Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 31.08.2005

OVG NRW: unterkunftskosten, hindernis, wohnungsmarkt, erwerbstätigkeit, wahrscheinlichkeit, rechtsnachfolger, zivilprozessordnung, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 1036/03
Datum:
31.08.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 1036/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 18 K 4696/01
Tenor:
Den Klägern wird - hinsichtlich des Klägers zu 1. beschränkt auf die
Geltendmachung von Ansprüchen als Rechtsnachfolger seiner
verstorbenen Ehefrau - für ein zukünftiges Rechtsmittelverfahren
ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B. O. aus L.
beigeordnet. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Gründe:
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Der Senat hat in Auslegung des Klagebegehrens das Rubrum auf der Klägerseite neu
gefasst. Dabei ist berücksichtigt, dass in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 11 Abs. 1
des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - jedem Hilfebedürftigen ein seinem
individuellen Hilfebedarf entsprechender eigener Sozialhilfeanspruch zusteht sowie
dass die im Anspruchszeitraum zu der Bedarfsgemeinschaft gehörende Ehefrau des
Klägers zu 1. zwischenzeitlich verstorben ist; der Senat geht für das
Prozesskostenhilfeverfahren davon aus, dass die Kläger von Gesetzes wegen Erben
geworden sind und sinngemäß beabsichtigen, auch deren etwaige sozialhilferechtliche
Ansprüche weiter zu verfolgen.
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Der Senat wertet darüber hinaus das erkennbare Begehren der Kläger gemäß §§ 125
Abs. 1, 88 VwGO als isolierten Prozesskostenhilfeantrag für ein zukünftig durch einen
Rechtsanwalt einzuleitendes Rechtsmittelverfahren.
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat auf der Grundlage des
derzeitigen Sach- und Streitstands hinsichtlich der den Klägerinnen zu 2. und 3.
zuzuordnenden Klageansprüche sowie etwaiger im Wege der Rechtsnachfolge auf den
Kläger zu 1. übergegangener sozialhilferechtlicher Ansprüche Erfolg. Insoweit sind die
Voraussetzungen der §§ 114 und 121 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) in
Verbindung mit § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erfüllt.
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Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat die erforderliche hinreichende Aussicht auf
Erfolg. Es besteht nach dem Inhalt der Akten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit
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dafür, dass sich jedenfalls der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
(ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung) in dem
beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung aufzeigen ließe, soweit es um
Ansprüche der Klägerinnen zu 2. und 3. aus eigenem Recht sowie Ansprüche der
Kläger im Wege der Rechtsnachfolge geht. Der Senat geht bei dieser Einschätzung
davon aus, dass sich die Klage auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen für die Monate
Oktober 2000 bis Mai 2001 unter Berücksichtigung eines höheren Absetzungsbetrags
nach § 76 Abs. 2a BSHG wegen Erwerbstätigkeit des Klägers zu 1. sowie unter
Berücksichtigung der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe richtete. Hinsichtlich der
Höhe des Absetzungsbetrags spricht Einiges dafür, dass nach der aktuellen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2001 - 5
C 27.00 -, BVerwGE 115, 331=NVwZ 2002, 1255) ein Betrag in der sinngemäß geltend
gemachten Höhe von 50 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands noch
angemessen gewesen sein könnte. In Bezug auf die Unterkunftskosten kommt es
letztlich auf die im Prozesskostenhilfeverfahren nicht abschließend zu beurteilenden
tatsächlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt (vgl. dazu etwa das Urteil des
Senats vom 14. September 2001 - 12 A 4923/99 -, FEVS 53, 563=NVwZ-RR 2002, 441)
an.
Es erscheint ferner nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sozialhilferechtliche
Ansprüche der zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau des Klägers zu 1. und Mutter der
Klägerinnen zu 2. und 3. auf die Kläger übergegangen sind (vgl. etwa BVerwG, Urteil
vom 5. Mai 1994 - 5 C 43.91 -, BVerwGE 96, 18=FEVS 45, 221).
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Sozialhilferechtliche Ansprüche des Klägers zu 1. aus eigenem Recht dürften hingegen
ausscheiden, da sein eigener sozialhilferechtlicher Bedarf durch das ihm
zuzurechnende Einkommen im Anspruchszeitraum gedeckt war. Insoweit fehlt der
Rechtsverfolgung deshalb eine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind in
dem maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag
ausweislich der vorgelegten Erklärungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO erfüllt. Antragsgemäß ist nach § 166
VwGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO der benannte Rechtsanwalt beizuordnen.
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Der beigeordnete Rechtsanwalt wird im Hinblick auf § 60 VwGO zu beachten haben,
dass in dem Umfang der Bewilligung von Prozesskostenhilfe das Hindernis für die
beabsichtigte Stellung eines formgerechten Antrags auf Zulassung der Berufung (vgl. §
67 Abs. 1 VwGO) entfallen ist.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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