge, der Rat der Antragsgegnerin habe sich nicht hinreichend mit der
Empfehlung des Einzelhandelsgutachtens 2006 auseinandergesetzt, die
Gesamtverkaufsfläche des Lebensmittelanbieters auf maximal 800 qm festzusetzen,
dringt der Antragsteller ebenfalls nicht durch. Denn diese Empfehlung ist aufgrund der
aktuelleren und wesentlich konkreteren Ausführungen in der gutachterlichen
Stellungnahme 2008 zu den Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche bei einer
Verkaufsfläche von 1.000 qm überholt. Das Einzelhandelsgutachten 2006 beruht nicht
auf näheren Prognosen zum voraussichtlichen Umsatz und zur Kaufkraftabschöpfung;
die Angabe einer möglichst niedrigen maximalen Verkaufsfläche trägt damit den
Charakter einer konservativen Schätzung, um so sicher wie möglich zu gewährleisten,
dass das Vorhaben eine reine Nahversorgungsfunktion erfüllt und die möglichen
negativen Folgewirkungen für den Ortsteil O. gering gehalten werden. Dies
schließt nicht aus, dass konkretere zahlengestützte Prognosen zu dem Ergebnis
kommen können, dass auch bei einer größeren Verkaufsfläche keine erheblichen
Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten sind. Eben eine solche
konkrete Prognose leistet die gutachterliche Stellungnahme 2008.
63
Die hiernach vom Rat fehlerfrei erfassten Gutachten rechtfertigen zunächst - bestätigt im
Übrigen durch eine nachträgliche weitere Stellungnahme des Büros K. und L. von
Juli 2009 - seine Einschätzung, dass ein zentraler Versorgungsbereich im Ortsteil
T. aufgrund des sehr schwachen Angebots im Bereich Nahrungs- und
Genussmittel nicht besteht. Nach den insoweit unwidersprochenen gutachterlichen
Ausführungen ist ein städtebaulich-funktionales Zentrum in T. nicht vorhanden;
vielmehr handelt es sich um eine lockere Anordnung von kleineren, verstreut liegenden
Einzelhandelsbetrieben. Nur sieben Betriebe weisen Verkaufsflächen im Bereich
Nahrungs- und Genussmittel auf, von denen der Nahversorger "Ihre Kette" mit einer
Verkaufsfläche von rund 130 qm schon der größte Betrieb ist. Alle weiteren Betriebe
sind dem Lebensmittelhandwerk zuzurechnen oder bieten Nahrungs- und Genussmittel
64
lediglich als Randsortiment an. Hiernach fehlt mit einem größeren Lebensmittelanbieter
der für Grund- und Nahversorgungszentren charakteristische Frequenzbringer. Die
Verkaufsflächenausstattung von rund 0,18 qm pro Einwohner liegt deutlich unter dem
Bundesdurchschnitt.
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Rat der Antragsgegnerin auf der Grundlage
der gutachterlichen Stellungnahme 2008 wesentliche Auswirkungen des geplanten
Lebensmittelmarktes auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche insbesondere
im Ortsteil O. im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO verneint hat. Entgegen der
Darstellung des Antragsteller hat der Rat dabei sehr wohl erkannt und berücksichtigt,
dass Einwohner T3. nach Umsetzung der Planung nicht mehr wie im bisherigen
Umfang zum Einkaufen in den Ortsteil O. fahren werden. Damit allein sind jedoch
noch keine mehr als nur unwesentlichen Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler
Versorgungsbereiche belegt. Maßgebend ist die Reichweite der Auswirkungen. Rein
wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche Folgen reichen nicht aus. Vielmehr müssen sich
die zu befürchtenden Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung
beziehen.
65
Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 2002
66
- 4 C 5.01 -, BRS 65 Nr. 10; OVG NRW, Urteil vom 30. September 2009 - 10
A 1676/08 -, a.a.O.
67
Städtebauliche Konsequenzen einer Planung zeigen sich etwa dann, wenn eine
Schädigung des Einzelhandels in der Gemeinde die verbrauchernahe Versorgung der
im jeweiligen Naheinzugsbereich lebenden Bevölkerung in Frage stellt oder die
Zentrenstruktur der Gemeinde nachteilig verändert. Dass solche Konsequenzen,
insbesondere mit Blick auf den Mühlenpark O. , nicht zu erwarten sind, durfte der
Rat der Antragsgegnerin aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme 2008 annehmen.
68
Zwar streitet vorliegend die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO für derartige
Auswirkungen, weil bei einer Verkaufsfläche, die - wie hier - 800 qm überschreitet,
zugleich eine Überschreitung der Geschossfläche von 1200 qm zu erwarten ist.
69
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005
70
- 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364 = BRS 69
71
Nr. 71.
72
Die Regel gilt nach Satz 4 der Vorschrift jedoch nicht, wenn Anhaltspunkte für das
Fehlen solcher Auswirkungen bestehen; dabei sind insbesondere die Gliederung und
Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen
Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.
Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Einzelfallprüfung verbietet sich eine
schematische Handhabung. Entscheidend ist, ob der Betrieb über den Nahbereich
hinauswirkt und dadurch, dass er unter Gefährdung funk-tionsgerecht gewachsener
städtebaulicher Strukturen weiträumig Kaufkraft abzieht, auch in weiter entfernten
Wohngebieten die Gefahr heraufbeschwört, dass Geschäfte schließen, auf die
insbesondere nicht motorisierte Bevölkerungsgruppen angewiesen sind. Besonderer
Betrachtung bedürfen dabei die Einzelhandelsbetriebe der eigentlichen Nahversorgung,
73
mithin solche, die – wie das Planvorhaben – primär Lebensmittel, aber auch in
beschränktem Umfang sonstige Artikel des täglichen Bedarfs anbieten. Für diesen
Bereich kann es im Einzelfall insbesondere dann an negativen Auswirkungen auf die
Versorgung der Bevölkerung und den Verkehr fehlen, wenn der Non-Food-Anteil
höchstens zehn v.H. der Verkaufsfläche beträgt und der Standort verbrauchernah und
hinsichtlich des induzierten Verkehrsaufkommens "verträglich" sowie städtebaulich
integriert ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005
74
- 4 C 10.04 -, a.a.O.; Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel,
Rdnrn. 96-103.
