Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.09.2004

OVG NRW: flexible arbeitszeit, mitbestimmung, arbeitsamt, minusstunden, datum, absicht, urlaub, meinung, wechsel, wahrscheinlichkeit

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 4194/02.PVB
Datum:
29.09.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Senat für Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 4194/02.PVB
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 13 K 4194/02
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Mitbestimmung über Beginn und Ende der
täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die
einzelnen Wochentage gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG greift, wenn die
Dienststellenleitung mit einem/einer einzelnen Beschäftigten insgesamt 15
Wochenstunden Teilzeitarbeit und Arbeitsphasen von 19,25 Wochenstunden im
Wechsel mit auf bestimmte (bis zu 34) Tage des Jahres festgelegten sog.
Freizeitausgleich verabredet sowie die Tage von Montag bis Donnerstag als Arbeitstage
- einvernehmlich - bestimmt. Außerdem rügt der Antragsteller Verletzung zweier
Dienstvereinbarungen durch eine derartige Maßnahme.
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Dem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Zwischen dem Beteiligten und dem
Antragsteller bestehen eine "Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit beim Arbeitsamt
C. " vom 12. Dezember 2001 sowie eine Vereinbarung "Arbeitszeit für
Teilzeitbeschäftigte" vom 29. Februar 2000. In der erstgenannten Vereinbarung wird
unter II. Nr. 2 geregelt, dass die Arbeitszeit sich auf fünf Tage je Kalenderwoche von
Montag bis Freitag verteilt (Satz 1) und dass individuelle Regelungen bei
Teilzeitbeschäftigten unberührt bleiben (Satz 2). Außerdem wird in Abschnitt IV.
derselben Dienstvereinbarung unter Nr. 2 folgendes geregelt: "Unabhängig vom Über-
und Unterschreiten der wöchentlichen Arbeitszeit kann nach vorheriger Absprache
während eines Abrechnungsabschnittes (Kalenderhalbjahr) eine Arbeitsleistung an bis
zu sechs ganzen Arbeitstagen (auch zusammenhängend) entfallen. Der Ausgleich kann
auch im Vorgriff genommen werden. Für Teilzeitbeschäftigte, die nicht regelmäßig an
fünf Tagen in der Woche arbeiten, gilt dies anteilig".
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In Nr. 4 desselben Abschnitts dieser Dienstvereinbarung heißt es: "Es können im
Regelfall bis zu 40 Plusstunden oder acht Minusstunden in die folgenden
Abrechnungsabschnitte übertragen werden. Ein Übertrag von mehr als 40 Plusstunden
oder acht Minusstunden kann ohne weitere Prüfung nur erfolgen, wenn infolge
Arbeitsunfähigkeit ein vorheriger Ausgleich nicht möglich war". Die Vereinbarung vom
12. Dezember 2001 beruht auf dem Dienstblatt - Runderlass der Bundesanstalt für
Arbeit Nr. 40/98 vom 7. Juli 1998 über die Einführung flexibler Arbeitszeit.
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In der Vereinbarung vom 29. Februar 2000 ist in Nr. 1 geregelt, dass Teilzeitbeschäftigte
an der flexiblen Arbeitszeit teilnehmen, in Nr. 5, dass für Teilzeitbeschäftigte bis zu 40
Plusstunden oder acht Minusstunden in den folgenden Abrechnungsabschnitt
(Kalenderhalbjahr) übertragen werden können und in Nr. 6, dass Zeitausgleich an bis zu
sechs ganzen Arbeitstagen (auch zusammenhängend) im Abrechnungsabschnitt
genommen werden kann. Bei Teilzeitbeschäftigten, deren wöchentliche Arbeitszeit sich
auf weniger als fünf Tage die Woche verteilt, gilt entsprechendes.
