Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 02.09.2009

OVG NRW (förderung, behinderter, begrenzung, benachteiligung, arbeitnehmer, zulassung, gkg, antrag, lasten, gebärdensprache)

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 488/09
Datum:
02.09.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 488/09
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 26 K 759/07
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abge-lehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme
der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht
erstattungsfähig sind.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird
ebenfalls auf 13.127,20 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
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Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO. Es vermag die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts nicht
in Frage zu stellen, die Leistungsverpflichtung der Beklagten ergebe sich aus § 17 Abs.
2 Sätze 1 und 2 SGB I i.V.m. §§ 11 Satz 1, 19 Abs. 1 Nr. 3 d) und g), 37 SGB I.
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Der pauschale Hinweis der Beklagten auf §§ 5 und 6 ESF-RL und die daraus
ersichtliche Begrenzung der Förderung auf eine anteilige Übernahme notwendiger
Lehrgangskosten und die Gewährung einer Fahrtkostenpauschale (§ 5 ESF-RL) sowie
die erfolgte Begrenzung der entsprechenden Anwendung des SGB auf den "Dritten
Abschnitt des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und das Zehnte Buch
Sozialgesetzbuch, soweit die Besonderheiten dieser Richtlinie nicht entgegenstehen" (§
6 Abs. 1 ESF-RL) führt nicht weiter. Er lässt nicht einmal ansatzweise erkennen, dass
die genannten Bestimmungen über ihren unmittelbaren Regelungsbereich – Förderung
der Lehrgangskosten und Gewährung einer Fahrtkostenpauschale – hinaus auch die
aus Behinderungen resultierenden Teilnahmehindernisse erfassen und die
diesbezügliche allgemeine gesetzliche Förderung nach dem SGB I, wie sie etwa in § 17
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Abs. 2 SGB I generell für hörbehinderte Menschen bei der Ausführung von
Sozialleistungen ausdrücklich vorgesehen ist (vollständige Kostentragung der
Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen), zu Lasten der
schwerbehinderten Arbeitnehmer auf die Förderung lediglich der Lehrgangskosten und
der Gewährung einer Fahrtkostenpauschale abschließend beschränken sollen. Eine
den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechende, substantiierte
Darlegung einer solchen zielgerichteten normativen Benachteiligung (schwer-
)behinderter Arbeitnehmer gegenüber nichtbehinderten Arbeitnehmern, die je nach
Behinderungsgrad zum vollständigen Ausschluss von einer Qualifizierungsmaßnahme
führen kann, war schon mit Blick auf das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot
des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG veranlasst, zumal sich eine sachliche Rechtfertigung einer
solchen Benachteiligung nicht schon aus der Art der über die ESF-RL zu fördernden
Qualifizierungsmaßnahmen ergibt.
In Ermangelung einer hinreichenden Darlegung eines die allgemeine gesetzliche
Förderung (schwer-)behinderter Menschen nach dem SGB I beschränkenden
Regelungsbereichs der ESF-RL weist die Rechtssache auch keine besonderen
tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der
Umstand, dass zwischen Behörden die Zuständigkeit für eine Förderung streitig ist, ist in
Erstattungsstreitigkeiten üblich und daher allein nicht geeignet, "besondere"
Schwierigkeiten zu begründen.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche
Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, da – mangels hinreichender Darlegung
eines die allgemeine gesetzliche Förderung (schwer-)behinderter Menschen nach dem
SGB I beschränkenden Regelungsbereichs der ESF-RL – ein Klärungsbedarf nicht
vorgetragen ist. Einander widersprechende Entscheidungen zu der aufgeworfenen
Frage, "ob § 17 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch auch anzuwenden ist,
wenn Leistungen nach den ESF-Richtlinien erbracht werden", sind weder aufgeführt
noch sonst ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 188 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und – hinsichtlich der
Streitwertfestsetzung – nach §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
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