Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 03.02.2009

OVG NRW: ausbildung, weiterbildung, gerichtsakte, qualifikation, kreis, amt, unabhängiger sachverständiger, anerkennung, berufserfahrung, öffentlich

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Oberverwaltungsgericht NRW, 2 A 195/06
03.02.2009
Oberverwaltungsgericht NRW
2. Senat
Urteil
2 A 195/06
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien
Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in
gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1967 geborene Klägerin ist von Beruf staatlich anerkannte Altenpflegerin. Sie war unter
anderem im Zeitraum von April 1995 bis Mai 2004 im Evangelischen Altenzentrum I. als
Altenpflegerin mit einer 0,44 % Stelle beschäftigt.
Am 16. August 2004 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Förderung einer - von ihr
inzwischen abgeschlossenen - beruflichen Aufstiegsfortbildung zur "Wohnbereichs- und
Pflegedienstleitung" beim Kreis B. , Amt für Altenarbeit. Nach den Antragsangaben sollte
die Maßnahme in die Abschnitte "Wohnbereichsleitung" und "Pflegedienstleitung" unterteilt
und in Teilzeitform vom 10. Mai 2004 bis 21. September 2005 mit 620 Unterrichtsstunden
bzw. von Oktober 2005 bis Juni 2006 mit 208 Unterrichtsstunden absolviert werden.
Als Anlage zu diesem Antrag wurde ein Informationsblatt des Kreises B. , Amt für
Altenarbeit, zum "Aufbaukurs Pflegedienst-Leitung Qualifikation zur verantwortlichen
Pflegefachkraft" eingereicht, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
Ferner wurde unter anderem eine Bescheinigung der Fortbildungsstätte vom 9. August
2004 vorgelegt, in der es wie folgt heißt: "Die Teilnahme an dem Lehrgang...
Wohnbereichs- und Pflegedienstleitungskurs dient zur Vorbereitung auf den beruflichen
Fortbildungsabschluss zur/zum Pflegedienstleitung in stationären Pflegeeinrichtungen". In
der Rubrik "Rechtliche Grundlage (Gesetz oder Verordnung bzw. Richtlinie der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG), der staatl. anerkannten Ergänzungsschule) der
Fortbildungsprüfung und Prüfungsstelle" findet sich folgender Eintrag: "Gem. Grundsätze
und Maßstäbe gem. § 80 SGB XI (Pkt. 3.1.2.2) i.V.m. § 72 (3) SGB XI". Wegen der weiteren
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Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Bescheinigung verwiesen.
Mit Bescheid vom 15. September 2004, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird,
lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie im
Wesentlichen aus: Die Maßnahme, an der die Klägerin teilnehme, erfülle nicht die Kriterien
nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG). Die
Fortbildungsmaßnahme bereite auf die Qualifikation Wohnbereichs- und
Pflegedienstleitung vor. Die zum Erwerb dieses Abschlusses abzulegende Prüfung
(Zertifikatsprüfung) richte sich nach einer internen Prüfungsordnung, und der von der
Klägerin angestrebte Abschluss sei auch kein vergleichbarer Abschluss nach bundes- oder
landesrechtlichen Regelungen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG sei seit dem 1. Januar 2002
zwar auch förderungsfähig die Fortbildung nach den Weiterbildungsrichtlinien der
Deutschen Krankenhausgesellschaft oder die Fortbildung auf der Grundlage staatlich
genehmigter Prüfungsordnungen an anerkannten Ergänzungsschulen (Fortbildungsziel).
Diese Voraussetzungen seien im Fall der Klägerin aber auch nicht erfüllt, denn die
Fortbildung basiere nicht auf einer der vorgenannten Grundlagen, sondern allein auf § 80
SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz).
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und trug zur Begründung vor: Sie habe
Anspruch auf Aufstiegsfortbildungsförderung. Primäre Voraussetzung einer Förderung sei,
dass die Fortbildung zu einem gegenüber der ersten beruflichen Qualifikation
höherwertigen Abschluss führe. Bei der von ihr wahrgenommenen Wohnbereichs- und
Pflegedienstleitungs-Weiterbildung handle es sich eindeutig um eine Maßnahme, die zu
einer Erhöhung des Qualifikationsniveaus führe. Dies ergebe sich zum einen aus den
damit einhergehenden besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt und zum anderen aus dem
Erfordernis zum Abschluss einer solchen Weiterbildung, um überhaupt Leitungsfunktionen
in Pflegeeinrichtungen wahrnehmen zu können. Ohne eine derartig qualifizierende
Maßnahme dürften Pflegefachkräfte keine Leitungsfunktionen in stationären und
ambulanten Altenhilfeeinrichtungen bekleiden. Ihre Ausbildung gliedere sich in zwei
Module mit einem Gesamtstundenumfang von mindestens 790 Unterrichtsstunden. Die
Absicht des Gesetzgebers bei der Novellierung des
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes und der Aufnahme der privatrechtlichen
Richtlinien der DKG sei es gewesen, die Förderfähigkeit der Fortbildungen in den
Gesundheitsberufen im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten. Der Begründung zur
Novellierung des Gesetzes sei eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber davon
ausgegangen sei, die Förderfähigkeit von Fortbildungen für alle Gesundheits- und
Pflegeberufe und nicht nur für die (stationäre) Krankenpflege zu regeln. Dass die DKG-
Richtlinien nunmehr als Exklusionskriterium genutzt würden, widerspreche der in den
Gesetzesmaterialien hinterlegten Absicht des Gesetzgebers. Zudem habe der Gesetzgeber
in § 2 Abs. 1a AFBG für gleichwertige Abschlüsse die Möglichkeit des Erlasses einer
Verordnung in Aussicht gestellt. Eine solche Verordnung des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung gebe es aber bis heute nicht. Es könne ihr aber nicht zum Nachteil
gereichen, dass der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen es bislang versäumt habe
- z.B. auf der Grundlage des Weiterbildungsgesetzes Alten- und Krankenpflege
(WGAuKrpfl) - eine entsprechende Verordnung für die Durchführung der (leistungsrechtlich
erforderlichen) Weiterbildungen zum/r Wohnbereichs- und Pflegedienstleitung in
stationären Altenpflegeeinrichtungen zu erlassen, dass das Bundesministerium für Bildung
und Forschung keine Verordnung gemäß § 2 Abs. 1a AFBG erlassen habe und dass die
Intention des Bundesgesetzgebers im Hinblick auf die Geltung des
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes für alle Pflege- und Gesundheitsberufe von der
Beklagten nicht entsprechend gewürdigt werde.
