Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.08.2007

OVG NRW: spezialist, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, kieferorthopädie, vergleichende werbung, verfügung, aufschiebende wirkung, vollziehung, zahl, begriff, berechtigung

Oberverwaltungsgericht NRW, 13 B 503/07
Datum:
20.08.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 B 503/07
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 6 L 63/07
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Münster vom 14. März 2007 wird auf Kosten des
Antragstellers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der
vom Antragsteller dargelegten Gründe befindet, hat keinen Erfolg.
2
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügung der
Antragsgegnerin vom 17. Januar 2007, durch die ihm untersagt wurde, in jeder Form der
Ankündigung die Bezeichnung "Spezialist für Kieferorthopädie" zu führen, zu Recht
abgelehnt. Die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO fällt auch aus der Sicht des
Senats zum Nachteil des Antragstellers aus. Der Senat schließt sich dabei dem
Verwaltungsgericht sowohl hinsichtlich der Wertung, die in Frage stehende Verfügung
sei bei summarischer Prüfung als rechtmäßig anzusehen, als auch hinsichtlich der von
den Erfolgsaussichten des Rechtsmittels unabhängigen Interessenabwägung an. Das
Beschwerdevorbringen des Antragstellers ist nicht geeignet, eine andere Entscheidung
zu rechtfertigen.
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Davon, dass das Verwaltungsgericht die Begründung der Antragsgegnerin in der
fraglichen Verfügung (teilweise) ausgetauscht habe und dadurch den Rahmen der
Überprüfung verwaltungsrechtlichen Handelns überschritten habe, kann keine Rede
sein. Das Verwaltungsgericht war bei der anstehenden Entscheidung, ob antragsgemäß
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die
Untersagungsverfügung wieder herzustellen war, nämlich nicht auf einzelne
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Begründungselemente in der Verfügung festgelegt.
Soweit der Antragsteller in der Beschwerdebegründung geltend macht, er habe die
Begründung zur Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 17. Januar
2007 beanstandet und das Verwaltungsgericht habe sich damit nicht
auseinandergesetzt, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. Im Rahmen des § 80
Abs. 3 VwGO reicht jede schriftliche Begründung, die - sei sie sprachlich oder
gedanklich auch unvollkommen - zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des
zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten
hält.
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Vgl. OVG NRW; Beschlüsse vom 14. Juni 2005
6
- 13 B 667/05 - NWVBl. 2005, 471, vom 29. Juli 2004
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- 13 B 888/04 -, vom 13. Januar 2004 - 13 B 2246/04 - und vom 5. Juli 1994 - 18 B
1171/94 -, NWVBl. 1994, 424.
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Hier ist aus der Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung die
einzelfallbezogene Entscheidung der Antragsgegnerin erkennbar, ein weiteres Führen
der beanstandeten Bezeichnung durch den Antragsteller kurzfristig zu unterbinden und
der Gefahr einer Nachahmung vorzubeugen.
9
Die auf § 6 Abs. 1 Nr. 6 Heilberufsgesetz NRW vom 1. März 2005 (GV NRW, S. 148) -
HeilBerG - i.V.m. § 21 der Berufsordnung der Beklagten vom 19. November 2005 (MBl.
NRW 2006, 42) - BO - gestützte Verfügung der Antragsgegnerin vom 17. Januar 2007
erweist sich bei der in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein
möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig.
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Nach § 21 Abs. 1 BO sind dem Zahnarzt sachliche Informationen über seine
Berufstätigkeit gestattet. Untersagt ist ihm hingegen eine berufswidrige Werbung, wobei
berufswidrig insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder
vergleichende Werbung ist. Als berufswidrig gilt u. a. das Führen von Zusätzen, die im
Zusammenhang mit den geregelten Qualifikationsbezeichnungen und Titeln zu
Irrtümern und damit zu einer Verunsicherung der Kranken/Patienten führen können, was
das Vertrauen in den Zahnarzt-/Arztberuf untergraben und langfristig negative
Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben könnte. Diese
Vorgaben entsprechen den von der Rechtsprechung zu Art. 12 Abs. 1 GG, der die freie
Berufsausübung schützt, entwickelten Kriterien.
