Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 19.08.2005
OVG NRW: genehmigung, verzinsung, rücknahme der klage, unbestimmter rechtsbegriff, unternehmen, beurteilungsspielraum, gutachter, wettbewerber, angemessenheit, ausnahme
Oberverwaltungsgericht NRW, 13 A 1521/03
Datum:
19.08.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 A 1521/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 1 K 8003/98
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit es das Entgelt DTAG-O.5 betrifft.
Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 6. Februar
2003 unwirksam.
Das Berufungsverfahren der Beklagten wird eingestellt, soweit es gegen
die Verpflichtung zur rückwirkenden Genehmigung gerichtet ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts
Köln vom 6. Februar 2003 teilweise - und zwar bezüglich des auf
Verpflichtung zur Neubescheidung bezüglich des Entgelts DTAG-O.2
der Höhe nach (= Absatz 2, zweiter Teil des Urteilstenors) - geändert:
Die Klage, soweit sie auf Genehmigung des Entgelts DTAG-O.2 in der
von der Klägerin beantragten Höhe gerichtet ist, wird abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
Köln vom 6. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge tragen die Klägerin zu 9/10 und die
Beklagte zu 1/10.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren bis zur teilweisen
Klagerücknahme auf 311.888,04 EUR (= 610.000,- DM), danach bis zur
teilweisen Berufungsrücknahme der Beklagten auf 286.323,45 EUR (=
560.000,- DM) und danach auf 255.645,94 EUR (= 500.000,- DM)
festgesetzt.
I.
1
Die Klägerin ist Eigentümerin des Telekommunikationsnetzes der früheren Deutschen
Bundespost Telekom und schloss seit 1997 mit anderen Netzbetreibern
(Interconnection-Partnern = ICP) Verträge über die Zusammenschaltung ihrer
öffentlichen Telekommunikationsnetze. Gegenstand dieser Verträge sind neben der
physischen Netzzusammenschaltung die gegenseitigen Zusammenschaltungsdienste,
u. a. die über die Interconnection-Anschlüsse (ICA) zu erbringenden
Verbindungsleistungen der Klägerin über ihr Netz in fremde Netze oder zu fremden
Anschlüssen. Verbindungsleistungen der Klägerin sind zunächst die sog.
Basisleistungen DTAG-B.1 (Verbindungen zum Endkunden im nationalen Netz der
Klägerin = Terminierung) und DTAG-B.2 (Verbindungen vom Endkunden im nationalen
Netz der Klägerin zum Netz des ICP-Partners = Zuführung) sowie sog. optionale und
zusätzliche Leistungen wie DTAG-O.1 (= Verbindungen in das Telefonnetz international
der Klägerin), DTAG-O.2 (Verbindungen über das Telefonnetz national der Klägerin zu
anderen nationalen Telefonnetzen), DTAG-O.3 (Verbindungen über das Telefonnetz der
Klägerin in die nationalen Mobilfunknetze), DTAG-O.4 (Verbindungen zu über Satellit
erreichbaren Anschlüssen) und DTAG-O.5 (Verbindungen aus dem Telefonnetz
national der Klägerin für den Zugang zum Freephone-Service von ICP unter der
Dienstekennzahl 0800 oder 0130).
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Nachdem die frühere Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
(Regulierungsbehörde) - heute: Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas,
Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) - für die Entgelte der
optionalen Leistungen mehrfach sog. vorläufige Genehmigungen erteilt hatte,
beantragte die Klägerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht unter dem 23. Juni 1998,
bzgl. der Geltungsdauer des Entgelts O.5 teilweise geändert durch Schreiben vom 17.
August 1998, die endgültige Genehmigung der Entgelte O.1 bis O.5 sowie der
"Mischkalkulation B.1/O.2". Letztere beruhte darauf, dass die Klägerin damals bei
Übernahme aufgebauter Verbindungen am ICA deren Einmündung in ihr eigenes oder
in ein fremdes Netz nicht feststellen konnte und deshalb für sie bis Ende Juni 1999 ein
einheitliches, nach Prognoseanteilen (B.1 = 96,8 %, O.2 = 3,2 %) kalkuliertes Entgelt
vorgesehen war. Die gesamten zur Genehmigung gestellten Entgelte enthielten keinen
Bezug auf bestimmte Zusammenschaltungsverträge und sollten rückwirkend zum 1.
Januar 1998, dem Zeitpunkt der erstmaligen Bereitstellung der Leistungen, erteilt
werden.
3
Durch Bescheid vom 28. August 1998, berichtigt durch Bescheid vom 9. September
1998, genehmigte die Regulierungsbehörde die Entgelte unterschiedlich befristet, und
zwar lediglich für die damals abgeschlossenen 45 Zusammenschaltungsverträge und
ohne Rückwirkung, und nahm mit Ausnahme beim Entgelt O.4 unterschiedliche
Kürzungen vor. Beim Entgelt O.2 kürzte sie die Ansätze "Kosten der Netzinfrastruktur"
(NI) pauschal um 5 %, was mit einer geringeren Verzinsung der Kapitalkosten und
einem verlängerten Abschreibungszeitraum begründet wurde, beim auf einer
Mischkalkulation beruhenden Entgelt O.5 nahm sie Kürzungen lediglich bei den
beiläufigen Anwendungsfallgruppen 2 bis 4 unter Verweisung auf die Kürzungsgründe
bei Entgelt O.2 und Entgelt O.3 vor und bei der "Mischkalkulation B.1/O.2" beschränkte
sich die Teilablehnung auf den Kostenanteil O.2 und die entsprechenden
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Kürzungsgründe.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die Entgelte für die
Verbindungsleistungen O.1 bis O.5 unterlägen nicht der Genehmigungspflicht nach §§
39, 25 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes 1996 (TKG a. F.), weil § 39 TKG a. F.
nur Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 Abs. 1 TKG a. F. betreffe
und darunter lediglich die Einrichtung und das Bereitstellen des Anschlusses, nicht
jedoch zusätzlich die über den Anschluss erbrachten Verbindungsleistungen fielen.
Selbst wenn man von einer Entgeltgenehmigungspflicht für alle in einem notwendigen
Zusammenhang mit einer Zusammenschaltung stehenden Leistungen ausginge, seien
jedenfalls die Entgelte O.1, O.4 und O.5 nicht genehmigungspflichtig. Denn diese
Leistungen seien angesichts der unterschiedlichen Angebotspaletten der
verschiedenen ICP für eine effektive Nutzung der Zusammenschaltung nicht schlechthin
notwendig. Ferner nehme sie bei den Leistungen O.1 und O.5 keine
marktbeherrschende Stellung ein, was die Beklagte für die Leistung O.1 selbst durch
Bescheid vom 13. Dezember 1999 bestätigt habe und für die Leistung O.3 aus ihrem
(der Klägerin) Marktanteil von nur noch 30 % folge. Im Falle einer Genehmigungspflicht
habe sie einen Anspruch auf antragsgemäße Genehmigung aller
Entgeltvereinbarungen, die ihrem Standardangebot der streitigen Leistungen
entsprächen, sowie ferner auf eine rückwirkende Entgeltgenehmigung. Die
Regulierungsbehörde sei zur Genehmigung der Entgelte O.2 und O.5 sowie der
"Mischkalkulation B.1/O.2" in beantragter Höhe verpflichtet. Der Behörde, die die Kosten
der effektiven Leistungsbereitstellung von Amts wegen zu ermitteln habe, stehe
ausgehend von § 2 TEntgV bei der ex-ante Entgeltregulierung nicht etwa ein
Beurteilungsspielraum zu. Die maßgebliche Genehmigungsvorschrift § 24 Abs. 1 TKG
a. F. und der den Maßstab der Orientierung an den Kosten der effizienten
Leistungsbereitstellung konkretisierende § 3 Abs. 2 TEntgV enthielten zwar
unbestimmte Rechtsbegriffe. Doch unterlägen diese einer vollen
verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, wobei es in Bezug auf die in § 3 Abs. 2 TEntgV u. a.
