Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.01.2010

OVG NRW (zwangsgeld, werbung, höhe, vwvg, aufschiebende wirkung, androhung, verwaltungsgericht, festsetzung, betrieb, beschwerde)

Oberverwaltungsgericht NRW, 4 B 1749/08
Datum:
13.01.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 B 1749/08
Tenor:
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt, soweit es von dem
Antragsgegner betrieben wurde.
Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückge-wiesen.
Unter Abänderung der Kostenentscheidung erster Instanz tragen von
den bis zum 23. Juni 2009 ange-fallenen Kosten erster und zweiter
Instanz die An-tragstellerin 3/5 und der Antragsgegner 2/5. Etwaige
darüber hinaus angefallene Kosten des Beschwer-deverfahrens trägt die
Antragstellerin.
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird unter Ab-änderung der
Streitwertfestsetzung erster Instanz für die Zeit bis zum 23. Juni 2009 auf
58.750 Euro und für die Zeit danach auf 36.250 Euro festgesetzt.
Gründe:
1
I.
2
Am 21. August 2008 erließ der Antragsgegner gegen die Antragstellerin folgende
3
"Ordnungsverfügung:
4
I.
5
1. Gemäß § 9 (1) Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland
(Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) in Verbindung mit § 18 (3) des Gesetzes zur
Ausführung des GlüStV (GlüStV AG NRW) fordere ich Sie auf, nach Zustellung
6
dieser Verfügung
7
1.1 es zu unterlassen
8
a) in Ihrem/Ihren Betrieb(en) die Möglichkeit der Teilnahme an Sportwetten,
deren Veranstalter nicht im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 (1) GlüStV in
Verbindung mit § 14 (1) GlüStV AG NRW ist, anzubieten und/oder zu bewerben
sowie die für die Teilnahme an diesen Sportwetten erforderliche Unterlagen
(Wettinformationen, Wettscheine) bereit zu halten,
9
b) Geräte/Einrichtungen in Ihrem Betrieb/Ihren Betrieben aufzustellen, mittels
denen Sportwetten i. Sinne Buchst. a) vermittelt werden oder Kunden an solchen
Wetten teilnehmen können (z.B. PC´s, die nicht über ein Programm verfügen, mit
dem der Zugriff auf solche Sportwettangebote verhindert wird, Online-
Wettautomaten, Wettterminals), sowie
10
c) Vereinbarungen mit Dritten zu treffen, die diesen die Ausübung von
Tätigkeiten i. S. d. Buchst. a) oder b) in Ihren Betriebsräumen ermöglichen oder
Dritten Ihre Betriebsräume ganz oder teilweise zur Ausübung entsprechender
Tätigkeiten zur Miete, Pacht oder in sonstiger Weise zu überlassen
11
sowie
12
1.2 zur Umsetzung der Forderungen gem. Ziff. 1.1 folgende Handlungen
13
vorzunehmen
14
a. in Ihren Betriebsräumen bereitgehaltene Werbe- und Informationsunterlagen
sowie Wettscheine für Sportwetten der in Ziff. 1.1a) genannten Art zu entfernen,
15
16
b) in und außerhalb an Ihren Betriebsräumen angebrachte Werbung für
Sportwetten der in Ziff. 1.1a) genannten Art sowie Geräte/Einrichtungen i. Sinne
Ziff. 1.1b) zu entfernen.
17
c) bestehende Vereinbarungen im Sinne der Ziff. 1.1c) zu beenden.
18
2. Diese Anordnungen gelten auch für evtl. weitere, von Ihnen innerhalb des
Gebietes der Stadt L. bereits betriebene, hier aber nicht bekannte sowie für
zukünftig von Ihnen ggfls. neu begonnene Betriebsstätten, in denen Sportwetten
der in Rede stehenden Art vermittelt und beworben werden.