75
Die gutachterliche Stellungnahme 2008 orientiert sich an diesen Vorgaben. Die hieraus
abgeleitete Prognose zu den (fehlenden) Auswirkungen auf zentrale
Versorgungsbereiche oder die Versorgungsstruktur ist tragfähig.
76
Eine Prognose hat das Gericht nur darauf zu prüfen, ob sie mit den im maßgebenden
Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen
Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht prüft insoweit die Wahl einer
geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose
zugrunde liegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden
ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger
Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr
gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Gerichts, das Ergebnis
einer auf diese Weise sachgerecht erarbeiteten Prognose als solches darauf zu
überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit größerer oder geringerer
Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann.
77
Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998
78
- 11 A 53.97 -, DVBl 1998, 1188.
79
Die vorbeschriebenen Anforderungen erfüllt die gutachterliche Stellungnahme 2008.
80
Sie fußt auf einer Gegenüberstellung des zu erwartenden Umsatzes des Vorhabens im
Bereich von Nahrungs- und Genussmitteln und der sortimentsspezifischen Kaufkraft in
den Ortsteilen T. und D. . Ein derartiger Vergleich stellt eine geeignete
fachspezifische Methode für die Feststellung dar, ob ein Betrieb des
Lebensmitteleinzelhandels der Aufgabe gerecht werden kann, der verbrauchernahen
Versorgung der Bevölkerung in ihrem Einzugsbereich zu dienen.
81
Vgl. Kuschnerus, a.a.O., Rdnr. 98.
82
Die Schlussfolgerung des Gutachtens, der geplante Supermarkt übernehme in erster
Linie eine Nahversorgungsfunktion für die im (Nah-) Einzugsbereich lebende
Bevölkerung und habe keine relevanten Auswirkungen auf zentrale
Versorgungsbereiche, stützt sich plausibel auf die Erwägung, dass der voraussichtliche
Umsatz des Vollsortimenters bereits bei einer für realistisch erachteten
Kaufkraftabschöpfung von 40 v.H. der T4. Bevölkerung und 20 v.H. der D1.
Bevölkerung oder alternativ einer Kaufkraftbindung von 50 v.H. im Ortsteil T. ohne
83
zusätzlich gebundene Kaufkraft aus D. erreicht wird.
Die Prämissen, die die gutachterliche Stellungnahme damit in Bezug auf die relevante
Kaufkraft der Bevölkerung und den voraussichtlichem Umsatz zugrunde legt, sind
einleuchtend begründet.
84
Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass von einem relativ weiten
Einzugsbereich, der den gesamten Ortsteil T. und sogar den Ortsteil D. umfasst,
ausgegangen sowie bezogen auf den Ortsteil T. eine verhältnismäßig hohe
Kaufkraftabschöpfung von 40 bis 60 v.H. und bezogen auf den Ortsteil D. eine
Kaufkraftbindung von etwa 20 v.H. prognostiziert wird. Die vom Antragsteller zitierte, in
dem Bericht der Arbeitsgruppe "Strukturwandel im Einzelhandel und § 11 Abs. 3
BauNVO" vom 30. April 2002 (ZfBR 2002, 598 (601)) enthaltene Stellungnahme von
Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels stellt die Schlüssigkeit dieser Ansätze nicht in
Frage. Danach seien städtebaulich relevante Auswirkungen auf die verbrauchernahe
Versorgung im Einzugsbereich zu verneinen, wenn der
Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb selbst der verbrauchernahen Versorgung diene. Das
sei der Fall, wenn der voraussichtliche Gesamtumsatz 35 v.H. der relevanten Kaufkraft
der Bevölkerung im Nahbereich nicht übersteige; dieser Nahbereich sei bei einer
Einwohnerdichte von 2.500 Einwohnern/qkm oder mehr mit einem Radius von 1.000 m,
bei einer Einwohnerdichte von mehr als 1.250 Einwohnern/qkm bis weniger als 2.500
Einwohnern/qkm mit einem Radius von 1.500 m und bei einer Einwohnerdichte von bis
zu 1.250 Einwohnern/qkm mit einem Radius von 2.500 m anzusetzen.
85
Derartige pauschalierende Ansätze bieten nur einen groben Anhalt für die Feststellung,
ob ein Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb der verbrauchernahen Versorgung der
Bevölkerung dient und städtebaulich relevante Auswirkungen auf zentrale
Versorgungsbereiche hat. Stets ist konkret den individuellen Gegebenheiten des
jeweiligen Einzelfalles, insbesondere den unterschiedlichen Anforderungen an eine
verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in verdichteten städtischen Räumen
einerseits und in dünner besiedelten ländlichen Räumen andererseits Rechnung zu
tragen.
86
Vgl. Kuschnerus, a.a.O., Rdnr. 99.
87
Die genannte Stellungnahme von Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels geht
dementsprechend selbst (a.a.O.) davon aus, dass besondere Siedlungs- und
Konkurrenzstrukturen abweichende Ansätze rechtfertigen können.
88
Vor diesem Hintergrund sind die gutachterlichen Annahmen zum Einzugsbereich des
Planvorhabens und zur voraussichtlichen Kaufkraftbindung schlüssig. Bezogen auf den
Ortsteil T. begründen die Gutachter diese Annahmen einleuchtend mit dessen stark
ländlicher, durch eine sehr lockere Bebauung geprägter Struktur, der bereits
beschriebenen rudimentären Angebotssituation im Bereich Nahrungs- und Genussmittel
und der daraus folgenden Alleinstellung des geplanten Lebensmittelmarktes. Diese
Umstände stellen besondere Siedlungs- und Konkurrenzstrukturen dar, die die von den
genannten pauschalen Ansätzen abweichenden Einschätzungen der Gutachter zum
relevanten Nahversorgungsbereich und zur Kaufkraftabschöpfung tragen.
Entsprechendes gilt für den wesentlich kleineren Ortsteil D. , der eine noch geringere
Verkaufsflächenausstattung von 0,07 qm je Einwohner ausweist. Dass seine
Einwohner, wenn auch zu einem geringeren Teil, den geplanten Lebensmittelmarkt
89
frequentieren werden, erscheint angesichts der guten verkehrlichen Erreichbarkeit des
Planvorhabens von D. aus über die N.------straße realistisch.