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Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 1.
Dezember 2004 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Die Maßnahmen,
für die die Klägerin Förderungsleistungen beantragt habe, erfüllten nicht die
Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG. Durch die ausdrückliche Einbeziehung der
Fortbildungen in den Gesundheits- und Pflegeberufen nach den Weiterbildungsrichtlinien
der Deutschen Krankenhausgesellschaft in § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG könnten diese zwar jetzt
bundesweit und unabhängig davon gefördert werden, ob diese Richtlinien in das jeweilige
Landesrecht übernommen worden seien. Anders als bisher sei das Vorliegen einer
öffentlich-rechtlichen Prüfung in diesen Fällen auch nicht mehr zwingende
Fördervoraussetzung. Die von der Klägerin gewählte Fortbildung basiere aber gerade nicht
auf den Weiterbildungsrichtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft, sondern es
handle sich um eine interne Weiterbildungsordnung des Kreises B. . Auch das interne
Zertifikat über den absolvierten Lehrgang mit Stundenanzahl und Inhalte und jeweiligen
Seminarbesuchen sei lediglich ein internes Zeugnis. Die Fortbildung der Klägerin basiere
allein auf § 80 SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz).
Die Klägerin hat am 20. Dezember 2004 Klage erhoben. Sie hat zur Begründung ihrer
Klage über ihr bisheriges Vorbringen hinaus vorgetragen: Soweit die Weiterbildungen
bundes- oder landesrechtlich geregelt seien, handle es sich entweder um solche mit
öffentlich-rechtlicher Prüfung oder um gleichwertige Abschlüsse nach landesrechtlichen
Regelungen, so dass sich die Förderungsfähigkeit aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFGB ergebe. Das
nordrhein-westfälische "Weiterbildungsgesetz Alten- und Gesundheits- und Krankenpflege
vom 24. April 1990" ermögliche unter anderem Altenpflegern ein Zertifikat über eine
Weiterbildung zu erlangen. Die einzelnen Weiterbildungsarten würden auf dem
Verordnungsweg festgelegt. Für den Bereich der Altenpflege gebe es derzeit nur die
Weiterbildungs- und Prüfungsverordnung zu (Fachkrankenschwestern,...)
Fachaltenpflegerinnen und -pflegern in der Psychiatrie (WeiVPsy). Andere Weiterbildungs-
und Prüfungsverordnungen beträfen lediglich den Bereich der Kranken- und
Kinderkrankenpflege. § 2 Abs. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für den Beruf
der Altenpflegerinnen und des Altenpflegers verlange für den Ausbilder eine Weiterbildung
zur Praxisanleitung. Diese sei in Nordrhein-Westfalen rechtlich nicht weiter normiert. Um
eine bundesrechtliche Regelung handle es sich bei der Ausbildung zum Pflegedienstleiter
nach § 80 SGB XI i.V.m. den Gemeinsamen Grundsätzen und Maßstäben zur Qualität und
Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen
nach SGB XI. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 24. September 2002 - B
3 P 14/01 R - zwar entschieden, dass diese Anforderungen mangels einer gesetzlichen
Grundlage gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit verstießen und daher nichtig seien. Die
Vertragspartner wendeten diese Grundsätze bis zu einer gesetzlichen Regelung aber
gleichwohl an und hätten die Ausbildungsbedingungen sogar noch weiter differenziert. Die
Klägerin absolviere diese Weiterbildungsmaßnahme und erfülle die hiernach geltenden
Anforderungen. Nach "§ 2 Abs. 2 Nr. 2 AFBG" würden auch Fortbildungen nach den
Weiterbildungsrichtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) als
förderungsfähig gelten. Die Klägerin absolviere die Ausbildung zur Pflegedienstleiterin. Da
durch die DKG weder eine Anerkennung der Weiterbildungsstätte noch eine solche der
Ausbildungskandidaten erfolge, könne sie lediglich den Umfang und den Inhalt der
Ausbildung darlegen. In diesem Zusammenhang sehe das
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz die Förderungsfähigkeit schon dann als gegeben
an, wenn die Maßnahme die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 AFGB erfülle. Diese
Anforderungen erfülle die Ausbildung der Klägerin allein durch die Ausbildung zur
Wohnbereichsleiterin. Die Ausbildung zur Pflegedienstleiterin komme hinzu.
