Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.04.2008
OVG NRW: berufsausübung, begriff, leiter, approbation, beratungsstelle, stellenbeschreibung, psychotherapeut, psychotherapie, datum, beitragsjahr
Oberverwaltungsgericht NRW, 5 A 4699/05
Datum:
24.04.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 A 4699/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 13 K 3363/04
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2005
ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 250,-- EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
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Das Zulassungsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des
angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Beklagte den Kläger für das
Kalenderjahr 2002 gemäß §§ 1, 2 Abs. 2 der Beitragsordnung vom 13. März 2001 i.V.m.
Abschnitt A Absatz 2 der zugehörigen Beitragstabelle (MBl. NRW 2001, S. 834) zu
einem Kammerbeitrag in Höhe von 250,-- EUR heranziehen durfte, weil er in dem
Beitragsjahr eine Berufstätigkeit im Sinne der Beitragsordnung ausgeübt hat. Die
dagegen erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch.
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Der Landesgesetzgeber ist bei der Bestimmung dessen, wann Berufsangehörige im
Sinne des Kammerrechts ihren Beruf ausüben, nicht an die bundesrechtlichen
Approbationsregelungen gebunden. Er kann die Abgrenzung vielmehr eigenständig
vornehmen und ist dabei nicht gehindert, von einem weiten Begriff der Berufsausübung
auszugehen.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - NJW 1997, 814, 815.
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Dementsprechend ist der kammerrechtliche Begriff der Berufsausübung im Bereich des
Heilberufsrechts regelmäßig weiter auszulegen als derjenige im Sinne des
Approbationsrechts.
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Vgl. z.B. VG Köln, Urteil vom 27. Oktober 2004 - 9 K 2843/03 - juris, Rn. 22 m.w.N.; OVG
Bremen, Urteil vom 29. November 2005 - 1 A 148/04 - juris, Rn. 37; VG Frankfurt, Urteil
vom 30. November 2005 - 12 E 1033/05 - juris, Rn. 20 ff.; OVG Saarland, Urteil vom 23.
August 2006 - 1 R 19/06 - juris, Rn. 40 ff.; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 26. April
2007 - 8 LC 13/05 - juris, Rn. 36 ff.; VG Weimar, Beschluss vom 20. Juli 2007 - 8 E
858/07 WE - juris, Rn. 20 ff. (jeweils zum kammerrechtlichen Begriff der Berufsausübung
des Psychotherapeuten); ferner OVG NRW, Beschluss vom 1. April 2008 - 5 A 4029/05 -
(zum kammerrechtlichen Begriff der Berufsausübung des Apothekers).
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Für die Beitragsordnung der Beklagten gilt nichts Abweichendes. Weder aus § 1 Satz 1
Nr. 3, § 2 Abs. 1 Satz 1 des Heilberufsgesetzes (HeilBerG) noch aus dem Satzungsrecht
der Beklagten ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass dem Kammerrecht der Beklagten
ein an § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen
Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
(Psychotherapeutengesetz - PsychThG) orientiertes (engeres) Verständnis des Begriffs
der psychotherapeutischen Berufstätigkeit zugrunde zu legen ist. Diese Bewertung wird
auch bestätigt durch Abschnitt B Absatz 4 der Beitragstabelle zu § 2 Abs. 2 der
Beitragsordnung der Beklagten vom 27. April 2007 (MBl. NRW 2007, S. 504). Darin ist
nunmehr klarstellend bestimmt, dass eine psychotherapeutische Berufsausübung im
Sinne der Beitragsordnung vorliegt, wenn das betreffende Kammermitglied eine
Tätigkeit ausübt, bei der Kenntnisse, die Voraussetzung für die Approbation waren,
eingesetzt oder mitverwendet werden oder werden können.
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Ausgehend von diesem Begriffsverständnis unterliegt es keinen durchgreifenden
Bedenken, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers als
Leiter der Erziehungsberatungsstelle des F. -S. -Kreises eine psychotherapeutische
Tätigkeit im Sinne der Beitragsordnung der Beklagten bejaht hat. Nach den
erstinstanzlichen Feststellungen, die durch das Zulassungsvorbringen nicht entkräftet
werden, wird in der Beratungsstelle laut der Stellenbeschreibung einer Mitarbeiterin des
Klägers in großem Umfang Psychotherapie durchgeführt und entspricht es dem
Selbstverständnis der Erziehungs- und Familienberatungsstellen, dass ohne
psychotherapeutische Kenntnisse und Fähigkeiten eine umfassende
Erziehungsberatung nicht möglich ist (vgl. Urteilsabdruck, S. 5 und S. 6). Vor diesem
Hintergrund ist ohne Weiteres anzunehmen, dass dem Kläger als Leiter der
Erziehungsberatungsstelle u.a. auch diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten förderlich
sind, die Voraussetzung für seine Approbation waren, und er diese dementsprechend
bei seiner beruflichen Tätigkeit einsetzt und mitverwendet. Darauf, ob der Kläger
psychotherapeutisch im Sinne von § 1 Abs. 3 PsychThG tätig ist, kommt es danach
ebenso wenig an wie auf den Umstand, dass er für seine Berufstätigkeit einer
Approbation als Psychotherapeut nicht bedarf.
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Vgl. auch Niedersächsisches OVG, a.a.O.
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Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, das Verwaltungsgericht habe die Bedeutung der
Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 28. Mai 2002 verkannt. Dem Kläger wird darin
bescheinigt, in seiner Funktion als Leiter der Beratungsstelle ab 1. Januar 1999 keine
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psychotherapeutischen Tätigkeiten im Sinne des Psychotherapeutengesetzes ausgeübt
zu haben. Daraus lässt sich indes nicht ableiten, es fehle zugleich an einer
Berufstätigkeit im Sinne der Beitragsordnung. Wie dargelegt, liegt dem Kammerrecht der
Beklagten ein weitergehendes Verständnis des Begriffs der Berufsausübung zugrunde.
Dem gemäß begründen auch die weiteren von dem Kläger in Bezug genommenen
Unterlagen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3
Satz 3 GKG unanfechtbar.
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