Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12.01.2009
OVG NRW: depression, schusswaffe, beweisantrag, unrichtigkeit, gefahr, psychiatrie, anfechtungsklage, zustellung, erlass, gesundheitszustand
Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 639/07
Datum:
12.01.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 639/07
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 1 K 1473/04
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124
Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Entgegen der Auffassung des Klägers ist bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des
angefochtenen Bescheides, mit dem seine Polizeidienstunfähigkeit festgestellt wurde,
nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht,
sondern auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides der
Bezirksregierung Münster vom 16. Februar 2004 abzustellen.
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung ist bei einer Anfechtungsklage
in der Regel derjenige der letzten Behördenentscheidung. Zwar kann das materielle
Recht Abweichendes regeln,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, BVerwGE 105, 267, Beschluss
vom 27. Dezember 1994 - 11 B 152.94 -,
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doch lässt sich eine solche abweichende Regelung § 194 LBG NRW nicht entnehmen.
Tatbestandsvoraussetzung für die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit ist gemäß §
194 Abs. 1, 1. Halbsatz LBG NRW die vom Dienstherrn zu treffende Prognose, dass der
Polizeivollzugsbeamte, der den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den
Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt, seine volle Verwendungsfähigkeit nicht
innerhalb von zwei Jahren wiedererlangen wird. In diese Prognose kann der Dienstherr
naturgemäß nur solche Umstände einstellen, die im Zeitpunkt der letzten
Verwaltungsentscheidung vorliegen.
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Vgl. zur gleichlautenden Vorschrift des § 226 Abs. 1, 1. Halbsatz des
Niedersächsischen Beamtengesetzes Nds. OVG, Beschluss vom 5. Juni 2007 - 5 ME
63/07 -.
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Im Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheides am 1. März 2004 war der
Kläger polizeidienstunfähig. Das ergibt sich aus den zutreffenden Gründen der
erstinstanzlichen Entscheidung, die durch das Zulassungsvorbringen nicht in Frage
gestellt werden. Der Kläger räumt selbst ein, dass die Feststellung der
Polizeidienstunfähigkeit bei Erlass des Ausgangsbescheides vom 10. Februar 2003
nicht zu beanstanden war. Anhaltspunkte dafür, dass sich sein Gesundheitszustand bis
zum 1. März 2004 wesentlich gebessert hätte, zeigt er nicht auf. Er beruft sich lediglich
auf seine in dem polizeiärztlichen Gutachten des Regierungsmedizinaldirektors Dr.
med. Q. vom 29. Mai 2002 und in dem fachpsychiatrischen Gutachten des Facharztes
für Psychiatrie H. vom 8. März 2002 bereits berücksichtigte psychische Stabilisierung.
Diese ändert nichts an der vom Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehobenen Gefahr
von Rezidiven seiner Depression, die den Kläger am Führen einer Schusswaffe und
damit an einem Einsatz im Außendienst hindert.
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Auch der mit dem Zulassungsvorbringen sinngemäß gerügte Verfahrensfehler
(Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Der vom Kläger
behauptete Aufklärungsmangel (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Das
Verwaltungsgericht hatte aus den oben genannten Gründen keinen Anlass, ein neues
Gutachten zur Frage der Polizeidienstfähigkeit des Klägers einzuholen. Im Übrigen
verletzt ein Gericht seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich nicht,
wenn es von einer seinerseits nicht für erforderlich gehaltenen Beweiserhebung absieht,
die eine rechtskundig vertretene Partei nicht förmlich beantragt hat. Einen förmlichen
Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene Kläger ausweislich des Protokolls der
mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2007 nicht gestellt.
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Die Rechtssache weist schließlich auch keine besonderen tatsächlichen oder
rechtlichen Schwierigkeiten auf (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die
Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das
angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der
erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne weiteres im
Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines
Berufungsverfahrens erfordern würden.
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Der Kläger benennt - wie oben ausgeführt - keine durchgreifenden Gründe für die
Unrichtigkeit des Urteils.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des
Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
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