Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2008

OVG NRW: auflage, rückgriff, fahrtkosten, verordnung, wohnung, unterkunftskosten, abwasserbeseitigung, belastung, verminderung, pauschalabzug

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 E 1458/08
Datum:
18.12.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 E 1458/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 26 K 4726/08
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche
Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
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Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung
biete nicht die nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende
Aussicht auf Erfolg, erweist sich auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens als
zutreffend.
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Für eine Verminderung seines - der Kostenbeitragsberechnung zugrunde zu legenden -
Nettoeinkommens nach § 93 Abs. 1 SGB VIII um mehr als den Pauschalabzug in Höhe
von 25 % gemäß § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII ist nämlich zu Recht kein Raum, weil die
nach § 93 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB VIII berücksichtigungsfähigen Kosten in ihrer
Summe unter dem vom Beklagten mit 334,22 Euro errechneten Pauschalbetrag bleiben.
Für eine Ermessensentscheidung gem. § 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII hat danach kein
Anlass bestanden.
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Die Summe der geltend gemachten Einzelposten, die nicht nur geltend gemacht,
sondern auch berücksichtigungsfähig sind, beläuft sich hier auf nicht mehr als 212,90
Euro und setzt sich zusammen aus 36,00 Euro als um den Wohnwert verminderte
Finanzierungskosten für das Wohneigentum, aus Fahrtkosten für den Weg zur
Arbeitsstelle in Höhe von maximal 163,65 Euro sowie aus den monatlichen Kosten für
die Wohn- und Gebäudeversicherung in Höhe von 13,55 Euro. Dazu gilt im Einzelnen
Folgendes:
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Die Kosten der Finanzierung von Wohneigentum können im Rahmen des § 93 Abs. 3
Satz 2 Nr. 3 SGB VIII grundsätzlich zwar berücksichtigt werden,
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vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2007 - 12 E 812/07 -,
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sind jedoch nur insoweit als Belastung nach § 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII anzusehen, als
den Finanzierungskosten der durch die Nutzung des Eigentums erzielte Wohnwert
gegenübergestellt und in Abzug gebracht wird.
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Vgl. Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 3. Auflage 2006, § 93 Rdnr. 24; Münder, SK- SGB
VIII, 5. Auflage 2006, § 93 Rdnr. 30; VG Stuttgart, Urteil vom 5. Juni 2007 - 9 K 2738/06 -,
JA 2008 267; VG Oldenburg, Urteil vom 31. März 2008 - 13 A 5469/05 -, juris; VG
Ansbach, Urteil vom 29. November 2007 - AN 14 K 07.00014 -, juris.
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Jedenfalls mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Dezember
2008 in den Verfahren 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08 und 2 BvL 2/08 zur "Pend-
lerpauschale" steht fest, dass auch die Aufwendungen für Fahrten zwischen Woh-nung
und Arbeitsstätte als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwen-dige
Ausgaben im Sinne von § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII anzusehen sind,
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vgl. Mann, in: Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII 3. Auflage 2007, § 93 Rdnr. 21;
Kunkel, LPK-SGB VIII, 3. Auflage 2006, § 93 Rdnr. 17,
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und insoweit durch § 9 Abs. 2 EStG in der Fassung durch Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe b
des Änderungsgesetztes vom 19. Juli 2006 (BGBl I, 1652) keine Einschränkung
erfahren haben. Bei einer pauschalen Berechnung der Fahrtkosten, wie sie der Kläger
geltend macht, wird sowohl in Anwendung von § 9 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG in
der früheren - nun wieder anzuwendenden - Fassung,
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vgl. zum Rückgriff auf das Einkommenssteuerrecht: Münder, a.a.O., § 93 Rdnr. 26,
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als auch nach § 3 Abs. 6 Nr. 2 a) VO zu § 82 SGB XII,
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vgl. zum Rückgriff auf die Vorschriften der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB
XII: Mann, in: Schellhorn/Fischer/Mann, a.a.O. § 93 Rdnr. 21,
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von der bloßen Entfernung - d.h. einfachen Strecke - zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte und nicht von Hin- und Rückweg ausgegangen, so dass sich die vom
Kläger in der Klageschrift vom 11. Juli 2008 für eine Wegestrecke von 29,7 km
angesetzten 326,70 Euro monatlich halbieren. Bei Anwendung von § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr.
2 a) der VO zu § 82 SGB XII ergäbe sich sogar ein monatlicher Betrag von nur 150,80
Euro.
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Die Beiträge zur Wohn- und Gebäudeversicherung sind abzugsfähig, weil sie der
Abdeckung eines Risikos des täglichen Lebens dienen.
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Vgl. etwa Mann, in: Schellhorn/Fischer/Mann, a.a.O., § 93 Rdnr. 20.
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Nicht abzugsfähig sind hingegen die Müllabfuhrgebühren,
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vgl. etwa Münder, a.a.O., § 93 Rdnr. 27, m. w. N.
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und insbesondere auch nicht die Kosten für die Wasserbelieferung und
Abwasserbeseitigung sowie die Heizkosten, weil diese Belastungen zu den - in den
Beiträgen der Kostenbeitragstabelle bereits eingearbeiteten - Unterkunftskosten zählen,
die deshalb im Rahmen der Abzugsposten nach § 93 Abs. 2 und 3 SGB VIII keine
Berücksichtigung finden.
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Vgl. etwa VG Ansbach, Urteil vom 29. November 2007 - AN 14 K 07.00014 -, juris.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 188 Satz 2 Halbsatz 1, 166 VwGO i.V.m. §
127 Abs. 4 ZPO.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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