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Auf fernmündliche gerichtliche Nachfrage hat Frau Q. , Leiterin der Fort- und Weiterbildung
des Amtes für Altenarbeit des Kreises B. , ausweislich des in den Gerichtsakten
befindlichen Vermerks mitgeteilt, dass die dort angebotene Fortbildung im Bereich der
Altenpflege ausschließlich auf § 80 SGB XI beruhe. Das abschließende Zertifikat sei ein
internes Abschlusszeugnis. Eine Prüfungsordnung im klassischen Sinne gebe es für die
hier in Rede stehende Fortbildung nicht. Bei der Gestaltung der Fortbildung orientiere man
sich an den Rahmenbedingungen des Deutschen Pflegerates. Ferner hat Frau Q. die
Weiterbildungsrichtlinien für Lehrgänge zur Leitung von Pflege-, Wohngruppen- und
Funktionseinheiten des Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe sowie einen
gemeinsamen Artikel des Kursleiters für die "Weiterbildung Wohnbereichsleitung" und
stellvertretenden Leiters der Ausbildungsstätte, Herrn N. C. , und des
Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt D. T. , vom 22. Dezember 2004 zum
Thema "Meister- BaföG für die Weiterbildung zur Wohngruppen- und Pflegedienstleitung?"
zur Gerichtsakte gereicht. Auf die genannten Unterlagen wird wegen der Einzelheiten
Bezug genommen (vgl. Gerichtsakte Blatt 57 bis 67).
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat auf gerichtliche Anforderung die DKG-
Empfehlung zur Weiterbildung von Krankenpflegepersonen für die pflegerische Leitung
einer Station oder Einheit vom 15. März 1996 zur Gerichtsakte gereicht, auf deren Inhalt
wegen der Einzelheiten verwiesen wird (vgl. Gerichtsakte Blatt 70 bis 74).
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. September 2004 und ihres
Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2004 zu verpflichten, ihr
Aufstiegsfortbildungsförderung für ihre Fortbildung zur Wohnbereichs- und
Pflegedienstleiterin beim Kreis B. zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch das den Prozessbevollmächtigen der Klägerin am 5. Dezember 2005 zugestellte
angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.
Die Klägerin hat am 4. Januar 2006 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 6.
Februar 2006, begründet. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Nach Abschluss
der Ausbildung zur Wohnbereichs- und Pflegedienstleiterin, die im Mai 2004 mit der
Ausbildung zur Wohnbereichsleiterin begonnen habe, beabsichtige sie langfristig, sich mit
einem ambulanten Pflegedienst selbständig zu machen. Zu diesem Zweck wolle sie sich,
um weitere Berufserfahrung zu sammeln, nach Abschluss der Fortbildung als
Pflegedienstleiterin bewerben. Alternativ erwäge sie die Aufnahme eines Studiums an der
Katholischen Fachhochschule Nordrhein- Westfalen, Fachbereich Gesundheitswesen. Mit
dem Abschluss als Wohnbereichs- und Pflegedienstleiterin an dem Institut für Fort- und
Weiterbildung bei dem Amt für Altenarbeit des Kreises B. habe sie gute Chancen, zum
Studium zugelassen zu werden. Sie habe einen Anspruch auf Aufstiegsfortbildung gemäß
§ 2 Abs. 1 AFBG, weil es sich bei der von ihr besuchten Ausbildung zur Wohnbereichs-
und Pflegedienstleiterin um eine Fortbildung nach den Weiterbildungsrichtlinien der
Deutschen Krankenhausgesellschaft handle oder zumindest um eine solche, die dieser
gleichwertig sei und wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung und des gleichen
Berufszugangsziels gleichgestellt werden müsse. Neben dieser DKG- Empfehlung hätten
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gemäß § 80 SGB XI die Spitzenverbände der Pflegekassen, die
Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die
Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigung der Träger der
Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene gemeinsam und einheitlich unter Beteiligung des
Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen sowie unabhängiger
Sachverständiger Grundsätze und Maßstäbe für die Qualität und die Qualitätssicherung der
ambulanten und stationären Pflege so wie eines einrichtungsinternen
Qualitätsmanagements vereinbart. Weder eine Fortbildung nach der DKG-Richtlinie
"Leitung einer Station oder Einheit" noch eine solche nach den "Gemeinsamen
Grundsätzen und Maßstäben" führe zur Anerkennung als Pflegekraft im Sinne von § 71
Abs. 3 SGB XI in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung (im Folgenden SGB XI
a.F.). Entgegen dem missverständlichen Wortlaut des § 71 Abs. 3 SGB XI a.F. handle es
sich bei der "Anerkennung als Pflegefachkraft" um keinen formalen Akt. Die
Voraussetzungen, die eine Pflegekraft nach § 71 Abs. 3 SGB XI a.F. erfüllen müsse,
ergäben sich allein aus dem Gesetz. Nach dem Gesetz sei für die Anerkennung als
verantwortliche Pflegefachkraft (Pflegedienstleiterin) neben dem Abschluss einer
Ausbildung als (Kinder-)Krankenschwester/(Kinder-)Krankenpfleger oder
Altenpflegerin/Altenpfleger lediglich eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten
Pflegeberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre erforderlich. In Bezug auf die
"Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe" habe das Bundessozialgericht im Urteil vom
24. September 2002 - B 3 P 14/01 R - entschieden, dass die Landesverbände der
Pflegekassen die Zulassung eines Pflegedienstes nicht davon abhängig machen dürften,
dass - über den Wortlaut hinaus - die verantwortliche Pflegefachkraft die gesetzlich
erforderliche zweijährige praktische Berufserfahrung mindestens ein Jahr auch im
ambulanten Bereich erworben haben müsse. Die "Gemeinsamen Grundsätze und
Maßstäbe" seien zwar gemäß § 80 Abs. 1 Satz 3 SGB XI a.F., der mit Inkrafttreten des Art.