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Mit Wirkung vom 8. April 2002 übertrug das Landesarbeitsamt Nordrhein- Westfalen der
Verwaltungsrätin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit N. , die zuvor Urlaub ohne
Dienstbezüge gemäß § 72 a Abs. 4 Nr. 2 BBG erhalten hatte, "für die Dauer" den
Dienstposten einer Berufsberaterin für Abiturienten bei der Geschäftsstelle H. des
Arbeitsamtes C. . Für die Zeit vom 8. April 2002 bis 31. Dezember 2007 ermäßigte es
zudem die Arbeitszeit der Beamtin gemäß § 72 a Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 BBG auf 15
Stunden wöchentlich.
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Beim Arbeitsamt C. hatte man die Absicht, die Arbeitszeit von Frau N. für das Jahr 2002
in Blockform aufzuteilen. In ihren Arbeitswochen sollte sie eine Sollarbeitszeit von 19,25
Stunden haben und dadurch zusätzliche freie Tage erwirtschaften. Dem Wunsch der
Beamtin entsprechend sollte der Arbeitsplan für 2002 wie folgt festgelegt werden:
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08.04. - 08.05.2002 Arbeitsphase mit 19,25 Std. wöchentlich 10.05.2002 1 Tag
Freizeitausgleich 13.05. - 17.05.2002 Arbeitsphase mit 19,25 Std. wöchentlich
21.05.2002 1 Tag Freizeitausgleich 22.05. - 17.07.2002 Arbeitsphase mit 19,25 Std.
wöchentlich 18.07. - 03.09.2002 34 Tage Freizeitausgleich 04.09. - 11.10.2002
Arbeitsphase mit 19,25 Std. wöchentlich 14.10. - 18.10.2002 5 Tage Freizeitausgleich
21.10. - 31.12.2002 Arbeitsphase mit 19,25 Std. wöchentlich.
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Der Arbeitsplan sollte am Ende eines jeden Jahres für das kommende Kalenderjahr
jeweils individuell neu festgelegt werden, die Regelungen im Übrigen unter dem
Vorbehalt erfolgen, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Änderung aus dienstlichen
Gründen notwendig werde. Außerdem sollte die Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag
jeder Woche erbracht werden.
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Der Beteiligte unterbreitete dem Antragsteller mit Vorlage vom 22. April 2002 die
Absicht, diese Regelungen umzusetzen und bat um Zustimmung.
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Der Antragsteller verweigerte diese. Zur Begründung führte er dazu unter dem Datum
des 30. April 2002 aus, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit sei nicht durch die
Dienstvereinbarung zur flexiblen Arbeitszeit vom 12. Dezember 2001 abgedeckt.
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Daraufhin zog der Beteiligte sein Zustimmungsbegehren unter dem Datum des 8. Mai
2002 mit der Begründung zurück, dass es sich nicht um einen
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mitbestimmungspflichtigen Sachverhalt handele. Es werde lediglich die Festlegung der
Arbeitszeit in einem Einzelfall vorgenommen.
Da der Antragsteller diese Auffassung nicht teilte, hat er am 19. Juni 2002 das
personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren vor der Fachkammer für
Bundespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts Minden eingeleitet. Er hat
beantragt,
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1. festzustellen, dass die Festlegung von Lage und Verteilung der Arbeitszeit der
Mitarbeiterin Gabriele N. für die Zeit vom 08. April 2002 bis 31. Februar 2002 (gemeint:
31. Dezember 2002) durch den Beteiligten seiner, des Antragstellers, Mitbestimmung
nach §§ 75 Abs. 3 Nr. 1, 69 BPersVG unterliegt,
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2. festzustellen, dass die durch den Beteiligten ohne seine, des Antragstellers, vorherige
Zustimmung erfolgte Festlegung von Lage und Verteilung der Arbeitszeit der
Mitarbeiterin H. N. für die Zeit vom 08. April 2002 bis 31. Dezember 2002 gegen die
Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit beim Arbeitsamt C. vom 12. Dezember 2001
verstößt,
16
hilfsweise
17
festzustellen, dass die durch den Beteiligten ohne seine, des Antragstellers, vorherige
Zustimmung erfolgte Festlegung von Lage und Verteilung der Arbeitszeit der
Mitarbeiterin H. N. für die Zeit vom 08. April 2002 bis 31. Dezember 2002 gegen die
Vereinbarung "Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte" vom 29. Februar 2000 verstößt.