verlangte "angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals" auf eine
Betrachtungsweise ankomme, die sich an den realen Kapitalmarktbedingungen und
den konkreten Verhältnissen im Betrieb des regulierungspflichtigen Unternehmens
auszurichten habe. Die von der Regulierungsbehörde vorgenommene Kostenkürzung
um 5 % sei pauschal, d. h. ohne eine konkrete Kostenprüfung vorgenommen worden
und daher nicht gerechtfertigt. Die Genehmigungsentscheidung leide daher an einem
Prüf- und Ermittlungsdefizit. Die Annahme der Regulierungsbehörde, die pauschale
Kürzung entspreche einem Näherungswert, der die kumulierte Wirkung der Parameter
"Zinssatz" und "Abschreibungsdauer" berücksichtige, gehe fehl. Zumindest habe die
Regulierungsbehörde die für richtig gehaltene längere Abschreibungsdauer der
Kostenprüfung zugrunde legen oder ihr (der Klägerin) Gelegenheit zu entsprechender
Nachbesserung geben müssen. Die Verlängerung der Abschreibungsdauer von
Kapitalanlagen von 25 auf 35 Jahre verringere die Transitkosten um max. 0,825 %.
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Abgesehen davon sei die Annahme der Regulierungsbehörde, es dürfe ein
kalkulatorischer Kapitalzinssatz von nur 9,25 % angesetzt werden, sachlich fehlerhaft.
Der ihrer (der Klägerin) Kostenkalkulation zu Grunde liegende Zinssatz von 12,6 % sei
auf Grund der WACC (Weighted Average Cost of Capital) - Formel ermittelt, die auf dem
Standardmodell der Kapitalmarkttheorie CAPM (Capital Asset Pricing Model) basiere
und eine anerkannte Methode zur Ermittlung der Kapitalkosten eines Unternehmens sei.
Auch führten andere betriebswirtschaftlich anerkannte Methoden im vorliegenden Fall
zu keinem geringeren Zinssatz als 12,6 %.
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Die Klägerin hat nach Rücknahme der Klage betreffend die Entgelthöhe O.1 und O.3
beantragt,
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1 a) den Bescheid der Regulierungsbehörde vom 28.8.1998 in der Fassung vom
9.9.1998 insoweit aufzuheben, als in ihm die Entgelte für die optionalen Leistungen O.1
bis O.5 genehmigt werden, und festzustellen, dass eine Genehmigungspflicht für diese
Entgelte nicht besteht,
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1 b) hilfsweise, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der
Regulierungsbehörde vom 28.8.1998 in der Fassung vom 9.9.1998 zu verpflichten, die
Genehmigung der Entgelte für die Leistungen O.1 bis O.5 im Wege einer vom konkreten
Einzelfall losgelösten Entgeltgenehmigung rückwirkend zum 01.01.1998 zu erteilen und
dabei die Genehmigung für die Leistungen O.2 und O.5 der Höhe nach antragsgemäß
zu erteilen,
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2) die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Regulierungsbehörde
vom 28.8.1998 in der Fassung vom 9.9.1998 zu verpflichten, die Genehmigung zur
"Mischkalkulation B.1/O.2" entsprechend ihrem Antrag vom 23.6.1998 im Wege einer
vom konkreten Einzelfall losgelösten Entgeltgenehmigung rückwirkend zum 1.1.1998 zu
erteilen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen: Die Klage sei nach Ablauf der Genehmigungsfristen erledigt,
jedenfalls aber unbegründet. Die streitbefangenen Entgelte seien gemäß §§ 39, 25 Abs.
1 TKG a. F. genehmigungspflichtig. Die Klägerin sei zur Zeit des Erlasses des
angefochtenen Bescheides auch hinsichtlich der Leistung O.1 marktbeherrschend
gewesen; anderes gelte erst ab dem Bescheid vom 13. Dezember 1999. Die Entgelte
O.2 und O.5 sowie die "Mischkalkulation B.1/O.2" seien in beantragter Höhe nicht
genehmigungsfähig. Die Regulierungsbehörde habe den kalkulatorischen
Kapitalzinssatz zu Recht auf Grund der Bilanzwertmethode mit nur 9,25 % angesetzt.
Dabei sei sie bezüglich des Eigenkapitalanteils entsprechend den Angaben der
Klägerin in früheren Genehmigungsanträgen von einem Zinssatz von 20 % und
hinsichtlich des Fremdkapitalanteils von einem Zinssatz von 6,5 % ausgegangen. Die
von der Klägerin zur Ermittlung der Kapitalkosten herangezogenen
betriebswirtschaftlichen Methoden seien wegen ihres kapitalmarktorientierten Ansatzes
nicht mit den regulatorischen Zielen der Entgeltgenehmigung vereinbar. Die
entsprechenden Regulierungsvorschriften enthielten einen volkswirtschaftlich
geprägten Kostenbegriff, der nicht unternehmensbezogen, sondern darauf ausgerichtet
sei, mit der Entgeltbestimmung durch den Regulierer einen chancengleichen und
funktionsfähigen Wettbewerb in Gang zu setzen. Demgegenüber simuliere eine
Zinsbestimmung mittels WACC und CAPM nur die Sicht eines sein Portfolio
optimierenden Aktienanlegers. Zum Zwecke der Unternehmensbewertung in der Form
einer marktorientierten Rendite- Risikoabschätzung seien diese Verfahren zwar
sinnvoll. Im Rahmen der Entgeltregulierung führten sie jedoch zu einer unsachgemäßen
Risikoübertragung und zur Verzerrung der unternehmerischen Anreizstruktur. Mit
WACC und CAPM werde eine Durchschnittsrendite über das Gesamtunternehmen
gemessen. Bezogen auf die Klägerin bedeute dies, dass das hohe Projektrisiko aus
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nicht regulierungsbetroffenen Unternehmensbereichen, wie etwa dem Internet- oder
Mobilfunksektor, ungerechtfertigt auf den wenig riskanten, aber allein der
Entgeltregulierung unterliegenden Festnetzbereich übertragen und somit eine
unzulässig Quersubventionierung erreicht werde. Ferner sei bei CAPM problematisch,
dass damit eine vom Unternehmen gewählte Risikoerhöhung ohne Rücksicht darauf
belohnt werde, ob sie auch mit wettbewerblichen Verhältnissen im Einklang stehe.
Denn im funktionierenden Wettbewerb würden übermäßige Risiken vermieden.
Demgegenüber sei die von der Regulierungsbehörde herangezogene - bereits im
Verfahren BK 4a A 1130/E23.12.97 entwickelte - Bilanzwertmethode der einzige
gangbare Weg, um bei regulierten Unternehmen Quersubventionierungen und falsche
Investitionssignale zu unterbinden und damit dem Ziel des § 2 Abs. 2 TKG zu
entsprechen. Der Regulierungsbehörde habe - ohne dass es auf einen
Beurteilungsspielraum ankomme - die Entscheidungskompetenz für die Ausfüllung des
regulierungsrechtlichen normativen Kostenbegriffs und damit für die Frage, nach
welcher Methode der Zinssatz einer "angemessenen" Eigenkapitalverzinsung zu
berechnen sei. Auch die pauschale Kürzung der Netzinfrastrukturkosten um 5 % sei
rechtlich nicht zu beanstanden. Hierbei handele es sich um einen Näherungswert, der
die kumulierte Wirkung der gleichzeitigen Veränderung der Parameter Zinssatz und
Abschreibungsdauer berücksichtige. Wegen der Komplexität des Aufbaus des
Telekommunikationsnetzes, welches aus verschiedenen Anlagegütern (Kupfer- und
Glasfaserkabel, Übertragungstechnik, Vermittlungsstellen etc.) bestehe, deren Anteil
auch noch je nach Produkt (z. B. analoge oder digitale Mietleitungen, verschiedene
Typen von Interconnection-Leistungen) variiere, habe die kumulierte Wirkung der
gleichzeitigen Veränderung beider Parameter nicht exakt berechnet werden können.
