Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.09.2008
OVG NRW: apostille, beglaubigung, urschrift, echtheit, fotokopie, beweiswürdigung, beweiskraft, beweiswert, hindernis, vorlegung
Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 2197/08
Datum:
16.09.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 2197/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 10 K 1862/07
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
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Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln i. S. d. allein als
Zulassungsgrund geltend gemachten § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es vermag die
entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu entkräften, allein mit
der Vorlage der beglaubigten Kopie eines als „vorläufiger Ausweis" bezeichneten
Dokuments werde - auch unter Berücksichtigung der übrigen Beweismitteln
einschließlich der Zeugenaussagen der Herren N. und D. - der notwendige Nachweis
einer Volkslisteneintragung des Großvaters väterlicherseits des Klägers nicht erbracht.
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Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht der beglaubigten Fotokopie
im Hinblick auf die die deutsche Staatsangehörigkeit bewirkende Eintragung in die
deutsche Volksliste nicht die Beweiskraft nach § 418 ZPO beigemessen, sondern gem.
§ 435 Satz 2 ZPO nach freier Überzeugung gewürdigt hat.
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Es erscheint bereits fraglich, ob die Beglaubigung der Fotokopie durch einen polnischen
Staatsnotar überhaupt die Voraussetzungen einer Apostille nach Art. 4 des Haager
Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der
Legalisation vom 5. Oktober 1961 (BGBl. II 1965, 876) erfüllt. Denn zum einen ist Polen
dem Übereinkommen erst mit Wirkung vom 14. August 2005 - also nach der
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Beurkundung am 28. Juni 2005 - beigetreten (BGBl. II 2006, 132). Und zum anderen
erfüllt die Beglaubigung schon nicht die Formerfordernisse an eine Apostille nach Art. 4
des Haager Übereinkommens wie etwa die zwingend vorgeschriebene französische
Überschrift.
Abgesehen davon beschränkt sich auch die Beweiskraft einer nach den Bestimmungen
des Haager Übereinkommens beachtlichen Apostille auf die Echtheit der Unterschrift,
die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Apostille gehandelt hat, und ggfs. die
Echtheit des Siegels oder des Stempels, mit dem die Apostille versehen ist (Art. 5 Abs. 2
des Übereinkommens); hingegen erbringt sie keinen Beweis für die Richtigkeit des
Inhalts des beglaubigten Dokumentes.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2002 - 17 A 4505/01 -.
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Das Verwaltungsgericht hat darüberhinaus zu Recht festgestellt, dass unabhängig von
der Frage, ob überhaupt eine Urkunde mit einer den Anforderung des § 435 Satz 1 1.
Halbsatz ZPO genügenden Beglaubigung vorlag, jedenfalls hinreichender Anlass
bestand, den Beweisführer i. S. v. § 435 Satz 1 2. Halbsatz ZPO aufzufordern, die
Urschrift des Dokumentes vorzulegen oder die Tatsachen anzugeben und glaubhaft zu
machen, die ihn an der Vorlegung der Urschrift hindern, und der Kläger dem nicht
nachgekommen ist. Den vom Verwaltungsgericht insoweit detailliert aufgezeigten
Verdachtsmomenten für eine Manipulation ist der Kläger mit seiner Zulassungs-
begründung ebenso wenig substantiiert entgegen getreten, wie er sich nicht zielge-
richtet mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts dazu auseinandergesetzt hat,
dass dieses ihm das angebliche Hindernis für die Vorlage der Urschrift nicht ab-nimmt.
Die Behauptung, gutgläubig von einem weitreichenden Beweiswert der Be-glaubigung
durch den polnischen Notar und der Berücksichtigung dieses Beweis-wertes durch das
Verwaltungsgericht ausgegangen zu sein, ist insoweit nicht ziel-führend, sondern
verstärkt den Eindruck, dass der Kläger mit der Beglaubigung durch einen Staatsnotar
eine weitere Prüfung des kopierten Dokumentes auf Echt-heit und Authentizität
umgehen wollte.
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Die Würdigung der Angaben des Zeugen N. und der Aussage des Zeugen D. , die von
der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts abweicht, zeigt keine greif-baren
Anhaltspunkte dafür auf, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner
Entscheidungsfindung Denkgesetze oder andere Grundsätze der Sachverhalts- und
Beweiswürdigung verletzt hat. Insbesondere ist weder für die Beklagte noch für das
Gericht dadurch eine aus Billigkeitsgründen zu berücksichtigende Bindung in der
Handhabung des strittigen Dokumentes eingetreten, dass nach dem Handzettel des
BVA zur Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises Urkunden auch als amtlich
oder notariell beglaubigte Fotokopien vorgelegt werden können. Mit den
Durchführungshinweisen sollte erkennbar nicht die freie Würdigung des Beweiswertes
einer notariell beglaubigten Fotokopie und bei deren mangelnder Aussagekraft die
eventuelle Nachforderung des Originals oder anderer Beweismittel für Echtheit und
inhaltliche Richtigkeit ausgeschlossen werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO und - hinsichtlich der
Streitwertfestsetzung - nach § 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar.
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
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