19
3. Für den Fall, dass Sie den Anordnungen gem.
20
a) Ziff. 1.1a) i. V. m. Ziff. 1.2a) nicht sofort,
21
b) Ziff. 1. 1b) i. V. m. Ziff. 1.2b) nicht innerhalb von 2 Tagen
22
c) Ziff. 1. 1c) i. V. m. Ziff. 1.2c) nicht innerhalb von 2 Wochen
23
nach Zustellung dieser Verfügung nachkommen, drohe ich Ihnen entsprechend
den Vorschriften der §§ 55 (1), 57, 60 und 63 des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW (VwVG NRW) für jeden Fall einer
Zuwiderhandlung i. S. Ziff. 3a) oder 3c) und für jede betroffene Betriebsstätte
jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von
24
7.500,00 EUR (in Worten: Fünftausend)
25
an."
26
In den Gründen führte der Antragsgegner u.a. aus, bei Überprüfungen der
Gewerbebetriebe der Antragstellerin am H.------l und in der N.-------straße in L. am 15.
und 21. August 2008 sei festgestellt worden, dass dort Sportwetten der in H1.
ansässigen Fa. J. C. B. Ltd. vermittelt würden.
27
Schon im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung hatte die Antragstellerin in L.
zwei weitere Betriebsstätten angemeldet (B1. X. T. und I.------------). Jedoch
lagen dem Antragsgegner seinerzeit keine Erkenntnisse darüber vor, ob auch dort
unzulässige Sportwetten vermittelt wurden.
28
Am 22. August 2008 stellte der Antragsgegner fest, dass die Antragstellerin entgegen
der Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 in den Betriebsstätten am H.------ und in
der N.-------straße weiterhin Sportwetten vermittelte. Deshalb setzte er mit Bescheid vom
25. August 2008 ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 15.000 Euro (2 x 7.500 Euro)
gegen die Antragstellerin fest und erließ am selben Tag folgende weitere
29
"Zwangsgeldandrohung
30
......
31
nachdem festgestellt wurde, dass Sie meiner o.g. Ordnungsverfügung (gemeint:
vom 21. August 2008) weiter zuwider handeln, wurde das für jeden Fall der
Zuwiderhandlung in Höhe von 7.500 EUR angedrohte Zwangsgeld in Höhe von
insgesamt 15.000,00 EUR festgesetzt.
32
Für den Fall, dass Sie der o.g. Ordnungsverfügung nunmehr
33
hinsichtlich der darin geforderten Unterlassung, unzulässige Sportwetten zu
vermitteln und zu bewerben sowie die für die Teilnahme an diesen Sportwetten
erforderliche Unterlagen (Wettinformationen, Wettscheine) bereit zu halten nicht
sofort und
bezüglich des geforderten Handelns, die für die Vermittlung genutzten Geräte
34
sowie vorhandene Werbung aus dem Betrieb zu entfernen, nicht innerhalb von 2
Tagen
35
nach Bekanntgabe dieser Verfügung nachkommen, drohe ich hiermit gemäß
den §§ 55, 57, 60 und 63 Abs. 1 VwVG NRW ein weiteres Zwangsgeld in Höhe
von
36
15.000,00 EUR
37
für jeden Fall der Zuwiderhandlung an."
38
Einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die
Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 und die Bescheide vom 25. August 2008
lehnte das Verwaltungsgericht L. mit Beschluss vom 10. September 2008, der
Antragstellerin zugestellt am 18. September 2008, ab (1 L 1303/08). Die hiergegen
gerichtete Beschwerde wies der beschließende Senat mit Beschluss vom 5. Mai 2009
zurück
39
(4 B 1546/08).
40
Bei einer Kontrolle am 28. August 2008 in der Betriebsstätte I1.----------- stellte der
Antragsgegner fest, dass auch dort entgegen der Ordnungsverfügung vom 21. August
2008 Wettscheine sowie Informationsmaterial bereitgehalten und Sportwetten vermittelt
wurden. Die gleichen Feststellungen wurden nochmals am 23. September 2009
getroffen. Außerdem wurde an diesem Tag (erstmals) festgestellt, dass am Schaufenster
angebrachte Werbung für Sportwetten nicht entfernt worden war. Am 16. und 24.
September 2008 durchgeführte Überprüfungen im Betrieb B1. X. ergaben
entsprechende Ergebnisse (jeweils Wettscheine, Vermittlung und
Schaufensterwerbung).