Die Effekte der Zinssenkung und der Abschreibungszeitveränderung hätten sich
gegenseitig überlagert, so dass eigentlich eine multifaktorielle Analyse habe
vorgenommen werden müssen. Die dafür erforderlichen Einzelinformationen hätten
aber in der kurzen Prüfzeit von 10 Wochen nicht in der nötigen Qualität beschafft
werden können. Sinn und Zweck des Telekommunikationsgesetzes widersprächen
zudem einer rückwirkenden ebenso wie der Erteilung einer vom einzelnen
Zusammenschaltungsfall losgelösten Entgeltgenehmigung.
Das Verwaltungsgericht hat zu Fragen der betriebswirtschaftlichen Bestimmung
kalkulatorischer Zinsen des eingesetzten Kapitals und der Bemessung der
Abschreibungsdauer für Kabelkanalanlagen Beweis erhoben durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf
das Gutachten des Professors Dr. Kempf vom 18. September 2002 verwiesen.
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Durch Urteil vom 6./ 13. Februar 2003, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug
genommen wird, hat das Verwaltungsgericht Köln unter teilweiser Aufhebung des
angefochtenen Bescheids und Klageabweisung im Übrigen die Beklagte verpflichtet,
die Genehmigung der Entgelte O.1 bis O.5 und der "Mischkalkulation B.1/O.2"
rückwirkend zum Zeitpunkt des jeweiligen Zusammenschaltungsvertrages zwischen der
Klägerin und den im angefochtenen Bescheid aufgeführten ICP, frühestens jedoch zum
1. Januar 1998, zu erteilen sowie den Genehmigungsantrag der Klägerin für die
Entgelte O.2 und O.5, soweit er der Höhe nach abgelehnt worden ist, unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, weil hinsichtlich der Kürzung
des Kostenansatzes um 5% keine ausreichende Begründung erfolgt sei. Die Klägerin
und die Beklagte haben gegen dieses Urteil, soweit es sie beschwert, die durch das
Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.
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Die Klägerin trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens ergänzend vor: Bereits der dem angefochtenen Bescheid anhaftende
Begründungsmangel, der auch nicht geheilt werden könne, verletze sie in ihren
Rechten und zwar in einem subjektiv-rechtlichen Anspruch auf einen ordnungsgemäß
begründeten Bescheid. Selbst der von der Beklagten angenommene
Eigenkapitalzinssatz von 20 % sei nach wie vor nicht begründet. Soweit sie (die
Klägerin) sich später der Spruchpraxis der Regulierungsbehörde zur 35-jährigen
Abschreibungsdauer angepasst habe, habe sie diese damit nicht akzeptiert. Das
Verwaltungsgericht verkenne, dass die Entgelte O.1 bis O.5 nicht
genehmigungspflichtig seien. Weder seien die Leistungen zur ordnungsgemäßen
Gewährung des Netzzugangs erforderlich noch verfüge sie auf den betroffenen Märkten
über eine marktbeherrschende Stellung. Soweit das Verwaltungsgericht von einer
marktbeherrschenden Stellung ausgehe, stütze es sich im Rückgriff auf § 19 Abs. 3
GWB allein auf die Feststellungen der Beklagten zu den Marktanteilen hinsichtlich der
einzelnen Leistungen, ohne die Aufgreifkriterien des § 19 Abs. 2 GWB zu
berücksichtigen. Das Verwaltungsgericht wäre insoweit zu weiteren
Sachverhaltsaufklärungen von Amts wegen verpflichtet gewesen. Das angefochtene
Urteil erweise sich zudem auf der Grundlage der Annahme einer Genehmigungspflicht
als rechtsfehlerhaft. Das Verwaltungsgericht verkenne zunächst ihren Anspruch auf eine
standardvertragsbezogene Genehmigung. Die Genehmigung von Entgelten für die
Gewährung eines Netzzugangs im Sinne von § 39 TKG setze keine zuvor
einzelvertraglich vereinbarten Entgelte voraus. Eine Pflicht zur Vorlage
einzelvertraglicher Vereinbarungen folge weder aus § 39 TKG noch aus § 6 Abs. 1 u. 5
NZV noch aus der Entstehungsgeschichte oder aus Sinn und Zweck der Regelungen.
Das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht auf die Verpflichtung der Beklagten zur
Neubescheidung ihres Genehmigungsantrages beschränkt. Rechtsfehlerhaft habe es
einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum der
Regulierungsbehörde bei der Bemessung des Zinssatzes für die angemessene
Verzinsung des eingesetzten Kapitals sowie bei der Bemessung des der Genehmigung
zugrunde liegenden Abschreibungszeitraums angenommen. Dies verstoße gegen Art.
19 Abs. 4 GG. Mit der verbürgten Rechtsweggarantie sei die Anerkennung eines
Beurteilungsspielraums nur in ganz besonders begründungsbedürftigen
Ausnahmefällen vereinbar. Weder die Unbestimmtheit des Tatbestandsmerkmals der
Angemessenheit des § 3 Abs. 2 TEntgV als solche noch die diesem immanenten
fachlichen Bewertungen zur Bemessung des Zinssatzes und des
Abschreibungszeitraums durch die Regulierungsbehörde könnten eine solche
Ausnahme begründen. Gleiches gelte für den vom Verwaltungsgericht ausgehend von
einem aus § 3 Abs. 2 TEntgV hergeleiteten Abwägungserfordernis angenommenen
fachplanerischen Charakter der Genehmigung. Die Notwendigkeit der Abwägung reiche
für die Annahme einer gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren planerischen
Abwägung nicht aus. Vielmehr setze eine Planentscheidung eine besondere
planerische oder politische Gestaltungsermächtigung voraus. Eine solche Befugnis
räume das Telekommunikationsgesetz der Regulierungsbehörde im Rahmen der
Entgeltregulierung indes nicht ein. Vielmehr komme der Regulierungsbehörde allein
eine aufsichtsbehördliche und keine wirtschaftslenkende Funktion zu. Ihre (der
Klägerin) Grundrechtsposition sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts
auch nicht deshalb weniger schutzwürdig, weil sich ihre ehemalige Monopolposition
weiterhin zum Nachteil ihrer Wettbewerber auswirke. Dieser Aspekt könne allenfalls ein
Abwägungsgesichtspunkt in spezifischen grundrechtlichen Kollisionslagen sein. Mit der
angenommenen eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung von
Regulierungsentscheidungen stehe er indes in keinem Zusammenhang. Für das
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bipolare Verhältnis zwischen ihr und der Beklagten sei allein maßgeblich, dass sie
durch die Verfassungsentscheidung des Art. 87f Abs. 2 GG als privates Unternehmen in
den Wettbewerb entlassen worden sei und somit Grundrechtsschutz für sich in
Anspruch nehmen könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweise sich überdies
auch bei Annahme eines nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren
Beurteilungsspielraums der Regulierungsbehörde als rechtsfehlerhaft. Der
Beurteilungsspielraum sei dahingehend einzugrenzen, dass auch ihr als Antragstellerin
im Rahmen der Regulierung ein angemessener Spielraum mit der Folge zugestanden
werden müsse, dass vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig
begründete Kalkulationsansätze von der Regulierungsbehörde nicht als falsch gewertet
werden dürften. Das Verwaltungsgericht verkenne im Rahmen der bindenden Vorgaben
zur Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags, dass die Regulierungsbehörde auch
bei Zuerkennung eines Beurteilungsspielraums verpflichtet sei, die von ihr vorgelegten
und sich im Rahmen fachlich begründeter Meinungen bewegenden
Kalkulationsansätze zur angemessenen Kapitalverzinsung und zur Bemessung des
Abschreibungszeitraums zu beachten und der Genehmigungsentscheidung zugrunde
zu legen. Die im Prüfungsrecht entwickelten Grundsätze zur Beschränkung des
Beurteilungsspielraums auf prüfungsspezifische Wertungen müssten auch für
Verwaltungsentscheidungen außerhalb des Prüfungsrechts gelten. Entsprechend der
Rechtsprechung des Berufungsgerichts zur Netzplanung hätte die
Regulierungsbehörde den von ihr (der Klägerin) gewollten Kalkulationsansatz sowie
Abschreibungsansatz, die weder evident falsch, abwegig, vorgeschoben oder
unvertretbar seien, ihrer Genehmigungsentscheidung zugrunde legen müssen. Die von
ihr gewählte Methode der Zinssatzermittlung sei für börsengehandelte Unternehmen
wissenschaftlich anerkannt und die Regel; dem stehe die vom Verwaltungsgericht
unzutreffend ausgelegte Empfehlung der Kommission nicht entgegen. Seine
Erwägungen zur Annahme eines Beurteilungsspielraums zur Angemessenheit des
kalkulatorischen Zinssatzes habe das Verwaltungsgericht nicht auf den
Abschreibungszeitraum übertragen dürfen. Denn diesbezüglich fehle es an jeglicher
normativen "Einbruchstelle"; die Angemessenheit beziehe sich nur auf den Zinssatz.
