Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 01.12.2004

OVG NRW: einstellung des verfahrens, disziplinarverfahren, munition, öffentliche sicherheit, durchsuchung, schusswaffe, verfügung, erwerb, strafbefehl, strafverfahren

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 22d A 1663/03.O
01.12.2004
Oberverwaltungsgericht NRW
Landesdisziplinarsenat
Urteil
22d A 1663/03.O
Verwaltungsgericht Münster, 13 K 1265/02.O
Die Berufung wird mit der Maßgabe auf Kosten des Beamten verworfen,
dass ihm ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75% des bis zum heutigen
Tag erdienten Ruhegehalts für die Dauer von sechs Monaten bewilligt
wird.
G r ü n d e :
I.
Der am 12. Februar 19 in E. geborene Beamte absolvierte nach Erlangung der
Fachoberschulreife eine Ausbildung zum Industriemechaniker, die er im Jahre 1992 mit der
Erlangung des Gesellenbriefes abschloss. Den Grundwehrdienst leistete der Beamte im
Zeitraum vom 1. April 1992 bis zum 31. März 1993. Während dieser Zeit wurde er zum
Waffenmechaniker ausgebildet und hauptsächlich mit der Instandsetzung von
Handfeuerwaffen und Kettenfahrzeugen betraut. Im Juni 1993 trat der Beamte bei den E1.
Stadtwerken eine Ausbildung zum Straßenbahnfahrer an. Nach Abschluss der 3-
monatigen Ausbildung war er bis zum 28. Februar 1995 als Straßenbahnfahrer tätig.
Am 3. April 1995 wurde der Beamte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf
zum Polizeimeister-Anwärter ernannt. Den ersten Ausbildungsabschnitt schloss der
Beamte mit der Note "befriedigend", den zweiten Ausbildungsabschnitt schloss er mit der
Note "gut" ab. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1997 wurde der Beamte unter Ernennung zum
Polizeimeister zur Anstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Mit
Wirkung vom 1. April 1999 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf
Lebenszeit zum Polizeimeister ernannt. Er versah seinen Dienst als Streifenbeamter beim
Polizeipräsidenten E. , Abteilung GS, Polizeiinspektion Mitte, Hauptwache.
Die dienstlichen Leistungen des Beamten wurden zuletzt am 10. Januar 2000 mit
"entsprechen voll den Anforderungen" beurteilt.
Der Beamte ist seit dem 8. Mai 1991 verheiratet. Aus der Ehe sind bislang keine Kinder
hervorgegangen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten sind - soweit ersichtlich -
geordnet. Er bezieht - mit Verfügung vom 13. Dezember 2000 um fünf vom Hundert
gekürzte - Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 7. Seine Ehefrau ist
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teilzeitbeschäftigt.
Der Beamte ist mit Ausnahme der hier noch darzustellenden Vorgänge strafrechtlich und
disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Wegen des zu Ziffer 1 der Anschuldigungsschrift
erhobenen Vorwurfs wurde gegen den Beamten durch rechtskräftigen Strafbefehl des
Amtsgerichts E. vom 15. November 2000 (94 Cs 842/00 AG E. 190 Js 13/00 E. ) eine
Freiheitsstrafe von 11 Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt
wurde. Durch Beschluss vom 1. Juni 2004 erließ das E. die Freiheitsstrafe aus dem
vorgenannten Strafbefehl nach Ablauf der Bewährungszeit.
II.
Nach Vorermittlungen leitete das Polizeipräsidium E. mit Verfügung vom 21. Oktober 2000
gegen den Beamten das förmliche Disziplinarverfahren ein und enthob ihn gemäß § 91 DO
NRW vorläufig des Dienstes. In der Einleitungsverfügung heißt es auszugsweise wie folgt:
"Nach dem bisherigen Ergebnis des Verfahrens stehen Sie in dringendem Verdacht, Ihre
Dienstpflichten durch folgende Handlung verletzt zu haben:
1. Die Staatsanwaltschaft E. ermittelt gegen Sie unter dem AZ: 77 Js 352/00 wegen des
Verdachts des illegalen Waffenbesitzes. Bei Ihnen wurde am 23.08.2000 bei einer
Wohnungsdurchsuchung in einem Versteck hinter dem Kleiderschrank eine Pumpgun mit
ca. 70 Schuss Munition gefunden. Der Ausgang des Verfahrens ist mir noch nicht bekannt.
2. Aus einer in einem anderen Strafverfahren geschalteten
Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) geht hervor, dass Sie dem I. Q. zugesagt haben,
über Ihre dienstlichen Möglichkeiten Informationen über eine eventuelle TKÜ zu
beschaffen. Sie haben sich dazu Namen und Geburtsdatum des Betroffenen übermitteln
lassen. Da Sie aber zu der Zeit Urlaub hatten und diese Dinge nach Ihren Angaben nur
heimlich erledigen können, sagten Sie die Erledigung zu, sobald Sie wieder im Dienst
seien.
3. Den Gesprächen ist zu entnehmen, dass Sie bei I. Q. in einem Beschäftigungsverhältnis
stehen. Sie stehen im Verdacht, einer Tätigkeit als Türsteher nachzugehen, ohne dafür im
Besitz einer Nebentätigkeitsgenehmigung zu sein.
4. Sie bezeichnen Ihre Kollegen bei den aufgezeichneten Gesprächen als "Wichser",
"Arschficker", "Flachwichser" und "Bullen". In einem anderen Zusammenhang äußern Sie:
"Die haben doch einen Fisch im Arsch"."