Auch die Prognose des zu erwartenden Umsatzes begegnet keinen durchgreifenden
Bedenken. Dass die Flächenproduktivität auf der Basis einer Verkaufsfläche von
insgesamt 900 qm, davon ca. 200 qm Verkaufsfläche für Getränke, statt 1.000 qm
berechnet wird, erklärt sich daraus, dass nach den Planungen der Antragsgegnerin auf
(maximal) 10 v.H. der Verkaufsfläche ergänzende (nicht nahversorgungsrelevante)
Warensortimente zulässig sein sollen. Dass von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht
werden wird, liegt nahe und durfte daher im Gutachten zugrunde gelegt werden. Wie der
gutachterlichen Stellungnahme des Büros K. und L. aus dem Jahr 2009 (S. 5 Abs.
4) zu entnehmen ist, sind diese ergänzenden Sortimente nicht in die Umsatzprognose
einbezogen worden, weil ihnen keine zusätzliche Bedeutung für die Beurteilung
städtebaulicher oder versorgungsstruktureller Auswirkungen in O. oder den
Nachbarkommunen beigemessen wurde. Dies leuchtet angesichts der geringen
Verkaufsfläche für diese Sortimente ohne weiteres ein.
90
Es führt auch nicht auf einen Abwägungsmangel, dass die in der gutachterlichen
Stellungnahme 2008 vorausgesetzte Aufteilung der Verkaufsfläche in einen
Vollsortiments- und einen Getränkebereich in den Festsetzungen des Bebauungsplanes
keinen Niederschlag gefunden hat. Die vom Antragsteller angeführte Möglichkeit der
Errichtung eines – vermeintlich flächenproduktiveren – "reinen" Lebensmittelmarktes
ohne Getränkebereich unter Ausschöpfung der maximalen Verkaufsfläche ist rein
theoretischer Natur und musste vom Rat der Antragsgegnerin nicht ernsthaft in Betracht
gezogen werden. Unabhängig hiervon wäre nach den Prämissen des Gutachtens zur
Flächenproduktivität eines Vollsortimenters (etwa 4.000 Euro/qm) in einem solchen Fall
ein Umsatz von etwa 4,0 Mio. Euro zu erwarten. Dieser läge immer noch deutlich unter
dem Umsatz von 4,3 Mio. Euro, der sich bei einer nach den vorstehenden Ausführungen
ebenfalls noch im Bereich realistischer Annahmen liegenden Kaufkraftabschöpfung von
50 v.H. für den Ortsteil T. und 20 v.H. für den Ortsteil D. ergäbe.
91
Dass der Rat der Antragsgegnerin bei seiner Abwägung die Notwendigkeit verneint hat,
vor dem Beschluss des streitgegenständlichen Bebauungsplans zunächst die
Erarbeitung des bei dem Büro K. und L. in Auftrag gegebenen Zentrenkonzepts
abzuwarten, begegnet keinen Bedenken. Da er – wie ausgeführt – fehlerfrei zugrunde
legen durfte, dass von dem geplanten Lebensmittelmarkt keine Auswirkungen auf
zentrale Versorgungsbereiche ausgehen, musste er auch nicht in Rechnung stellen,
dass die mit dem Zentrenkonzept beabsichtigte Entwicklung solcher Bereiche durch den
Bebauungsplan vereitelt oder wesentlich erschwert würde.
92
Schließlich ist die planerische Abwägung auch nicht in Bezug auf den gewählten
Standort zu beanstanden. Der Rat der Antragsgegnerin hat laut der Planbegründung
einschließlich des Umweltberichts alternative Standorte sowohl im Ortszentrum als auch
an den Ortsrändern in Betracht gezogen und mit detaillierten schlüssigen Überlegungen
verworfen. Insbesondere hat der Rat festgestellt, dass im Ortszentrum von T.
keinerlei Flächen in einer Größe zur Verfügung stehen, die als das Minimum für einen
zeitgemäßen und rentablen Lebensmittelmarkt anzusetzen sind. In den in der
Beschlussvorlage zum Bebauungsplan zusammengefassten Erwägungen wird ferner
bezogen auf im Planverfahren vorgebrachte Einwendungen, in Ortskernlage von T.
stünden kleinere ungenutzte Grundstücke zur Verfügung, die sich nicht nur für kleinere
Geschäftsprojekte, sondern unter Realisierung einer Parkdeck- oder Tiefgaragenlösung
93
auch für großflächigen Einzelhandel eigneten, ausgeführt, dass Investoren für derartige
Vorhaben nicht bekannt seien; die genannten Grundstücke würden zum Teil bereits seit
Jahrzehnten nicht oder nur teilweise genutzt und seien demnach für einen
wirtschaftlichen Einzelhandelsbetrieb offenbar nicht geeignet. Diesen plausiblen
Erwägungen haben weder der Antragsteller noch andere Einwender Substantiiertes
entgegengesetzt.
Auch im Hinblick auf die Belange des Immissionsschutzes leidet die
Planungsentscheidung der Antragsgegnerin an keinen beachtlichen
Abwägungsmängeln.
94
Der Rat der Antragsgegnerin hat sich durch die Einholung des Schallgutachtens des
Planungsbüros I. hinreichende Kenntnis davon verschafft, dass der Betrieb des
geplanten Lebensmittelmarktes grundsätzlich nachbarverträglich möglich ist. Das
Schallgutachten rechtfertigt die Annahme, dass hinsichtlich der dem Betrieb
zuzurechnenden Lärmimmissionen die für die Beurteilung von Gewerbelärm
einschlägigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm im Bereich der Nachbarnutzungen
südlich der P.---straße eingehalten werden können.
95
Zu Recht legt das Schallgutachten dabei für die Immissionsorte IO 1 bis 4, zu denen das
Wohngrundstück des Antragstellers gehört, die für ein Mischgebiet geltenden
Immissionsrichtwerte der TA Lärm zugrunde. Denn nach Nr. 6.6 TA Lärm sind die
Festlegungen in den Bebauungsplänen für die Zuordnung der Immissionsorte zu den in
Nummer 6.1 TA Lärm bezeichneten Gebieten maßgeblich. Auf die tatsächlichen
Nutzungsverhältnisse kommt es nicht an. Der Bebauungsplan "N.------straße " in der
Fassung der 1. Änderung setzt für den die Immissionsorte IO 1 bis 4 umfassenden
Bereich ein Mischgebiet fest. Die für die betroffenen Grundstücke ermittelten
Beurteilungs- und Spitzenpegel liegen allesamt unter den für Mischgebiete geltenden
Richtwerten.
