Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.10.2004

OVG NRW: recht der europäischen union, teilzeitbeschäftigung, besoldung, erschwernis, zulage, belastung, diskriminierung, dienstleistung, wechsel, eugh

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 2323/02
Datum:
06.10.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 A 2323/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 10 K 1937/01
Tenor:
Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin steht als Beamtin im Dienst der Beklagten; sie gehört dem Deutschen
Wetterdienst an und ist bei der Flugwetterwarte E. tätig.
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Dort arbeitet sie als Teilzeitbeschäftigte mit der halben wöchentlichen Stundenzahl
ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der
täglichen Arbeitszeit vorsieht und nach dem sie durchschnittlich mindestens 40
Dienststunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht in je
sieben Wochen leistet. Von der Beklagten erhält sie dafür die nach § 6 des
Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend ihrer ermäßigten
Wochenarbeitszeit gekürzte Zulage für Wechseldienst und für Schichtdienst gemäß § 20
Abs. 2 a der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV).
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Mit Schreiben vom 18. Mai 2000 beantragte die Klägerin die "volle Auszahlung" dieser
Erschwerniszulage mit der Begründung, sie erfülle mit Blick auf die geleistete
Stundenzahl ungeachtet der Tatsache ihrer Teilzeitbeschäftigung die gemäß § 20 Abs.
2 a EZulV erforderlichen Voraussetzungen für einen uneingeschränkten Anspruch auf
die Schichtzulage.
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Mit Bescheid vom 26. Mai 2000 lehnte der Deutsche Wetterdienst den Antrag der
Klägerin unter Hinweis auf die in § 6 BBesG enthaltenen gesetzlichen Vorgaben ab.
Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Deutsche Wetterdienst mit
Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2001 - der Klägerin zugestellt am 5. März 2001
- zurück. Dabei wurde zur Begründung ergänzend darauf hingewiesen, dass die
Erschwerniszulage die in Rede stehende Erschwernis lediglich pauschaliert abgelte
und dass die Regelungen des Bundesangestelltentarifs ebenso wie die diesbezügliche
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Beamte keine Anwendung fänden.
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Die Klägerin hat am 5. April 2001 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen
geltend gemacht: Sie sei den Erschwernissen, welche mit der streitgegenständlichen
Zulage abgegolten werden sollten, ungeachtet ihrer Tätigkeit als Teilzeitbeschäftigte
genauso ausgesetzt, wie dies bei Vollzeitbeschäftigten der Fall sei. Gerade mit Blick
darauf, dass es hier um eine "pauschale Abgeltung" von Erschwernissen gehe, könne
es nicht darauf ankommen, dass sie nur teilzeitbeschäftigt sei. Im Übrigen liege eine
nach Art. 141 des EG-Vertrages verbotene mittelbare Diskriminierung von Beamtinnen
vor, da diese den weitaus größten Teil der Teilzeitbeschäftigten stellten und von der
Kürzungsregelung folglich besonders betroffen würden.
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Die Kläger hat beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Deutschen Wetterdienstes vom 26.
Mai 2000 und des zugehörigen Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2001 zu
verpflichten, ihr ab dem 7. Mai 2000 die volle Wechselschichtzulage (ohne Kürzung
wegen Teilzeitbeschäftigung) unter Berücksichtigung bereits gezahlter Anteile zu
gewähren.
8
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
10
Sie hat sich im Kern darauf berufen, dass die (Wechsel-)Schichtzulage zu den von § 6
Abs. 1 BBesG erfassten Dienstbezügen gehöre und deshalb - dem klaren Wortlaut
dieser Bestimmung folgend - bei Teilzeitbeschäftigung in gleichem Verhältnis wie die
Arbeitszeit gekürzt werden müsse. Diese Regelung sei auch weder im Hinblick auf Art.