Nach dem Ergebnis des vom Verwaltungsgericht eingeholten
Sachverständigengutachtens sei die von ihr zur Berechnung der Höhe der Verzinsung
angewandte Marktwertmethode allgemein anerkannt und der angenommene
Abschreibungszeitraum plausibel. Das Verwaltungsgericht habe auf Grundlage des
Sachverständigengutachtens und der Kommissions-Empfehlung 98/322/EG jedenfalls
von der Marktwertmethode als allgemein gültigem Bewertungsmaßstab ausgehen und
der Regulierungsbehörde für die Neubescheidung dahingehende Vorgaben, nämlich
einen kalkulatorischen Zinssatz von 11 % und einen Abschreibungszeitraum für
Kabelkanalanlagen von 25 Jahren, machen müssen. Die Empfehlung 98/322/EG lasse
entgegen der Auffassung des Gerichts keine Ausnahmen von einem
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechenden Berechnungsansatz zu. Das
Verwaltungsgericht gebe der Regulierungsbehörde mit Verweis auf das
Sachverständigengutachten ferner zu Unrecht vor, im Falle der Anwendung der
Marktwertmethode die Gewichtung der Zinssätze anhand der tatsächlichen
Kapitalstruktur und nicht der Zielkapitalstruktur vorzunehmen, obgleich der Gutachter
diesen Ansatz als herrschende Auffassung bezeichnet habe. Die Zukunftsgerichtetheit
der langfristigen zusätzlichen Kosten im Sinne des § 3 Abs. 2 TEntgV verlange es, für
die in der Zukunft liegenden Erträge in Form von kalkulatorischen Zinsen die
Zielkapitalstruktur zugrunde zu legen. Soweit der Gutachter den Ansatz der
Zielkapitalstruktur aus regulatorischer Sicht für ungeeignet halte, verfüge er nicht über
überlegene Kenntnisse, überschreite er den Gutachtenauftrag und nehme er richterliche
Aufgaben wahr. Ferner nehme das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft an, die
Regulierungsbehörde habe bei der Neubescheidung zu berücksichtigen, dass die
Genehmigung zu versagen sei, soweit sich das beantragte Entgelt abweichend von §
24 Abs. 1 TKG nicht an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientiere.
Die Regelung des § 24 Abs. 1 TKG sei kein eigenständiger Versagungsgrund, sondern
nur eine notwendige Bedingung für das Eingreifen eines Versagungsgrundes nach § 24
Abs. 2 TKG.
Die Klägerin verfolgt in der Berufung ihre Klage hinsichtlich der Höhe des Entgelts O.5
nicht weiter. Sie beantragt sinngemäß,
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das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und nach den erstinstanzlichen
Klageanträgen - mit Ausnahme zur Höhe des Entgelts O.5 - zu erkennen sowie die
Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt nach Rücknahme ihrer Berufung, soweit sie gegen die
Verpflichtung zur rückwirkenden Genehmigung gerichtet ist,
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das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage in vollem Umfang
abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
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Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im
Wesentlichen vor: Die vom Verwaltungsgericht angeführte nicht ausreichende
Begründung des Bescheids könne allein nicht zu einer Verpflichtung zur
Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts führen. Der
Bescheid stamme aus der Anfangsphase der Regulierungstätigkeit, in der noch sehr
wenig Erfahrung im Hinblick auf den Begründungsumfang von
Beschlussentscheidungen vorhanden gewesen sei. Die Prüfung der
Genehmigungsvoraussetzungen sei auf Grund der Zahl von Einzelleistungen und
erforderlichen Berechnungen innerhalb der sehr knapp bemessenen zehnwöchigen
Verfahrensdauer für die Regulierungsbehörde nicht zu leisten gewesen. Sie habe sich
deswegen sowie wegen der Komplexität des Netzaufbaus und nicht zuletzt vom
Gedanken der Wettbewerbsförderung geleitet für die Erteilung einer
Entgeltgenehmigung mit pauschaler Abschlagsbestimmung entschieden. Bei der
pauschalen Kürzung der nationalen Netzinfrastrukturkosten um 5 % habe die
Regulierungsbehörde den Interessen der Klägerin hinreichend Rechnung getragen. Der
Abschlag sei vorsichtig geschätzt sowie am untersten Rand angesetzt und stelle die
Klägerin nicht schlechter als durch eine konkrete Berechnung. Vielmehr falle die
pauschale Kürzung für die Klägerin sogar günstiger aus als bei der - in der Berufung
vorgelegten - Spitzberechnung für die Bereiche Vermittlungstechnik und Linien- und
Übertragungstechnik. Das werde im eingeholten Gutachten bestätigt. Der Klägerin sei
durch das Vorgehen der Regulierungsbehörde somit kein Nachteil entstanden und sie
sei nicht in ihren Rechten verletzt, was das Verwaltungsgericht verkenne. Dieses
überspanne zudem die Anforderungen an die Begründung des Bescheids, soweit es
rüge, die Regulierungsbehörde habe nicht dargestellt, wie sich der Kapitalzinssatz von
9,25 % errechne und welche Wertungen für die Kürzung maßgeblich gewesen seien.
Der Kapitalzinssatz sei der Klägerin auf Grund der vielen Unterredungen bekannt.
Gleiches gelte für die Änderung der Abschreibungsdauer und deren Auswirkung auf die
Kostenkürzung. Hinsichtlich der Anforderungen an Umfang und Vollständigkeit der
Angaben der tatsächlichen und rechtlichen Gründe der Verwaltungsentscheidung sei
der Kenntnisstand des Betroffenen zu berücksichtigen, der im Einzelfall auch eine
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knappe Begründung rechtfertigen könne. Das Verwaltungsgericht habe insoweit nicht
berücksichtigt, dass der Zinssatz von 9,25 %, dessen Bestimmung bereits im Vorfeld
Gegenstand eines gemeinsamen Dialogs gewesen sei, zuvor in früheren Bescheiden
vom 9. März 1988 - BK 4a A 1130/23.12.97 - und vom 27. Juli 1998 - BK 2a 98/005 -
angesetzt und der Klägerin erläutert worden sowie auch der Abschreibungszeitraum
von 35 Jahren für Kabelkanalanlagen nicht zum ersten Mal in einem Bescheid in Ansatz
und der Klägerin erläutert worden und von ihr selbst in andere - näher bezeichnete -
Entgeltberechnungen eingestellt worden sei. Zumindest habe sie die Begründung aber
im gerichtlichen Verfahren in zulässiger Weise gemäß § 45 VwVfG nachgeholt.