96
Die im Übrigen gegen das Schallgutachten erhobenen Einwände des Antragstellers
greifen nicht durch.
97
Insbesondere kommt es entgegen seiner Auffassung nicht darauf an, dass das im
Schallgutachten als IO 2 bezeichnete Gebäude P.---straße 40b nicht existiert. Denn auf
die Ergebnisse des Schallgutachtens hat sich dieser Umstand ersichtlich nicht
ausgewirkt. Ausweislich der zum Schallgutachten gehörenden Isopho-nenkarten
beruhen die Schallausbreitungsberechnungen des Planungsbüros I. keineswegs auf
der Annahme, die anderen Immissionsorte würden durch das Gebäude P.---straße 40b
in relevanter Weise gegen den Gewerbelärm abgeschirmt. Danach breitet sich der
Schall im Wesentlichen konzentrisch aus; die Immissionsorte IO 1, 3 und 4 liegen
jedoch mit den vom Lärm am stärksten betroffenen Gebäudevorderseiten von der
Emissionsquelle aus gesehen nicht hinter dem genannten Gebäude.
98
Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, das Planungsbüro I. habe bei der Ermittlung der
Fahrzeugbewegungen auf dem Kundenparkplatz die Parkplatzlärmstudie des
Bayerischen Landesamtes für Umwelt falsch angewendet. Das Schallgutachten bezieht
die in Tabelle 33 der Parkplatzlärmstudie für einen kleinen Verbrauchermarkt (Netto-
Verkaufsfläche bis 5000 qm) ausgewiesene Zahl von 0,1 Bewegungen pro Stunde und
qm Netto-Verkaufsfläche zu Recht auf den gesamten Lebensmittelmarkt. Die vom
Antragsteller vertretene Ansicht, die Gesamtverkaufsfläche sei fiktiv in 800 qm für einen
99
Verbrauchermarkt und 200 qm für einen - eine höhere Bewegungshäufigkeit von 0,17
Bewegungen je Stunde und qm Netto-Verkaufsfläche aufweisenden - Getränkemarkt
aufzuteilen, widerspricht der Systematik der Parkplatzlärmstudie. Diese unterscheidet
zwischen verschiedenen Typen von Märkten, und zwar ausweislich S. 32 der Studie
zwischen (Verbraucher-) Märkten mit vielfältigem Warenangebot und solchen mit
spezialisiertem Warenangebot, zu denen neben Elektrofachmärkten sowie Bau- und
Möbelfachmärkten Discounter und Getränkemärkte zählen. Diese Unterscheidung
impliziert eine Betrachtung des jeweiligen Gesamtsortiments und verbietet gerade eine
Aufteilung des in Rede stehenden Marktes in verschiedene Teilbereiche, wie sie der
Antragsteller für erforderlich hält. Dies zugrundegelegt ist die im Schallgutachten
vorgenommene - einheitliche - Zuordnung des geplanten Vollsortimenters zur Gruppe
der kleinen Verbrauchermärkte zutreffend.
Zutreffend weist die Antragsgegnerin im Übrigen darauf hin, dass das Schallgutachten
mit 1.000 qm Netto-Verkaufsfläche sogar einen höheren Wert zugrunde legt als den, der
bei maximaler Ausschöpfung der Festsetzungen des Bebauungsplans möglich ist. Denn
die im Bebauungsplan auf maximal 1.000 qm begrenzte Verkaufsfläche ist ein
baurechtlich determinierter Begriff, der auch die Flächen des Windfangs und des
Kassenvorraums (einschließlich eines Bereichs zum Einpacken der Ware und
Entsorgen des Verpackungsmaterials) umfasst.
100
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005
101
- 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364 = BRS 69
102
Nr. 71.
103
Demgegenüber sind gemäß Anhang 8, Anmerkung 71 der Parkplatzlärmstudie in dem
für die Errechnung der voraussichtlichen Fahrzeugbewegungen maßgeblichen Begriff
der Netto-Verkaufsfläche u.a. die Flächen für den Kassenbereich und den
Kassenvorraum nicht enthalten.
104
Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass die durch den Verkehr auf der P.---
straße im hier relevanten Bereich südwestlich der Zufahrt zum Sondergebiet
ausgelösten Geräuschimmissionen nicht in die Bewertung des Anlagenlärms
eingeflossen sind. Dies steht in Einklang mit Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 der TA
Lärm, wonach Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen
in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück diesem nur
zuzuordnen sind, soweit sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag
oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, keine Vermischung mit
dem übrigen Verkehr erfolgt und die Immissionsgrenzwerte der
Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend
überschritten werden. Dabei kann offen bleiben, ob das Schallgutachten zu Recht eine
Vermischung des anlagebedingten An- und Abfahrtverkehrs mit dem übrigen Verkehr
auf der P.---straße bejaht hat. Denn es fehlt jedenfalls an den weiteren genannten
Voraussetzungen. Eine Erhöhung des Beurteilungspegels der Verkehrsgeräusche um
mindestens 3 dB(A) entspricht einer Verdoppelung des Verkehrsaufkommens.
Zugunsten des Antragstellers soll unterstellt werden, dass das bisherige
Verkehrsaufkommen in der P.---straße zur vorliegend allein in Betracht zu ziehenden
Tageszeit von 6 bis 22 Uhr entsprechend der nach eigenen Angaben von ihm
durchgeführten Verkehrszählung zwischen 1.300 und 1.350 Fahrzeugen liegt (die vom
105
Antragsteller errechnete durchschnittliche "gewichtete Verkehrsbelastung" von 1.291
Fahrzeugen bezieht sich auf die Zeit von 8 bis 22 Uhr). Dass sich das durch den
geplanten Lebensmittelmarkt ausgelöste zusätzliche Verkehrsaufkommen in dem in
Rede stehenden Bereich der P.---straße in dieser Größenordnung bewegt und damit
mehr als 40 v.H. der im Schallgutachten - nach den vorstehenden Ausführungen zu der
dabei zugrunde zu legenden Netto-Verkaufsfläche eher zu hoch - angesetzten 3.200
Fahrzeugbewegungen von und zum Lebensmittelmarkt ausmacht, ist jedoch
ausgeschlossen. Wie unten noch näher auszuführen sein wird, ist dort vielmehr nur mit
einer unwesentlichen Steigerung des Verkehrsaufkommens zu rechnen. Damit ist
zugleich auszuschließen, dass der gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV für ein
Mischgebiet geltende Immissionsgrenzwert von 64 dB(A) am Tag auf der P.---straße
überschritten wird. Dies mag durch folgenden, nur als Anhaltspunkt dienenden
Vergleich verdeutlicht werden: Der gegenüber dem genannten Immissionsgrenzwert
geringere Wert von 62 dB(A) entspricht etwa dem Lärm von 4.000 Kfz/24 h zur Tagzeit in
einer Entfernung von 10 m von der Straßenmitte bei einem Lkw-Anteil von 5 v.H. und
einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.
Vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 3. Aufl. 2004, Rdnr.
314.
106
Das auf der P.---straße im hier in Rede stehenden Bereich zu erwartende
Verkehrsaufkommen liegt weit unter diesem Vergleichswert; zudem ist die zulässige
Höchstgeschwindigkeit südwestlich der Straße Am U. auf 30 km/h begrenzt, was
ausweislich des Diagramms II der Anlage 1 zur 16. BImSchV zu einem
Korrekturabschlag von rund 2 dB(A) an den jeweils betroffenen Immissionsorten führt.
107
Die planbedingte Zunahme des Verkehrs auf der P.---straße durfte allerdings bei der
Abwägung nicht etwa schon deswegen außer Betracht gelassen werden, weil die
hierdurch ausgelösten Geräusche nicht als Anlagenlärm im Sinne der TA Lärm zu
beurteilen sind. Die planende Gemeinde muss sich im Hinblick auf die Anforderungen
des Abwägungsgebots vor Augen führen, welche Dimensionen die Lärmkonflikte
haben, die sie durch die Planung auslöst. In diesem Rahmen sind nicht nur die dem
geplanten Betrieb unmittelbar zuzuordnenden Geräuschimmissionen, sondern auch
weitere planbedingte Lärmauswirkungen abzuwägen.
108
Die Planungsentscheidung der Antragsgegnerin genügt jedoch auch den hieraus
folgenden Anforderungen. Der Rat der Antragsgegnerin hat eine mögliche planbedingte
Änderung des Verkehrsaufkommens auf der P.---straße in den Blick genommen und
eine den betroffenen Anliegern unzumutbare Zunahme der Verkehrsbelastung
abwägungsfehlerfrei verneint.
109
Die hierfür maßgeblichen Überlegungen ergeben sich aus der Begründung des
Bebauungsplans und Ziffer 7 der Anlage 1 zur Sitzungsvorlage vom 9. April 2009 und
werden in Ziffer 5.3 der Begründung der vom Rat der Antragsgegnerin zeitgleich mit
dem Bebauungsplan beschlossenen 10. Änderung des Flächen-nutzungsplans noch
konkreter angesprochen. Hiernach hat der Rat angenommen, dass das durch den
Lebensmittelmarkt ausgelöste zusätzliche Verkehrsaufkommen über die so nah wie
möglich zur N.------straße orientierte Zufahrt weitgehend zu dieser Landesstraße
abgeleitet werden könne. Das Verkehrsaufkommen im Bereich der P.---straße werde
hingegen nicht in gleichem Maße steigen, wie Zufahrten zum Markt erfolgten. Die P.---
straße sei die wichtigste Wohnsammelstraße im Ortsteil T. . Ein erheblicher Teil
110
der Lebensmitteleinkäufe werde im Zusammenhang mit ohnehin in diesem Bereich
durchzuführenden Autofahrten, wie z.B. auf dem Rückweg von der Arbeit, erfolgen.
Außerdem sei zu bedenken, dass Einkaufsfahrten aus T. heraus, insbesondere
nach O. , schon gegenwärtig u.a. über die P.---straße erfolgten. Insoweit sei
zumindest teilweise auch mit einer Verkehrsentlastung zu rechnen, weil durch den
geplanten Markt die Möglichkeit eröffnet werde, Einkäufe mit dem Fahrrad oder zu Fuß
zu erledigen. Außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans seien zudem
flankierende Straßenraumgestaltungsmaßnahmen vorgesehen, um die Funktion der P.--
-straße als Erschließungsstraße hervorzuheben und mögliche Durchfahrtsverkehre zu
reduzieren.
Damit hat der Rat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Planvorhaben
aus seiner Sicht nur zu einer marginalen Zunahme des Verkehrsaufkommens in den
südwestlich der Zufahrt gelegenen Bereichen der P.---straße und damit dort nicht zu
wesentlichen Veränderungen der verkehrsbedingten Immissionen führen wird. Als
Konsequenz dieser Einschätzung sind weitere Detailprüfungen des
Verkehrsaufkommens und der hierdurch in der Nachbarschaft zu erwartenden
Immissionen unterblieben. Dies ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu
beanstanden. Die von der Planung berührten Belange sind damit nicht etwa
unzureichend ermittelt oder bewertet worden (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB).
111
Die Ermittlung des Abwägungsmaterials im Hinblick auf immissionsschutzrechtliche
Belange bedeutet nicht, dass die planende Gemeinde stets umfangreiche gutachterliche
Ermittlungen anstellen (lassen) muss, um die konkrete Größenordnung der
voraussichtlichen planbedingten Lärmauswirkungen exakt zu greifen. Dies gilt
jedenfalls dann, wenn schon eine grobe Abschätzung eindeutig erkennen lässt, dass
wegen des ersichtlich geringen Ausmaßes zusätzlicher planbedingter
Verkehrsbewegungen wesentliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausscheiden.
112
Vgl. (in Bezug auf die Lärmauswirkungen einer Straßenplanung) OVG
NRW, Beschluss vom 25. Januar 2008 - 7 B 1743/07.NE -, ZfBR 2008, 280.
113
So liegt der Fall hier, denn die vorgenannten Erwägungen, mit denen der Rat eine
wesentliche Zunahme des Verkehrsaufkommens in den südwestlich der Zufahrt zum
Lebensmittelmarkt gelegenen Bereichen der P.---straße ausgeschlossen hat, treffen zu;
sie rechtfertigen die Erwartung, dass die betroffenen Anlieger aufgrund des geringen
Ausmaßes zusätzlicher planbedingter Verkehrsbewegungen nur unwesentliche
Beeinträchtigungen hinzunehmen haben.