3 GG noch unter Berücksichtigung von Art. 141 des EG- Vertrages in Verbindung mit der
Richtlinie 75/117-EWG über den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und
Frauen zu beanstanden. Eine unzulässige Ungleichbehandlung der
teilzeitbeschäftigten Klägerin mit vollzeitbeschäftigten Beamten liege schon deshalb
nicht vor, weil es sich um ungleiche Sachverhalte handele. Ebenso wenig liege der
Tatbestand einer "mittelbaren Diskriminierung" im Sinne der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs vor, weil die von der Klägerin als nachteilig empfundenen
Wirkungen ausschließlich auf dem Umstand der Teilzeitbeschäftigung beruhten und
Frauen wie Männer gleichermaßen träfen.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und
zur Begründung ausgeführt: Die im Streit stehende "Wechselschichtzulage" nach § 20
Abs. 2 a EZulV unterliege während der Dauer der Teilzeitbeschäftigung der
verhältnismäßigen Kürzung nach § 6 Abs. 1 BBesG. Nach dem Grundsatz der Einheit
der Dienstbezüge sei eine Aufspaltung nach einzelnen Besoldungsbestandteilen
grundsätzlich nicht zulässig. Auch eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei hier nicht
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gerechtfertigt. Denn die pauschale Abgeltung der Erschwernis durch Dienst in
Wechselschichten knüpfe nicht an bestimmte Einzelbelastungen an, sondern gehe
davon aus, dass die Belastung während eines bestimmten Zeitraumes gleichmäßig
vorliege. Über bestehende gesetzliche Regelungen hinaus könne ein Mehr an
Besoldung nicht zugesprochen werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege schon
vom Ansatz her nicht vor. Schließlich werde die Klägerin auch als Frau nicht mittelbar
diskriminiert. Ob der Tatbestand der "mittelbaren Diskriminierung" vorliege, sei nicht
nach quantitativen Gesichtspunkten zu beurteilen, sondern ausgehend von einer
qualitativen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts. Die Teilzeitbeschäftigung - sei
es einer Beamtin oder eines Beamten - sei aber im Hinblick auf ihren geringen Umfang
und die davon abhängige Alimentationsverpflichtung des Dienstherrn einer
Vollzeitbeschäftigung "qualitativ" nicht gleichwertig. Daher habe sie vom Gesetzgeber
zulässigerweise zum Anknüpfungspunkt einer besoldungsrechtlichen Differenzierung
gemacht werden dürfen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen
Berufung, zu deren Begründung sie - unter Bezugnahme auf (u. a.) ihre Ausführungen in
der Berufungszulassungsbegründungsschrift - im Kern ihren Sachvortrag erster Instanz
wiederholt und weiter vertieft. Sie führt insbesondere - ergänzend - aus: Das
Alimentationsprinzip stehe dem von ihr geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Es
sei ein in seinen Randbereichen offenes Rechtsprinzip, welches Gestaltungsspielraum
lasse, um das Besoldungsrecht an Neuentwicklungen anzupassen. Sinn und Zweck der
Erschwerniszulagenverordnung sei es, den mit der Erschwernis verbundenen Aufwand
abzugelten, der bei der Bewertung des Amtes nicht habe berücksichtigt werden können.
Dem laufe es zuwider, wenn bei festgestellter erhöhter Belastung nur die Hälfte der für
diesen Fall vorgesehenen Zulage gezahlt werde. Der hier in Rede stehende Fall könne
daher von der anteiligen Kürzung nach § 6 BBesG nicht erfasst werden. Auch
gemessen an Art. 3 Abs. 1 GG könne die Höhe der Erschwerniszulage nicht davon
abhängig gemacht werden, ob Voll- oder Teilzeitarbeit geleistet werde. Denn die einmal
positiv festgestellte Erschwernis entfalle nicht nachträglich dadurch, dass sie - die
Klägerin - aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung insgesamt mehr dienstfreie Zeit zur
Verfügung habe als ein Vollzeitbeschäftigter. Darin könne kein sachlicher
Differenzierungsgrund gesehen werden. Es könne vielmehr nur darauf ankommen, ob
die Voraussetzungen zur Gewährung der Erschwerniszulage vorlägen oder nicht. Auch
die Tatsache, dass die Erschwerniszulage bei Vorliegen der Voraussetzungen pauschal
für die besondere Belastung während eines bestimmten Zeitraumes gewährt werde,
spiele hier keine Rolle. So wäre es bei einer nicht differenzierten Anwendung des § 6
BBesG beispielsweise denkbar, dass ein vollzeitbeschäftigter Beamter weniger Dienst
zu den für die Gewährung der Zulage entscheidenden Zeiten leiste als eine
Teilzeitbeschäftigte, er im Unterschied zu dieser hierfür aber die volle
Erschwerniszulage ausbezahlt bekäme. Sähe dies das nationale Recht vor, so läge ein
Verstoß gegen Art. 143 (gemeint ist offenbar Art. 141) des EG-Vertrages vor.