41
Daraufhin setzte der Antragsgegner mit Bescheid vom 22. Oktober 2008 ein
Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 105.000,00 Euro fest, wobei er von insgesamt 7
Zuwiderhandlungen ausging (I1.-----------: 1 Zuwiderhandlung am 28. August, 2
Zuwiderhandlungen am 23. September; B. X. : je 2 Zuwiderhandlungen am 16.
und 24. September).
42
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2008 - im Übrigen wortgleich mit der
Zwangsgeldandrohung vom 25. August 2009 - drohte er ein weiteres Zwangsgeld in
Höhe von 25.000,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung an.
43
Die Antragstellerin hat am 27. Oktober 2008 Klage gegen die Bescheide vom 22. und
23. Oktober 2008 erhoben und gleichzeitig beantragt, die aufschiebende Wirkung der
Klage anzuordnen. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben, soweit mit
Bescheid vom 22. Oktober 2008 ein Zwangsgeld von mehr als 60.000 Euro festgesetzt
worden ist. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zur Begründung ausgeführt, die am
28. August 2008 und 16. September 2008 festgestellten Verstöße gegen die
Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 rechtfertigten keine Zwangsgeldfestsetzung,
weil sie unter Geltung einer sog. "Stillhaltezusage" des Antragsgegners im Verfahren 1
44
L 1303/08 erfolgt seien. Den weitergehenden Antrag hat das Verwaltungsgericht
abgelehnt.
II.
45
Nachdem der Antragsgegner seine Beschwerde gegen den stattgebenden Teil der
angefochtenen Entscheidung mit Schriftsatz vom 15. Juni 2009 zurückgenommen hat,
ist das Beschwerdeverfahren insoweit entsprechend § 126 VwGO einzustellen.
46
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den ablehnenden Teil der angefochtenen
Entscheidung hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe - nur
diese hat der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu prüfen - rechtfertigen keine
Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
47
1. Dies gilt zunächst für den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid vom 22. Oktober 2008.
Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass dieser
Bescheid in Höhe von 60.000 Euro nicht zu beanstanden sein dürfte.
48
Die der Antragstellerin durch Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 21. August
2008 aufgegebenen Unterlassungspflichten und daraus abgeleiteten
Handlungspflichten gelten nicht nur für die Betriebsstätten der Antragstellerin am H.------
und in der N.-------, sondern auch für die Betriebsstätten in der B1. X. T. und
am I1.----------- in L. . Zwar sind nur die beiden zuerst genannten Betriebsstätten in der
Ordnungsverfügung ausdrücklich genannt. Nach Ziffer 2 der Ordnungsverfügung gelten
die unter Ziffer 1 getroffenen Anordnungen aber "auch für evtl. weitere, von [der
Antragstellerin] innerhalb des Gebietes der Stadt L. bereits betriebene, [dem
Antragsgegner] aber nicht bekannte sowie für zukünftig von [der Antragstellerin] ggfls.
neu begonnene Betriebsstätten".
49
Vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 21. August 2007 - 4 B 969/07 -.
50
Hiervon ausgehend bezog sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin sowohl die
unter Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 ausgesprochene erste
Zwangsgeldandrohung als auch die - für den Festsetzungsbescheid vom 22. Oktober
2008 maßgebliche - zweite Zwangsgeldandrohung vom 25. August 2008 u.a. auf die
Betriebsstätten in der B3. X. T. und am I1.----------- . Der Umstand, dass in
Ziffer 3 der Ordnungsverfügung nur Ziffer 1 und nicht auch Ziffer 2 in Bezug genommen
ist, steht dieser Annahme nicht entgegen. Denn der Anwendungsbereich der
Anordnungen unter Ziffer 1 ist, wie dargelegt, durch Ziffer 2 klargestellt bzw. erweitert
worden und - unter Berücksichtigung der systematischen Stellung der Regelungen
zueinander - mit diesem erweiterten Inhalt für das Verständnis von Ziffer 3 maßgeblich.