114
Die örtlichen Gegebenheiten stützen die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass nur
ein geringer Teil der im Schallgutachten angesetzten 3.200 Fahrzeugbewegungen von
und zum Lebensmittelmarkt mit einer Zunahme des Verkehrs in den in Rede stehenden
Bereichen der P.---straße verbunden sein wird. Zunächst ist mit der Antragsgegnerin
davon auszugehen, dass der An- und Abfahrtverkehr aufgrund der Lage der Zufahrt zum
Lebensmittelmarkt in nur knapp 50 m Entfernung zur N.------straße überwiegend über
diese Straße abgewickelt werden wird. Das gilt nicht nur mit Blick auf potentielle
Einkäufer aus D. und den östlich der N.------straße befindlichen Wohnquartieren
T3. . Vielmehr ist zu erwarten, dass ein erheblicher Anteil der Bewohner von
südlich oder nah zur Unterstraße gelegenen Wohnbereichen T3. den
Lebensmittelmarkt über diese Straße und die N.------straße anfahren wird. Denn die N.---
---straße als Landesstraße und die Unterstraße als einzige Ost-West-Verkehrsachse des
115
Ortsteils T. sind leistungsfähig ausgebaut. Sie ermöglichen trotz der allenfalls
geringfügig längeren Fahrtstrecke eine weitaus zügigere und bequemere Anfahrt des
geplanten Supermarktes als die P.---straße . Diese ist nämlich – wie die Beteiligten trotz
unterschiedlicher Auffassungen über Dimensionierung und gegenwärtiger Belastung
der Straße übereinstimmend ausführen – im südlichen Verlauf verkehrsberuhigt. Im
Bereich südwestlich der Einmündung der Straße Am U. ist die zulässige
Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt. Südwestlich der Einmündung des X2.------
--weges weist die P.---straße an mehreren Stellen Verengungen auf, die dort nur einen
einspurigen Kraftfahrzeugverkehr zulassen. Dass potentielle Kunden des Supermarktes
derartige Erschwernisse zur Vermeidung lediglich minimal längerer Fahrtstrecken
hinnehmen werden, ist unwahrscheinlich. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund,
dass die Antragsgegnerin zusätzliche flankierende
Straßenraumgestaltungsmaßnahmen beabsichtigt, um den möglichen
Durchfahrtsverkehr in der P.---straße weiter zu reduzieren.
Aus südwestlicher Richtung über die P.---straße wird der Lebensmittelmarkt daher im
Wesentlichen nur von den Anliegern der Baugebiete angefahren werden, die
ausschließlich oder hauptsächlich über die P.---straße und die von Westen in die P.---
straße einmündende Straße X1. erschlossen sind. Dieser Verkehr wird jedoch aller
Voraussicht nach nur unwesentlich über den schon stattfindenden Durchgangsverkehr
hinausgehen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass viele der über die
X1. und die P.---straße erschlossenen Anlieger auch gegenwärtig die P.---straße
befahren dürften, um zur N.------straße zu gelangen. Denn die N.------straße hat als
einzige den Ortsteil T. durchquerende Landesstraße überragende Bedeutung für
dessen über-örtliche Anbindung. Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Rates der
Antragsgegnerin einleuchtend, ein wesentlicher Teil der aufgrund des Planvorhabens
zu erwartenden Lebensmitteleinkäufe werde im Zusammenhang mit Fahrten erfolgen,
die, wie etwa Fahrten auf dem Rückweg von der Arbeit, ohnehin erfolgen würden.
Entsprechendes gilt für die Erwägung des Rates, die aufgrund des Planvorhabens zu
erwartenden Einkaufsfahrten würden in erheblichem Umfang lediglich an die Stelle von
Einkaufsfahrten in andere Ortschaften treten. Aufgrund der beschriebenen deutlichen
Unterversorgung T3. im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels darf zugrunde
gelegt werden, dass der weit überwiegende Teil der Anlieger in den Bereichen X1.
und P.---straße gegenwärtig Lebensmitteleinkäufe im Mühlenpark O. vornimmt, wo
sich ein Edeka-Supermarkt und eine Filiale des Lebensmitteldiscounters Aldi befinden.
Denn es handelt sich für diese Anlieger um die nächstgelegenen und - über die N.------
straße - mit Abstand schnellstmöglich erreichbaren größeren Einkaufseinrichtungen.
Auch diese Fahrten führen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit über die P.---straße . Die
Erwägung des Rates der Antragsgegnerin, mit dem geplanten Markt werde insoweit
auch eine Verkehrsentlastung eintreten, weil einige Bewohner T3. ihre Einkäufe
dann nicht wie bisher mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledigen
könnten, leuchtet vor diesem Hintergrund ohne weiteres ein. Vor allem für die Anlieger
des durch die P.---straße und die Straßen X.--------weg , Am U. und Im Wiesener
erschlossenen Baugebietes wird der geplante Markt so nah erreichbar sein, dass sich
diese Möglichkeit geradezu aufdrängt.
116
Ist in Gesamtwürdigung dieser Gegebenheiten nur mit einer geringen Zunahme des
Verkehrs in der P.---straße zu rechnen, so folgt daraus zugleich, dass die Annahme des
Rates, die P.---straße sei für die Aufnahme dieses zusätzlichen Verkehrs ausreichend
dimensioniert, nicht zu beanstanden ist. Dabei fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten
dafür, dass die bauliche Einrichtung der P.---straße , insbesondere die Verengung
117
südwestlich des X2.--------weges , vom Rat
- wie der Antragsteller behauptet - verkannt worden wäre.
118
Fehlerfrei ist entgegen der Auffassung des Antragstellers auch die Erwägung des Rates
der Antragsgegnerin, die Straße Am U. habe durch die Planung keinen zusätzlichen
Fahrzeugverkehr zu erwarten. Zu Recht hat der Rat dabei zugrundegelegt, die Straße
sei als Sackgasse gestaltet. Diese Bewertung wird
119
durch das vorliegende Kartenmaterial bestätigt, wonach die Straße Am U. mit ihrem
südlichen Ende nicht an das Straßennetz angebunden ist. Soweit sie etwa auf halbem
Wege zwischen diesem südlichen Ende und der Einmündung in die P.---straße die
Straße Im Wiesener kreuzt, steht dies der Einordnung als Sackgasse nicht zwingend
entgegen. Auf die Frage der richtigen Bezeichnung kommt es jedoch nicht einmal an.