13
Die Klägerin beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach ihrem Klageantrag erster Instanz zu
erkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen. Sie
führt insbesondere aus: Die - hier im Verhältnis zur Arbeitszeit verminderte - Besoldung
der teilzeitbeschäftigten Klägerin entspreche dem Grundsatz der Alimentation der
Beamten. In diesem Zusammenhang sei unerheblich, welche einzelnen Aufgaben
wahrgenommen würden. Auch sei die Zahlung der Erschwerniszulage gerade nicht
Gegenleistung für im Einzelnen erbrachte Nachtdienste, knüpfe also nicht an bestimmte
Einzelbelastungen an. Es müssten lediglich bestimmte Mindestanforderungen
vorliegen; auf den tatsächlichen Umfang des Nachtdienstes komme es im Übrigen nicht
an.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Beiakten (zwei Bände) Bezug genommen.
19
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20
Die Berufung ist zulässig. Sie genügt insbesondere den Anforderungen an eine form-
und fristgerechte Begründung. Hierzu reicht es (regelmäßig) aus, dass - wie hier - ein
fristgerecht eingegangener, gesonderter Berufungsbegründungsschriftsatz auf dort in
Bezug genommenes Zulassungsvorbringen verweist und letzteres - auch inhaltlich -
zugleich den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügt.
21
Vgl. dazu etwa Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 124 a Rn. 248 f., 332, m.w.N.
22
Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf
die begehrte volle Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 a EZulV (nach den
Gesamtumständen des Falles ist allein diese mit dem im Antrag enthaltenen Begriff der
"Wechselschichtzulage" gemeint) nicht zu.
23
Ein solcher Anspruch findet zunächst im geltenden Besoldungsrecht keine Stütze.
24
Allerdings erfüllt die Klägerin die sachlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 a - 2.
Alternative - EZulV in der (bis auf die Umstellung des DM-Betrags auf einen Euro-
Betrag) seit Klageerhebung unverändert geltenden Fassung. Hiernach erhalten Beamte
und Soldaten (u. a.) dann eine Schichtzulage in Höhe von 61,36 EUR (bzw. früher
120,00 DM) monatlich, wenn sie ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan)
eingesetzt sind, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in
Wechselschichten vorsieht und sie dabei durchschnittlich mindestens 40 Dienststunden
in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht in je sieben Wochen
leisten. Darüber, dass die Klägerin (regelmäßig) diese Voraussetzungen erfüllt (hat),
herrscht zwischen den Beteiligten kein Streit. Nähere Feststellungen in diese Richtung
sind hier überdies schon deshalb nicht angezeigt, weil die Klägerin die von ihr mit dem
vorliegenden Verfahren allein erstrebte "Aufstockung" der ihr nur hälftig gewährten
Schichtzulage auf den vollen Betrag aus anderen (Rechts-)Gründen nicht erreichen
kann. Im Einklang mit der Rechtsauffassung der Beklagten wird nämlich die ihr
zustehende Schichtzulage von der Kürzungsregelung des § 6 Abs. 1 BBesG erfasst.
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Nach dieser Vorschrift (in sämtlichen den streitgegenständlichen Zeitraum betreffenden
Fassungen) werden bei Teilzeitbeschäftigung die Dienstbezüge im gleichen Verhältnis
wie die Arbeitszeit gekürzt. Die Klägerin ist teilzeitbeschäftigte Beamtin; die seitens der
Beklagten vorgenommene hälftige Kürzung entspricht dem Anteil der Ermäßigung ihrer
26
Arbeitszeit.
Weiter handelt es sich bei der im Streit stehenden Schichtzulage auch um
"Dienstbezüge" i.S.d. § 6 Abs. 1 BBesG. Zu den Dienstbezügen in diesem Sinne
gehören zumindest im Ausgangspunkt sämtliche in § 2 Abs. 2 BBesG näher
aufgeführten Besoldungsbestandteile; dazu zählen u. a. auch "Zulagen" (§ 2 Abs. 2 Nr.