Mit der Anschuldigungsschrift vom 11. April 2002 wird dem Beamten zur Last gelegt,
"außerhalb des Dienstes eine Schusswaffe "PUMPGUN" mit 31 Schrotpatronen und 5
weiteren Päckchen Munition mit zusätzlich 55 Schrotpatronen erworben und sich gemäß §
53 Abs. 3 Nr. 1a, 28 Abs. 1 Satz 1 Waffengesetz, § 56 StGB strafbar gemacht zu haben. Die
Waffe und die scharfe Munition wurden in der Wohnung des Beamten gefunden. Der Vorfall
wurde bei der StA E. unter dem Az. 190 Js 13/00 bearbeitet
- aus einer in einem Strafverfahren geschalteten Telekommunikationsüberwachung dem
darin abgehörten I. Q. zugesagt zu haben, über seine dienstlichen Möglichkeiten
Informationen aus dieser Maßnahme zu beschaffen und an Herrn Q. weiterzugeben
- bei I. Q. in einem Beschäftigungsverhältnis als Sicherheitsbediensteter - mutmaßlich
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Türsteher oder Rausschmeißer - gestanden zu haben, ohne im Besitz einer
Nebentätigkeitsgenehmigung gewesen zu sein
- seine Berufskollegen gegenüber I. Q. als "Wichser", "Arschficker", "Flachwichser" und
"Bullen" bezeichnet zu haben. Außerdem hat er über seine Kollegen pauschal geäußert,
dass "die doch einen Fisch im Arsch hätten"."
III.
Die Disziplinarkammer hat in der Hauptverhandlung vom 17. Februar 2003 mit Zustimmung
des Vertreters der Einleitungsbehörde das Disziplinarverfahren gemäß § 15b DO NRW auf
den Anschuldigungspunkt "unerlaubten Waffenbesitz" beschränkt. Durch Urteil vom selben
Tage hat es den Beamten wegen eines Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt.
Die Disziplinarkammer hat im Hinblick auf die Einleitung des förmlichen
Disziplinarverfahrens das Vorliegen eines die Einstellung des Verfahrens rechtfertigenden
Grundes abgelehnt und hierzu ausgeführt:
"Entgegen der Auffassung der Verteidigung ist das förmliche Disziplinarverfahren
hinsichtlich des verbliebenen Anschuldigungspunktes wirksam eingeleitet worden. Die
Einleitungsverfügung vom 21. Oktober 2000 bezeichnet als Pflichtverletzung den im
Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft E. (AZ 77 Js 352/00) gegenständlichen
illegalen Waffenbesitz. Sie nimmt dabei auch Bezug auf die Feststellung dieser
Pflichtverletzung anlässlich der Wohnungsdurchsuchung am 23. August 2000, bei der in
einem Versteck hinter dem Kleiderschrank eine Pumpgun mit ca. 70 Schuss Munition im
Besitz des Beamten gefunden wurde.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die unter 2. bis 4. in der
Einleitungsverfügung vom 21. Oktober 2000 genannten Pflichtverletzungen hinreichend
konkret beschrieben wurden. Zwar kann eine in Teilen zu unbestimmte
Einleitungsverfügung dazu führen, dass das förmliche Disziplinarverfahren insgesamt nicht
wirksam eingeleitet worden ist. Dies gilt aber jedenfalls dann nicht, wenn ein
Pflichtenverstoß - wie hier - oder mehrere Pflichtenverstöße hinreichend bestimmt wurden
und für sich genommen die Höchstmaßnahme rechtfertigen. Das Bedürfnis, nach dem
Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens eine Gesamtwürdigung der
Beamtenpersönlichkeit anhand aller Pflichtverletzungen vorzunehmen, tritt dann in den
Hintergrund."
In der Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
"Anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung am 23. August 2000 - beruhend auf einem
Beschluss des Amtsgerichts E. vom 22. August 2000 - wurden bei dem Beamten eine
Schusswaffe "Pumpgun" mit 31 Schrotpatronen und 5 weiteren Päckchen Munition mit
zusätzlich 55 Schrotpatronen gefunden. Im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen
Vernehmung am 3. November 2000 hat sich der Beamte wie folgt eingelassen:
"Den I. Q. habe ich im Mai 2000 in der T. -G. kennen gelernt. Wir kamen ins Gespräch und
Q. erzählte mir, dass er Inhaber der Security-Firma sei. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben
wir darüber gesprochen, ob ich nicht möglicherweise daran Interesse hätte, mich auch bei
ihm zu verdingen. Da der Q. allerdings dort nicht so frei sprechen konnte, haben wir uns
einige Tage später im M. verabredet. Ich war beeindruckt von dem was Q. mit seiner Firma
vorhatte. Auf die konkrete Anwerbung habe ich darauf hingewiesen, dass ich
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Polizeibeamter sei und daher einer Nebentätigkeitsgenehmigung bedürfe. Wir sind dann so
verblieben, dass ich zunächst einmal ihm bei seiner Arbeit zugeschaut habe, auch um zu
überprüfen, ob mich diese Tätigkeit überhaupt interessiert. Dies sah konkret so aus, dass
ich im Juni und Juli zwei Mal in der T. -G. anwesend war und quasi die Tätigkeit des Q.
hospitiert habe. Ich habe dafür kein Entgelt erhalten. In der Folgezeit haben wir dann über
unsere Handys Kontakt behalten. Nachdem die Polizistenmorde in E. und X. passiert
waren, haben wir uns auch über Schutzwesten unterhalten. Der Q. hat mir dann leihweise
seine private Schutzweste zur Verfügung gestellt, die ich im Dienst auch getragen habe.
Einige Zeit später - es war genau am 05.08.2000 - bin ich in die T. -G. gefahren, um ihm
seine Weste zurückzugeben. Wir haben uns an diesem Tag insbesondere auch über
Waffen unterhalten, da ich vorhatte, mir für den Polizei- Schützenverein eine 357er
Magnum von S&W zu kaufen. Im Rahmen dieses Gespräches bat mich der Q. dann
plötzlich um ein Gespräch unter vier Augen, das etwas abgesetzt auf dem Parkplatz
stattfand. Q. erklärte mir dabei, dass er einen Freund habe, der in Geldnöten sei und eine
Pumpgun mit Munition zu verkaufen habe. Bei dem vorherigen Gespräch, das noch in der
T. -G. stattfand, hatte ich dem Q. auch gesagt, dass ich mir als Langwaffe eine Pumpgun
kaufen wollte.