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Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Festlegung von Lage
und Verteilung der Arbeitszeit der Mitarbeiterin N. gehe es nicht um eine
Individualregelung. Durch die verfügten Arbeitszeiten seien unmittelbar auch
Arbeitszeitwünsche anderer Mitarbeiter betroffen. Die Regelung sei schließlich nicht mit
den in Abschnitt IV. der Dienstvereinbarung vom 12. Dezember 2002 enthaltenen und
nicht mit den Regelungen in den Nrn. 5 und 6 der Dienstvereinbarung vom 29. Februar
2000 zu vereinbaren.
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Der Beteiligte, der die vorgesehene Regelung ohne Zustimmung des Antragstellers in
Kraft gesetzt hatte, hat beantragt,
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die Anträge abzulehnen.
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Zur Begründung hat er ausgeführt: Die in der Verfügung vom 22. April 2002 gewählte
Formulierung "Freizeitausgleich" sei unglücklich. Es handele sich tatsächlich nicht um
Ausgleichstage im Rahmen der Dienstvereinbarung, sondern um eine ungleichmäßige,
individuelle Verteilung der Arbeitszeit einer Teilzeitkraft gemäß Abschnitt II, Ziffer 2 Satz
2 der Dienstvereinbarung. Nicht geregelt sei hiermit ein Freizeitausgleich für den Fall,
dass die Mitarbeiterin in den festgelegten Arbeitsphasen aufgrund der Teilnahme an der
flexiblen Arbeitszeit auf ihrem Arbeitskonto mehr als 19,25 Wochenstunden ansammle.
Allein darauf bezögen sich Abschnitte IV Ziffer 2 der Dienstvereinbarung sowie
Abschnitt II Ziffer 3 Satz 3 des Runderlasses 40/98. - Im Übrigen gehe es ohnehin um
eine Individualregelung.
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Die Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts
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Minden hat die Anträge abgelehnt.
Es hat zur Begründung im Einzelnen ausgeführt, dass § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG bei
Individualmaßnahmen wie hier nicht greife, dass § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG in einem
Fall wie hier auch tatbestandlich nicht einschlägig sei und eine Verletzung der
Dienstvereinbarungen nicht vorliege, weil der Beteiligte gegenüber der Beschäftigten N.
keine Regelungen getroffen habe, die deren Teilnahme an der flexiblen Arbeitszeit zum
Gegenstand gehabt habe.
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Mit der hiergegen form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde
macht der Antragsteller unter Vertiefung des Vorbringens erster Instanz im Wesentlichen
folgendes geltend: Die Maßnahme des Beteiligten betreffe entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts selbstverständlich die Frage, wann die tägliche Arbeitszeit der
Bediensteten N. beginne und ende und auch wie diese Arbeitszeit auf die einzelnen
Wochentage verteilt werde. Bei der von dem Beteiligten ohne Zustimmung des
Antragstellers vorgenommene Festlegung handele es sich auch nicht etwa um eine
Individualregelung. Die Bedienstete N. habe vielmehr einer Gruppe von Beschäftigten
angehört, deren Arbeitszeiten aufeinander abzustimmen gewesen seien. Aus diesem
Grunde wirke sich jede Festlegung bei Frau N. auf die anderen Kollegen dieser Gruppe
aus. Die Berufsberater des Arbeitsamtes C. müssten sich bei Bedarf gegenseitig
vertreten. Das bedeute, dass bei einem Ausfall von Frau N. deren Stunden z. B. durch
einen Mitarbeiter übernommen werden müssten, der eigentlich in C. tätig sei. Dies
belege, dass die anderen Mitarbeiter durch die Arbeitszeitregelung der Bediensteten
Frau N. berührt würden. Mithin liege ein kollektiver Tatbestand vor. Dies zeige sich
zudem auch in der Tatsache, dass die Bedienstete N. während der Schulferienzeiten in
Nordrhein-Westfalen offenbar grundsätzlich Arbeitsbefreiung erhalten solle. Diese
Festlegung führe dazu, dass andere Mitarbeiter in dieser Zeit ihren Dienst tun müssten,
also gerade nicht in den Genuss freier Tage kommen könnten. Dass es einen
unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Arbeitszeitwünschen der Bediensteten N.