11
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 159/04 -, NJW 2004, 2656
("Spezialist für Verkehrsrecht"), vom 26. August 2003 - BvR 2003/02 -, NJW 2003, 3470,
vom 11. Februar 2003 - 1 BvR 1972/00 - u. - 1 BvR 70/01 -, NJW 2003, 1027, vom 8.
Januar 2002 - 1 BvR 1147/01 -, NJW 2002, 1331 ("Spezialisten" für bestimmte
Operationen); vom 23. Juli 2001 - 1 BvR 873/00 u. a. -, NJW 2001, 2788; und vom 11.
Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 -, BVerfGE 85, 248; BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - I
ZR 167/01 -, NJW 2004, 440.
12
Die Abgrenzung zwischen erlaubter sachlicher Information und verbotener
berufswidriger Werbung kann dabei nicht generalisierend-abstrakt erfolgen, sondern ist
im Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit auf
13
der einen Seite sowie des Informationsbedürfnisses der Patienten und der damit
verbundenen Sicherung des Werbeverbots auf der anderen Seite aufgrund einer
Abwägung im Rahmen des gesamten Lebensvorgangs, in dem die fragliche
Werbemaßnahme ihre Wirkung entfaltet, vorzunehmen. Dabei ist auf den Standpunkt
der angesprochenen Verkehrskreise und auf das Leitbild eines durchschnittlich
informierten und verständigen Verbrauchers und nicht beispielsweise auf die
Auffassung des jeweiligen Berufsstandes abzustellen.
Nach diesen Kriterien ist die Bezeichnung "Spezialist für Kieferorthopädie" durch den
Antragsteller unzulässig und daher berufswidrig. Sie ist insoweit irreführend,
14
vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 159/04 -, a.a.O.,
15
als mit diesem Begriff üblicherweise bestimmte Kriterien verbunden werden, der
Antragsteller diese aber nicht erfüllen und objektiv nicht als Spezialist im allgemeinen
Wortsinn angesehen werden kann.
16
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht eine berufswidrige Werbung grundsätzlich
nicht angenommen im Hinblick auf die Gefahren einer Verwechslung der Bezeichnung
"Spezialist" mit Facharzt- (oder Fachanwalts-)Bezeichnungen, weil beide
Bezeichnungen einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt aufweisen und dem
kundigen Verbraucher die unterschiedlichen Begrifflichkeiten bekannt sein werden.
17
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 159/04 -, a.a.O. und vom 8. Januar
2002 - 1 BvR 1147/01, a.a.O.
18
Ob diese generelle Aussage auch in diesem Fall zutreffend ist, erscheint hingegen -
auch angesichts der Einschätzungen in der betroffenen Verfügung der Antragsgegnerin
und in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts - zweifelhaft, kann aber
im Hinblick auf die nachfolgenden, die Unzulässigkeit der in Frage stehenden
Bezeichnung darlegenden Ausführungen letztlich dahinstehen. Kennzeichnend für die
genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts war, dass es eine
bestimmte fachärztliche (bzw. fachanwaltliche) Bezeichnung, bezüglich derer bei einer
anderen Bezeichnung eine Verwechslungsgefahr bestehen könnte, nicht gab. Dies ist in
diesem Fall entscheidend anders, weil nach § 9 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung der
Antragsgegnerin vom 16. Mai 1998 (MBl. NRW 1999, 361) einschließlich
nachfolgender, insoweit nicht einschlägiger Änderungen, für das Gebiet der
Kieferorthopädie als Bezeichnung "Fachzahnärztin oder Fachzahnarzt für
Kieferorthopädie" festgelegt ist. Die vom Antragsteller gewählte Bezeichnung
"Spezialist für Kieferorthopädie" unterscheidet sich somit nur im ersten Teil der
Bezeichnung von der Facharztbezeichnung, hingegen nicht in der Beschreibung der
Gebietsbezeichnung. Die Bezeichnung suggeriert somit zumindest eine Nähe, wenn
nicht sogar eine Gleichsetzung zum anerkannten Fachzahnarzt-Begriff und erweckt den
Eindruck, als liege dem eine besondere Qualifikation nach Absolvierung der
entsprechenden formalen Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung der
Antragsgegnerin zu Grunde.