1 Nr. 46 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-
Weiterentwicklungsgesetz) zum 1. Juli 2008 aufgehoben worden ist, für alle Pflegekassen
und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar
verbindlich. Sie böten aber keine Grundlage für Regelungen von
Zulassungsvoraussetzungen, soweit sie die Qualifikation der verantwortlichen
Pflegefachkraft beträfen. Daraus sei zu schließen, dass den Pflegekassenverbänden auch
die Kompetenz fehle, gesonderte Fortbildungen für die Qualifikation einer solchen
Pflegefachkraft zu vereinbaren. Der Gesetzgeber habe eine Fortbildung zur
Pflegedienstleitung nur insoweit anerkannt, als er die Rahmenfrist von 5 Jahren, in der eine
2-jährige praktische Berufserfahrung nachgewiesen werden müsse, in § 71 Abs. 3 Satz 4
Nr. 3 SGB XI a.F. um bis zu 8 Jahre verlängert habe.
Nichts anderes ergebe sich für den verwandten Bereich der häuslichen Krankenpflege. Die
von der Klägerin im Rahmen ihrer Ausbildung absolvierten, in der
Berufungsbegründungsschrift im Einzelnen dargestellten Lernbereiche entsprächen den in
§ 5 DKG-Richtlinie aufgeführten. Das Institut für Fort- und Weiterbildung in der Alten- und
Krankenpflege des Amtes für Altenarbeit des Kreises B. habe während des Verfahrens
erster Instanz mitgeteilt, es habe sich bei der Erstellung des Ausbildungsplanes an den
Weiterbildungsrichtlinien für Lehrgänge zur Leitung von Pflege-, Wohngruppen- und
Funktionseinheiten des deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe orientiert. Die Themen
und Schwerpunkte nach dieser Richtlinie und die DKG-Richtlinie seien jedoch nahezu
identisch. Bei der Durchführung der Prüfung orientiere sich das genannte Institut für Fort-
und Weiterbildung an der Prüfungsordnung der DKG-Empfehlung und den
Weiterbildungsrichtlinien des Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe. Die der Klägerin
erteilten Zertifikate entsprächen nach Inhalt und Form dem Weiterbildungszeugnis der
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DKG-Richtlinie. Die Ausbildung der Klägerin erfolge mit dem gleichen Fortbildungsziel,
den gleichen Lerninhalten und sei in der Praxis gleichermaßen anerkannt wie diejenige
eines Krankenhausträgers, der Mitglied der Deutschen Krankenhausgesellschaft sei. Unter
dem Gesichtspunkt der in Artikel 12 und 3 Grundgesetz gewährleisteten Chancengleichheit
sei deshalb eine Aufstiegsfortbildung auch dann zu fördern, wenn sie der Ausbildung nach
der DKG-Richtlinie im Wesentlichen entspreche. Die Unterschiede während der
Ausbildung und im Ausbildungsabschluss seien jedenfalls nicht so gravierend, dass eine
Förderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ausgeschlossen sei.
Inzwischen habe der Gesetzgeber auch gemäß § 71 Abs. 3 Satz 6 SGB XI in der durch Art.
1 Nr. 39 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen
Fassung für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft eine
Weiterbildungsmaßnahme mit einer Mindeststundenzahl von 460 Stunden vorgesehen.
Diese Neuregelung sei nach der Begründung des Gesetz gewordenen entsprechenden
Entwurfs von Art. 1 Nr. 39 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes (BT-Drs. 16/7439 zu Art.
1 Nr. 39 Buchstabe b) durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24.
September 2002 - B 3 P 14/01 R - erforderlich geworden, wonach
Zulassungsvoraussetzungen für die Anerkennung als Pflegefachkraft, soweit sie über die in
§ 71 SGB XI geregelten Voraussetzungen hinausgingen, nicht allein in den "Grundsätzen
und Maßstäben zur Sicherung und Weiterbildung der Pflegequalität" getroffen werden
könnten, da jede Zulassungsvoraussetzung einer gesetzlichen Grundlage bedürfe.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides
vom 15. September 2004 und ihres Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2004 zu
verpflichten, ihr Aufstiegsfortbildungsförderung für ihre Fortbildung zur Wohnbereichs- und
Pflegedienstleiterin beim Kreis B. zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat im Rahmen des Klageverfahrens die Broschüre "Weiterbildung
Wohnbereichsleitung" des Kreises B. , Amt für Altenarbeit, sowie das Informationsblatt zu
dem am 26. September 2005 beginnenden "Aufbaukurs Pflegedienstleitung Qualifikation
zur verantwortlichen Pflegefachkraft" des Kreises B. , Amt für Altenarbeit, zur Gerichtsakte
gereicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen
Bezug genommen (vgl. Gerichtsakte Blatt 41 bis 54 R).
Ferner hat die Klägerin unter anderem die dem Berufungsvorbringen zufolge nicht bekannt
gemachten Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung
sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 80
SGB XI in vollstationären Pflegeeinrichtungen vom 16. Dezember 2003 zur Gerichtsakte
gereicht (vgl. Gerichtsakte Blatt 78 bis 88), auf die wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug
genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im
Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges
der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Förderung ihrer
Fortbildungsmaßnahme zur Wohnbereichs- und Pflegedienstleiterin beim Kreis B. nach
dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung
(Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG).