Denn jedenfalls scheiden die Straßen X.--------weg , Im Wiesener und Am U. als
Route für einen Durchgangsverkehr zum geplanten Lebensmittelmarkt bei vernünftiger
Betrachtung aufgrund des sich aus dem vorliegenden Kartenmaterial ergebenden
verwinkelten Straßenverlaufs, der sie als reine Anliegerstraßen kennzeichnet, aus.
120
Die von den Anliegern der P.---straße geäußerte Befürchtung, die reizvolle Lage der
Bebauung entlang der P.---straße mit freien Blicken auf die landwirtschaftlichen Flächen
werde sich durch die strittige Planung deutlich verschlechtern, ist als solche, d.h.
losgelöst von der vorstehend behandelten Problematik des Gewerbe- und
Verkehrslärms, nicht abwägungsrelevant. Die bloße Änderung des Ausblicks auf eine
bisher unbebaute Landschaft begründet für sich gesehen kein privates Interesse von
solchem Gewicht, dass es im Rahmen planerischer Abwägung berücksichtigt werden
müsste.
121
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1995
122
4 NB 17.94 -, BRS 57 Nr. 42.
123
Auch hinsichtlich der Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und der
Landschaftspflege ist die Abwägung frei von Fehlern.
124
Insoweit hat die Gemeinde das Folgenbewältigungsprogramm der
naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung - Vermeidung und Ausgleich voraussichtlich
erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds sowie der Leistungs- und
Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a) BauGB
bezeichneten Bestandteilen - nach Maßgabe der Abwägungsdirektiven des § 1a Abs. 3
BauGB im Rahmen ihrer Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB abzuarbeiten und sowohl
dem Integritätsinteresse als auch dem Kompensationsinteresse von Natur und
Landschaft Rechnung zu tragen.
125
Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1997 - 4 NB 27.96 -, BRS 59
Nr. 8.
126
Dies setzt zunächst voraus, dass die relevanten erheblichen Beeinträchtigungen im
Einzelnen näher ermittelt werden. Das ist hier geschehen, wie aus den umfassenden
Darlegungen in den Abschnitten 2.1 und 2.2 des Umweltberichts folgt. Konkrete
Anhaltspunkte für insoweit gegebene Defizite bei der Aufnahme des vorgefundenen
127
Bestands der relevanten Aspekte des Landschaftsbilds und Naturhaushalts sind weder
dargetan noch sonst ersichtlich.
Nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsgegnerin das sich aus der
Bestandsaufnahme ergebende Integritätsinteresse von Natur und Landschaft im
Hinblick auf das städtebauliche Interesse an einer Verbesserung der Nahversorgung
der Bevölkerung im Ortsteil T. zurückgesetzt hat. Die Zurückstellung des
Integritätsinteresses findet in der oben dargelegten städtebaulichen Erforderlichkeit
eines größeren Lebensmittelmarktes an dem abwägungsfehlerfrei hierfür bestimmten
Standort ihre Rechtfertigung.
128
Auch das Kompensationsinteresse hat der Rat der Antragsgegnerin ausweislich der in
Abschnitt 2.4 des Umweltberichts vorgenommenen Eingriffsbilanzierung fehlerfrei
berücksichtigt. Die dortige Ermittlung und Bewertung des zu erwartenden Eingriffs und
Ausgleichs erfolgte unter Anwendung der von der Landesregierung Nordrhein-
Westfalen herausgegebenen "Arbeitshilfe für die Bauleitplanung" (S. 24 FN. 5 des
Umweltberichts). Dieses Bewertungsverfahren ist sachgerecht. Dies gilt namentlich
dann, wenn – wie hier nach den im Umweltbericht beschriebenen Gegebenheiten der
Fall – die ökologischen Folgen der Änderung wegen des relativ kleinen Plangebiets
und der wenig komplexen Biotopstrukturen vergleichsweise einfach zu bewerten sind.
129
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. April 2005
130
- 7 D 16/04.NE -, juris, und vom 28. Juni 2007
131
- 7 D 59/06.NE -, NuR 2008, 811.
132
Der Rat der Antragsgegnerin durfte auch davon ausgehen, dass das genannte
Bewertungsverfahren im Einzelnen durch das Planungsbüro I. in nicht zu
beanstandender Weise angewandt worden ist. Das gilt insbesondere, soweit im
Umweltbericht bei der Bewertung der Kompensation durch die Ausweisung eines
naturnahen Gewässerraums ein gemittelter Wertfaktor von 5,7 angesetzt worden ist. Das
Planungsbüro I. hat hierzu ausgeführt, das das Oberflächenwasser des angrenzenden
Sondergebietes aufnehmende Fließgewässer werde mit ausreichend bemessenen
Uferstreifen, welche sich als Feuchtwiese darstellten, unterschiedlich tiefen
Wasserbereichen sowie Ufergehölzen hergestellt. Hierdurch würden zugleich die
vorhandenen bzw. geplanten Feuchtbiotope miteinander verbunden, so dass Flora und
Fauna sich auch in diesem Bereich entwickeln könnten.
133
Anlass, die Eignung dieser Ausgleichsmaßnahme und die hierauf gestützte Bewertung
durchgreifend in Zweifel zu ziehen, besteht und bestand zumal im für die
bauleitplanerische Abwägung maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht.
Insoweit ist auf allen Ebenen naturschutzfachlicher Prüfungen, die (zumindest auch)
Wertungen einschließen, zu berücksichtigen, dass sich bislang keine gesicherte
Erkenntnislage und anerkannte Standards herausgebildet haben. Deswegen ist - unter
anderem - die Folge, dass bei naturschutzfachlichen Bewertungen sich je nachdem,
welche Kriterien und Maßstäbe angewandt werden, unterschiedliche Ergebnisse
ergeben können, hinzunehmen. Entscheidend ist neben der - oben bereits festgestellten
- Verwendung eines nicht unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahrens
allein, ob die konkret zugrunde gelegten Ansätze naturschutzfachlich vertretbar sind.
134
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A
135
14.07 -, BVerwGE 131, 274; OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2009 - 7 D
11/08.NE -, ZfBR 2009, 583.
136
Substantielle Anhaltspunkte dafür, dass die Bewertung des durch die Herstellung eines
naturnahen Gewässerraums bewirkten Eingriffsausgleichs im Umweltbericht
naturschutzfachlich nicht vertretbar wäre, sind nicht dargetan geschweige denn waren
sie im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ersichtlich.