4 BBesG).
27
Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 BBesG lässt in diesem Zusammenhang für
Differenzierungen zwischen einzelnen Besoldungsarten grundsätzlich keinen Raum. Er
unterstellt vielmehr im Prinzip die Dienstbezüge generell der dort bestimmten
Rechtsfolge einer anteiligen Kürzung. Hintergrund dessen ist der - auf dem Gedanken
der (Gesamt-)Alimentation beruhende - Grundsatz der "Einheit der Dienstbezüge",
welcher eine Aufspaltung nach einzelnen Besoldungsbestandteilen grundsätzlich nicht
zulässt. Die Besoldung eines Beamten oder Soldaten stellt hiernach nicht die Summe
der getrennt vergüteten Entlohnung für Einzelaufgaben dar, sondern einen Ausgleich für
die Wahrnehmung der Gesamtheit seiner dienstlichen Funktionen.
28
Vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Dezember 1998 - 4 S 2623/96 -,
DÖD 1999, 236 = ZBR 1999, 426; Schwegmann/ Summer, BBesG, § 6 Rn. 8.
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Eine einschränkende Auslegung ist aber auch nach dem Regelungszusammenhang
sowie nach dem Sinn und Zweck der in Rede stehenden Kürzungsvorschrift für den hier
streitigen Fall einer Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 a - 2. Alternative - EZulV - ebenso
wie für die sich davon nur in dem zeitlichen Bemessungsfaktor (5 statt 7 Wochen)
unterscheidende "echte" Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 EZulV - nicht geboten.
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Indem § 6 Abs. 1 BBesG den Umfang der Kürzung der Dienstbezüge von
Teilzeitbeschäftigten maßgeblich an den Umfang der Kürzung der Arbeitszeit knüpft,
verdeutlicht er, dass die gekürzte Besoldungsleistung einen Bezug zum
Beschäftigungsumfang aufweisen muss. Ein solcher Bezug läuft dabei auch dem
Alimentationsprinzip nicht prinzipiell zuwider. Denn unbeschadet dessen, dass die
Besoldung des Beamten nicht in einem engeren Sinne Gegenleistung für konkret
erbrachte Dienst-/Arbeitsleistung ist, sondern das Ziel hat, dem Beamten und seiner
Familie - als Korrelat zu dessen allgemeiner Treuepflicht - einen amtsangemessenen
Lebensunterhalt sicherzustellen, muss sie freilich auch im Zusammenhang mit der
Dienstverpflichtung und Dienstleistung des Beamten gesehen werden.
Dienstverpflichtung und Dienstleistung des Beamten und die dafür gewährte Besoldung
sind demnach wechselseitig aufeinander bezogen. Diesen Zusammenhang zwischen
dem Umfang der Dienstleistung und der Höhe der Besoldung stellt für diejenigen
Beamten, denen eine Teilzeitbeschäftigung bewilligt worden ist, § 6 Abs. 1 BBesG her
bzw. klar.
31
Vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 -, BVerfGE 71, 39 (59
ff.); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Dezember 1998 - 4 S 2623/96 -,
a.a.O.
32
Würde also einem bestimmten Besoldungsbestandteil unter Berücksichtigung seiner
ggf. bestehenden besonderen Zweckbestimmung von vornherein dieser wechselseitige
Bezug zum Beschäftigungsumfang fehlen, so könnte dementsprechend - unbeschadet
der im Gesetzeswortlaut fehlenden Differenzierung - letztlich doch seine
33
Ausklammerung aus dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 BBesG gerechtfertigt
sein.
In diesem Sinne allgemein - allerdings im Ergebnis nicht auch die hier in Rede
stehende Zulagenart betreffend - etwa Schwegmann/Summer, a.a.O., § 6 Rn. 8.
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Einer näheren Festlegung hierzu bedarf es aus Anlass des vorliegenden Falles indes
nicht, weil für die Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 a - 2. Alternative - EZulV die
besonderen Voraussetzungen für eine derartige Ausnahme nicht zu bejahen sind.
35
Die Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 a - 2. Alternative - EZulV zählt zu denjenigen
Erschwerniszulagen, welche in festen Monatsbeträgen gewährt werden. Die von der
Zulage erfassten Erschwernisse werden demzufolge nicht einzeln, d. h. in Anknüpfung
an bestimmte Einzelbelastungen bzw. die Zeiträume deren konkreten Auftretens in den
Blick genommen, sondern pauschal abgegolten. Dabei hat der Verordnungsgeber
allgemein unterstellt, dass die jeweilige Erschwernis - hier die Dienstleistung in
regelmäßig wechselnden Schichten und darunter in gewissem Umfang solchen
während der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht - während des in
der Zulagenregelung näher bestimmten Bemessungszeitraums - hier von sieben
Wochen - in der Regel gleichmäßig vorliegt.
