Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.01.2001

OVG NRW: auflage, auszahlung, eigenschaft, zuwendung, ausweisung, bestandteil, verwaltungsakt, verfügungsgewalt, darlehen, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 4 A 325/00
Datum:
24.01.2001
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 A 325/00
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 15 K 6705/98
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten der Beklagten abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Antragsverfahren auf 38.129,70 DM
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt: Der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid,
soweit er hinsichtlich eines Teilbetrags von . .. DM noch im Streite sei, könne weder auf
§ 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG.NRW. noch auf dessen Nr. 1 gestützt werden. Die dem
Kläger von der Beklagten bewilligten Mittel zur Förderung der im Jahre 1994
durchgeführten Erholungsmaßnahmen für bedürftige ältere Menschen seien zwar erst
nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (1. Januar bis 31. Dezember 1994) an die
Teilnehmer ausgezahlt worden, so dass diese die Maßnahmen teilweise selbst
vorfinanziert hätten. Ein Verstoß gegen eine Auflage liege darin aber nicht, weil die
Festlegung des Bewilligungszeitraums im Zuwendungsbescheid nicht als Auflage zu
qualifizieren sei. Die Auszahlung der Mittel an die Teilnehmer nach Ablauf des
Bewilligungszeitraums stelle auch keine Zweckverfehlung dar. Denn die Mittel seien
tatsächlich im Jahre 1994 für die Durchführung von Erholungsmaßnahmen verwendet
worden. Durch den Bewilligungszeitraum werde dem Zuwendungsempfänger lediglich
vorgegeben, innerhalb welcher Zeit er den geförderten Zweck, hier die Durchführung
von Erholungsmaßnahmen, zu erfüllen habe; es werde jedoch keine Regelung
getroffen, wie lange er nach Durchführung der geförderten Maßnahmen in dem
angegebenen Zeitraum die von der Bewilligungsbehörde erhaltenen Gelder in eigener
Verfügungsgewalt halten dürfe, sei es, weil er erst nach Ablauf des
Bewilligungszeitraums die bei Durchführung der Maßnahmen angefallenen
Rechnungsbeträge begleiche oder - wie hier - die von Dritten zinslos gewährten
Darlehen zurückgewähre.
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Dagegen wendet die Beklagte ein: Bei der Bestimmung des Bewilligungszeitraums
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handele es sich um eine Auflage, weil aus der Sicht des Zuwendungsempfängers ein
Durchführungszeitraum beschrieben werde. Das bedeute, dass die Maßnahmen
grundsätzlich innerhalb der im Antrag und Bescheid festgesetzten Zeit durchgeführt
werden müssten. Von einer zweckwidrigen Verwendung sei deshalb auszugehen, weil
der Bewilligungszeitraum dem Kläger nicht nur vorgebe, in welchem Zeitraum er die
Maßnahmen durchführen müsse, sondern auch, in welchem Zeitraum er den
Reiseteilnehmern eine kostenlose bzw. kostenermäßigte Teilnahme an den
Maßnahmen ermöglichen müsse. Erst wenn die Teilnehmer als die nach dem Willen der
Bewilligungsbehörde eigentlich Begünstigten an der Maßnahme kostenfrei bzw.
kostenermäßigt teilgenommen hätten, sei der von der Bewilligungsbehörde
beabsichtigte Förderzweck erreicht.
Diese Darlegungen begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des
angefochtenen Urteils.
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Auflage ist eine zusätzlich mit einem Verwaltungsakt verbundene, selbstständig
erzwingbare hoheitliche Anordnung, die regelmäßig auf ein bestimmtes Tun, Dulden
oder Unterlassen gerichtet ist. Sie ist nicht integrierter Bestandteil des Verwaltungsakts,
sondern tritt selbstständig zum Hauptinhalt eines Verwaltungsakts hinzu und ist für
dessen Bestand und Wirksamkeit ohne unmittelbare Bedeutung.
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Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 36 Rn. 29; vgl. auch § 36 Abs. 2 Nr. 4
VwVfG.NRW.
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Zwar mag es zutreffen - der Senat lässt dies offen -, dass die Festlegung eines
Bewilligungszeitraums in Zuwendungsbescheiden zwei Aufgaben erfüllt, nämlich aus
der Sicht des Zuwendungsgebers eine Förderzusage enthält und aus der Sicht des
Zuwendungsempfängers einen Durchführungszeitraum beschreibt.