Die Teilnahme der Klägerin an der im Fortbildungsplan genannten Maßnahme ist nicht
nach § 2 Abs. 1 AFBG förderungsfähig.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AFBG in der sowohl zu Beginn der Maßnahme als auch zum
Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar
2002, BGBl I S. 402, geändert durch Art. 6a des Dritten Gesetzes zur Änderung der
Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. Dezember
2003, BGBl I S. 2934, - der aufgrund Art. 4 Ziffer 1 des Gesetzes zur Reform der beruflichen
Bildung (Berufsbildungsreformgesetz- BerBiRefG) vom 23. März 2005, BGBl. I S. 931, im
Bewilligungszeitraum nur hinsichtlich der genannten Vorschriften zum
Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung eine Änderung erfahren hat - ist die
Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen öffentlicher und privater Träger förderungsfähig,
die
... und
in einer fachlichen Richtung gezielt auf öffentlich-rechtliche Prüfungen zu Abschlüssen auf
der Grundlage der §§ 46, 81 und 95 des Berufsbildungsgesetzes und der §§ 42, 45, 51a
und 122 der Handwerksordnung, auf gleichwertige Abschlüsse nach bundes- und
landesrechtlichen Regelungen, auf Fortbildungen nach den Weiterbildungsrichtlinien der
Deutschen Krankenhausgesellschaft oder auf Fortbildungen auf der Grundlage staatlich
genehmigter Prüfungsordnungen an anerkannten Ergänzungsschulen (Fortbildungsziel)
vorbereiten.
Die von der Klägerin absolvierte Maßnahme erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 AFBG, weil sie auf keines der in dieser Vorschrift genannten
Fortbildungsziele vorbereitete.
Ersichtlich bereiteten die vom Kreis B. , Amt für Altenarbeit, angebotenen Kurse, d.h.
derjenige zur Wohnbereichsleitung und der anschließende "Aufbaukurs zur
Pflegedienstleitung Qualifikation zur verantwortlichen Pflegefachkraft", was zwischen den
Beteiligten auch unstreitig ist, weder auf eine öffentlich-rechtliche Prüfung zu einem
Abschluss auf der Grundlage der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFGB genannten Vorschriften
des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung noch auf eine Fortbildung auf der
Grundlage einer staatlich genehmigten Prüfungsordnung an einer anerkannten
Ergänzungsschule vor.
Sie bereiteten auch nicht auf einen gleichwertigen Abschluss nach bundes- oder
landesrechtlichen Regelungen vor. Eine landesrechtliche Weiterbildungsregelung für den
hier zu betrachtenden Bereich existiert - was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig
ist - in Nordrhein-Westfalen nicht. Die gemäß § 80 SGB XI vereinbarten Gemeinsamen
Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des
Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen in vollstationären Pflegeeinrichtungen
vom 21. Oktober 1996 (Bundesanzeiger Nr. 213 vom 14. November 1996), die gemäß § 80
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SGB XI vereinbarten Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und
Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen
in der ambulanten Pflege vom 31. Mai 1996 (Bundesanzeiger Nr. 152a vom 15. August
1996), die von der Klägerin auch zur Gerichtsakte gereicht worden sind, die gemäß § 80
SGB XI vereinbarten Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und
Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen
in der teilstationären Pflege (Tages- und Nachtpflege) vom 31. Mai 1996 (Bundesanzeiger
Nr. 152a vom 15. August 1996), die gemäß § 80 SGB XI vereinbarten Gemeinsamen
Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des
Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen in der Kurzzeitpflege vom 31. Mai
1996 (Bundesanzeiger Nr. 152a vom 15. August 1996), bzw. die von der Klägerin zur
Gerichtsakte gereichten Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und
Qualitätssicherung sowie die Entwicklung eines einrichtungsinternen
Qualitätsmanagements nach § 80 SGB XI in vollstationären Pflegeeinrichtungen vom 16.
Dezember 2003 (vgl. Gerichtsakte Blatt 78 ff.), kommen auch nicht als bundesrechtliche
Regelungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFBG für die von der Klägerin absolvierte
Maßnahme beim Kreis B. in Betracht. Mit Rücksicht darauf, dass in der von der
Fortbildungsstätte ausgestellten Bescheinigung vom 9. August 2004 der von der Klägerin
angestrebte Fortbildungsabschluss mit "Pflegedienstleitung in stationären
Pflegeeinrichtungen" bezeichnet wird, dürften die von der Klägerin genannten
Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung
einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI
in der ambulanten Pflege vom 31. Mai 1996 (Bundesanzeiger Nr. 152a vom 15. August
1996) als Grundlage für die von ihr beim Kreis B. durchgeführte Maßnahme ohnehin schon
nicht einschlägig sein. Denn schon nach der Präambel dieser Vereinbarung gilt diese nicht
für die Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von
Qualitätsprüfungen nach § 80 SGB XI im Bereich der teilstationären Pflege, der
Kurzzeitpflege sowie der vollstationären Pflege. Sie betrifft vielmehr allein den Bereich der
ambulanten Pflege. Die von der Klägerin des Weiteren zur Gerichtsakte gereichten
Gemeinsamen Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung sowie die
Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 80 SGB XI in
vollstationären Pflegeeinrichtungen vom 16. Dezember 2003 dürften, da von der Klägerin
nichts dafür vorgetragen worden oder sonst ersichtlich ist, dass diese im Bundesanzeiger
überhaupt veröffentlicht worden sind, mangels Wirksamkeit schon nicht als
bundesrechtliche Regelung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFBG in Betracht
kommen. Abgesehen davon handelt es sich jedenfalls schon deshalb bei keiner der zuvor
genannten, auf der Grundlage des § 80 SGB XI getroffenen Vereinbarungen um eine
"bundesrechtliche Regelung" im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFGB, weil sich in
keiner dieser Vereinbarungen irgendein Hinweis auf einen konkreten Abschluss einer
Fortbildungsmaßnahme und erst Recht keine Regelungen über ein Prüfungsverfahren zur
Erlangung eines bestimmten Abschlusses finden.