Entgegen der Behauptung der Klägerin habe diese im maßgeblichen Zeitpunkt des
Erlasses des angefochtenen Bescheids eine marktbeherrschende Stellung gemäß § 19
Abs. 3 GWB eingenommen. Der Regulierungsbehörde obliege die Bestimmung der
Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung. Hierfür und damit für die kalkulatorischen
Zinsen, und zwar für die Wahl der vertretbaren Ermittlungsmethode und der
Determinanten sowie für den Abschreibungszeitraum sei kein normativ konkretisiertes
Entscheidungsprogramm vorgeschrieben, also ein Beurteilungsspielraum eingeräumt.
Die allgemein für die Rechtfertigung eines solchen angenommenen Voraussetzungen
seien gegeben. Soweit sie überhaupt zur Neubescheidung verpflichtet sei, habe sie
nicht die von der Klägerin angewandte Methode der Zinssatzermittlung zu übernehmen,
auch nicht, wie vom Gutachter zutreffend erkannt, eine Zielkapitalstruktur der Klägerin.
Ob der Gutachter insoweit seinen Auftrag überschritten habe, sei unerheblich. Die
Genehmigungspflicht für Verbindungsleistungsentgelte nach § 39 TKG a.F. und in dem
Zusammenhang die marktbeherrschende Stellung der Klägerin sowie die nur
einzelvertragsbezogen mögliche Genehmigung seien zwischenzeitlich vom
Bundesverwaltungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerin entschieden.
Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst
Gutachten des Prof. Dr. Kempf sowie der zugehörigen Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen.
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II.
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A. Soweit die Klägerin in der Berufung die Klage bezüglich der Höhe des Entgelts O.5
nicht weiter verfolgt und damit sinngemäß diesen Teil ihrer Klage zurückgenommen hat,
ist das Verfahren einzustellen und das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts
insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Soweit die
Beklagte die Berufung, soweit sie gegen die Verpflichtung zur rückwirkenden
Genehmigung gerichtet ist, zurückgenommen hat, ist das Berufungsverfahren
einzustellen (entspr. § 92 Abs. 3 VwGO).
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Über die Berufungen der Parteien im Übrigen entscheidet der Senat durch Beschluss
nach § 130a VwGO, weil er einstimmig die Berufung der Klägerin für unbegründet und
die Berufung der Beklagten für begründet sowie die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Rechtsfragen sind ausgeschrieben, häufen
sich nicht zu einer Vielzahl und sind zum Teil von der Rechtsprechung geklärt und es
besteht kein tatsächlicher Aufklärungsbedarf. Dass die Parteien, die zu der
Verfahrensweise nach § 130a VwGO gehört worden sind, eine mündliche Verhandlung
für angebracht halten, bindet den Senat nicht. Der Senat hat auf das Vorbringen der
Klägerin im Schriftsatz vom 27. Juli 2005 seine Ermessensentscheidung nach § 130a
VwGO nochmals überprüft, Gründe, die eine mündliche Verhandlung zwingend
gebieten oder überwiegend empfehlen könnten, aber nicht erkannt. Die im o. a.
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Schriftsatz angeführten drei Rechtsfragen stellen sich aus der maßgeblichen Sicht des
Senats so nicht, sie sind auch nicht alle mit dem behaupteten großen
Schwierigkeitsgrad behaftet. Das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist
klar und lässt keine Fragen in tatsächlicher Hinsicht offen. Vor dem Hintergrund ist nicht
ersichtlich, welchen Gewinn eine mündliche Verhandlung für die Entscheidung des
Senats oder das - von einer mündlichen Verhandlung nicht abhängende - rechtliche
Gehör erwarten lässt. Vielmehr läßt eine unter Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern
durchzuführende mündliche Verhandlung weiteren Zeit- und Kostenaufwand erwarten,
der unnötig ist, weil die Beteiligten alle aufgeworfenen Rechtsfragen ausgiebigst erörtert
und auf die Anhörung nach § 130a VwGO auch nicht zum Ausdruck gebracht haben, in
mündlicher Verhandlung weiteren, und zwar neuen Vortrag zu beabsichtigen.
B. Die zulässige Berufung der Klägerin, mit der sie (1.) neben der Aufhebung des
Bescheids vom 28. August 1998 in der Fassung vom 9. September 1998 die
Feststellung der Genehmigungsfreiheit der genannten Verbindungsleistungsentgelte,
(2.) hilfsweise deren einzelvertragsunabhängige Genehmigung und (3.) eine ihrem
Entgeltgenehmigungsantrag der Höhe nach entsprechende Genehmigung - nur noch -
für das Entgelt O.2 weiterverfolgt, ist unbegründet.
26
1. Der Ausgangsbescheid geht zu Recht von einer Genehmigungspflicht der Entgelte
O.1 bis O.5 und B.1/O.2 aus; insoweit unterliegt er nicht der Aufhebung und ist das
Feststellungsbegehren der Klägerin unabhängig von Zulässigkeitsbedenken
unbegründet. Die zu bepreisenden Leistungen sind Verbindungsleistungen. Nach der
Rechtsprechung des Senats und des Bundesverwaltungsgerichts erfasst § 39 TKG a. F.
auch - und alle - Leistungen, die über die zusammen geschaltenen Netze erbracht
werden und nicht nur die eigentliche Leistung der physischen Zusammenschaltung.
27
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2001 - 13 A 2940/00 -; BVerwG, Urteil
vom 25. Juni 2003 - 6 C 17.02 -, BVerwGE 118, 226, MMR 2003, 734.
28
Während nach der Rechtsprechung des Senats der die Leistungen erbringende ICP
kein Marktbeherrscher sein muss, weil § 39 TKG a. F. nur eine Rechtsfolgevorschrift sei,
hat das Bundesverwaltungsgericht im zitierten Revisionsverfahren eine
marktbeherrschende Stellung der Klägerin gleichwohl geprüft. Allerdings ist vorliegend
auch der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin jedenfalls im maßgeblichen
Zeitpunkt des Ausgangsbescheids bezüglich aller zu bepreisender
Verbindungsleistungen, die Gegenstand des Klageantrags zu 1. sind, eine
marktbeherrschende Stellung einnahm - was sich später möglicherweise bezüglich
einiger dieser Verbindungsleistungen geändert haben mag -. Das ergibt sich aus dem
Umstand, dass seinerzeit nach Beginn der Zusammenschaltungspflicht der Klägerin
noch keine hohe Vernetzungsdichte unter den anderen Netzen neben dem der Klägerin
bestand, dem gemäß jedenfalls die meisten der anderen Netzbetreiber oder Kunden
ihre Ziele in anderen Netzen nur unter Inanspruchnahme von Transitleistungen der
Klägerin erreichen konnten und dem entsprechend die seinerzeit geplanten Umsätze
der Klägerin auf dem Markt der Zusammenschaltungsdienste die geschätzten Umsätze
der alternativen Netzbetreiber, wenn solche bei ihnen überhaupt angefallen sind, bei
weitem überstiegen, so dass jedenfalls der Vermutungstatbestand des § 19 Abs. 3 Nr. 1
GWB vorlag. Die Klägerin hat dies substantiiert nicht bestritten. Auch das
Bundesverwaltungsgericht, a.a.O., ist für den im zitierten Streitfall relevanten und mit
dem des vorliegenden Falls gleichen Markt von einer beherrschenden Position der
Klägerin ausgegangen.
29
2. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht insoweit rechtswidrig, als er
Genehmigungen nur für die Entgelte bereits geschlossener Interconnection-Verträge
ausspricht. Es entspricht der der Klägerin bekannten Rechtsprechung des Senats und
des Bundesverwaltungsgerichts,
30
vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2001 - 13 A 3112/00 -; BVerwG,
Urteil vom 16. Juli 2003 - 6 C 19.02 -, MMR 2004, 50,
31
dass die Entgeltgenehmigung nur für bereits vereinbarte Entgelte erteilt werden kann.