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So Ubbenhorst, Zuwendungsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage 1999, S.
85, unter Hinweis auf eine bund-ländereinheitliche Neudefinition des Begriffs
"Bewilligungszeitraum"; vgl. auch Krämer/Schmidt, Zuwendungsrecht -
Zuwendungspraxis, Stand Oktober 2000, Ordner 2, Teil D X 5.1.
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Ob in der Angabe eines Bewilligungszeitraums eine Auflage zu sehen ist, lässt sich
angesichts der unterschiedlichen Ausgestaltung von Bewilligungsbescheiden aber nur
auf Grund der Umstände des Einzelfalles entscheiden.
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Anderer Ansicht wohl Ubbenhorst, aaO., S. 85/86, der den Bewilligungszeitraum in
seiner Eigenschaft als Durchführungszeitraum "wie eine Auflage" qualifiziert bzw.
"nunmehr ganz in die Nähe der verwaltungsverfahrensrechtlichen
Nebenbestimmungen" rückt; welche rechtlichen Konsequenzen damit verbunden sind,
bleibt allerdings unklar.
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Vorliegend spricht schon der Aufbau des Zuwendungsbescheids vom 14. März 1994,
auf den die weiteren Zuwendungsbescheide Bezug nehmen, gegen die Annahme, dass
es sich bei der Festlegung des Bewilligungszeitraums um eine Nebenbestimmung in
Gestalt einer Auflage handelt. Der Bescheid gliedert sich in zwei Teile, wobei Teil II. mit
"Nebenbestimmungen" überschrieben ist. Der Bewilligungszeitraum wird jedoch nicht
hier, sondern schon im Teil I. unter 1. "Bewilligung" angesprochen.
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Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ubbenhorst, aaO., Seite 86.
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Außerdem bietet die im Bescheid gewählte Formulierung "ich bewillige Ihnen für die
Zeit vom 1.1.1994 bis 31.12.1994 (Bewilligungszeitraum) eine Zuwendung in Höhe von
... DM zur Durchführung folgender Maßnahme..." keinen Anhaltspunkt dafür, dass mit
der Angabe des Bewilligungszeitraums eine selbstständige Anordnung getroffen
werden sollte. Die Ausweisung des Bewilligungszeitraums ist hier deshalb lediglich
unselbstständiger Teil der Bewilligungsentscheidung, wie das Verwaltungsgericht
zutreffend ausgeführt hat.
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Angesichts der erheblichen Bedeutung, die dem Zuwendungszweck gerade auch im
Hinblick auf die Widerrufsmöglichkeit nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG.NRW.
zukommt, ist es Sache des Zuwendungsgebers, diesen Zweck im
Zuwendungsbescheid im Einzelnen zu bestimmen.
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Ubbenhorst, aaO., S. 25; Krämer/ Schmidt, aaO., D X 3.; Dommach in Heuer,
Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand Oktober 2000, § 44 BHO, Rn 26.
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Die streitbefangenen Bewilligungsbescheide der Beklagten führen als Förderzweck
"Erholungsmaßnahmen für bedürftige ältere Menschen" an. Es lässt sich ihnen
entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch nicht entnehmen, dass nach dem Willen
des Zuwendungsgebers die teilweise Vorfinanzierung der Maßnahmen durch die
Teilnehmer und die Auszahlung der Fördermittel an diese erst nach Ablauf des
Bewilligungszeitraums ausgeschlossen sein sollen.
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Ob zur Bestimmung des Zuwendungszwecks darüber hinaus die zu Grunde liegende
Verwaltungspraxis, die maßgeblichen Förderrichtlinien und die Erläuterungen zum
Haushaltsplan herangezogen werden können, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
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Vgl. dazu: Sachs in Stelkens/Bonk/ Sachs/Kallerhoff/Schmitz/Stelkens, VwVfG, 5.
Auflage 1998, § 49 Rn. 95 und 96; Krämer/Schmidt, aaO., D XI 2.; BVerwG, Beschluss
vom 18. Juli 1990 - 3 B 88.90 - juris.
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Denn die Beklagte trägt nicht vor, dass sich daraus etwas für die von ihr vertretene
Rechtsauffassung herleiten lässt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung ergibt
sich aus § 13 Abs. 2 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.
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