und anderen Berufsberatern gebe, zeige sich schließlich auch daran, dass die
zusätzlichen 4,25 Stunden, die Frau N. wöchentlich an Überstunden aufbaue, formal bei
einem anderen Mitarbeiter gebucht würden. Das mit der Bediensteten N. vereinbarte
Blockmodell sei durch die Dienstvereinbarungen ausgeschlossen. Diese baue nach
den Regelungen der Dienstvereinbarung pro Arbeitswoche 4,25 Plus- bzw.
Überstunden auf, die entsprechend der Dienstvereinbarung zur flexiblen Arbeitszeit in
Freizeit auszugleichen seien. Der Beteiligte habe der Bediensteten N. hierzu von der
Dienstvereinbarung abweichende Plusstunden sowie eine der Dienstvereinbarung
widersprechende Ausgleichsregelung zugesagt. Gerade der vereinbarte
Freizeitausgleich - die Bedienstete N. solle anstelle der maximal zulässigen sechs Tage
im zweiten Kalenderhalbjahr einen zusammenhängenden Freizeitausgleich von 34
Tagen und dann noch einmal von fünf Tagen erhalten - beinhalte eine Regelung, die
nach der Dienstvereinbarung zweifelsfrei unzulässig sei.
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Der Antragsteller beantragt,
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den angefochtenen Beschluss abzuändern und nach den erstinstanzlichen Anträgen
des Antragstellers zu beschließen.
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Der Beteiligte beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Zur Begründung weist er im Wesentlichen auf folgendes hin: Die mit der Bediensteten
N. getroffene Regelung beanspruche ausschließlich ihr gegenüber Geltung. Arbeitszeit
sowie Urlaubswünsche anderer Kolleginnen oder Kollegen stünden der getroffenen
Regelung nicht entgegen. Der Vortrag der Gegenseite, die zusätzlichen 4,25 Stunden,
die Frau N. "wöchentlich an Überstunden" aufbaue, würden bei einem anderen
Mitarbeiter gebucht, sei falsch. Herr L. , der betreffende Mitarbeiter, habe um diese 4,25
Stunden seine Arbeitszeit aufgestockt und arbeite aus diesen Gründen in Zeiten, in
denen weder Frau N. noch ihr Kollege Dr. L1. in der Dienststelle anwesend seien,
soweit ein entsprechender Bedarf bestehe. Bei der hier streitigen Regelung handele es
sich um eine Rahmenregelung, die Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie
Pausen nicht festlege. Sie bestimmte auch nicht die Verteilung der Arbeitszeit auf die
einzelnen Wochentage. Festgelegt würde lediglich, an welchen Wochentagen die
Beamtin ihren Dienst zu verrichten habe. Diese Arbeitszeitregelung verstoße nicht
gegen die Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit beim Arbeitsamt C. vom 12.
Dezember 2001. Bei den Tagen, an denen Frau N. nicht arbeite, handelte es sich
gerade nicht um Ausgleichstage im Sinne der vorgenannten Dienstvereinbarung. Es
liege lediglich eine ungleichmäßige, individuelle Verteilung der Arbeitszeit einer
Teilzeitkraft vor. Insbesondere sei nicht geregelt, dass ein Freizeitausgleich für den Fall
gewährt werde, dass die Mitarbeiterin in den festgelegten Arbeitsphasen aufgrund der
Teilnahme an der flexiblen Arbeitszeit auf ihrem Arbeitskonto mehr als die in Rechnung
gestellten 19,25 Wochenarbeitsstunden ansammle.