32
3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung für das Entgelt O.2
- ggf. in einer Mischkalkulation mit dem Entgelt B.2 - in beantragter Höhe; dem gemäß
ist die diesbezügliche Entgeltgenehmigung in der im angefochtenen Bescheid vom 28.
August / 9. September 1998 zuerkannten Höhe rechtmäßig.
33
Der angefochtene Bescheid nimmt für alle seinerzeit zur Genehmigung gestellten
Entgelte, also auch für das in der Berufung nur noch streitbefangene Entgelt O.2,
pauschale Kürzungen der Kostenansätze vor, weil (a) "eine abschließende Beurteilung
der ... Kostenansätze" aus den auf Bl. 25 des Ausgangsbescheids angegebenen
Beanstandungen nicht möglich war und weil ferner (b) in den
Entgeltberechnungsunterlagen der Klägerin abweichend von einem früheren Beschluss
der Regulierungsbehörde mit einem kalkulatorischen Zinssatz von 12,6 % sowie
ebenfalls abweichend mit einem Abschreibungszeitraum - Kabelkanal - von 25 Jahren
gerechnet worden ist; wegen der Abweichungen unter (b) seien die beanstandeten
Kostenansätze pauschal um 5 % reduziert worden. Die Klägerin greift im vorliegenden
Rechtsstreit lediglich die unter (b) dargestellten Gründe an; die Beanstandungen der
Kostenansätze (a) greift sie nicht auf. Das spricht dafür, dass sie letztere im Grunde
akzeptiert. Der Senat geht deshalb davon aus, dass diese Beanstandungen nicht
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sein sollen und als zutreffend unterstellt
werden können. Die zur Genehmigung nur eines Teils des beantragten Entgelts O.2
führende pauschale Kürzung der Kostenansätze um 5% sowie der ihr zu Grunde
liegende kalkulatorische Zinssatz (= Kapitalzinssatz) 9,25 % und der
Abschreibungszeitraum für Kabelkanalanlagen von 35 Jahren sind nicht zu
beanstanden.
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aa) Zunächst kann die Klägerin den Ansatz eines kalkulatorischen Zinssatzes von 12,6
% nicht beanspruchen und ist die - im angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich
angesprochene, aber einer früheren Regulierungsentscheidung zu entnehmende -
Anerkennung eines kalkulatorischen Zinssatzes von 9,25 % beanstandungsfrei.
35
Nach der Rechtsprechung des Senats hat ein reguliertes Unternehmen einen Anspruch
auf Genehmigung eines der ex ante-Regulierung unterliegenden Einzelentgelts in
beantragter Höhe nur dann, wenn kein Versagungsgrund vorliegt (Umkehrschluss aus §
27 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 27 Abs. 3 TKG a. F.). Ein Versagungsgrund liegt u. a. dann vor,
wenn das Entgelt dem - insoweit selbständigen - Maßstab des § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG
a. F. nicht entspricht.
36
Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2003 - 13 A 2773/01 -.
37
Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung stellen den vorrangig und
38
entscheidend anzulegenden Maßstab dar. Sie ergeben sich gemäß § 3 Abs. 2 TEntgV
aus den langfristigen Zusatzkosten und ... den Gemeinkosten jeweils einschließlich
einer "angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals", soweit diese Kosten
jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig sind.
Die Herabsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes auf 9,25 % ist rechtsfehlerfrei. Zu
diesem Ergebnis gelangt der Senat durch Bestimmung des Begriffsinhalts
"angemessen" und Anwendung der Nachweisregularien aus § 2 TEntgV unter
Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Ob und an welcher Stelle
der Entgeltregulierung der Regulierungsbehörde ein richterlicher Kontrolle nicht oder
nur eingeschränkt zugänglicher, wie auch immer zu qualifizierender
Entscheidungsfreiraum eröffnet, insbesondere bei der Überprüfung beantragter Entgelte
am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ein, wie die Beklagte
meint, Beurteilungsspielraum eröffnet ist, kann offen bleiben. Allerdings dürften die den
Maßstab bildenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung an sich insoweit noch
keinen solchen Freiraum eröffnen, als ihre Elemente in § 3 Abs. 2 TEntgV auch für die
Regulierungsbehörde konkretisiert und ihre Begriffsinhalte in der
betriebswirtschaftlichen Wissenschaft jedenfalls im Grundsätzlichen klar sowie vom
Gericht unter Berücksichtigung der Ziele des Telekommunikationsgesetzes ggf. unter
Zuhilfenahme von Sachverstand Dritter feststellbar sind. Ob sich im Einzelfall der
nachvollziehenden und prüfenden, nicht aber planenden und gestaltenden
Kontrolltätigkeit der Regulierungsbehörde bei Anwendung der in § 3 Abs. 2 TEntgV
genannten Elemente der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung möglicherweise
auf einen Beurteilungsspielraum hinweisende prognostische Einschätzungen oder
pluralistisch-politische Wertungen und Ziele oder planerische Abwägungen oder im
Nachhinein nicht wiederholbare Leistungsbeurteilungen eröffnen können, bedarf keiner
Entscheidung.
39
Die Verzinsung des eingesetzten Kapitals, die den einen Kernpunkt des vorliegenden
Rechtsstreits bildet, hat angemessen zu sein. Der Begriff der Angemessenheit an sich
ist als ein unbestimmter Rechtsbegriff jedenfalls im Ausgangspunkt durch die
Verwaltungsgerichte inhaltlich hinreichend bestimmbar. Nach dem allgemeinen
Wortverständnis bedeutet angemessen zunächst nicht maximal und auch nicht minimal,
sondern einem Bezugsobjekt angepasst oder entsprechend. Bezugsobjekte in der
telekommunikationrechtlichen Entgeltregulierung können nur die Ziele des
Telekommunikationgesetzes sein. Eine angemessene Verzinsung ist daher nur eine
solche, die dem Gesetzesanliegen der alsbaldigen Herstellung funktionierenden
Wettbewerbs durch Schutz der Kunden und Wettbewerber vor im funktionierenden
Wettbewerb nicht realisierbaren Preisen und durch Verhinderung von Marktvorteilen
des regulierten Unternehmens durch Quersubventionierung nicht regulierter
Geschäftsbereiche auf Kosten der Kunden und Wettbewerber Rechnung trägt,
andererseits aber auch das Interesse des regulierten Unternehmens an
kostendeckenden und gewinnbringenden Entgelten nicht übersieht, und die diese
kollidierenden Interessen zu einem vertretbaren Ausgleich bringt. Eine in diesem Sinne
angemessene Verzinsung ist aber nur dann anzunehmen, wenn die Methode der
Bestimmung des Zinssatzes ihrerseits den Regulierungszielen - auch in Bezug auf das
zur Genehmigung gestellte Entgelt - Rechnung trägt sowie fehlerfrei angewandt worden
ist. Ohne eine insoweit regulierungsrechtlich akzeptable Zinssatzbestimmungsmethode
ist eine angemessene Verzinsung undenkbar. Die Feststellung einer
regulierungsrechtlich akzeptablen Zinsbestimmungsmethode ist auch den
Verwaltungsgerichten möglich, lässt die Notwendigkeit eines behördlichen Freiraums
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nicht erkennen und führt nicht an die Grenze verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Ob sich
im Rahmen einer solchen akzeptablen Zinsermittlungsmethode etwa bei
anzuwendenden Determinanten und Parametern möglicherweise
Beurteilungsspielräume der Regulierungsbehörde ergeben könnten, kann offen bleiben,
weil jedenfalls die von der Klägerin ihrer Entgeltberechnung zu Grunde gelegte
Methode der Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes den regulierungsrechtlichen
Zielen nicht Rechnung trägt und den gebotenen Interessenausgleich nicht bewirkt,
mithin regulierungsrechtlich nicht akzeptabel ist.