Es handelt sich bei dem von der Klägerin absolvierten Lehrgang "Wohnbereichs- und
Pflegedienstleitungskurs", der der Bescheinigung der Fortbildungsstätte vom 9. August
2004 zufolge "der Vorbereitung auf den beruflichen Fortbildungsabschluss zur/zum
Pflegedienstleitung in stationären Pflegeeinrichtungen" dient, auch nicht um eine
Fortbildung nach den Weiterbildungsrichtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft.
Dies ist zwischen den Beteiligten nach Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung
vor dem Senat nunmehr ebenfalls unstreitig. Die Erschienen waren sich nämlich darüber
einig, dass die von der Klägerin durchgeführte Weiterbildungsmaßnahme entsprechend der
Regelungen aufgrund der nach § 80 SGB XI vereinbarten Grundsätze und Maßstäbe zur
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Qualität und Qualitätssicherung erfolgt ist, und damit gerade auch nicht nach der sich in
den Gerichtsakten befindlichen "DKG-Empfehlung zur Weiterbildung von
Krankenpflegepersonen für die pflegerische Leitung einer Station oder Einheit" vom 15.
März 1996 (vgl. Gerichtsakte Blatt 70 ff.). Dies entspricht auch der Aktenlage. Denn die
Fortbildungsstätte selbst hatte bereits in der Bescheinigung vom 9. August 2004 in der
Rubrik "rechtliche Grundlage (Gesetz oder Verordnung bzw. Richtlinie der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG), der staatl. anerkannten Ergänzungsschule) der
Fortbildungsprüfung und Prüfungsstelle" nicht eine Richtlinie der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG) als rechtliche Grundlage eintragen, sondern hatte als
rechtliche Grundlage vielmehr allein angegeben "Gem. (gemeint ist ersichtlich:
Gemeinsame) Grundsätze und Maßstäbe gem. § 80 SGB XI (Pkt. 3.1.2.2) i.V.m. § 72 (3)
SGB XI". Ferner hatte Frau Q. , die Leiterin der Fort- und Weiterbildung des Amtes für
Altenarbeit des Kreises B. auf telefonische Nachfrage der Berichterstatterin des
Verwaltungsgerichts B. ausweislich des sich in den Gerichtsakten befindlichen Vermerks
vom 7. November 2005 mitgeteilt, dass die dort angebotene Fortbildung im Bereich der
Altenpflege ausschließlich auf § 80 SGB XI beruhe und dass man sich bei der Gestaltung
der Fortbildung an den Rahmenbedingungen des Deutschen Pflegerates orientiere. Nichts
anderes ergibt sich schließlich aus der zur Gerichtsakte gereichten Broschüre
"Weiterbildung Wohnbereichsleitung" des Kreises B. , Amt für Altenarbeit, sowie den
eingereichten Informationsblättern zu dem "Aufbaukurs Pflegedienstleitung Qualifikation
zur verantwortlichen Pflegefachkraft" des Kreises B. , Amt für Altenarbeit.
Ob die von der Klägerin absolvierte Maßnahme, die sich der Aktenlage zufolge an den
Weiterbildungsrichtlinien des Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe für Lehrgänge zur
Leitung von Pflege- Wohngruppen und Funktionseinheiten orientiert, einer solchen nach
den DKG-Richtlinien gleichwertig ist, was von der Klägerin letztlich allein geltend gemacht
wird, bedarf keiner weiteren Überprüfung.
Denn für das von der Klägerin geltend gemachte Begehren, ihr für die von ihr absolvierte
Weiterbildungsmaßnahme Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz zu gewähren, fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFBG, in dem die
einzelnen förderungsfähigen Fortbildungsmaßnahmen enumerativ aufgeführt sind, bietet
nämlich das Gesetz, wie bereits das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil zutreffend
ausgeführt hat, keinen Auslegungsspielraum dahingehend, weitere nicht ausdrücklich
erfasste Fortbildungen in die Aufstiegsfortbildungsförderung einzubeziehen. Hierfür spricht
zudem die Vorschrift des § 2 Abs. 1a AFBG, die - zusammen mit der Aufnahme der
Förderungsfähigkeit von "Fortbildungen nach den Weiterbildungsrichtlinien der Deutschen
Krankenhausgesellschaft" in § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBB, und zwar als Ausnahme vom
Erfordernis des Vorliegens des Tatbestandsmerkmals einer öffentlich-rechtlichen Prüfung -
mit Art 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes
(AFBG-ÄndG) vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 4029, in § 2 AFBG eingefügt worden ist.