Dass sich die nachfolgende Zwangsgeldandrohung vom 25. August 2008 ebenfalls auf
die in Rede stehenden Betriebe der Antragstellerin bezog, ergibt sich ohne weiteres aus
der uneingeschränkten Bezugnahme auf die Ordnungsverfügung vom 21. August 2008.
51
Die Zwangsgeldandrohungen waren im Hinblick auf die Betriebsstätten in der B2.
X. T. und am I1.----------- nicht zu unbestimmt. Das gilt insbesondere für die
Fristsetzungen. Denn beide Betriebsstätten waren im Zeitpunkt der Zustellung der
Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 und des Bescheides vom 25. August 2008
bereits angemeldet, so dass kein Zweifel darüber bestehen konnte, dass die - jeweils ab
Zustellung zu berechnenden - Fristen zur Befolgung der getroffenen Anordnungen auch
52
für diese Betriebsstätten galten.
Die Zwangsgeldfestsetzung vom 22. Oktober 2008 erweist sich auch nicht als
unverhältnismäßig. Der Hinweis der Antragstellerin auf den in § 60 Abs. 1 VwVG NRW
geregelten Höchstbetrag von 100.000 Euro geht fehl. Die Vorschrift des § 60 Abs. 1
VwVG NRW regelt nur den Höchstbetrag für das einzelne Zwangsgeld, nicht aber für
den Gesamtbetrag, der sich ergibt, wenn wegen mehrerer Verstöße gegen
Unterlassungsgebote oder Handlungspflichten mehrere Zwangsgelder festgesetzt
werden.
53
Vgl. Urteil des Senats vom 30. September 1992
54
- 4 A 3840/91 -, NVwZ-RR 1993, 671.
55
Die Verhältnismäßigkeitsgrundsätze aus § 58 Abs. 1 und 2 VwVG NRW erscheinen
ebenfalls gewahrt. Insbesondere ist es im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass
der Antragsgegner für jede Zuwiderhandlung gegen eine der in der Ordnungsverfügung
vom 21. August 2008 getroffenen unterschiedlichen Anordnungen ein Zwangsgeld von
15.000 Euro festgesetzt hat. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin ihre hiergegen
erhobenen Einwände in dem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
gegen die Zwangsgeldandrohung vom 21. August 2008 und die Zwangsgeldandrohung
vom 25. August 2008 hätte vorbringen müssen (1 L 1303/08 VG L. , 4 B 1546/08),
56
vgl. in diesem Zusammenhang OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.
Februar 2006 - 2 M 211/05 -, juris; ferner Senatsbeschluss vom 24. März
2009 - 4 B 574/08 -,
57
greifen diese jedenfalls in der Sache nicht durch. Der Antragsgegner durfte die
(Androhung und) Festsetzung eines Zwangsgelds von 15.000 Euro für jeden Fall der
Zuwiderhandlung für erforderlich halten, nachdem die Antragstellerin sich durch das
zuvor ebenfalls für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedrohte niedrigere Zwangsgeld -
sei es in Höhe von 7.500 Euro, sei es in Höhe von "fünftausend" Euro - nicht von einer
Fortsetzung der Vermittlung und Bewerbung unerlaubter Sportwetten hatte abhalten
lassen. Damit war deutlich geworden, dass ihr mit diesen Tätigkeiten einhergehender
finanzieller Erfolg offenbar höher war als die angedrohten Zwangsgelder und nur die die
Androhung eines spürbar höheren Zwangsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung
die Befolgung der Ordnungsverfügung durch die Antragstellerin erwarten ließ. Auch der
Umstand, dass der Antragsgegner dem Anbieten/Vermitteln von unerlaubten
Sportwetten und der Werbung für unerlaubte Sportwetten in der Zwangsgeldandrohung
das gleiche Gewicht beigemessen hat, dürfte nicht zu beanstanden sein. Es erscheint
insbesondere nicht unverhältnismäßig, Werbung für unerlaubte Sportwetten - zumal im
Wiederholungsfall - mit einem Zwangsgeld von 15.000 Euro zu unterbinden. Denn die
Höhe der Einnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hängt maßgeblich davon
ab, wie diese Tätigkeit beworben wird.