Er wollte die Waffe an jemanden verkaufen, der keine Dummheiten damit macht. Q. erklärte
dazu, die Waffe sei "sauber" und sein "bester" Freund hätte eine WBK für diese Waffe. Die
Waffe sollte dann nach unseren Vorstellungen im Oktober - wenn ich meine WBK haben
würde - überschrieben werden.
Q. bot die Waffe komplett zum Preis von 2.000,00 DM an, was mir allerdings zu teuer
erschien, da ich bedeutend günstigere Waffen bereits vorher in Katalogen gesehen hatte.
Ich habe daher gesagt, dass ich mehr als 1.000,00 DM nicht zusammenbekommen würde
und auch nicht bereit sei mehr als 1.000,00 DM zu bezahlen. An diesem Tage haben wir
verabredet, (dass) am darauf folgenden Sonntag (06.10.2000) eine SMS verschickt werden
sollte, da wir davon ausgingen, dass SMS nicht abgehört bzw. entschlüsselt werden
können. Zudem sagte der Q. mir, dass wir für die Waffe den Begriff der "Play-Station" und
für die Munition das Synonym "Spiele" benutzen sollten. An diesem Sonntag war eigentlich
klar, dass der Preis von 1.000,00 DM in Ordnung ging.
Wir haben uns dann am darauf folgenden Dienstag (08.08.2000) im Café B. verabredet. Es
sollte an diesem Tage die Übergabe der Waffe erfolgen.
Wir haben uns dann um 10.00 Uhr im Café B. tatsächlich getroffen und dort zunächst
gefrühstückt. Der Q. , der alleine war, erklärte mir, dass er die Waffe, die nicht
zusammengesetzt sei, im Auto habe. Wir sind dann nach dem Frühstück über den Alten
Markt in Richtung Stadtgraben zu seinem PKW gegangen. Auf diesem Wege habe ich
noch mit meiner EC-Karte bei der Filiale der Sparkasse 1.000,00 DM abgehoben. Wir
wollten dann in die Wohnung des Q. fahren, da ich mir die Waffe anschauen und sie
zusammensetzen wollte. Da ich nicht wusste, wo der Q. wohnt, hat er mich zunächst mit
seinem PKW zum Ostwall gebracht, wo ich meinen PKW geparkt hatte. Ich bin dann mit
meinem Fahrzeug hinter dem Q. her zu ihm nach Hause gefahren. Es war irgendwo in E2. .
Wir haben dort die Waffe zusammengesetzt und Q. hat sie in einen Seemanssack gelegt.
Nachdem ich ihm die 1.000,00 DM übergeben hatte, hat er mir den Seemannssack
gegeben.
Unsere Wege haben sich dann getrennt. Bereits als ich im Auto saß, wurde mir klar, dass
ich eine große Dummheit begangen hatte und eine Straftat verwirklicht hatte.
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Ich bin dann nach Hause gefahren und habe die Waffe hinter dem Kleiderschrank
versteckt, wo sie später auch aufgefunden wurde. Mir war zu diesem Zeitpunkt klar, dass
ich nicht nur eine Straftat begangen hatte, sondern dass der Q. mich auch in der Hand
hatte. Ich wollte die Waffe wieder loswerden, wusste aber nicht wie." "
Diese Feststellungen hat die Disziplinarkammer wie folgt gewürdigt:
Das von dem Beamten durch die Erfüllung des Straftatbestandes des illegalen
Waffenbesitzes begangene Dienstvergehen mache dessen Entfernung aus dem Dienst
unausweichlich, da der Beamte sich für den öffentlichen Dienst als untragbar erwiesen
habe. Wie bereits die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe von 11 Monaten zeige, stelle der
Verstoß gegen das Waffengesetz ein so schwer wiegendes Vergehen dar, dass sich das
Vertrauensverhältnis eines zur Aufklärung von Straftaten berufenen Polizeibeamten zu
seinem Dienstherrn und sein berufserforderliches Ansehen in der Öffentlichkeit als zerstört
darstelle. Auch erwarte die Allgemeinheit von einem Polizeibeamten, dass dieser
außerdienstlich nicht das tue, was zu verhindern seine Dienstpflicht sei. Auch eine
Gesamtwürdigung der Tatumstände trage dazu bei, den endgültigen Verlust des
erforderlichen Vertrauens anzunehmen. Über mehrere Wochen habe der Beamte mit dem I.
Q. über den Ankauf der Waffe verhandelt. Dabei sei der Beamte mit erheblicher krimineller
Energie vorgegangen. Der Beamte habe einer eventuellen Abhörung der mit Q. geführten
Gespräche vorbeugen wollen und aus diesem Grunde Decknamen für die Waffe und die
Munition vereinbart und Verhandlungsgespräche auf einem Parkplatz geführt bzw.
Kontakte per SMS vereinbart, weil man davon ausgegangen sei, dass diese Art der
Übermittlung nicht erfasst werden könne. Dieses konspirative und kollusive
Zusammenwirken mit einem anderen Straftäter belege Charaktermängel des Beamten, die
dessen Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit beeinträchtigten, seine Zuverlässigkeit und
moralische Integrität in Frage stellten und sein Ansehen und seine Autorität bei
Vorgesetzten und Untergebenen minderten. Gegen den Beamten spreche, dass er sich
nicht seinem Vorgesetzten anvertraut und nichts unternommen habe, obwohl er nach
Erwerb der Waffe erkannt habe, sich in die Hand des Q. begeben zu haben und damit
erpressbar geworden zu sein. Auch das Verhalten des Beamten im Disziplinarverfahren sei
für ihn nachteilig. Seine Einlassungen, die Pumpgun als Polizeisportschütze nutzen zu
wollen, sei eine Schutzbehauptung, die Beschönigungstendenzen offenbare. Als
Waffenkenner müsse ihm klar gewesen sein, dass eine solche Waffe für die angeblich
beabsichtigte Nutzung objektiv ungeeignet war.
Gewichtige Milderungsgründe seien zu Gunsten des Beamten nicht ersichtlich. Das
Vergehen stelle sich insbesondere nicht als persönlichkeitsfremde Augenblickstat dar, da
der Beamte über Wochen hinweg über den Ankauf der Waffe verhandelt habe.