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Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung einverstanden erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beteiligten (ein Band) Bezug
genommen.
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II.
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Wegen des Einverständnisses der Beteiligten kann der Fachsenat über die Beschwerde
ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. §§ 90 Abs. 2
und 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG.
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Der mit ihr weiter geführte Antrag erster Instanz zu 1. ist unzulässig, soweit er sich auf
den konkreten Vorgang bezieht, welcher die - einverständliche - Regelung zwischen der
Dienststellenleitung und der Beschäftigten N. zu deren Arbeitszeiten im Jahre 2002
betrifft. Dieser Vorgang hat durch Zeitablauf seine Erledigung gefunden: Eine
Mitbestimmung an dieser das Jahr 2002 betreffenden Arbeitszeitregelung könnte eine
Veränderung der Maßnahmen nachträglich nicht mehr herbeiführen. Die Möglichkeit, im
personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren mit gerichtlicher Hilfe
personalvertretungsrechtliche Kompetenzen feststellen zu lassen, besteht unter
Rechtsschutzgesichtspunkten indes nur, um der Personalvertretung eine ggf.
veranlasste nachträgliche Wahrnehmung ihrer Kompetenzen einzuräumen. Kann in
dem betreffenden konkreten Einzelfall auf diese Weise die Wahrnehmung der
Kompetenz mit gerichtlicher Hilfe nicht mehr verschafft werden, weil entweder die
umstrittene Maßnahme nicht mehr fortwirkt oder aus anderen - z. B. rechtlichen -
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Gründen nicht mehr nachträglich beeinflusst werden kann, verbleibt der
Personalvertretung lediglich noch die Option, die hinter dem streitanlassgebenden
konkreten Ausgangsfall etwa stehende abstrakte Rechtsfrage gerichtlich klären zu
lassen. Die Zulässigkeit eines entsprechenden Antrags hängt wegen der genannten
Zielsetzung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens und des Verbots
der Erstellung von Rechtsgutachten durch das Gericht davon ab, ob die zur
Entscheidung gestellte Rechtsfrage hinreichend konkret an den streitanlassgebenden
Ausgangsfall anknüpft und ob mit mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit zu
erwarten ist, dass in der Dienststelle auch in Zukunft über das Bestehen von
Beteiligungsrechten in vergleichbaren Fallgestaltungen Streit entstehen wird.
Soweit der Antrag erster Instanz zu 1. dementsprechend darauf gerichtet ist, die hinter
ihm stehende abstrakte Rechtsfrage klären zu lassen,
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ob die Beteiligung des Antragstellers gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1, § 69 BPersVG veranlasst
ist, wenn die Dienststellenleitung mit einer/einem Beschäftigten eine Wochenarbeitszeit
im Umfang von insgesamt 15 Stunden und darüber hinaus Arbeitsphasen von 19,25
Stunden wöchentlich mit auf bestimmte Tage des Jahres festgelegtem sog.
Freizeitausgleich - bis zu 34 Tage hintereinander - vereinbart und als Arbeitstage
Montag bis Donnerstag je Woche verabredet,
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ist er zulässig, weil die genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen unter den
obwaltenden Umständen vorliegen.
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Dieser Antrag ist aber nicht begründet.
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Die hier zur Entscheidung anstehende abstrakte Rechtsfrage betrifft keinen
Anwendungsfall von § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG. Nach dieser Norm hat der Personalrat,
soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung - wie hier - nicht besteht, ggf. durch
Abschluss von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über Beginn und Ende der
täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die
einzelnen Wochentage.