Diese Vorschrift, die aufgrund der vor Beginn der von der Klägerin absolvierten Maßnahme
durch Art. 58 der Achten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25. November 2003,
BGBl I S. 2304, allein hinsichtlich des neben dem Bundesministerium für Bildung und
Forschung ursprünglich mit zuständigen Bundesministeriums für "Wirtschaft und
Technologie" eine Zuständigkeitsanpassung erfahren hat, lautete im Zeitraum der von der
Klägerin absolvierten Maßnahme wie folgt: "Das Bundesministerium für Bildung und
Forschung kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass eine
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Förderung auch für nicht in Absatz 1 bezeichnete Fortbildungsmaßnahmen geleistet wird,
wenn sie auf Abschlüsse vorbereiten, die den in Absatz 1 Nr. 2 genannten
Fortbildungszielen gleichwertig sind." Hat jedoch der Gesetzgeber, wie in § 2 Abs. 1a
AFBG geschehen, ausdrücklich eine Regelung für den Fall getroffen, dass
Fortbildungsmaßnahmen auf Abschlüsse vorbereiten, die den in Absatz 1 Nr. 2 AFBG
genannten Fortbildungszielen gleichwertig sind, und dabei die Förderungsfähigkeit solcher
Maßnahmen vom Erlass einer Rechtsverordnung abhängig gemacht, lässt dies nur den
Schluss zu, dass solche Fortbildungsmaßnahmen nicht nach § 2 Abs. 1 AFBG gefördert
werden können. Bestätigt wird dies des Weiteren durch die Begründung des Entwurfs des
Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFGB-ÄndG). Denn
durch die Aufnahme der Verordnungsermächtigung in § 2 Abs. 1a AFBG soll in Einzelfällen
eine flexiblere Einbeziehung weiterer förderungswürdiger Fortbildungen auch ohne
Gesetzesänderung ermöglicht werden, sofern sich dies als notwendig erweist, wohingegen
hinsichtlich einer generellen Lockerung der gesetzlichen Anforderungen die Gefahr einer
Aushöhlung der eine Förderung rechtfertigenden Qualitätsstandards gesehen worden ist
(vgl. BT-Drs. 14/7094 S. 15).
Vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Mai 2006 - 7 S 1666/05 -, Juris.
Eine Rechtsverordnung nach § 2 Abs. 1a AFGB hinsichtlich der von der Klägerin
absolvierten Maßnahme ist jedoch, was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist,
nicht erlassen worden.
Dafür, dass entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht nach den
Weiterbildungsrichtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft durchgeführte, sonstige
"Fortbildungsmaßnahmen in den Gesundheitsberufen- und Pflegeberufen", die einer
Ausbildung nach einer DKG-Richtlinie im Wesentlichen entsprechen bzw. einer solchen
gleichwertig sind, nicht die Förderungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AFGB
erfüllen, spricht nicht zuletzt auch Art. 1 Nr. 1 des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes, BT- Drs. 16/10996. Nach dieser
beabsichtigten Gesetzesänderung soll zukünftig, und zwar gemäß Art. 3 dieses Entwurfs
zeitlich befristet, in § 2 Abs. 1 AFGB eine Regelung zur Förderungsfähigkeit von
Fortbildungsmaßnahmen in der Altenpflege aufgenommen werden, die dem Entwurf
zufolge wie folgt lauten soll:
"Darüber hinaus ist in der Altenpflege die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen
förderfähig, wenn bei Präsenzlehrgängen die fachlich zuständige Landesbehörde am Sitz
des Trägers und bei Fernunterrichtslehrgängen die Staatliche Zentralstelle für
Fernunterricht bestätigen, dass die Fortbildungsabschlüsse inhaltlich im Wesentlichen den
Weiterbildungsempfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft entsprechen."
Nach dem Gesetzentwurf handelt es sich insoweit auch nicht um eine bloße Klarstellung
der bisherigen Regelung. Vielmehr sollen nach dem Gesetzentwurf durch eine Erweiterung
des Anwendungsbereichs des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes zukünftig gemäß §
2 Abs. 1 Satz 3 AFGB unter den dort genannten Voraussetzungen auch Fortbildungen in
der ambulanten und stationären Altenpflege mit Aufstiegscharakter - auch wenn keine
entsprechenden landesrechtlichen Regelungen vorliege - förderungsfähig sein. (vgl. BT-
Drs. 16/10996 S. 1 und 2 sowie die Begründung der Bundesregierung zu diesem
Gesetzentwurf: BT-Drs. 16/10996 Seite 21). Einer Erweiterung des Anwendungsbereichs
des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes würde es jedoch nicht bedürfen, wenn
Fortbildungsmaßnahmen in der Altenpflege, die abgesehen von fortbildungsimmanenten
Unterschieden, inhaltlich im Wesentlichen den Weiterbildungsempfehlungen entsprechen,
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auch ohne entsprechende landes- oder bundesrechtliche Regelung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2
AFBG schon die Förderungsvoraussetzungen nach der bisherigen Vorschrift des § 2 Abs. 1
Nr. 2 AFBG erfüllten. Im Übrigen lässt sich noch nicht einmal feststellen, dass die von der
Klägerin absolvierte Maßnahme die Förderungsvoraussetzungen nach dem bisher noch
nicht einmal Gesetz gewordenen Gesetzentwurf erfüllen könnte.
Die Klägerin hat entgegen der von ihr vertretenen Auffassung auch keinen Anspruch aus
Art. 3 GG. Die Klägerin hat schon nicht vorgetragen, dass sie Förderung für eine
Ausbildung beantragt hat, die ansonsten in gleich gelagerten Fällen nach dem
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gefördert wird. Soweit sie sich auf die Förderung
von Ausbildungen nach den DKG-Richtlinien beruft, kann sie daraus einen Anspruch nicht
herleiten, da sie eine entsprechende Ausbildung, wie oben bereits ausgeführt, nicht
absolviert hat, sondern ihre Ausbildung entsprechend der Regelungen aufgrund der nach §
80 SGB XI vereinbarten Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung
erfolgt ist. Im Übrigen steht dem Gesetzgeber im Bereich der zu den Sozialgesetzen
gehörenden Aufstiegsfortbildungsförderung ein weiter Gestaltungsspielraum zu.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1990 - 5 B 104.89 -, Buchholz 436.36, § 17
BAföG Nr. 11.