IV.
Gegen das ihm am 7. März 2003 zugestellte Urteil hat der Beamte mit am 7. April 2003 bei
dem Verwaltungsgericht per Telefax eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom
selben Tage Berufung eingelegt.
In tatsächlicher Hinsicht führt der Beamte zur Begründung wie folgt aus:
Er habe im Laufe seiner Ausbildung und Berufsausübung eine starke Affinität zum
Schießsport entwickelt. Daher sei er im April 2000 dem Polizeisportverein E. - Abteilung
Schießen - beigetreten und habe in der Folgezeit unregelmäßig die zur Verfügung
stehenden Schießanlagen benutzt. Er habe nach Ablauf der 6-monatigen Wartefrist nach
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Eintritt in den Schießverein einen Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte stellen und
neben einer 357er Magnum Kurzwaffe auch eine Pumpgun als Langwaffe erwerben
wollen. Über die Waffen habe er sich durch Einsichtnahme in Fachkataloge informiert und
dabei festgestellt, dass eine seinen Vorstellungen entsprechende Pumpgun bereits für
1.500,- DM im Handel als Neuwaffe angeboten wurde. Inzwischen habe er auch erfahren,
dass eine solche Waffe auf der Anlage des Polizeisportvereins nicht benutzt werden
konnte. Nachdem Q. ihm am 5. August 2000 eine Pumpgun zum Ankauf angeboten habe,
habe er diese Waffe am 8. August 2000 von Q. übernommen. Als am 7. August 2000 sicher
gewesen sei, dass er die Waffe übernehmen werde, andererseits ihm bekannt gewesen
sei, dass er diese auf der Anlage des Polizeisportvereins nicht würde nutzen können, habe
er am 7. August 2000 seine Mitgliedschaft im Polizeisportverein zum nächstmöglichen
Termin gekündigt. Da nach der ihm bekannten Satzung des Vereins die Kündigung erst
zum Jahresende möglich gewesen sei, er mithin im Oktober 2000 noch Vereinsmitglied
gewesen sei, habe er zu diesem Zeitpunkt dann den Antrag auf Erteilung einer
Waffenbesitzkarte stellen wollen. Ab Januar 2001 habe er dann die Mitgliedschaft bei dem
Verein beantragen wollen, dem eine in C. gelegene Schießanlage zur Verfügung
gestanden habe. Erst später habe er erfahren, dass die Anlage nicht vereinsgebunden
betrieben werde. Unmittelbar nach Übernahme der Waffe sei ihm die Dummheit seines
Verhaltens aufgegangen. Die Waffe habe er bei sich zuhause versteckt, um im Oktober
deren Besitz zu legalisieren. Sofern Q. ihn wegen des Erwerbs der Waffe erpreßt hätte,
hätte er sich seinem Vorgesetzten offenbart. Dass an der Waffe Umbauten vorgenommen
worden waren, die eine Eintragung auf eine Waffenbesitzkarte ausgeschlossen hätten, sei
ihm nicht bekannt gewesen.
Die durch den Strafbefehl verhängte Freiheitsstrafe habe er zur Vermeidung einer
öffentlichen Hauptverhandlung akzeptiert und so auf eine mögliche Reduzierung der
Freiheitsstrafe nach öffentlicher Hauptverhandlung verzichtet. Die Durchführung einer
Hauptverhandlung sei wegen der Gefahr einer Presseberichterstattung geeignet gewesen,
das Vertrauen der Allgemeinheit bei Bekanntwerden des Vorgangs nachhaltig zu
erschüttern. Die gegen ihn verhängte Strafe sei sehr hoch bemessen. Das Strafverfahren
gegen I. Q. sei gegen Zahlung einer Geldbuße von 1.500,- DM gemäß § 153a StPO
eingestellt worden.
Sein als Dienstvergehen zu wertendes Verhalten rechtfertige nicht seine Dienstentfernung.
Zu berücksichtigen sei, dass er nach seinen Vorstellungen die Waffe nur vorübergehend
illegal habe besitzen und diese nur für Zwecke des Schießsports habe benutzen wollen.
Dass er mit einem Ankauf von Privat die Waffe preiswerter als im Fachhandel habe
erwerben wollen, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Durch den Verbleib der Waffe
bei ihm sei sicher gestellt gewesen, dass von der Waffe keine Gefahr ausgegangen sei.
Sein Nachtatverhalten sei von Einsichtigkeit geprägt. Er habe die Waffe sofort
herausgegeben.
Entgegen der Ansicht der Disziplinarkammer komme ihm der Milderungsgrund der
persönlichkeitsfremden Augenblickstat zugute. Abweichend von der Darstellung in dem
angefochtenen Urteil habe sich der Erwerb der Waffe von deren Offerierung bis zu deren
Übernahme innerhalb von 72 Stunden abgespielt und nicht über einen Zeitraum von
mehreren Wochen erstreckt.
Dass sein Verhalten persönlichkeitsfremd gewesen sei, zeige auch sein bisheriger
Werdegang bei der Polizei.
Für den Fall, dass sein Rechtsmittel keinen Erfolg habe, sei ihm zumindest ein
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angemessener Unterhaltsbeitrag zuzuerkennen.
Der Beamte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und eine mildere
Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Der Vertreter der obersten Dienstbehörde beantragt,
die Berufung zu verwerfen.
V.
Die zulässige Berufung des Beamten hat keinen Erfolg. Die Disziplinarkammer hat den
Beamten zu Recht aus dem Dienst entfernt.
1. Ein die Einstellung des Disziplinarverfahrens rechtfertigender Grund nach §§ 85 Abs. 1
Nr. 2, 75 Abs. 3, 63 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 DO NRW liegt nicht vor. Das förmliche
Disziplinarverfahren ist wirksam eingeleitet worden. Die Einleitungsverfügung (§ 33 Sätze
2 bis 4 DO NRW) muss, um wirksam zu sein, den zu verfolgenden Verdacht einer
Pflichtverletzung hinsichtlich des Sachverhalts wie auch der disziplinaren Beurteilung so
konkret, eindeutig und substantiiert darlegen, wie es der gegebene Ermittlungsstand und
der sich hieraus ergebende Verdacht zulassen. Dazu gehören substantiierte Angaben über
Zeit, Ort und Einzelheiten des vorzuwerfenden Verhaltens.