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Der Anwendungsbereich der Norm erstreckt sich (ist insoweit allerdings auch zugleich
darin erschöpft) - die tägliche Arbeitszeit betreffend - ihrem insoweit eindeutigen
Wortlaut entsprechend auf Regelungen dazu, wann, d. h. aber um welche Uhrzeit der
einzelne Beschäftigte je Arbeitstag mit seiner Arbeit zu beginnen und wann er mit ihr
aufzuhören hat.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 2002 - 6 P 17.01 -, PersR 2002, 473 = ZfPR
2002, 298 = PersV 2003, 192; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2001 - 1 A
599/98.PVL -; Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder,
Komm., Stand: März 2004 § 75 BPersVG Rn. 74; Ilbertz/Widmaier,
Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl. 2004, § 75 Rn. 84; Rehak in
Lorenzen/Etzel/Gerhold/ Schlattmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz,
Komm. Stand: Mai 2004, § 75 Rn. 115.
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Die Lage der Pausen betrifft dem eindeutigen Sinngehalt der Norm entsprechend nur
den jeweiligen Arbeitstag. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage
betrifft die kollektive oder einzelvertragliche Verabredung/Anordnung zu der Frage, an
welchen Wochentagen die Arbeitsleistung in welchem Umfang zu erbringen ist. Wenn
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demgegenüber der Umfang der Arbeitszeit insgesamt mit 15 Wochenstunden festgelegt
wird, so liegt hierin offensichtlich kein Sachverhalt, der von § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG
erfasst ist.
Vgl. insoweit zur ganz herrschenden Meinung BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 1984,
BVerwGE 70, 1 = ZBR 1984, 379 = PersV 1985, 71 und beispielhaft für alle
Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 75 Rn. 81 und 82.
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Gleiches gilt für die weitere Verabredung einer Blockung auf 19,25 Wochenstunden im
Wechsel mit der Einräumung von Freizeitausgleich an bestimmten Arbeitstagen des
Jahres. Namentlich liegt hierin weder die Regelung von Pausen noch die Regelung
dazu, an welchen Tagen der Woche die/der Beschäftigte mit welcher Stundenzahl
Arbeit zu verrichten hat. Die in Rede stehende Vereinbarung fügt sich insoweit vielmehr
für die Fragen nach Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen, der
Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage in die in der Dienststelle
praktizierten Regelungen über die flexibilisierte Arbeitszeit zwanglos ein. Soweit dem
Antragsteller mit der Vorlage der Dienststelle vom 22. April 2002 weiter die Information
zugekommen ist, die Arbeitszeit solle von Montags bis Donnerstags abgeleistet werden,
ist namentlich diese Regelung nicht zur Mitbestimmung gestellt, weil diese durch
Abschnitt II. Nr. 2 der Dienstvereinbarung vom 12. Dezember 2001 bereits verbraucht ist,
wonach die Arbeitszeit sich auf fünf Tage je Kalenderwoche von Montag bis Freitag
verteilt (Satz 1) und individuelle Regelungen bei Teilzeitbeschäftigten unberührt bleiben
(Satz 2). Zudem ist mit dieser Regelung wie bereits oben angedeutet nicht die
Arbeitszeit (konkret) auf die einzelnen Wochentage verteilt worden, wie das Gesetz es
voraussetzt. Es sind vielmehr lediglich die Wochentage benannt worden, an denen die
19,25 Stunden abzuleisten sind. Daraus ergibt sich keineswegs zwingend, wie die
Arbeitszeit sich in Wahrnehmung der Regelungen der Dienststelle über die flexible
Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt.
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Unabhängig davon greift § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG in Fallgestaltungen, welche vom
Antrag zu 1. in seiner abstrakten Fassung erfasst sind, auch deswegen nicht, weil die
genannte Vorschrift nur dann einschlägig ist, wenn eine generelle Regelung in Rede
steht.
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Vgl. auch insoweit für die ganz herrschende Meinung beispielhaft: Rehak, a.a.O., § 75
BPersVG Rn. 114 a sowie Ilbertz/Widmaier, a.a.O., Rn. 78, 79, 81 zu § 75 BPersVG.
