Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.08.2010

OVG NRW (kläger, wider besseres wissen, beurteilung, antrag, voreingenommenheit, bewertung, zusammenarbeit, verhalten, annahme, verwaltungsgericht)

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 2643/08
Datum:
06.08.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 2643/08
Schlagworte:
Polizei Beurteilung Sachverhalt Befangenheit Voreingenommenheit
Leitsätze:
Erfolgloser Antrag eines Polizeioberkommissars auf Zulassung der
Berufung, der sich mit seiner Klage gegen eine dienstliche Beurteilung
wendet, die nach seiner Auffassung auf einem unzutreffenden
Sachverhalt beruht und von einem voreingenommenen Erstbeurteiler
erstellt worden ist.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro
festgesetzt.
Gründe:
1
Der Antrag hat keinen Erfolg.
2
Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO.
3
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die dienstliche Beurteilung vom 22. März
2006 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei nicht durch tatsächliche Anhaltspunkte
belegt, dass der zuständige Erstbeurteiler gegenüber dem Kläger befangen gewesen
sei. Der Kläger gehe fehl, wenn er meine, die Voreingenommenheit des Erstbeurteilers
daraus folgern zu können, dass dieser sich gegenüber anderen über angebliche
sexuelle Beziehungen des Klägers zu Praktikantinnen geäußert habe, ohne dies mit
ihm direkt zu besprechen. Die vertrauliche Erörterung mit Dritten könne dazu dienen,
eine eigene Meinung zu hinterfragen und eine andere Einschätzung zu erfahren, ehe –
wie hier – eine Erörterung mit dem Betroffenen stattfinde. Diese Verfahrensweise lasse
nicht auf eine Voreingenommenheit des Erstbeurteilers schließen. Es sei aufgrund jener
4
Vorkommnisse auch nicht ersichtlich zu einer nachhaltigen, fortwirkenden Störung des
zwischenmenschlichen Verhältnisses zwischen dem Kläger und dem Erstbeurteiler
gekommen, die diesen hätte veranlassen können, wider besseres Wissen eine
unzutreffende Beurteilung zu erstellen.
Die Richtigkeit dieses Urteils stellt der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der
Berufung nicht durchgreifend in Frage, mit dem er unter Wiederholung und Vertiefung
seines bisherigen Vorbringens im Kern geltend macht, der Beurteilung liege ein
unrichtiger Sachverhalt zugrunde und der Erstbeurteiler sei befangen gewesen.
5
Der Kläger rügt zu Unrecht, die Beurteilung beruhe deshalb auf einem unzutreffenden
Sachverhalt, weil der Erstbeurteiler ohne vorherige Erörterung mit ihm als wahr
unterstellt habe, dass er sexuelle Beziehungen zu Praktikantinnen unterhalten und ein
aufdringliches Verhalten im dienstlichen Umgang mit Kolleginnen an den Tag gelegt
habe. Ob der Erstbeurteiler sämtliche Vorwürfe, auch den angeblichen Vorfall anlässlich
eines Betriebsausfluges nach Ibiza, als zutreffend erachtet hat oder aber lediglich von
bisher nicht erwiesenen Vorwürfen ausgegangen ist, die ihn aber gleichwohl veranlasst
haben, auf eine Beschränkung der Tutorentätigkeit des Klägers hinzuwirken, ist hier
unerheblich. Abgesehen davon, dass die Vorwürfe das dienstliche Verhalten und die in
der Beurteilung zu bewertenden Leistungen nur am Rande betreffen, haben sie sich
vorliegend jedenfalls nicht auf die Leistungsbewertung ausgewirkt. Vor diesem
Hintergrund ist es im Hinblick auf die angegriffene Beurteilung auch unschädlich, dass
die Vorwürfe nicht zeitnah mit dem Kläger erörtert und aufgeklärt worden sind.
6
Insbesondere hat ein etwa als wahr unterstellter unangemessener Umgang mit
(jüngeren) Kolleginnen und Praktikantinnen nicht dazu geführt, dass das insoweit allein
in Betracht kommende Submerkmal 3.1 (Zusammenarbeit mit Kolleginnen und
Kollegen) mit lediglich zwei Punkten bewertet worden ist. Dafür sprechen bereits die
zugehörigen textlichen Beschreibungen, die wie folgt lauten: "geht gern eigene Wege,
was die Zusammenarbeit mitunter erschwert; ist bestrebt, auf die Interessen anderer
Rücksicht zu nehmen; ordnet sich im Großen und Ganzen ein". Darüber hinaus hat der
Dienstherr – zulässigerweise – die Bewertung dieses Merkmals im gerichtlichen
Verfahren weiter plausiblisiert. Der Erstbeurteiler hat in seiner Stellungnahme vom 15.
Juni 2010, der der Kläger nicht entgegengetreten ist und die der Endbeurteiler sich
(sinngemäß) zu eigen gemacht hat, angegeben, die Vorfälle/Vorwürfe seien nicht
beurteilungsrelevant gewesen. Sie hätten bei der Bewertung des Submerkmals 3.1
keinen Niederschlag gefunden, sondern lediglich zum Entschluss geführt, den
Tutorenbeauftragten zu informieren und ihn zu bitten, auch zum wohlverstandenen
Schutz des Klägers seine Tutorentätigkeit auf die Betreuung von männlichen
Praktikanten zu begrenzen. Zur Bewertung der Zusammenarbeit mit Kollegen mit zwei
Punkten habe geführt, dass der Kläger sich im Beurteilungszeitraum rechthaberisch und
bedingt teamfähig gezeigt habe. Damit nur er habe durchsetzen können, welcher Ort mit
dem Streifenwagen angefahren werde, sei er bestrebt gewesen, vor seinem
Streifenbeamten beide Schlüssel an sich zu nehmen oder sich bereits auf den
Fahrersitz zu setzen, bevor sich sein Kollege einsatzbereit zeigte. Während seiner
Tätigkeit als Tutor habe er nur widerwillig seinen Kollegen in die Tagesplanung
einbezogen; er habe allein bestimmen wollen, welche Tätigkeiten neben den
außenveranlassten Einsätzen verrichtet werden sollten.
7
Angesichts des Vorstehenden ist auch für die Annahme einer Befangenheit des
Erstbeurteilers kein Raum, die der Kläger allein damit begründet, dieser habe zu
8
Unrecht angenommen, er mache sich an weibliche Mitglieder der Dienstgruppe und an
Praktikantinnen heran. Es fehlen auch sonst jegliche Anhaltspunkte für die Annahme,
der Erstbeurteiler habe die für eine sachgerechte Leistungsbewertung erforderliche
Objektivität und Distanz gegenüber dem zu beurteilenden Kläger nicht aufweisen
können. Weder aus der Beurteilung selbst, in der der Kläger überwiegend drei und vier
Punkte erhalten hat, noch aus dem sonstigen Verhalten des Erstbeurteilers lässt sich,
wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, auf eine
Voreingenommenheit schließen. Der Zulassungsantrag zeigt insoweit auch keine
neuen Gesichtspunkte auf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
9
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des
Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
10