19
Zwar kann die Bezeichnung "Spezialist" in einem (zahn-)medizinischen Gebiet sowohl
aus der Sicht des diese Bezeichnung in Anspruch Nehmenden als auch aus der Sicht
der Patienten eine interessengerechte und sachangemessene Information darstellen.
20
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 159/04 -, a. a. O., vom 8. Januar
2002 - 1 BvR 1147/01 -, a. a. O., und vom 23. Juli 2001 - 1 BvR 873/00, a. a. O.
21
Vor dem Hintergrund, dass sich damit der Betreffende im Wege einer
Selbsteinschätzung und -darstellung aus der Masse seiner Berufskollegen abheben will
und eine Steigerung seiner Reputation bezweckt, sind bei objektiver Sicht mit dem
Begriff des "Spezialisten" aber ein gewisses Anforderungsprofil und am allgemeinen
Wortsinn orientierte Vorstellungen verbunden, wobei die von der Rechtsprechung
entwickelten allgemeinen Kriterien wegen der gleichartigen Bedeutung des Begriffs in
den verschiedenen Sachbereichen sowohl Entscheidungen im medizinischen Bereich
als auch in anderen Bereichen (beispielsweise dem juristischen) entnommen werden
können. Danach wird unter der Bezeichnung "Spezialist" ein Fachmann verstanden, der
über besondere Erfahrungen in einem engeren (medizinischen) Bereich verfügt. Der
"Spezialist" muss - weil der kundige Verbraucher mit ihm eine noch höhere Erwartung
als bei einem Fachanwalt oder Fach(zahn)arzt verbindet - auch in der vom ihm so
beworbenen beruflichen Tätigkeit über herausragende theoretische Kenntnisse und
praktische Erfahrungen verfügen, die über diejenigen hinausgehen, die mit der
Fachbezeichnung und ihren normativen Vorgaben verbunden werden. Dem Begriff des
"Spezialisten" immanent ist deshalb stets eine langjährige und umfassende Tätigkeit auf
dem angegebenen Spezialgebiet mit diesbezüglichen Spezialkenntnissen theoretischer
und praktischer Art. Die Tätigkeit muss dementsprechend bestimmte quantitative und
qualitative Elemente aufweisen und danach einschätzbar sein; aussagekräftiges
Kriterium ist dabei insbesondere die bisherige zahlenmäßige Häufigkeit der
beworbenen Tätigkeit. Auch bringt derjenige, der sich als "Spezialist" bezeichnet, zum
Ausdruck, dass er bevorzugt, wenn nicht gar ausschließlich, einen Teilbereich des
Vollberufs bearbeitet und dass er die Inanspruchnahme in anderen Bereichen des
gesamten Tätigkeitsspektrums (hier also das Tagesgeschäft "normaler" zahnärztlicher
Behandlungstätigkeiten außerhalb des Bereichs der Kieferorthopädie, die der
Antragsteller offenbar auch gar nicht durchführen will) weitgehend abwehren will;.
22
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 159/04 -, a. a. O. (40-jährige
anwaltliche Tätigkeit, überwiegend im Verkehrsrecht), vom 8. Januar 2002 - 1 BvR
1147/01 -, a. a. O. (13.000 bzw. 7.000 Operationen); OLG Nürnberg, Urteil vom 20. März
2007
23
- 3 U 2675/06 -, NJW 2007, 1984; LG Kiel, Urteil vom 31. Mai 2006 - 14 O 25/06 - , NJW
2006, 2496; LG Dortmund - Urteil vom 29. September 2005 - 18 O 96/05 -, NJW-RR
2006, 345.