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Eine derartige Regelung liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die gesamte oder Teile
der Belegschaft oder eine bestimmte Gruppe von der Arbeitszeitregelung betroffen ist.
Sind hingegen nur einzelne oder ein einzelner betroffen, so kommt es darauf an, ob die
Arbeitszeitregelung unmittelbar Auswirkungen auf andere Beschäftigte hat. Insoweit ist
vor allem von Belang, ob die Interessen der anderen Beschäftigten gerade mit Blick auf
die zeitliche Verteilung ihrer Arbeitszeit je Arbeitstag und/oder Wochentag berührt
werden. Namentlich unerheblich ist, in welcher Weise sich die einen einzelnen
Beschäftigten betreffende Arbeitszeitregelung auf den Umfang der Arbeitszeit eines
anderen Beschäftigten oder etwa die Frage auswirkt, wann dieser Urlaub nehmen kann.
Die so umschriebenen Auswirkungen können, müssen aber nicht eintreten, wie der
streitanlassgebende Ausgangsfall belegt. In ihm hat der Antragsteller nicht
nachvollziehbar darzulegen vermocht, worin konkret die Auswirkungen der in Rede
stehenden Maßnahmen hinsichtlich Beginn und Ende der Arbeitszeit, der Pausen und
der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage für die übrigen
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Beschäftigten als zwangsläufige gelegen haben könnten.
Vgl. dazu, dass es nur auf derartige Auswirkungen ankommt: OVG NRW, Beschluss
vom 21. Juli 2004 - 1 A 3554/02.PVL -.
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Dass ein anderer Beschäftigter die 4,25 Stunden wöchentliche Arbeitszeit etwa im
Vertretungsfalle ausfüllen konnte, betrifft den Tatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG
nicht, sondern auch hinsichtlich dieses Beschäftigten lediglich die Frage des Umfangs
von dessen Arbeitszeit insgesamt, zu dessen Festlegung die Mitbestimmung nicht
eingeräumt ist.
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Auch der Antrag zu 2. und der Hilfsantrag sind als abstrakte Anträge zulässig. Sie zielen
als solche sinngemäß auf die Feststellung ab, dass eine im Antrag zu 1. umschriebene
Maßnahme (die Verabredung einer Wochenarbeitszeit von 15 Stunden, deren Blockung
auf 19,25 Stunden je Woche, der Vereinbarung bestimmter Tage sog. Freizeitausgleichs
- bis zu 34 Tagen - und der Festlegung von Montag bis Donnerstag als Arbeitstage)
sowohl gegen die Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit beim Arbeitsamt C. vom 12.
Dezember 2001 als auch gegen die Vereinbarung Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte
vom 29. Februar 2000 verstößt. Die insoweit unter I. der Beschlussgründe aufgeführten
einzig einschlägigen Regelungen in diesen Dienstvereinbarungen, stehen der hier in
Rede stehenden Maßnahme indes nicht entgegen. Soweit die Regelungen der
Dienstvereinbarungen zur Übertragbarkeit von Plus- und Minusstunden in den nächsten
Abrechnungszeitraum (Kalenderhalbjahr) in Rede stehen, liegt ein Verstoß hiergegen
schon deswegen nicht vor, weil diese Regelungen die Auswirkungen der Führung von
Arbeitszeitkonten im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit betreffen. Hiermit steht die
umstrittene Maßnahme der Dienststellenleitung im gegebenen Fall aber in keinem
direkten Zusammenhang. Soweit von dem Antragsteller Verletzung der Regelung in
Abschnitt IV Nr. 2 der Dienstvereinbarung vom 12. Dezember 2001 gerügt wird, ist zu
bemerken, dass diese Regelung eine Arbeitsfreistellung betreffen, welche ausdrücklich
unabhängig vom Über- oder Unterschreiten der wöchentlichen Arbeitszeit möglich sein
soll. Auch hiermit stehen die umstrittenen Maßnahmen in keinem Zusammenhang.
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Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren.
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Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht
vorliegen.
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