Vgl. Köhler/Ratz, BDO, 2. Aufl. 1994, § 33 Rdn. 13; Claussen/Janzen, BDO, 8. Aufl. 1996, §
33 Rdn. 8a; OVG Nordrhein Westfalen, Urteile vom 30. August 2000 - 6d A 1960/00.O -
DÖD 2001, 259 und 26. November 2003 - 22d A 1534/01.O - und 10. März 2004 - 22d A
2006/02.O und 1. April 2004 - 22d A 2005/02.O -.
Diesen Anforderungen entspricht die Einleitungsverfügung vom 21. Oktober 2000
hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 1, der nach der in erster Instanz erfolgten
Beschränkung des Disziplinarverfahrens gemäß § 15b DO NRW den ausschließlichen
Gegenstand des Verfahrens bildet. Im Zeitpunkt der Einleitung des förmlichen
Disziplinarverfahrens durch die Verfügung vom 21. Oktober 2000 war seitens der
Staatsanwaltschaft lediglich die Durchsuchung der Wohnung des Beamten am 23. August
2000 erwirkt worden, bei der die Pumpgun nebst dazugehöriger Munition aufgefunden
worden war. Der Beamte selbst hatte es abgelehnt, anlässlich der erfolgten Durchsuchung
Angaben zum Erwerb der Waffe zu machen. Er hat sich erstmals in seiner verantwortlichen
Vernehmung vom 3. November 2000 umfassend eingelassen. Im Zeitpunkt der Einleitung
des förmlichen Disziplinarverfahrens am 21. Oktober 2000 hatte die Einleitungsbehörde
keine weitergehenden Informationen über den dem Beamten gemachten Vorwurf als die,
die in die Einleitungsverfügung eingeflossen sind. Aufgrund der Angabe des Tages der
Durchsuchung und deren Ergebnisses sowie der Benennung des staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahrens bestand für den Beamten kein Zweifel darüber, was ihm konkret
vorgeworfen wurde.
Mit zutreffender Begründung hat es die Disziplinarkammer dahingestellt sein lassen, ob die
Anschuldigungspunkte 2 bis 4 der Einleitungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt
sind. Zwar bilden die unter den vorgenannten Anschuldigungspunkten bezeichneten
Pflichtverletzungen mit dem Anschuldigungspunkt zu Ziffer 1 ein einheitliches
Dienstvergehen, so dass nicht für jede einzelne Pflichtverletzung eine
Disziplinarmaßnahme bestimmt, sondern nur eine einheitliche Disziplinarmaßnahme
verhängt werden darf. Denn nur durch eine Gesamtbewertung aller angeschuldigten
Dienstpflichtverletzungen kann die im Disziplinarverfahren gebotene Gesamtwürdigung der
Persönlichkeit des Beamten vorgenommen und kann die Frage beantwortet werden, ob
das Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten endgültig zerstört
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und dieser deshalb aus dem Dienst zu entfernen ist.
Vgl. Schütz, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Teil C I Rdn. 18; OVG NRW,
Urteil vom 10. März 2004 - 22d A 2006/02.O -.
Wiegt hingegen bereits eine der dem Beamten vorgeworfenen und erwiesenen
Dienstpflichtverletzungen so schwer, dass sie schon für sich genommen die Entlassung
aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt, bedarf es der ergänzenden Hinzuziehung und
Aufklärung weiterer im Raum stehender Pflichtverletzungen nicht mehr, da die darin
enthaltenen Vorwürfe - sofern zulässig erhoben und erwiesen - allenfalls geeignet wären,
das bisher bereits gewonnene und eine Dienstentfernung rechtfertigende Gesamturteil über
die Persönlichkeit des Beamten zu bestätigen. Ebenso wie die Disziplinarkammer hält der
Senat bereits aufgrund des durch die Hauptverhandlung erwiesenen Vorwurfs zum ersten
Punkt der Anschuldigungsschrift die Verhängung der Höchstmaßnahme gegen den
Beamten für unausweichlich mit der Folge, dass es nicht mehr entscheidend darauf
ankommt, ob die mit der Anschuldigungsschrift gegenüber dem Beamten weiter erhobenen
Vorwürfe hinreichend konkretisiert sind und auf einer verwertbaren Tatsachengrundlage
beruhen.
VI.
Die Berufung des Beamten ist unbeschränkt mit der Folge, dass der Senat den Sachverhalt
selbst zu ermitteln und disziplinarrechtlich zu würdigen hat.
In der Sache trifft der Senat dieselben Feststellungen, wie sie bereits die
Disziplinarkammer ihrem Urteil zu Grunde gelegt hat. Die Feststellungen beruhen auf den
Beweismitteln, wie sie im Hauptverhandlungsprotokoll aufgeführt sind, insbesondere auf
der Einlassung des Beamten in seiner verantwortlichen Vernehmung vom 3. November
2000.
Diese Feststellungen seiner Entscheidung zugrundezulegen, ist der Senat aus rechtlichen
Gründen nicht gehindert. Insbesondere besteht kein umfassendes Verwertungsverbot
hinsichtlich der aufgrund des Geständnisses des Beamten in der staatsanwaltschaftlichen
Vernehmung vom 3. November 2000 erlangten Erkenntnisse, §§ 100a, 100b StPO, 25 DO
NRW.
