Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2001

OVG NRW: nationalität, ausstellung, sowjetunion, unzumutbarkeit, beweislast, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 2 A 3430/00
Datum:
29.01.2001
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 A 3430/00
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 13 K 7003/99
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 24.000,00 DM
festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Die zunächst hinsichtlich des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG geltend gemachten
ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr.
1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob der Kläger zu
1) sich bei Ausstellung seines ersten Inlandspasses im Jahre 1956 unter Ausübung
seines Wahlrechtes zu einer nichtdeutschen Nationalität bekannt und damit ein
Gegenbekenntnis abgegeben hat. Es hat ein Gegenbekenntnis gleichwohl mit der
Begründung verneint, dass dem Kläger zu 1) ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum
in der Zeit der Kommandantur bis 1956 bzw. in der Zeit unmittelbar danach "unter
Berücksichtigung des § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BVFG" nicht zumutbar gewesen sei
und deshalb die bei der Passänderung im Jahre 1994 abgegebene Erklärung ein
wirksames Bekenntnis zum deutschen Volkstum darstelle.
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Die Antragsbegründung ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser
Entscheidung zu wecken. Wird mit der Beklagten - wie von ihr in der Antragsschrift
vertreten - davon ausgegangen, dass nicht offen bleiben kann, ob die russische
Nationalität auf Veranlassung des Klägers zu 1) in seinen ersten Inlandspass
eingetragen worden ist, begründet dies keine ernstlichen Zweifel an dem Ergebnis der
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der
angefochtenen Entscheidung zu wecken, hätte die Beklagte entsprechend der ihr
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insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast substantiiert vortragen müssen, dass
der Kläger zu 1) sich bei Ausstellung seines ersten Inlandspasses im Jahre 1956 durch
Erklärung freiwillig zu einem nichtdeutschen Volkstum bekannt hat. Der insoweit in der
Antragsschrift lediglich enthaltene Hinweis, "auch nach Auffassung des
Verwaltungsgerichts" spreche "aber Einiges dafür, dass der Kläger die Eintragung der
russischen Nationalität in seinem ersten Inlandspass im Jahre 1956 bewirkt" habe,
erfüllt die Anforderungen einer solchen Darlegungslast erkennbar nicht.
Die weiteren Ausführungen in der Antragsbegründung, das Verwaltungsgericht habe die
weitere Voraussetzung der 2. Alternative der Fiktionsregelung des § 6 Abs. 2 Satz 2
BVFG, nämlich dass der Wille, der deutschen Volksgruppe anzugehören, unzweifelhaft
sein müsse, nicht geprüft, können die Zulassung der Berufung selbst dann nicht
rechtfertigen, wenn mit dem Verwaltunsgericht unterstellt wird, der Kläger zu 1) habe
1956 im Zusammenhang mit der Passausstellung eine Erklärung zur russischen
Nationalität abgegeben. Denn hierbei verkennt die Beklagte, dass das
Verwaltungsgericht das Bekenntnis des Klägers zu 1) nicht im Wege der Fiktion nach §
6 Abs. 2 Satz 2 BVFG festgestellt hat, sondern diese Vorschrift bei der Frage, ob der
Kläger zu 1) ein Gegenbekenntnis abgelegt hat, nur "berücksichtigt", d.h. bei dieser
Prüfung lediglich den Rechtsgedanken der Unzumutbarkeit eines Bekenntnisses
herangezogen hat, weil der Kläger zu 1) sich später ausdrücklich zum deutschen
Volkstum bekannt hat. In diesem Fall ist jedoch die Feststellung entbehrlich, ob auch
der Wille der deutschen Volkszugehörigkeit unzweifelhaft zum Ausdruck gekommen ist.
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Dass und warum die vorliegende Rechtssache hinsichtlich der Frage, ob der Kläger zu
1) ein Gegenbekenntnis zu einem nichtdeutschen Volkstum abgegeben hat,
grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), wird in der Antragsschrift
ebenfalls nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die Begründung der Beklagten, hier
komme es auf die über den vorliegenden Fall hinaus bedeutsame Frage an, ob im
Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zu bestimmten Zeiten ohne weitere Prüfung
anzunehmen sei, dass eine "Erklärung zur deutschen Nationalität die in § 6 Abs. 2 S. 2,
2. Hbs. BVFG genannten Folgen gehabt hätte", lässt nicht erkennen, welche konkrete
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im vorliegenden Verfahren geklärt werden
könnte.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 124 a Abs. 2 Satz 2 VwGO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO,
100 Abs. 1 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG). Das
Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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