58
Allerdings dürfe der Zwangsgeldfestsetzungsbescheid vom 22. Oktober 2008 insoweit
fehlerhaft sein, als der Antragsgegner darin von insgesamt 7 Fällen der
Zuwiderhandlung gegen die Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 ausgeht.
Tatsächlich ergeben sich aus den vom Antragsgegner vor Ort getroffenen
Feststellungen insgesamt wohl nur vier Fälle der Zuwiderhandlung. Denn die am
16. und 24. September 2008 in der Betriebsstätte B4. X. T. sowie am
59
28. August und 23. September 2008 in der Betriebsstätte I2.------------ jeweils
festgestellten Verstöße gegen das Vermittlungsverbot gemäß Ziffer 1.1.a) der
Ordnungsverfügung vom 21. August 2009 und gegen das Werbeverbot gemäß Ziffer
1.2.b) der Ordnungsverfügung (wegen nicht fristgerechter Entfernung der
Schaufensterwerbung) wird man unter dem Gesichtspunkt der natürlichen
Handlungseinheit für jede Betriebsstätte als nur eine Zuwiderhandlung gegen das
Vermittlungsverbot und eine Zuwiderhandlung gegen das Werbeverbot bewerten
müssen. Insoweit wird auf die Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 5. Juni 2009
und die darin angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember
2008 – 1 ZB 32/06 - verwiesen.
Der Umstand, dass sich die Zwangsgeldfestsetzung, soweit sie über 60.000 Euro
hinausgeht, im Hauptsacheverfahren voraussichtlich jedenfalls aus den vorstehenden
Gründen als rechtswidrig erweisen wird, ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren
im Ergebnis allerdings ohne Bedeutung. Denn schon das Verwaltungsgericht hat dem
Aussetzungsantrag der Antragstellerin in diesem Umfang - wenn auch aus anderen, hier
nicht mehr zu prüfenden Gründen - stattgegeben und der Antragsgegner hat seine
hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgenommen.
60
Die Antragstellerin kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass der Antragsgegner
anstelle der Festsetzung des Zwangsgeldes unmittelbaren Zwang hätte anwenden
müssen. Das Zwangsgeld ist regelmäßig das mildere Mittel, weil der Ordnungspflichtige
der Ordnungsverfügung von sich aus nachkommen kann. Auch im vorliegenden Fall
hätte die Antragstellerin die Festsetzung der aus ihrer Sicht "ruinösen" Zwangsgelder
ohne weiteres vermeiden können, indem sie ihre unerlaubte Tätigkeit im
Sportwettenbereich eingestellt hätte.
61
2. Die Zwangsgeldandrohung vom 23. Oktober 2008, die für jeden Fall der
Zuwiderhandlung ein weiteres Zwangsgeld von 25.000 Euro androht, wird
voraussichtlich ebenfalls einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten. Der
Einwand der Antragstellerin, das Verwaltungsvollstreckungsrecht lasse eine
Zwangsmittelandrohung "auf Vorrat" nicht zu, trifft bei der Erzwingung von
Unterlassungen oder Duldungen nach nordrhein-westfälischem Landesrecht nicht zu,
wie sich aus § 57 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW ergibt.
62
Vgl. dazu auch Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 13 VwVG Rdn. 44 ff.
63
Die von der Antragstellerin angesprochene Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts,
64
Gerichtsbescheid vom 26. Juni 1997 - 1 A 10.95 -, NVwZ 1998, 393 -,
65
betrifft das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes. Für das Land Nordrhein-
Westfalen sieht § 57 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW demgegenüber ausdrücklich vor, dass
bei Erzwingung einer Duldung oder Unterlassung die Zwangsmittel für jeden Fall der
Nichtbefolgung festgesetzt werden können. Eine solche Festsetzung setzt eine
Androhung voraus, die sich auf mehrere Zuwiderhandlungen bezieht. Die speziell auf
diesen Fall wiederholter Zuwiderhandlungen gegen ein einheitliches Gebot
zugeschnittene Vorschrift des § 57 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW,
66
vgl. hierzu Landtagsdrucksache 13/3192 Seite 66 (zu Nr. 27),
67
greift die frühere Regelung des § 55 Abs. 6 Satz 2 PrPVG auf, wonach bei polizeilichen
Verboten das Zwangsmittel für jeden Fall der Nichtbefolgung festgesetzt werden konnte.
Nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts bildete § 55
Abs. 6 Satz 2 PrPVG - bei Verboten - eine ausreichende Rechtsgrundlage für eine
Androhung für jeden Fall der Zuwiderhandlung.
68
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. März 1966 -4 A 1410/65 -, OVGE 22, Seite
144.
69
Die Richtigkeit dieser Auffassung zieht das Bundesverwaltungsgericht in der von der
Antragstellerin zitierten Entscheidung nicht in Zweifel. Es zieht gerade aus dem Fehlen
einer § 55 Abs. 6 Satz 2 PrPVG entsprechenden Regelung im Bundesrecht nur für
dessen Anwendungsbereich Rückschlüsse auf die (Un-) Zulässigkeit einer Androhung
für jeden Fall der Zuwiderhandlung.
70
Ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Beschluss vom 3. Juni
2009 - 4 B 1917/08 -; so auch OVG NRW, Beschluss vom 21. Mai 2008 -
20 B 479/08 -.
71
Der Anwendung von § 57 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW steht auch nicht entgegen, dass
die Entfernung der für die Wettvermittlung genutzten Geräte und der Werbung ein
aktives Tun der Antragstellerin voraussetzt. Denn diese Handlungspflichten folgen
unmittelbar aus den in Ziffern 1.1a) und 1.1.b) der Ordnungsverfügung vom 21. August
2008 geregelten Unterlassungspflichten. Der Pflicht, Werbung für Sportwetten und die
Aufstellung von Wettgeräten in den Betriebsräumen zu unterlassen, wird nur dann
vollständig genügt, wenn bereits vorhandene und fortwirkende Werbung sowie Geräte
aus den Betriebsräumen entfernt werden.
72
Vgl. zum Verhältnis von Unterlassungs- und Handlungspflichten etwa auch
BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 – IX ZR 36/92, NJW 1993, 1076.
73
Der Senat vermag ferner nicht zu erkennen, dass die in Übereinstimmung mit § 57
Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW formulierte Zwangsgeldandrohung unbestimmt ist. In der
Verfügung vom 23. Oktober 2008 kommt hinreichend zum Ausdruck, welche Verstöße
gegen die in der Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 getroffenen Anordnungen mit
dem angedrohten Zwangsgeld geahndet werden sollen. Danach war zunächst ab sofort
(mit Bekanntgabe der Zwangsgeldandrohung) jeder Fall der Zuwiderhandlung gegen
das Verbot der Vermittlung und Bewerbung von unzulässigen Sportwetten sowie der
Bereithaltung der Teilnahmeunterlagen (Wettinformationen, Wettscheine) - vgl. auch
Ziffer 1.1.a) der Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 - mit dem Zwangsgeld in
Höhe von 25.000 Euro bedroht. Zudem war mit Ablauf von zwei Tagen nach
Bekanntgabe der Androhung jeder Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot
zwangsgeldbewehrt, in den Betriebsräumen Geräte zur Sportwettenver-mittlung
aufzustellen [vgl. Ziffer auch Ziffer 1.1.a) der Ordnungsverfügung vom 21. August 2008]
und - mit in den bzw. außerhalb der Betriebsräume(n) angebrachter Werbung - für
Sportwetten zu werben. Dass die damit angesprochene Regelung unter dem zweiten
Spiegelstrich der Zwangsgeldandrohung vom 23. Oktober 2008, innerhalb von zwei
Tagen die "vorhandene Werbung aus dem Betrieb zu entfernen", sich nur auf fest
angebrachte Werbung bezieht und die Werbung im Übrigen von der - sofort zu
beachtenden - Regelung des ersten Spiegelstrichs erfasst ist, ergibt sich daraus, dass
74
die Zwangsgeldandrohung ersichtlich die Ordnungsverfügung vom 21. August 2008
aufgreift, in der diese Differenzierung ebenfalls vorgenommen ist [vgl. Ziffern 1.2.a) und
1.2.b) sowie 3.a) und 3.b)].