24
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist eine Berechtigung des insoweit darlegungs-
und beweispflichtigen Antragstellers,
25
vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 20. März 2007 - 3 U 2675/06 -, a. a. O.,
26
für die in Frage stehende Bezeichnung nicht zu bejahen. Ohne dass es insoweit einer
konkreten Grenzziehung bedarf, ab wann die Bezeichnung "Spezialist" ihre
Berechtigung erhält, reicht die Tätigkeit des Antragstellers in dem angegebenen
Tätigkeitsfeld, in dem er sich als "Spezialist" bezeichnen will, weder von der Zeitdauer
noch von der Zahl der Behandlungen her auch nur annähernd an das Maß heran, was
insoweit den o.a. Entscheidungen, insbesondere des Bundesverfassungsgerichts, zu
Grunde lag und diese Bezeichnung rechtfertigte. Die kieferorthopädische
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Ausbildungszeit zur Erlangung des Master of Science an der Donau-Universität Krems
ist insoweit nicht berücksichtigungsfähig, weil es sich um einen postgradualen Lehrgang
handelt und die Lehrveranstaltungen zum akademischen Grad "Master of Science"
führen, dafür also praktisch "verbraucht" sind und deshalb darüber hinaus nicht auch für
eine Tätigkeit und Bezeichnung als "Spezialist" nutzbar gemacht werden können. Der
Antragsteller ist (erst) seit Anfang 2004 als niedergelassener Zahnarzt
kieferorthopädisch tätig, und zwar zunächst in der Gemeinschaftspraxis drs. B. , H. , und
seit Anfang 2006 an seinem jetzigen Praxissitz in T. . Seine vorgeschaltete
Assistentenzeit von Mai 2003 an ist insoweit wegen der unselbständigen Tätigkeit nicht
berücksichtigungsfähig. Es fehlt somit an einer für die Bezeichnung "Spezialist"
unabdingbaren langjährigen Berufstätigkeit. Auch die genannten Behandlungsfälle
lassen - unabhängig davon, dass die Zahlen differieren und eine eindeutige
aussagekräftige Zahlengrundlage nicht feststellbar ist - nicht erkennen, dass diese in
einer diese Bezeichnung rechtfertigenden zahlenmäßigen Häufigkeit erfolgt sind. Die in
der Bescheinigung des drs. B. vom 22. Februar 2007 genannte Zahl von ca. 6.000
kieferorthopädischen Behandlungsfällen bezieht sich auf den Gesamtzeitraum des
Praxisbetriebs seit Oktober 1997 und ist zudem durch die Anzahl der in der Praxis
tätigen Zahnärzte zu teilen. Die vom Antragsteller für seine Zeit in der
Gemeinschaftspraxis B. angegebenen Zahlen von ca. 1700 kieferorthopädischen
Behandlungsfällen pro Quartal, die nicht als absolute Zahl pro Quartal gesehen und
deshalb nicht für die gesamte Zeit seiner dortigen Tätigkeit aufaddiert werden können,
sondern als fortlaufende Behandlungsfälle erscheinen, macht bei Zugrundelegung der
angegebenen 30 % - die Richtigkeit dieses Wertes unterstellt - der Fälle in eigener
Planung des Antragstellers einen Zahlenwert von ca. 510 pro Quartal aus; an anderer
Stelle hat der Antragsteller von jährlich über 500 Abschlüssen und über 500
Neuaufnahmen kieferorthopädischer Behandlungen gesprochen. Bei einer
durchschnittlichen Behandlungszeit von ca. 2 - 3 Jahren ist die Zahl der
abgeschlossenen Behandlungen seit Beginn der kieferorthopädischen
Behandlungstätigkeit des Antragstellers deshalb auch von der zahlenmäßigen
Häufigkeit her, gemessen an den Zahlenwerten in den o.a. Gerichtsentscheidungen,
nicht so, dass das Führen der Bezeichnung "Spezialist" gerechtfertigt ist. Die im
Rahmen der Qualitätssicherung der Praxis erfolgte Besprechung der Behandlungsfälle
mit professoralen Kollegen und/oder eine besondere Aktivität im Rahmen einzelner
Behandlungssysteme, die der Antragsteller mit dem System nach Prof. McNamara und
der dabei angewandten Gaumennahterweiterung geltend macht, vermögen dieses
Defizit in der zahlenmäßigen Häufigkeit der Behandlungsfälle nicht entscheidend zu
verändern.
