Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.09.2006

OVG NRW: genfer konvention, unhcr, registrierung, abkommen, niedersachsen, satzung, flüchtlingseigenschaft, irak, bindungswirkung, asylverfahren

Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 1363/05.A
Datum:
27.09.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 A 1363/05.A
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 8 K 6304/03.A
Tenor:
1. Der Antrag des Klägers zu 1. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus I. wird abgelehnt.
2. Der Antrag des Klägers zu 1. auf Zulassung der Berufung gegen das
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2005 ergangene
Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird abgelehnt.
Der Kläger zu 1. trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
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1. Der Antrag des Klägers zu 1. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter
Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus I. ist unbegründet. Die beabsichtigte
Rechtsverfolgung bietet bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen
summarischen Prüfung aus den nachstehenden Gründen erkennbar keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
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2. Der Antrag des Klägers zu 1. auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen der geltend gemachten
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Der Kläger zu 1., nach seinen
Angaben türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, ist während eines
Aufenthalts in einem UN-Lager im Irak als Flüchtling vom UNHCR registriert worden
und hat hierüber einen Ausweis ("Refugee Identity Card") erhalten. Er hält für
grundsätzlich klärungsbedürftig,
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ob "die Rechtswirkung des § 60 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative AufenthG (ehemals § 51
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 2. Alternative AuslG) bereits durch die Registrierung als Flüchtling
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durch den UNHCR ausgelöst (wird) oder (ob es) hierfür zusätzlich der staatlichen
Anerkennung durch das Aufnahmeland des Flüchtlings (bedarf), in dem er sich zum
Zeitpunkt der UNHCR-Registrierung befindet".
Diese Frage bedarf keiner grundsätzlichen Klärung. Sie lässt sich auf der Grundlage
des Gesetzes und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantworten, ohne dass es
der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
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Wer - wie der Kläger zu 1. - als Flüchtling durch den UNHCR registriert wird, wird nicht
i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG "außerhalb des Bundesgebietes als ausländischer
Flüchtling" im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
anerkannt. Mit dem in der Vorschrift genannten "Abkommen über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge" ist das Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in Verbindung mit dem Protokoll vom 21. Januar 1967
(Genfer Konvention) gemeint. Danach obliegt es jeweils dem Vertragsstaat, über die
Flüchtlingseigenschaft von Personen, die sich auf seinem Hoheitsgebiet befinden, zu
entscheiden.
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Vgl. hierzu UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der
Flüchtlingseigenschaft, Neuauflage 2003, S. 1.
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Der Kläger zu 1. geht in seiner Fragestellung zu Recht davon aus, dass der Irak weder
das Abkommen unterzeichnet, noch sonst deutlich gemacht hat, dass er aufgrund der
Registrierung durch den UNHCR ihm als Flüchtling im Sinne des oben genannten
Abkommens ansieht.
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Die Registrierung durch den UNHCR als Flüchtling beruht auf der Entscheidung des
UNHCR, eine hilfesuchende Person - entsprechend den in der Satzung des UNHCR
niedergelegten Aufgaben des Hohen Kommissars - als sogenannten
"Mandatsflüchtling" anzusehen. Die bloße Registrierung als Mandatsflüchtling
beinhaltet jedoch nicht zwangsläufig die Rechtsstellung als Flüchtling im Sinne der
Genfer Konvention. Die Definition des Flüchtlings in der Satzung des UNHCR entspricht
zwar im Wesentlichen der Definition des Flüchtlings im Sinne der Genfer Konvention, ist
jedoch nicht identisch mit ihr. Der UNHCR geht davon aus, dass Flüchtlinge, die seinem
Schutz unterstehen (Mandatsflüchtlinge), den Schutz ungeachtet dessen genießen, ob
sie sich in einem Land befinden, das Vertragspartei des Abkommens von 1951 und/oder
des Protokolls von 1967 war, und ungeachtet der Tatsache, ob sie von ihrem Gastland
als Flüchtling im Sinne eines dieser Vertragswerke anerkannt worden sind. Eine Person
kann also gleichzeitig ein Mandatsflüchtling und ein Flüchtling im Sinne des
Abkommens von 1951 oder des Protokolls von 1967 sein,
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vgl. hierzu UNHCR, a.a.O., S. 6;
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sie kann aber auch nur ein Mandatsflüchtling und nicht auch zugleich ein Flüchtling im
Sinne des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 sein. Dies hat der
UNHCR in einer Stellungnahme vom 27. Dezember 2004 gegenüber dem
Oberverwaltungsgericht Niedersachsen bestätigt und ausgeführt, dass die UNHCR-
Mandatsanerkennung keine Bindungswirkung für ein im Bundesgebiet betriebenes
Asylverfahren entfalte, ihr jedoch eine starke Indizwirkung zukomme.
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OVG Niedersachsen, Urteil vom 7. Dezember 2005 - 11 LB 193/04 -, InfAuslR 2006,
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157; ferner VG Freiburg, Urteil vom 7. Mai 2002 - 7 K 10114/00 -, jeweils m.w.N.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83 b AsylVfG.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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