36
Vgl. Schwegmann/Summer, a.a.O., § 6 Rn. 8; dazu auch - dort entsprechend für eine
Wechselschichtzulage - VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Dezember 1998 -
4 S 2623/96 -, a.a.O.
37
Allein der Umstand, dass dabei das Erreichen einer bestimmten Mindeststundenanzahl
(hier: 40 Dienststunden) zur Voraussetzung erhoben worden ist, um die Zulage
überhaupt zu erhalten, verändert den zuvor beschriebenen Charakter der (Wechsel-
)Schichtzulage nicht; dies konkretisiert vielmehr lediglich die - ebenfalls pauschal
festgelegte - Grenze, jenseits der der Verordnungsgeber in diesem Zusammenhang
überhaupt erst eine mittels einer besonderen Zulage ausgleichsbedürftigen Erschwernis
angenommen hat.
38
Knüpft aber - wie hier - eine Erschwerniszulage im Kern an eine angenommene
durchschnittlich gleichmäßige Belastung der von der jeweiligen Erschwernis
betroffenen Beschäftigten an, so bleibt damit ein ausreichender Bezug zum
Beschäftigungsumfang gewahrt. Denn der Teilzeitbeschäftigte unterliegt innerhalb des
Bemessungszeitraums der Belastung eines vergleichbar im Schichtdienst tätigen
Vollzeitbeschäftigten grundsätzlich nur in einem entsprechend der Verkürzung seiner
Arbeitszeit geringeren zeitlichen Umfang. Umgekehrt erhält auch der
Vollzeitbeschäftigte, der beispielsweise doppelt so viel Nachtdienststunden wie die zu
erreichende Mindeststundenzahl leistet, im Ergebnis nur den - ab Erfüllung der
Mindestvoraussetzungen in der Höhe gleichbleibenden - monatlichen Pauschalbetrag.
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Soweit einer anteiligen Kürzung einer (Wechsel-)Schichtzulage für Teilzeitbeschäftigte
teilweise entgegengehalten wird, auch der Teilzeitbeschäftigte sei der mit der in Rede
stehenden Zulage abgegoltenen "generellen Belastung" in gleicher Weise ausgesetzt
wie ein Vollzeitbeschäftigter,
40
in diesem Sinne etwa BAG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 10 AZR 127/92 -, BAGE 73, 307;
VG Freiburg, Urteil vom 9. August 1996 - 9 K 1421/94 -,
41
greift dieses Argument zu kurz. Denn die Entscheidung des Verordnungsgebers für eine
im Grundsatz pauschale Abgeltung einer bestimmten Erschwernis bzw. Belastung steht
einer - wie hier in § 6 Abs. 1 BBesG geschehen - differenzierenden Behandlung der
Fälle der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung - wie schon dargelegt - jedenfalls dann
nicht entgegen, wenn bei ebenfalls pauschaler Betrachtung der durchschnittliche
Belastungsumfang vom Beschäftigungsumfang abhängig ist. Davon abgesehen betrifft
die oben zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts maßgeblich tarifvertragliche
Regelungen, deren Auslegung für die Besoldung der Beamten keine unmittelbare
Relevanz hat.
42
Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG wird durch das
vorstehend entwickelte Auslegungsergebnis ebenso wenig verletzt wie spezielle
Gleichheitsrechte (Benachteiligungsverbote) der teilzeitbeschäftigten Beamten im
Verhältnis zu solchen mit regelmäßiger Arbeitszeit (vgl. z. B. § 72 d BBG). Denn
unabhängig davon, ob die in Rede stehenden Lebenssachverhalte hier als wesentlich
gleich beurteilt werden können, liegt für die durch die Rechtsfolge des § 6 Abs. 1 BBesG
bewirkte Ungleichbehandlung jedenfalls eine hinreichende sachliche Rechtfertigung
vor. Es greift nämlich insoweit der - grundsätzlich den einheitlichen
Gesamtbesoldungsanspruch erfassende - Gesichtspunkt durch, dass mit Blick auf die
Wechselbeziehung zwischen Dienstverpflichtung und Dienstleistung einerseits sowie
die dafür gewährte Besoldung andererseits Vollzeitbeschäftigung und
Teilzeitbeschäftigung von Beamten qualitativ nicht gleichstehen und dies
zulässigerweise zu einem Anknüpfungspunkt für den Besoldungsgesetzgeber zu nach
dem Beschäftigungsumfang differenzierenden Regelungen gemacht werden darf.