Die Klägerin hat bei der dem Entgelt O.2 wie auch den übrigen seinerzeit zur
Genehmigung gestellten Entgelten zugrunde gelegten Zinssatzbestimmungsmethode
ausweislich ihrer Antragsunterlagen (Bl. 502 der Verwaltungsvorgänge) einen WACC-
Ansatz gewählt, wobei sie die Risikoprämie für das Eigenkapital nach der CAPM-
Methode ermittelt - die Zinssatzermittlung für das Fremdkapital ist unproblematisch und
unstrittig - und bei der Gewichtung beider Kapitalanteile einen Marktansatz gewählt hat.
Zwar ist diese Methode für börsennotierte Unternehmen wissenschaftlich anerkannt und
wird von diesen zur Unternehmensbewertung aus Sicht des Marktes, d. h. der
Kapitalanleger, und damit zur realitätsnäheren Bemessung der Kapitalkosten
regelmäßig angewandt. Sie ermöglicht ferner über die Schätzungen eröffnenden
Determinanten und Parameter die Errechnung eines hohen Zinssatzes für den
Eigenkapitalanteil und damit für das Erzielen möglichst hoher Entgelte. Insoweit erweist
sich die von der Klägerin bevorzugte WACC/CAPM- Methode zur Wahrnehmung ihrer
Interessen bestens geeignet. Sie wird jedoch, auch wenn sie im Allgemeinen
wissenschaftlich anerkannt ist und zur Unternehmensbewertung angewandt wird, dem
Ziel des Telekommunikationsgesetzes nicht gerecht: Sinn und Zweck der
angemessenen Kapitalverzinsung im Sinne des § 3 Abs. 2 TEntgV ist es, die Kosten
des eingesetzten Eigenkapitals und Fremdkapitals zu erfassen, wobei
anerkanntermaßen diejenigen des Eigenkapitals abhängig sind von der
unternehmensbezogenen Risikoeinschätzung der das Eigenkapital aufbringenden
Erwerber von Eigentumsanteilen am betreffenden Unternehmen, also den
Renditeerwartungen des Marktes - deren Erfüllung dem Unternehmen letztlich Kosten
bereiten. Der Markt wird jedoch eine Bewertung des Unternehmens nur in seiner
Gesamtheit vornehmen. So ist das Beta (ß) innerhalb des CAPM, die typisch
firmenbezogene Risikobewertung, auf die Klägerin schlechthin, also mit all ihren
Geschäftstätigkeiten bezogen. Die in § 3 Abs. 2 TEntgV angesprochenen Kosten sind
jedoch die auf das zu bepreisende Produkt entfallenen Kosten und damit auch die
Zinsen des für dieses Produkt eingesetzten Kapitals. Die Einschränkung auf das
"eingesetzte" Kapital knüpft inhaltlich an die Leistungsbereitstellung, das zu
bepreisende Produkt, an. Die hier zu bepreisende Verbindungsleistung der Klägerin
wird allein im Festnetzbereich erstellt. Allenfalls das für diesen Geschäftsbereich
eingesetzte Eigen- und Fremdkapital könnte deshalb über eine angemessene
Verzinsung kostenmäßig berücksichtigt werden. Überdies ist das Geschäftsfeld
Festnetz der Klägerin weniger risikobehaftet als deren übrige Geschäftsfelder wie z. B.
das des Mobilfunknetzes. Das den Zinssatz für das Eigenkapital mitbestimmende Risiko
einer Investition in Eigentumsanteile des Unternehmens, die der Investor nur bei
entsprechend hoher Rendite tätigt, entspricht bei der von der Klägerin bevorzugten
WACC/CAPM-Methode aber gerade nicht dem im Erstellen von Netzinfrastruktur, ihrem
Betreiben und Erbringen von Verbindungsleistungen verkörperten - und zwar
gegenüber all den anderen Aktivitäten der Klägerin geringeren - Risiko. Die von der
Klägerin eingebrachte Kostenposition der angemessenen Verzinsung entspricht damit
auch nicht dem Ansatz von Kosten ausschließlich der effizienten
41
Leistungsbereitstellung. Die bei Anwendung des WACC/CAPM-Methode bei
Marktansatz zu erwartenden höheren Entgelte für Verbindungsleistungen wie O.2
ermöglichen der Klägerin eine Verwendung dieser Gewinne in anderen nicht
entgeltregulierten Geschäftsbereichen zum Nachteil dortiger Konkurrenten durch dort
mögliche subventionierte niedrige Entgelte und der Wettbewerber im
Sprachtelefondienstbereich durch maßstabsferne Preisbelastungen. Auch das wird dem
Anliegen des Telekommunikationsgesetzes nicht gerecht. Die von der Klägerin ihrer
Entgeltberechnung zu Grunde gelegte WACC/CAPM-Methode zur Ermittlung des
kalkulatorischen Zinssatzes führt mithin zu keiner angemessenen Verzinsung und ist
daher telekommunikations- regulierungsrechtlich ungeeignet. Ein vertretbarer Ausgleich
der beteiligten Interessen wäre bei Anwendung dieser Methode allenfalls dann denkbar,
wenn sie auf das im Geschäftsfeld Festnetz eingesetzte Kapital konzentriert würde. Ob
überhaupt und ggf. wie eine differenzierende Betrachtung des Kapitaleinsatzes und
eine entsprechende Risikobewertung aus Sicht des Marktes möglich ist, mag offen
bleiben. Denn vorliegend sind entscheidend die im Zeitpunkt des angefochtenen
Bescheids gewählte Berechnungsmethode und die dazu vorgelegten Nachweise des
regulierten Unternehmens sowie die Erkenntnislage der Regulierungsbehörde.
Liegt mithin eine akzeptable methodische Ermittlung der "angemessenen" Verzinsung
des eingesetzten Kapitals nicht vor, hatte die Regulierungsbehörde zu entscheiden, ob
der Entgeltgenehmigungsantrag wegen unakzeptablen Nachweises des
kalkulatorischen Zinssatzes möglicherweise ganz abzulehnen oder diese
Kostenposition außer Ansatz zu lassen oder ob ersatzweise auszugehen war von einer
von der Klägerin selbst in früheren Entgeltgenehmigungsanträgen in akzeptierbarer
Weise angewandten Zinssatzermittlung, bei der für den Eigenkapitalzinssatz eine von
der Klägerin geschätzte investitionsbezogene Risikoprämie (Rendite) gesetzt ist - der
Fremdkapitalzinssatz ist unproblematisch und unstrittig - und die Gewichtung von
Eigen- und Fremdkapital der faktischen Kapitalstruktur nach Buchwerten entspricht. Die
Regulierungsbehörde hat sich, erkennbar vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
geleitet, für letzteres entschieden und auf den Zinssatz früherer Verfahren von 9,25 %
zurückgegriffen, was nicht zu beanstanden ist. Denn wenn sogar eine völlige
Nichtberücksichtigung einer Kostenposition, nämlich des Ansatzes kalkulatorischer
Zinsen, drohte und ohnehin wegen der auf Blatt 25 des Ausgangsbescheids
angeführten Beanstandungen eine nicht nur unwesentliche Korrektur der
Kostenansätze hätte vorgenommen werden müssen, führt jedenfalls der Rückgriff auf
einen von der Klägerin vormals selbst vertretenen kalkulatorischen Zinssatz nicht zu
rechtswidrig zu niedrigen Entgelten. Das gilt erst recht, wenn, wie hier, die
Entgeltgenehmigung nur für einen relativ kurzen Zeitraum erteilt wurde und die Klägerin
alsbald mit einem neuen Entgeltgenehmigungsantrag auf die Beanstandungen
reagieren konnte.
42
bb) Auch die Erhöhung des Abschreibungszeitraums für Kabelkanäle auf 35 Jahre ist
nicht zu beanstanden.