Der Antragsteller kann nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass ein erfolgreicher Besuch
der Fortbildungseinrichtung APW (Akademie Praxis und Wissenschaft) der Deutschen
Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde mit dem Abschluss "Spezialist für
Paradontologie" ende und dass seine Fortbildung zum Master of Science intensiver
gewesen sei als die bei der APW. Es ist nicht erkennbar, ob insoweit überhaupt ein
vergleichbarer Sachverhalt vorliegt, dass die Antragsgegnerin die Bezeichnung
"Spezialist für Paradontologie" bewusst toleriert oder anerkannt und dass der
Antragsteller willkürlich mit einer Unterlassungsverfügung überzogen wird. Des
Weiteren kann der Antragsteller auch nichts zu seinen Gunsten herleiten aus der
Erwähnung der jetzt in Frage stehenden Bezeichnung im Beschluss des Senats vom
28. September 2006 - 13 B 1190/06 -, weil der Beschluss nur die Bezeichnung
"Kieferorthopädische Praxis C. " betraf und eindeutig keine Aussagen zur Berechtigung
der jetzigen Bezeichnung enthält.
28
Ebenso wie in dem vorgenannten Beschluss ergibt sich der Gemeinwohlbelang, der im
Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG die Untersagung des Führens der fraglichen
Bezeichnung rechtfertigt, daraus, dass der Öffentlichkeit, d. h. den Patienten, nur die
Informationen durch Zahnärzte "zugemutet" werden sollen, die ihnen eine mögliche
Hilfe bei deren Auswahl sein können, und dass dementsprechend Informationen, die
diesbezüglich statt Klarheit (weitere) Verunsicherung bewirken und irreführend sind,
unterbleiben sollen. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen - auch im Hinblick auf Art. 12
Abs. 1 GG - gleichfalls die Anordnung der sofortigen Vollziehung der
Untersagungsverfügung. Die Verfügung betrifft eine Maßnahme im Rahmen der
Berufsausübung und keine solche der Berufswahl, bei der angesichts der
unterschiedlichen Auswirkungen u. U. höhere Anforderungen an die Erforderlichkeit der
sofortigen Vollziehung zu stellen wären.
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Dem öffentlichen Interesse an der umgehenden Durchsetzung der
Untersagungsverfügung vorgehende private Interessen des Antragstellers sind nicht
gegeben. Soweit er auf die negativen Auswirkungen eines notwendigen zweimaligen
Wechsels des Praxisschildes und sonstiger Mittel der Außendarstellung hinweist, ist
ihm vorzuhalten, dass er diese bei einer Vorwegabstimmung mit der Antragsgegnerin
hätte vermeiden können und dass ihm die fehlende Akzeptanz der Antragsgegnerin für
die jetzt in Frage stehende Bezeichnung schon aus dem vorhergehenden, die zunächst
verwendete Bezeichnung betreffenden Verwaltungs- und Gerichtsverfahren bekannt
war. Der Antragsteller kann zudem in anderer Art und Weise, z. B. mittels des von der
Antragsgegnerin zugestandenen Hinweises auf den "Tätigkeitsschwerpunkt
Kieferorthopädie", auf seine überwiegende Tätigkeit in diesem Sektor hinweisen und -
was bereits erfolgt - den erworbenen 'Master of Science' angeben, so dass auch in
diesem Zusammenhang keine zwingende Notwendigkeit anzuerkennen ist, auf sein
hauptsächliches Betätigungsfeld gerade durch die fragliche Bezeichnung "Spezialist für
Kieferorthopädie" aufmerksam machen zu müssen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG, wobei es
der Senat derzeit bei dem auch vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert belässt,
auch wenn die Festsetzung eines Gegenstandswertes von 30.000 EUR in den o.a.
verfassungsgerichtlichen Verfahren Veranlassung geben könnte, eine höhere
Streitwertfestsetzung zu erwägen.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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