Die Zwangsgeldandrohung vom 23. Oktober 2008 lässt - nicht zuletzt wegen ihrer
Gliederung - auch keinen Zweifel daran, dass der Antragsgegner die
Unterlassungspflichten einerseits (1. Spiegelstrich) und die "Beseitigungs- bzw.
Handlungspflichten" andererseits (2. Spiegelstrich) als selbstständige Pflichten versteht,
deren vollständige oder teilweise Nichtbeachtung jeweils mit Zwangsgeld bedroht ist.
Fraglich könnte allenfalls sein, ob der Antragsgegner die einzelnen
Unterlassungspflichten (1. Spiegelstrich) und die beiden "Handlungspflichten"
(2. Spiegelstrich) ihrerseits als jeweils selbstständige Verpflichtungen ansieht, ob also
z.B. ein Verstoß gegen das Verbot, Sportwetten zu vermitteln, und ein Verstoß gegen
das Verbot, die für die Teilnahme erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten, die
Festsetzung eines Zwangsgeldes von 50.000 Euro ( 2 x 25.000 Euro) nach sich zöge.
Auch insoweit spricht nach Auffassung des Senats indes schon die Zusammenfassung
der verschiedenen Tätigkeiten, die die Antragstellerin unterlassen soll, unter einem
Spiegelstrich dafür, dass es sich um unselbstständige Teile einer einheitlichen
Unterlassungsverpflichtung handelt, deren Nichterfüllung - sei es ganz oder nur
teilweise - mit nur einem Zwangsgeld in Höhe von 25.000 Euro bedroht ist. Ferner
spricht für dieses Verständnis, dass die unter dem ersten Spiegelstrich genannten
Tätigkeiten (vermitteln, bewerben und Wettunterlagen bereit halten) in der Praxis
regelmäßig zusammen fallen. An dieser Einschätzung sieht sich der Senat durch die
entsprechende Festsetzungspraxis des Antragsgegners bestätigt, die sich auch der
Antragstellerin aus den Festsetzungsbescheiden vom 25. August und 22. Oktober 2008
erschließen musste. Die Formulierung "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" bezieht
sich demnach nicht auf die einzelnen Teilbereiche der jeweils einheitlichen
Verpflichtungen unter dem ersten und zweiten Spiegelstrich der Zwangsgeldandrohung,
sondern gewinnt erst dann - als Androhung auf Vorrat - Bedeutung, wenn wiederholte
Verstöße erfolgen und diese jeweils als eigenständige Handlungen zu bewerten sind.
75
Schließlich ist die Zwangsgeldandrohung auch nicht unverhältnismäßig. Hinsichtlich
der Angemessenheit des für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedrohten
Zwangsgeldes wird auf die Ausführungen zu 1. verwiesen, die für die Erhöhung des
Zwangs-geldes von 15.000 Euro auf 25.000 Euro entsprechend gelten. Die Befürchtung,
der Antragsgegner könne nach "Gutdünken" festgestellte Verstöße gegen die
Ordnungsverfügung vom 21. August 2008 "ansammeln", um einen "ruinösen
Zwangsgeldbetrag" festsetzen, erscheint unbegründet. Denn bei einem
ununterbrochenen Zuwiderhandeln der Antragstellerin gegen das Vermittlungsverbot
und gegen das Gebot, die Geräte und die Werbung zu entfernen, dürften im Ergebnis
lediglich zwei Pflichtverstöße vorliegen, Insoweit wird auf die Hinweisverfügung des
Berichterstatters vom 5. Juni 2009 verwiesen.
76
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO und
berücksichtigt die Anteile der Beteiligten am - geänderten - Gesamtstreitwert. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der Senat
bewertet die Zwangsgeldfestsetzung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in
ständiger Praxis mit der Hälfte des festgesetzten Betrags. Für die selbstständige
Zwangsgeldandrohung war ein Viertel des angedrohten Betrages anzusetzen.
77
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
78