43
Der von dem Abschreibungszeitraum abhängende jährliche Abschreibungsbetrag ist als
ein Verzehr von Vermögensgut eine Kostenposition. Der Senat geht davon aus, dass
als Abschreibungszeitraum auch im Rahmen der telekommunikationsrechtlichen
Entgeltregulierung die durchschnittlich ökonomische Nutzungsdauer eines Gutes
angenommen werden kann. Allerdings ist auch er nicht davon überzeugt, dass
Kabelkanalanlagen bereits nach 25 Jahren ökonomisch wertlos sind. Ein sehr großer
Teil der Kabelkanalanlagen des Festnetzes der Klägerin ist vor 1975 erstellt und weit
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älter als 25 Jahre. Die Klägerin nutzt sie nicht nur für den konservativen
Sprachtelefondienst, sondern auch für neue leistungsfähigere Techniken. Allein schon
das beweist den nach wie vor vorhandenen ökonomischen Wert auch deutlich älterer
als 25-jähriger Kabelkanalanlagen. Würden sie einem anderen Festnetzbetreiber
veräußert, wäre nach wie vor ein altersangemessener Erlös zu erwarten, was ihren
ökonomischen Wert auch noch nach - im Schnitt - 35 Jahren bestätigt. Dass eine 25-
jährige Abschreibungsdauer, die insbesondere im Zusammenwirken mit dem Zinssatz
zu entsprechend höheren Kosten und zu einem höheren Entgelt führt, zu niedrig
gegriffen ist, wird ferner bestätigt durch die INTRA-Angaben TAL 2002 der Klägerin
"Kabelkanäle...Nutzungsdauer = 35 Jahre" und durch vorliegende Stellungnahmen
anderer Festnetzbetreiber. Insoweit geht die Beklagte im angefochtenen Bescheid von
einem plausiblen, von der Klägerin nicht entkräfteten Wert aus.
In einer solchen Situation der fehlenden Überzeugung der Regulierungsbehörde - wie
auch des Senats - von einer Kostenposition ist es Aufgabe des regulierten
Unternehmens, den Nachweis für die Richtigkeit und Berechtigung der geltend
gemachten Position zu führen. Ausgehend von § 2 Abs. 1 und Abs. 4 TEntgV hat die
Klägerin auch für einen geltend gemachten anfallenden Werteverzehr an Vermögensgut
(Abschreibung) im Zweifelsfall geeignete Nachweise zu erbringen. Nachweise darüber,
dass die durchschnittliche ökonomische Nutzungsdauer von Kabelkanalanlagen nur 25
Jahre beträgt, hat die Klägerin aber weder im Verwaltungsverfahren noch im
gerichtlichen Verfahren vorgelegt. Für den Fall ist es entsprechend den oben
dargelegten Grundsätzen nicht zu beanstanden, wenn die Regulierungsbehörde den
betreffenden Kostenansatz durch einen für sie - und auch für das Gericht - akzeptablen
Abschreibungszeitraum ersetzt.
45
cc) Soweit die Regulierungsbehörde die Korrekturen beim kalkulierten Kapitalzinssatz
und Abschreibungszeitraum nicht in eine "spitze" Neuberechnung der Kostenansätze
umgesetzt, sondern diese lediglich pauschal um 5 % gesenkt hat, ist auch das nicht zu
beanstanden.
46
Den Regelungen des Telekommunikationsrechts ist lediglich die Verpflichtung der
Regulierungsbehörde zu entnehmen, auf einen Entgeltgenehmigungsantrag eines
regulierten Unternehmens die Genehmigung des Entgelts in begehrter Höhe oder, wenn
eine Ablehnung des Antrags wegen Fehlens akzeptabler Nachweise nicht erfolgen soll,
in einer nach den Regelungen der Telekommunikations- Entgeltregulierungsverordnung
möglichen Teilhöhe zu erteilen. Dem hat die Regulierungsbehörde durch das mit dem
angefochtenen Bescheid teilweise genehmigte Entgelt O.2 entsprochen. Dass die
Regulierungsbehörde ein den genehmigten Betrag überschießendes Entgelt hätte
genehmigen müssen, ist nach dem maßgeblichen gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht
feststellbar. Die materiellen Angriffe der Klägerin gegen die Nichtanerkennung eines
höheren Entgelts greifen nach den obigen Ausführungen nicht durch und die
Beanstandungen der Kostensätze auf Blatt 25 des Ausgangsbescheids sind nicht
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich
vorgetragen, dass die pauschale Kürzung der Kostensätze um 5 % insoweit günstig
kalkuliert sei, als bei spitzer Berechnung erkennbar niedrigere Entgelte zu erwarten
gewesen wären. Das hat sich durch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte
Beweisaufnahme bestätigt. Der Gutachter hat auf Bl. 66 und 67 des vorgelegten
Gutachtens überzeugend festgestellt, dass die pauschale Kürzung stets zu höheren
Entgelten führt als bei einer genauen Berechnung auf der - nach den obigen
Ausführungen beanstandungsfreien - Basis einer Kapitalverzinsung von 9,25 % und
47
eines Abschreibungszeitraums von 35 Jahren. Damit führt die Pauschalierung weder zu
einem zu Lasten des regulierten Unternehmens zu niedrigen Entgelt noch zu einem
marktbeherrschungsveranlassten Aufschlag im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG a.F.,
sondern lediglich zu einem rechnungsmethodisch abweichenden Entgeltbetrag, und ist
telekommunikationsrechtlich rechtmäßig. Jedenfalls aber hat die Klägerin keinen
Anspruch auf ein höheres Entgelt O.2 als das genehmigte und ist sie durch die
Pauschalierung nicht in ihren Rechten verletzt.
Soweit die Klägerin sich auf die Verletzung eines Rechts auf hinreichende Begründung
der Regulierungsentscheidung beruft, macht sie keine im gegenwärtigen
Entscheidungszeitpunkt bestehende schutzwürdige Rechtsstellung und kein
schutzwürdiges rechtliches Interesse geltend. Es kann die Frage offen bleiben, ob die
Ausführungen auf Bl. 25 i.V.m. Bl. 15 des Ausgangsbescheids zum Zinssatz und zum
Abschreibungszeitraum dem verfahrensrechtlichen Begründungserfordernis genügt und
ob die Klägerin nicht lediglich einen Ableitungsmangel anprangert. Jedenfalls hat die
Beklagte im Laufe des Verfahrens die Begründung für den in der Entgeltberechnung
angesetzten Zinssatz und den Abschreibungszeitraum Kabelkanal - wenn sie der
Klägerin nicht sogar bereits aus früheren Bescheiden anderer Entgeltverfahren bekannt
gewesen sein dürfte - nachgeliefert, womit ein evtl. verfahrensrechtlicher Mangel nach §
45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG geheilt wäre. Eine eventuelle Verletzung eines
verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechts der Klägerin auf umfassende Begründung
eines Entgeltgenehmigungsbescheids liegt jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung
des Senats nicht mehr vor.
48
C. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
49
Soweit sie sich gegen die Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts wendet, hat die Berufung Erfolg. Der von
der Klägerin angefochtene Bescheid ist vor dem Hintergrund ihrer Angriffe gegen den
kalkulatorischen Kapitalzinssatz, die Abschreibungsdauer und die pauschalierte
Kürzung des Kostenansatzes aus den vorstehenden Gründen nicht zu beanstanden.
Daher war er insoweit nicht aufzuheben und die Beklagte nicht zur Neubescheidung zu
verpflichten.
50
D. Als Folge der Gründe zu B. und C. ist auf die Berufung der Beklagten das
angefochtene Urteil wie aus dem Tenor ersichtlich zu ändern und die Klage mit
Ausnahme ihres auf eine rückwirkende Genehmigung gerichteten Teils abzuweisen
sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 1 und 2 VwGO, die
Nichtzulassung der Revision aus dem Fehlen eines Zulassungsgrundes nach § 132
Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung aus §§ 71 Abs. 1, 72 Nr. 1 GKG n. F. i. V. m.
§§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 GKG a. F.
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