Die ersten Erkenntnisse über das strafbare und als Dienstvergehen zu wertende Verhalten
des Beamten resultieren aus einer genehmigten Telekommunikationsüberwachung des
Anschlusses des I. Q. . Gemäß § 100b Abs. 5 StPO dürfen die durch eine Maßnahme nach
§ 100a StPO erlangten personenbezogenen Informationen in anderen Strafverfahren nur
verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die
zur Aufklärung einer der in § 100a StPO bezeichneten Straftaten benötigt werden. Nach
dieser Vorschrift war die Verwertung der allein aufgrund der
Telekommunikationsüberwachung des Anschlusses des I. Q. gewonnenen Erkenntnisse
nicht zulässig. Denn das dem Beamten durch den Strafbefehl angelastete Vergehen nach §
53 Abs. 3 Nr. 1a WaffG ist keine Katalogtat nach § 100a StPO. Die in der
Hauptverhandlung erster und zweiter Instanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen
beruhen indes nicht auf dem Ergebnis der Telekommunikationsüberwachung, sondern auf
der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung des Beamten vom 3. November 2000 im
Rahmen des gegen diesen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens. Der Verwertung der
geständigen Einlassung des Beamten stand im Rahmen des eingeleiteten Strafverfahrens
und damit auch für das anschließend eingeleitete förmliche Disziplinarverfahren nichts
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entgegen. Zwar ist für die Verfolgung einer Nichtkatalogtat nach § 100a StPO - wie hier §
53 Abs. 3 Nr. 1a WaffG - eine unmittelbare Verwertung eines Zufallsfundes als
Beweismittel nicht zulässig. Keine Bedenken bestehen aber an der mittelbaren Verwertung
eines Zufallsfundes, soweit dieser zur Auffindung weiterer Beweismittel führt.
Vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 - 5 StR 693/97- NStZ 1998, 426; Meyer-Goßner,
StPO, 46. Aufl., § 100a Rdn. 20.
Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob die anlässlich der Telekommunikationsüberwachung
erlangten Zufallserkenntnisse zu Recht zur Grundlage der gegen den Beamten erwirkten
richterlichen Durchsuchungsanordnung gemacht wurden.
Vgl. LG Stuttgart, Beschluss vom 18. August 1999 - 13 Qs 51/99 - DSB 2000 Nr. 3, 18 =
Kriminalistik 2000, 191
Denn der Beamte hat die Schusswaffe zwar unter dem Eindruck der bevorstehenden
Durchsuchung, letztlich aber noch vor deren Beginn freiwillig herausgegeben. In der
Folgezeit hat der Beamte auch nicht geltend gemacht, dass er sich nur unter dem Druck
einer unausweichlich erscheinenden Durchsuchung zur Herausgabe der Schusswaffe
bereit erklärt habe. Der Beamte beruft sich vielmehr gerade darauf, dass er sich freiwillig
zur Herausgabe der Schusswaffe bereit gefunden habe. Damit korrespondiert, dass der
Beamte keine Veranlassung gesehen hat, im Nachhinein die Rechtswidrigkeit der
angeordneten Durchsuchung seiner Wohnung aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts
E. vom 22. August 2000 feststellen zu lassen.
Letztlich kommt es auch hierauf nicht entscheidend an. Denn die dem Strafverfahren und
dem Disziplinarverfahren zugrundegelegten Tatsachen ergeben sich auch ohne
Berücksichtigung der aufgrund der Durchsuchung vom 23. August 2000 gewonnenen
Erkenntnisse und Beweismittel allein aus der verantwortlichen staatsanwaltschaftlichen
Vernehmung des Beamten vom 3. November 2000. Eingangs dieser Vernehmung hat der
Beamte im Beistand seines damaligen Verteidigers nach vorangegangener Belehrung
seine uneingeschränkte Bereitschaft erklärt, Angaben zur Sache zu machen. Auf dieser
umfassenden geständigen Einlassung beruhen die zweitinstanzlich getroffenen
tatsächlichen Feststellungen des Senats. Von dieser Einlassung ist der Beamte auch in der
Hauptverhandlung vom 1. Dezember 2004 nicht abgerückt.
VII.
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Beamte eines Vergehens nach §§ 53
Abs. 3 Nr. 1a , 28 Abs. 1 S. 1 WaffG, 56 StGB strafbar gemacht. Mit diesem Fehlverhalten
hat der Beamte seine ihm aus § 57 S. 3 LBG NRW obliegende Dienstpflicht, wonach sein
Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht
werden muss, die sein Beruf erfordert, verletzt. Hierdurch hat der Beamte die ihm
obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten schuldhaft verletzt und ein außerdienstliches
Dienstvergehen i.S.d. § 83 Abs. 1 LBG NRW begangen.
VIII.
Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer und führt zur Entfernung des Beamten aus
dem Dienst.
Bei der Bemessung der auszusprechenden Disziplinarmaßnahme ist vom Zweck des
Disziplinarverfahrens auszugehen. Es dient der Erhaltung der Funktionsfähigkeit und des
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Ansehens des öffentlichen Dienstes. Hat ein Beamter durch das Dienstvergehen im
Kernbereich seines Pflichtenkreises schuldhaft versagt, ist damit regelmäßig ein
endgültiger Ansehens- und Vertrauensverlust verbunden. In einem solchen Fall ist der
Beamte für den öffentlichen Dienst untragbar geworden und sein Verbleib für den
Dienstherrn nicht länger zumutbar. Der Beamte ist aus dem Dienst zu entfernen. Diese
Voraussetzungen sieht der Senat aufgrund der in zweiter Instanz getroffenen
Feststellungen - ebenso wie die Disziplinarkammer - als gegeben an.
Die strikte Einhaltung der zum Erwerb, zur Inbesitznahme und Aufrechterhaltung des
Besitzes an Schusswaffen geschaffenen gesetzlichen Vorschriften ist zum Schutze der
Allgemeinheit vor dem unkontrollierten und missbräuchlichen Handel und der in gleicher
Weise zu bewertenden Verwendung dieser Waffen unerlässlich. Dem ist seitens des
Gesetzgebers durch die Strafandrohung - Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe -
entsprechend Rechnung getragen worden. Auch wenn die gegen den Beamten verhängte
Freiheitsstrafe dem unteren Drittel des zur Verfügung stehenden Strafrahmens entnommen
worden ist, wirkt sich zu Lasten des Beamten aus, dass die verhängte Freiheitsstrafe von
11 Monaten nur geringfügig unterhalb der Schwelle einer 12-monatigen Freiheitsstrafe
liegt, bei deren Verhängung die Entlassung des Beamten zwangsläufige Folge der
strafrechtlichen Ahndung des Geschehens gewesen wäre.