43
Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 -, a.a.O.; BVerwG, Urteil
vom 11. März 1999 - 2 C 18.98 -, DVBl. 1999, 1428 = DÖD 1999, 235 = ZBR 2000, 57 =
NVwZ-RR 1999, 767
44
Mangels durchgreifender sachlicher Besonderheiten und unter Mitberücksichtigung des
dem Gesetzgeber bei der näheren Ausgestaltung von Zulagen - hier betreffend die
Einbeziehung in das Konzept des § 6 Abs. 1 BBesG - allgemein zukommenden weiten
Entscheidungsspielraums bezieht dies auch den Fall der hier streitigen Schichtzulage
nach § 20 Abs. 2 a - 2. Alternative - EZulV mit ein.
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Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Auszahlung der vollen Schichtzulage ergibt
sich schließlich auch nicht unmittelbar aus Vorschriften des Europäischen
Gemeinschaftsrechts. Es fehlt insoweit schon an der von der Klägerin geltend
gemachten Verletzung von Art. 141 Abs. 1 des EG-Vertrags. Welche Rechtsfolge eine
solche Verletzung auslösen würde, bedarf demnach keiner weiteren Befassung.
46
Art. 141 Abs. 1 EG-Vertrag gebietet den Mitgliedsstaaten, die Anwendung des
Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder
gleichwertiger Arbeit sicherzustellen. Die Vorschrift begründet zusammen mit der
Richtlinie 75/117/EWG das gemeinschaftsrechtliche Gebot der Entgeltgleichheit. Zwar
wendet sie sich ihrem Wortlaut nach unmittelbar nur an die Mitgliedsstaaten, jedoch hat
der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass sie auch im Verhältnis zwischen
"(privaten oder öffentlichen) Arbeitgebern und Arbeitnehmern" gilt.
47
Vgl. EuGH, Urteil vom 8. April 1976 - Rs. 43/75 -, Slg. 1976, 455, 475 f.; OVG NRW,
48
Urteil vom 30. Juni 2003 - 6 A 4424/01 -, NVwZ 2004, 758 = ZBR 2004, 63; Langenfeld,
in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 141 EGV Rn. 46; Curall, in:
Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Band 3, 5. Aufl. 1999,
(Ex-)Art. 119 Rn. 36.
Unter Entgelt sind gemäß Art. 141 Abs. 2 Satz 1 EG-Vertrag alle Vergütungen zu
verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer
unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistung zahlt. Hiervon ausgehend
unterliegt auch die den deutschen Beamten geleistete Besoldung dem
Entgeltgleichheitsgebot des Art. 141 EG-Vertrag.
49
Vgl. EuGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - Rs. C - 1/95 -, ZBR 1998, 159, Rn. 16 und 19;
OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 2003 - 6 A 4424/01 -, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom
10. Juni 1998 - 2 L 7937/95 -, NVwZ-RR 1999, 654-656; Langenfeld, a.a.O., Rn. 50;
siehe auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. Oktober 1995 - 2 C
18/94 -, NVwZ-RR 1996, 277-279; Urteil vom 11. März 1999 - 2 C 18.98 -, a.a.O.
50
Der Entgeltgleichheitsgrundsatz in Art. 141 EG-Vertrag verbietet eine unmittelbare oder
mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Eine - vorliegend allenfalls in
Betracht kommende - mittelbare Ungleichbehandlung liegt vor, wenn eine
Entgeltregelung zwar formal nicht an das Geschlecht anknüpft, durch die Regelung aber
erheblich mehr Angehörige eines Geschlechts tatsächlich nachteilig betroffen werden.
Dies kann bei benachteiligenden Regelungen für Teilzeitbeschäftigte der Fall sein,
wenn in dieser Gruppe von Beschäftigten im Vergleich zur Gruppe der
Vollzeitbeschäftigten der Frauenanteil weit überwiegt.
51
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 2003 - 6 A 4424/01 -, a.a.O.; Langenfeld, a.a.O., Art.
141 Rn. 30, 31.; Curall, a.a.O., (Ex-)Art. 119 Rn. 47 ff.
52
Hieran anknüpfend hat der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung den
Grundsatz entwickelt, dass eine Ungleichbehandlung immer dann vorliegt, wenn bei
gleicher Stundenzahl, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet wird, die den
Vollzeitbeschäftigten gezahlte Gesamtvergütung höher ist als die den
Teilzeitbeschäftigten gezahlte.