Abgesehen davon scheitert ein Anspruch der Klägerin auf Förderung nach dem
Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz aber auch daran, dass die von der Klägerin
absolvierte Maßnahme zu dem Zeitpunkt als sie diese absolvierte nicht zu einem
gegenüber der ersten beruflichen Qualifikation höherwertigen Abschluss führte. Dass dies
Voraussetzung der Gewährung von Aufstiegsfortbildungsförderung ist, ergibt sich bereits
unmittelbar aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 AFBG. Hierauf wird des Weiteren ausdrücklich
im Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung und Inanspruchnahme des
Aufstiegsfortbildungsgesetzes (AFBG) vom 11. Juni 1999 hingewiesen (vgl. BT-Drs.
14/1137 Seite 28 linke Spalte Anm. 3) a.).
An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch vorliegend, weil die Klägerin, die mit dem vom
Kreis B. durchgeführten Fortbildungslehrgang den Fortbildungsabschluss
"Pflegedienstleitung in stationären Pflegeeinrichtungen" bzw. die Qualifikation zur
verantwortlichen Pflegefachkraft erlangen wollte, nach der zur Zeit der Absolvierung der
Maßnahme geltenden Gesetzeslage über diese Qualifikation bereits vor Beginn der von ihr
absolvierten Fortbildungsmaßnahme verfügte. Sie erfüllte nämlich auch ohne Absolvierung
der Maßnahme beim Kreis B. die Voraussetzungen nach § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB XI in der
bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung (SGB XI a.F.). Sie ist bzw. war bereits damals
eine staatliche anerkannte Krankenpflegerin und verfügte vor Beginn der Maßnahme auch
über eine Berufserfahrung in dem erlernten Pflegeberuf von zwei Jahren innerhalb der
letzten fünf Jahre. Sie war nämlich von April 1995 bis Mai 2004 im Evangelischen
Altenzentrum I. als Altenpflegerin mit einer 0,44 % Stelle beschäftigt.
Wie das Bundessozialgericht im von den Prozessbevollmächtigten zitierten Urteil vom 24.
September 2002 - B 3 P 14/01 R - ausgeführt hat, bot nämlich § 80 SGB XI a.F., der mit
Inkrafttreten des Art. 1 Nr. 46 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der
Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) vom 28. Mai 2008, BGBl I S. 874,
zum 1. Juli 2008 aufgehoben worden ist, bzw. boten die nach § 80 SGB XI a.F. getroffenen
Qualitätsvereinbarungen keine Grundlage für Regelungen, soweit sie die Qualifikation der
verantwortlichen Pflegefachkraft betrafen. Denn die Befugnis, Vereinbarungen auch zur
Strukturqualität (Qualifikation des Personals) zu treffen, bedeutet nicht, dass persönliche
und berufliche Anforderungen an bestimmte Funktionsträger gestellt werden dürfen, die
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über das hinausgehen, was der Gesetzgeber als Zulassungsvoraussetzung an anderer
Stelle bereits geregelt hat. Eine solche Ermächtigung zu näheren Regelungen der
Zulassungsvoraussetzungen müsste sich im Zusammenhang mit den gesetzlichen
Zulassungsbestimmungen, nicht aber im Rahmen von Bestimmungen über die
Durchführung der Pflege durch zugelassene Pflegeeinrichtungen finden lassen. Zur Zeit
der von der Klägerin absolvierten Maßnahme enthielt § 71 Abs. 3 SGB XI a.F. die
maßgebende Regelung zu den persönlichen bzw. beruflichen Voraussetzungen für die
Funktion als verantwortliche Pflegefachkraft in einer Pflegeeinrichtung, ohne zu näheren
Regelungen durch untergesetzliche Normgeber zu ermächtigen. Hierauf wurde in § 72 Abs.
3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung (SGB XI a.F.)
ausdrücklich Bezug genommen, wenn die zuzulassende Einrichtung "den Anforderungen
des § 71 genügen" musste. Wenn § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI a.F. außerdem die Gewähr für
eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung (Nr. 2) und die
Verpflichtung zur Einführung und Weiterentwicklung eines einrichtungsinternen
Qualitätsmanagements nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 80 SGB XI (Nr. 3)
verlangte, so bedeutete dies nicht - wie schon das Bundessozialgericht im zitierten Urteil
zutreffend ausgeführt hat -, dass auf diesem Wege auch die Anforderungen an die
Qualifikation der verantwortlichen Pflegefachkraft geregelt werden durften, die bereits unter
Nr. 1 erfasst waren, sondern nur alle anderen personellen, sachlichen und fachlichen
Voraussetzungen für die Zulassung und den Betrieb von Pflegeeinrichtungen, weil sonst
die besondere Erwähnung von § 71 SGB XI a.F. überflüssig gewesen wäre.
Dass der Gesetzgeber dem zuvor genannten Urteil des Bundessozialgerichts Rechnung
tragend (vgl. hierzu Begründung zu Art. 1 Nr. 39 Buchstabe b) des Gesetz gewordenen
Entwurfs des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-
Weiterentwicklungsgesetz) BT-Drs 16/7439 S. 67) durch Art. 1 Nr. 39 des Gesetzes zur
strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz)
mit Wirkung vom 1. Juli 2008 in § 71 Abs. 3 SGB XI den Satz 6 angefügt hat, "Für die
Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ist ferner Voraussetzung, das eine
Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl, die 460
Stunden nicht unterschreiten soll, erfolgreich durchgeführt wurde", führt schon mit Blick auf
dessen Inkrafttreten zu keiner anderen Wertung. Denn ein Anspruch auf
Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz setzt
voraus, dass die Maßnahme, für die die Förderung begehrt wird, auch im Zeitraum der
Fortbildung die erforderlichen Förderungsvoraussetzungen nach dem AFBG erfüllte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 188 Satz 2 VwGO, 64 Abs. 2
Satz 2 SGB X.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht
vorliegen.