Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.02.2006

OVG NRW: ausländer, wohnsitzwechsel, duldung, aufenthalt, lebensgemeinschaft, obg, familie, wahlrecht, abschiebung, beschränkung

Oberverwaltungsgericht NRW, 18 B 1707/05
Datum:
17.02.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 B 1707/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 7 L 1032/05
Schlagworte:
Duldung länderübergreifender Wohnsitzwechsel Familie Familieneinheit
Bundesland räumliche Beschränkung Zuständigkeit
Normen:
AufenthG § 60a Abs. 2; AufenthG § 61 Abs. 1 Satz 1; AufenthG § 61 Abs.
1 Satz 2; OBG NRW § 4 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständige
Ausländerbehörde kann einem geduldeten Ausländer, dessen
Aufenthalt nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auf das Gebiet eines
anderen Bundeslandes beschränkt ist, einen länderübergreifenden
Wohnsitzwechsel durch Erteilung einer Duldung ermöglichen.
2. Ist der länderübergreifende Wohnsitzwechsel zur Herstellung oder
Wahrung der Familieneinheit erforderlich, verbietet es Art. 6 Abs. 1 und 2
GG prinzipiell der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen
Ausländerbehörde, den Ausländer auf die Herstellung der
Familieneinheit in einem anderen Bundesland zu verweisen.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,-- EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Eine Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung kommt nach der
ständigen Senatsrechtsprechung
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- vgl. nur den Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2002 - 18 B 2274/02 - mit
weiteren Nachweisen sowie aktuell den Beschluss vom 13. September
2005 18 B 1567/05 -
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dann nicht in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht versagt hat. So ist es hier. Die Antragstellerin hat
bereits einen Duldungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Ihr droht keine Abschiebung.
Dies hat der Antragsgegner für seinen Zuständigkeitsbereich ausdrücklich noch einmal
im Beschwerdeverfahren erklärt. Vom Landkreis F. , in dessen
Zuständigkeitsbereich sich die Antragstellerin zusammen mit ihrem asylrechtlich dorthin
zugewiesenen Ehemann tatsächlich aufhält, hat sie eine Duldung erhalten. Darüber
hinaus ist auch nichts dafür vorgetragen worden, dass der Antragstellerin bereits im
vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Aufenthalt gerade im Zuständigkeitsbereich des
Antragsgegners ermöglicht werden müsste, etwa weil die Führung einer
Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann in dessen Zuweisungsbereich unmöglich ist
oder unzumutbar erscheint. Insoweit ist daran zu erinnern, dass für geduldete Ausländer
aus Art. 6 GG grundsätzlich kein Wahlrecht des Ortes der gemeinsamen Führung der
ehelichen Lebensgemeinschaft folgt.
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Unbeschadet dessen bleibt das Begehren der Antragstellerin auch deshalb erfolglos,
weil sie weiterhin auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Einen
solchen hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Gründen, die durch das
Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden, verneint. Insoweit sei lediglich
ergänzend auf Folgendes hingewiesen:
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Zur der vom Verwaltungsgericht offen gelassenen Frage nach der Zulässigkeit eines
länderübergreifenden Wohnsitzwechsels eines sich geduldet in Deutschland
aufhaltenden Ausländers hat der ebenfalls mit Ausländerangelegenheiten befasste 19.
Senat des erkennenden Gerichts,
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Vg. OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 - 19 B 2364/03 -,
InfAuslR 2006, 64.
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dem sich der 18. Senat anschließt, entschieden, dass die für den vorgesehenen
Aufenthaltsort gemäß § 4 Abs. 1 OBG NRW örtlich zuständige Ausländerbehörde
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- vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. März 2005 – 18 B 263/05 – und vom 10. Juli
1997 – 18 B 1853/96 -, NVwZ-RR 1998, 201 -
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einem geduldeten Ausländer, dessen Aufenthalt nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auf
das Gebiet eines anderen Bundeslandes beschränkt ist, einen länderübergreifenden
Wohnsitzwechsel durch Erteilung einer Duldung ermöglichen kann. Ein darauf
gerichteter Anspruch kann gegeben sein, wenn der Wohnsitzwechsel zur Herstellung
und Wahrung der Familieneinheit erforderlich ist. In einer derartigen Situation verbietet
es Art. 6 Abs. 1 und 2 GG der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen
Ausländerbehörde, den Ausländer auf die Herstellung der Familieneinheit in einem
anderen Bundesland zu verweisen, es sei denn eine Ausländerbehörde dieses
Bundeslandes hat verbindlich ihre Bereitschaft zur Aufnahme der gesamten Familie
erklärt oder deren dahin gehende Verpflichtung ist verbindlich durch ein
Verwaltungsgericht festgestellt worden.
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Dass die aufgezeigten Voraussetzungen hier nicht gegeben sind, folgt bereits aus den
obigen Ausführungen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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