137
Sie ergaben sich insbesondere nicht aus dem Hinweis des Landrates des Kreises
Coesfeld, naturnah gestaltete Regenrückhaltebecken würden in der Regel
eingriffsneutral bilanziert. Denn die nach dem Umweltbericht vorgesehene Maßnahme
erschöpft sich nicht in der bloßen Schaffung eines Regenrückhaltebeckens mit der
Funktion, das Niederschlagswasser auf der versiegelten Fläche des Sondergebiets
abzuleiten, sondern umfasst - wie dargelegt - darüber hinaus die Anlegung eines
naturnah gestalteten Fließgewässers, einer artenreichen Feuchtwiese und die
Verbindung verschiedener Feuchtbiotope. Auf diese weiteren – in der Planbegründung
herausgestellten – ökologischen Funktionen des geplanten Gewässerraums hat der Rat
der Antragsgegnerin bei Abwägung der Stellungnahme des Landrates des Kreises
D2. sinngemäß abgestellt.
138
Der Einwand des Antragstellers, der geplante Gewässerraum könne von Amphibien
zum Laichen aufgesucht werden und durch schnelles Trockenfallen der Fläche zum
Verlust der Populationen führen, ist nicht geeignet, die Eignung der
Ausgleichsmaßnahme in Frage zu stellen. Das Vorbringen entbehrt der Substanz und
ist im Hinblick darauf, dass ein Fließgewässer geplant ist, nicht nachzuvollziehen.
Unabhängig hiervon war jedenfalls im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses für eine
solche Gefahr nichts erkennbar. Zwar hatten die Eheleute Q. im
Bebauungsplanverfahren ebenfalls angebliche Risiken für Amphibien eingewandt,
jedoch sollten diese auf Veränderungen des Wasserstandes und der
Fließgeschwindigkeit der bereits bestehenden Gewässer zurückzuführen sein. Ein
Kausalverlauf, wie er vom Antragsteller behauptet wird, war hingegen im Planverfahren
weder vorgetragen worden noch musste er sich dem Rat der Antragsgegnerin
aufdrängen.
139
Darüber hinaus vermögen der Vortrag des Antragstellers und das genannte Vorbringen
der Eheleute Q. auch deswegen nicht die Einschätzung des Planungsbüros I. in
Zweifel zu ziehen, weil ihre Einwände offenbar nicht naturschutzfachlich fundiert sind.
Gutachterliche Stellungnahmen einer fachkompetenten Person wurden nicht vorgelegt.
Dass der Antragsteller oder die Eheleute Q. über eine naturschutzfachliche
Qualifikation verfügten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es handelt sich demnach
um laienhafte fachbezogene Mutmaßungen, die für eine Unvertretbarkeit der der
Planung zugrunde gelegten fachlichen Bewertung nichts hergeben. Dies gilt umso
mehr, als die naturschutzfachliche Bewertung des Planungsbüros I. die Gesamtheit
der betroffenen Flora und Fauna in den Blick nimmt, während sich die Einwände des
Antragstellers und der Eheleute Q. allein mit den möglichen Auswirkungen der
Ausgleichsplanung auf Amphibien befassen. Eine auf der Berücksichtigung einer
Vielzahl von Faktoren beruhende fachliche (Gesamt-) Einschätzung ist jedoch mit einer
sich auf einen dieser Faktoren verengenden Argumentation nicht zu erschüttern.
140
Ein Fehler bei der Abwägung von Umweltbelangen folgt entgegen der Auffassung des
Antragstellers auch nicht daraus, dass der Rat der Antragsgegnerin Auswirkungen der
Ausgleichsmaßnahme auf das Naturschutzgebiet C. nicht berücksichtigt hätte. Der
Antragsteller zeigt nicht auf, dass die Ableitung des Niederschlagswassers auf der
Fläche des Sondergebietes in das geplante Fließgewässer die mit der Ausweisung des
Naturschutzgebietes verbundenen Ziele, Ge- und Verbote in abwägungsrelevanter
Weise berührt. Zu entsprechenden Überlegungen bestand im Zeitpunkt des
Satzungsbeschlusses keinerlei Anlass, zumal der Landrat des Kreises D2. als
Untere Landschaftsbehörde und als Untere Wasserbehörde keine Bedenken geäußert
hatte; das genannte Naturschutzgebiet hatte er in seine Stellungnahmen nicht einmal
erwähnt.
141
Auch im Übrigen sind keinerlei Abwägungsmängel erkennbar.
142
Dass der Rat der Antragsgegnerin im Wesentlichen gleichlautende oder sogar
textidentische Einwendungen zusammengefasst abgewogen hat, besagt entgegen der
Behauptung des Antragstellers nicht, dass er die damit geltend gemachten Belange
unvollständig in die Abwägung eingestellt hätte. Vielmehr entspricht dieses Vorgehen
dem Bedürfnis nach einer praktikablen Verfahrensweise.
143
Schließlich sind auch bei der Entscheidung, die für den geplanten Lebensmittelmarkt
festgesetzte Baugrenze nicht näher zur N.------straße zu versetzen, die
abwägungsrelevanten Belange hinreichend berücksichtigt worden. Der Rat der
Antragsgegnerin durfte sich insoweit mit der Feststellung begnügen, dass auch bei dem
vorgesehenen Gebäudestandort die Lärmgrenzwerte auf den Grundstücken südlich der
P.---straße eingehalten werden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers mussten
nicht auch die Lärmimmissionen im südwestlich an den Planbereich grenzenden Gebiet
im Hinblick darauf ermittelt werden, dass die betroffenen Flächen zu einem späteren
Zeitpunkt bebaut werden könnten. Zum Einen handelt es sich bei der damit
angesprochenen Möglichkeit, im Bereich westlich des Friedhofsweges zu einem nicht
näher bestimmten Zeitpunkt ein Quartier für altersgerechtes Wohnen zu errichten,
lediglich um eine vage Aussicht und nicht um eine konkrete Planung, die allein
abwägungsbeachtlich sein könnte. Zum Anderen spricht angesichts des Umstands,
dass der genannte Bereich von dem lärmverursachenden gewerblichen Betrieb,
insbesondere der vorgesehenen Stellplatzanlage, deutlich weiter entfernt ist als die im
Schallgutachten berücksichtigten Immissionsorte, nichts dafür, dass die Lärmgrenzwerte
dort nicht eingehalten werden könnten.
144
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
145
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m.
den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
146
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
147