Der Beamte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das im Zusammenhang mit dem
An- bzw. Verkauf gegen I. Q. eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Zahlung einer
Geldbuße von 1.500,- DM eingestellt wurde. Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen,
dass das Verhalten des Beamten ebenfalls nur mit einer milderen Sanktion hätte belegt
werden dürfen und daher im Disziplinarverfahren eine unterhalb der Dienstentfernung
liegende Maßnahme zu verhängen sei. Die Verhängung der in den beiden Einzelfällen tat-
und schuldangemessenen strafrechtlichen Sanktion oblag hier letztlich allein dem
zuständigen Strafrichter, der der Einstellung nach § 153a StPO bzw. im Falle des Beamten
der Beendigung des Verfahrens durch einen Strafbefehl zugestimmt hat. Im Übrigen liegt
der unterschiedlichen strafrechtlichen Ahndung ersichtlich die Erwägung zugrunde, dass
die strafrechtliche Schuld des Beamten - wegen seines Berufs - schwerer wiegt als die des
I. Q. .
Der Beamte hat durch die Begehung seiner Tat ein besonders hohes Maß an
Unzuverlässigkeit offenbart. Das ist in disziplinarrechtlicher Hinsicht von großer
Bedeutung, weil die Polizeibehörden ihre Pflichten gegenüber der Allgemeinheit, zu denen
auch der Schutz vor dem Handel und der unkontrollierten Verwendungsmöglichkeit illegal
erworbener Schusswaffen gehört, nicht sachgerecht und ordnungsgemäß erfüllen können,
wenn sich ihre Beamten im Hinblick auf die Achtung der vorgenannten Rechtsgüter als
unzuverlässig erweisen. Zu den wesentlichen Aufgaben eines Polizeibeamten gehört es,
Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Als Hilfsbeamter der
Staatsanwaltschaft ist er verpflichtet, Straftaten zu erforschen und aufzuklären. Ein
Polizeibeamter, der sich eines Vergehens nach dem Waffengesetz schuldig macht,
beeinträchtigt daher ebenso das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn wie auch sein
berufserforderliches Ansehen in der Öffentlichkeit in einem besonderen Maße. Denn sein
Verhalten lässt besorgen, dass er sich auch im Dienst nicht mehr ausschließlich an Gesetz
und Recht halten und sein Amt uneigennützig und gewissenhaft und nur am Wohl der
Allgemeinheit orientiert ausüben wird.
Vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2003, - 22d A 3515/02.O -
Die Beweisaufnahme konnte nicht mit letzter Sicherheit klären, zu welchen Zwecken der
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Beamte die Schusswaffe erworben hat. Der Senat hält es aber für ausgeschlossen, dass
der Erwerb der Waffe unter Gesichtspunkten der Ausübung des Schießsportes erworben
worden ist. Der Beamte hat sich zu keinem Zeitpunkt vor dem Erwerb der Waffe bei I. Q.
darüber informiert, welche Waffe von diesem zum Verkauf angeboten wurde. Ihre Eignung
zur Ausübung des Schießsports hat er daher vorher nicht überprüfen können. Auch der
Umstand, dass es sich augenscheinlich nicht um eine typische Langwaffe gehandelt hat,
sondern um eine umgebaute Salutwaffe mit einem Pistolgriff, deren Verwendung zur
Ausübung des Schießsports offensichtlich in der Bundesrepublik nicht zugelassen ist,
zeigt, dass es dem Beamten tatsächlich nicht darauf ankam, eine bestimmte Langwaffe für
den Schießsport zu erwerben, um mit einer solchen Präzisionswaffe besonders gute
Voraussetzungen für überdurchschnittliche sportliche Ergebnisse zu erzielen, sondern
irgendeine Langwaffe nach Art einer Pumpgun zu Zwecken, die keinesfalls im
Zusammenhang mit der Ausübung des Schießsportes standen. Dafür spricht entscheidend
auch, dass der Beamte über den Ankaufspreis der Waffe verhandelt hat, ohne über nähere,
verkaufswichtige Informationen zu verfügen. Die auf Verdeckung und Verschleierung der
wahren Absichten hinauslaufenden Verhaltensweise des Beamten und des I. Q. im
Zusammenhang mit dem Ankauf der Schusswaffe lässt nur den Schluss zu, dass sowohl
dem als Vermittler auftretenden I. Q. als auch dem Beamten bewusst gewesen ist, dass die
Waffe aus illegaler Quelle stammen musste. Demzufolge hat der Beamte auch zu keinem
Zeitpunkt die Person des Verkäufers erfragt, sondern die Person des Q. als Vermittler ohne
Weiteres akzeptiert. Dazu bestand aber überhaupt keine Veranlassung. Befand sich der
verkaufende Eigentümer in Geldnöten, so wäre dies kein ausreichender Grund, um bei dem
Verkaufsgeschäft nicht namentlich oder persönlich in Erscheinung zu treten. Auch
entsprach die Waffe auf den ersten Blick nicht mehr einer zugelassenen Langwaffe, da der
Lauf auf 400mm verkürzt und die Waffe mit einem Pistolgriff ausgerüstet worden war.
Dass der Beamte die Waffe nicht für den Schießsport verwenden wollte, ergibt sich auch
daraus, dass er mit Schreiben vom 7. August 2000 seine Mitgliedschaft in der
Schießsportabteilung des Polizeisportvereins E. zum nächstmöglichen Termin gekündigt
hat. Die Kündigung hat der Beamte damit begründet, dass er bereits durch seine
Mitgliedschaft und Funktion als 2. Vorsitzender der Abteilung Fußball zeitlich stark
eingebunden sei. Trifftige Gründe dafür, warum der Beamte unzutreffende Gründe für seine
Kündigung angeführt haben sollte, sind nicht ersichtlich. Der Beamte hat auch nicht, wie er
sich eingelassen hat, um eine Bestätigung der Dauer seiner Vereinszugehörigkeit, sondern
nur um eine schriftliche Bestätigung seiner Abmeldung gebeten. Dass der Beamte auf der
einen Seite so planvoll vorgegangen sein will, die beabsichtigte Vereinsmitgliedschaft in
dem Verein in C. übergangslos zur Beendigung der alten Vereinsmitgliedschaft zum 1.
