Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2002
OVG NRW: verwaltungsbehörde, vorladung, stillschweigend, fahrzeug, entschuldigung, auskunft, versendung, akteneinsicht, halter, datum
Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 1580/02
Datum:
11.12.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 A 1580/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 11 K 8160/99
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Köln vom 1. Februar 2002 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 1500 Euro festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Nach dieser
Vorschrift muss die Berufung zugelassen werden, wenn ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn erhebliche
Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis
aus den in der Antragsschrift genannten Gründen einer rechtlichen Überprüfung nicht
standhalten wird; hiervon abweichend ist nach Auffassung einiger Obergerichte die
Berufung schon dann zuzulassen, wenn gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit der
Entscheidung sprechen, so dass ein Erfolg des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist
wie ein Misserfolg.
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Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Stand: Juli 2000, § 124 Rn. 119 ff. m.w.N., §
124a Rn. 85.
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Im vorliegenden Fall kann die Frage, welcher dieser beiden Maßstäbe zu Grunde zu
legen ist, offen bleiben, weil die von der Antragsschrift geltend gemachten Bedenken
gegen die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht durchgreifen. Dabei ist
die Prüfung des Berufungsgerichts im Zulassungsverfahren auf die Darlegungen in der
Antragsbegründung beschränkt.
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Der Einwand des Klägers, die Verwaltungsbehörde habe keine angemessenen
Ermittlungen zur Feststellung des Fahrers getroffen, führt nicht zur Annahme ernstlicher
Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Es kann insoweit dahin stehen, ob
dem Kläger das Ermittlungsfoto übersandt worden ist und ob eine Versendung der
Ermittlungsakten an die Prozessbevollmächtigten des Klägers zum Zwecke der
Akteneinsicht in Betracht gekommen ist. Ein etwaiges Ermittlungsdefizit ist unerheblich,
weil der Kläger unabhängig davon nicht die erforderliche Bereitschaft zur Mitwirkung an
der Aufklärung des Verkehrsverstoßes hat erkennen lassen. Seine Annahme, dass die
Verwaltungsbehörde nicht erwarten könne, dass der Halter ohne weitere Ermittlungen
Auskunft erteilen könne, geht fehl. Es ist grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu
der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Die
Fertigung eines (aussagekräftigen) Fotos des Fahrzeugführers, der den
Verkehrsverstoß begangen hat, ist nicht erforderlich und häufig auch gar nicht möglich.
Das Vorliegen eines Fotos erleichtert nur in vielen Fällen die Ermittlungstätigkeit der
Behörde.
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Vgl. Beschluss des Senats vom 7. Juni 2002 - 8 A 5736/00.
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Unabhängig von der Frage, ob der Kläger auch ohne Ansicht des Radarfotos in der
Lage gewesen ist, den Fahrer seines Fahrzeugs zu benennen, hätte er jedenfalls die
erforderlichen Angaben nach Vorlage des Fotos bei der vorgesehenen Vernehmung am
15. Januar 1999 machen können. Der Vorladung zur Vernehmung ist er jedoch ohne
ausreichende Entschuldigung nicht gefolgt, vgl. Beschluss des Amtsgerichts Köln vom
17. März 1999 - 805 OWi 969/99 -.
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2. Die geltend gemachte Abweichung von den Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 1982 - 7 C 3.80 -, Buchholz 442.16 § 31
a StVZO Nr. 12, und 9. Dezember 1993 - 11 B 113.93 - liegt ebenfalls nicht vor. Eine
Divergenz i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nur gegeben, wenn das
Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder
verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz von einem der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
bezeichneten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz
abweicht. Der Kläger benennt indes keinen solchen Rechts- oder Tatsachensatz, den
das Verwaltungsgericht abweichend vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich oder
stillschweigend aufgestellt hätte, sondern rügt lediglich die nach seiner Auffassung
fehlerhafte Anwendung der in den genannten Entscheidungen enthaltenen Rechtssätze.
Dies begründet die Divergenzrüge nicht. Eine konkrete Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, von dem das
Verwaltungsgericht abgewichen sein könnte, nennt die Antragsschrift nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 GKG. Der Senat bemisst das
wirtschaftliche Interesse an Verfahren, in denen um die Rechtmäßigkeit einer
Fahrtenbuchauflage gestritten wird, mit 250,00 EUR für jeden Monat der
Fahrtenbuchauflage.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
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