Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.03.1998
OVG NRW (antragsteller, beschwerde, anordnung, verwaltungsgericht, verbindung, gkg, ausländer, antrag, unterliegen, verwaltung)
Oberverwaltungsgericht NRW, 16 B 455/98
Datum:
20.03.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 B 455/98
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Aachen, 8 L 46/98
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Aachen
vom 9. Februar 1998 wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluß wird geändert, und der Antrag auf Erlaß
einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung
für das Verfahren in beiden Instanzen auf 4.000,-- DM festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Aachen vom 9. Februar
1998 ist gemäß § 146 Abs. 4 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
zugelassen worden, da die Voraussetzungen für die begehrte einstweilige Anordnung,
wie aus den nachstehenden Ausführungen ersichtlich, nicht gegeben sind und der
genannte Beschluß daher zu ändern ist.
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Die Beschwerde ist begründet; denn das Verwaltungsgericht hat dem
Rechtsschutzbegehren des Antragstellers mit dem (sinngemäßen) Antrag,
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den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1
VwGO zu verpflichten, bis zur abschließenden Entscheidung des amerikanischen
Generalkonsulats in seinem Weiterwanderungsverfahren von aufenthaltsbeendenden
Maßnahmen abzusehen,
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zu Unrecht entsprochen. Der Antragsteller hat einen entsprechenden
Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §
920 Abs. 2 ZPO).
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Insbesondere kann der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung
nicht aus der Regelung der Ziffer 3 des Erlasses des Innenministeriums des Landes
Nordrhein- Westfalen vom 10. April 1997 - I B 5/6.2.3 - herleiten. Nach der erwähnten
Erlaßbestimmung ist der weitere Aufenthalt von bosnischen Flüchtlingen, die eine
dauerhafte Aufnahme in den USA erstreben, unter bestimmten Voraussetzungen bis zur
abschließenden Entscheidung der US-Einwanderungsbehörde über den
entsprechenden Weiterwanderungsantrag zu dulden. Der Antragsteller berücksichtigt
insoweit nicht hinreichend, daß es sich bei dieser in Rede stehenden Vorschrift nicht um
eine Rechtsnorm, sondern nur um eine innerdienstliche Richtlinie handelt, die nicht
unmittelbar Rechte und Pflichten für den Ausländer begründet. Sie kann im Verhältnis
zum Ausländer Wirkungen nur deshalb entfalten, weil die Verwaltung zur Wahrung des
Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet ist und sich demgemäß durch die
pflichtgemäße Anwendung der Richtlinien bzw. der Verwaltungsvorschriften selbst
bindet.
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Vgl. zusammenfassend u.a. BVerwG, Beschluß vom 4. November 1992 - 1 B 182.91 -,
Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 133 = InfAuslR 1993, 54.
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Derartige ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen daher auch keiner
eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr,
wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in
ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolge dessen durch
den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind. Das gilt besonders für Fälle, in
denen der Wortlaut einer Verwaltungsvorschrift unklar und darum auslegungsbedürftig
ist.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1996 - 11 C 5.95 -, Buchholz 451.55
Subventionsrecht Nr. 101 = DVBl. 1996, 814 = NJW 1996, 1766.
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Danach ist die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller nicht über die erste
Ablehnung seines Weiterwanderungsantrages durch die zuständigen amerikanischen
Behörden hinaus etwa bis zur Entscheidung seines "Widerspruchs" darüber - sofern
nach amerikanischem Recht eine solche Möglichkeit überhaupt besteht - bzw. seines
erneuten Weiterwanderungsantrages zu dulden, rechtlich nicht zu beanstanden. Eine
gegenteilige Verwaltungspraxis des Antragsgegners hat der Antragsteller weder
vorgetragen, noch ist sie dem Senat bekannt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 3, 20 Abs. 3, 25
Abs. 2 Satz 2 GKG.
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Dieser Beschluß ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.
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