Januar 2001 in E. zu begründen, lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass der Beamte
andererseits so naiv gewesen sein will, sich nicht über die Voraussetzungen der Nutzung
der Schießanlage in C. im Vorfeld erkundigt zu haben. Der Beamte hat mit dem Erwerb der
Waffe nicht nur kriminelles Unrecht verwirklicht, sondern, wie er selbst einräumt, sich in
kriminelle Kreise verstrickt. Der Beamte hat sich in konspirativer Art und Weise mit I. Q.
eingelassen. Dass Q. dem kriminellen Milieu zugerechnet wurde, war dem Beamten
bekannt.
Dem Beamten kann auch ein Milderungsgrund nicht zu Gute gehalten werden. Allerdings
ist gegenüber dem angefochtenen Urteil richtig zu stellen, dass die Verkaufsverhandlungen
sich nicht über Wochen hingezogen haben, wie die Disziplinarkammer in den Gründen zur
Maßnahmebemessung ausgeführt hat. Gleichwohl zeugt das Verhalten des Beamten nicht
davon, dass er sich von einer einzigartigen Gelegenheit in einer besonderen
Ausnahmesituation zu dem Waffenkauf hat hinreißen lassen. Der Beamte hatte
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ausreichend Gelegenheit, sein Verhalten nach dem Ende der Vertragsverhandlungen und
der Übergabe der Waffe zu reflektieren.
Einem Beamten mit einer solchen Grundeinstellung kann seitens des Dienstherrn kein
Vertrauen für die Zukunft mehr entgegengebracht werden, insbesondere dann, wenn dieser
Beamte in einem hochsensiblen Bereich, wie hier der Strafverfolgung, tätig ist. Aus diesem
Grunde wäre der Öffentlichkeit auch nicht mehr zu vermitteln, wenn ein solcher Beamter
weiterhin mit den Aufgaben der Strafverfolgung und der Verhinderung von Straftaten
betraut wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Öffentlichkeit von dem Verhalten des
Beamten Kenntnis genommen hat, oder durch die Durchführung einer öffentlichen
Hauptverhandlung nach Einspruch gegen den Strafbefehl in größerem Umfang hätte
Kenntnis erlangen können. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang allein, dass das
Verhalten des Beamten geeignet ist, das zur Ausübung des Berufs erforderliche
Vertrauensverhältnis zur Bevölkerung gänzlich entfallen zu lassen.
Auch unter Berücksichtigung der Umstände, dass der Beamte bislang in seiner noch recht
kurzen Laufbahn eine durchschnittliche Diensttätigkeit vorweisen kann, er bislang straf-
und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, er sich bereits im
Ermittlungsverfahren im Wesentlichen geständig und reuig gezeigt hat und Maßnahmen
nach §§ 91, 92 DO NRW ergangen sind, ist die für die Fortsetzung des Dienstverhältnisses
erforderliche Vertrauensgrundlage unwiederbringlich zerstört, so dass der Beamte aus dem
Dienst zu entfernen ist. Dem Beamten ist für die Dauer von 6 Monaten ein Unterhaltsbeitrag
in Höhe von 75 % des Ruhegehaltes zu bewilligen, das der Beamte im Zeitpunkt der
Entscheidung des Senats erdient hätte, § 76 Abs. 1 DO NRW.
Bereits an dieser Stelle weist der Senat darauf hin, dass eine befristete Verlängerung nach
Ablauf des Bewilligungszeitraumes nur in Betracht kommt, wenn der aus dem Dienst
entfernte Beamte sich in ausreichendem Maße um die Erschließung anderer
Erwerbsquellen bemüht. Insoweit kommt es dann entscheidend auf die persönliche
Initiative des (früheren) Beamten zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess, auf die
Bereitschaft sowie auf die Aktivitäten zur Erlangung einer neuen Tätigkeit an. Ein - sei es
auch nur eingeschränkt - arbeitsfähiger früherer Beamter ist gehalten, während des
gesamten Bewilligungszeitraums alle ihm möglichen und zumutbaren Anstrengungen zu
unternehmen, um eine unterhaltssichernde neue Arbeit zu finden. Ihm ist es dabei auch
zuzumuten, einfachere Arbeiten, die keine oder nur eine geringere Qualifikation
voraussetzen, anzunehmen. Dabei gehört es zu seinen Obliegenheiten, dass er sich
unverzüglich nach rechtskräftig ausgesprochener Dienstentfernung bei der für ihn
zuständigen Agentur für Arbeit meldet, sich gleich von Anfang an ständig mehrmals pro
Woche - auch überregional - auf Stellenangebote hin bewirbt und dass er auch selbst
Bewerbungen in entsprechenden Medien aufgibt, wobei mit zunehmendem zeitlichem
Abstand von der Verurteilung des früheren Beamten höhere Anforderungen an die
Intensität seiner Bemühungen um eine neue Arbeit zu stellen sind. Im Hinblick auf eine
mögliche Weiterbewilligung des Unterhaltsbeitrages ist der (frühere) Beamte ferner darauf
hinzuweisen, dass er seine ggf. vergeblichen Bemühungen um die Erlangung eines neuen
Arbeitsplatzes durch Vorlage von nachprüfbaren schriftlichen Belegen - dazu gehören z.B.
Durchschriften von Bewerbungen, Absagen, Ausdrucke von Emails, Angabe von
Zeitpunkten und Anschrift von Firmen, bei denen er sich nur mündlich beworben hat -
gegenüber dem Gericht glaubhaft machen muss.
Vgl. zum Vorstehenden insgesamt BVerwG, Beschluss vom 9. November 2000 - 1 DB
17.00 -.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 S. 1 DO NRW.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig, § 90 DO NRW.