53
Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 - Rs. C-399/92 u.a. -, Slg. I-5727, 5754 Rn.
26; Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/74 -, NJW 1986, 3020, Rn. 27 des Urteils;
eingehend: Curall, a.a.O., (Ex-)Art. 119 Rn. 74-77.
54
Die in Rede stehenden Dienststunden, welche in der dienstplanmäßigen oder
betriebsüblichen Nachtschicht geleistet werden, sind für die teilzeitbeschäftigte Klägerin
im Vergleich zu einem vollzeitbeschäftigten Beamten, der diese Nachtschichtstunden
leistet, gleiche bzw. gleichwertige Arbeit i.S.v. Art. 141 EG- Vertrag. Bei - theoretisch und
wohl (in Einzelfällen) auch praktisch erreichbarer - gleicher Stundenzahl, nämlich der
Mindestzahl von 40 Nachtdienststunden in je sieben Wochen ist mit Blick auf die in § 6
Abs. 1 BBesG enthaltene Kürzungsregelung die dem Vollzeitbeschäftigten im Rahmen
der Schichtzulage zugestandene Vergütung auch höher als die dem
Teilzeitbeschäftigten gezahlte. Ferner kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden,
dass in der Gruppe der teilzeitbeschäftigten Beamten des Deutschen Wetterdienstes
Frauen proportional deutlich stärker vertreten sind, als dies bei den Vollzeitbeschäftigten
der Fall ist; dies entspricht jedenfalls der Lebenserfahrung.
55
Die aufgezeigte Ungleichbehandlung in der Vergütung der teilzeitbeschäftigten Klägerin
gegenüber vollzeitbeschäftigten Beamten des Deutschen Wetterdienstes führt hier
gleichwohl nicht zu einer gegen Art. 141 Abs. 1 EG-Vertrag verstoßenden mittelbaren
Diskriminierung. Eine solche besteht nämlich dann nicht, wenn die betreffende
Regelung durch objektive Gründe (Faktoren) gerechtfertigt ist, die nichts mit einer
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Dabei ist es Sache des
nationalen Gerichts festzustellen, ob und inwieweit es solche Gründe für die betreffende
Regelung gibt.
56
Ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. etwa Urteil vom 2. Oktober 1997 - Rs. C-1/95
-, a.a.O., Rn. 34, 35, und Urteil der Sechsten Kammer vom 11. September 2003 - C-
77/02 - DVBl. 2003, 1514, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen; ferner hierzu
BVerwG, Urteile vom 26. Oktober 1995 - 2 C 18.94 -, a.a.O., und vom 11. März 1999 - 2
C 18.98 -, a.a.O.
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Der hier maßgebliche Grund, welcher die in § 6 Abs. 1 BBesG bestimmte anteilige
Kürzung der Dienstbezüge unter Einschluss der hier betroffenen Schichtzulage
rechtfertigt, ist - ähnlich wie im Falle des Gleichbehandlungsgebots des nationalen
Rechts - der bereits mehrfach angesprochene wechselseitige Zusammenhang, der
zwischen Dienstverpflichtung und Dienstleistung des Beamten auf der einen Seite
sowie seiner dafür gewährten Besoldung auf der anderen Seite besteht und der
maßgeblich in den bei Vollzeitbeschäftigung und Teilzeitbeschäftigung bestehenden -
nicht nur quantitativen sondern auch qualitativen - Unterschieden im
Beschäftigungsumfang zum Ausdruck kommt. Für diesen hinreichend gewichtigen
objektiven Rechtfertigungsgrund, welcher in allgemeinen Prinzipien des deutschen
Besoldungsrechts wurzelt, hat das jeweilige Geschlecht der betroffenen Beamten
keinerlei Bedeutung. Es handelt sich mithin um einen Faktor, welcher im Sinne der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nichts mit einer Diskriminierung
aufgrund des Geschlechts zu tun hat.
58
Ebenso auch BVerwG, Urteile vom 26. Oktober 1995 - 2 C 18.94 -, a.a.O. (betreffend die
Berechnung der Jubiläumsdienstzeit), und vom 11. März 1999 - 2 C 18.98 -, a.a.O.
(betreffend die Begrenzung des Ruhegehalts ehemals teilzeitbeschäftigter Beamter).
59
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
60
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO,
127 BRRG nicht gegeben sind.
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