Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2004
OVG NRW: satzung, umsetzung des bundesrechts, erlass, ortschaft, wohnhaus, vertreter, eag, bekanntmachung, gemeinde, verwaltungsbehörde
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 4415/03
18.11.2004
Oberverwaltungsgericht NRW
7. Senat
Urteil
7 A 4415/03
Verwaltungsgericht Arnsberg, 4 K 4028/02
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Versagungsbescheids vom 2.
Juli 2002 und des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2002
verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung der Außenbereichssatzung
für den Bereich "N. " zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Beklagte; die Kosten
des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und der Vertreter des
öffentlichen Interesses je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der
jeweiligen Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages
abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger Sicherheit in derselben Höhe
leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Genehmigung der von ihr nach § 35 Abs. 6 BauGB erlassenen
Außenbereichssatzung für den Bereich "N. ".
Die im vorliegenden Verfahren strittige Satzung der Klägerin erfasst einen Bereich, der
südlich der Ortschaft N. liegt. Aus dieser Ortschaft heraus führt die Talstraße (L 880) nach
Süden bzw. Südwesten. Rd. 170 m südlich des letzten unmittelbar an der U.--straße
gelegenen Gebäudes von N. zweigt von der U.--straße der C. Weg in Richtung Osten ab.
Beiderseits des C. Wegs stehen mehrere Gebäude, die von der hier strittigen
Außenbereichssatzung der Klägerin erfasst werden. Gut 200 m südlich der Einmündung
des C. Wegs beginnt an der Ostseite der U.--straße das Gebiet der gleichfalls gem. § 35
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Abs. 6 BauGB erlassenen Außenbereichssatzung für den Bereich "U.--straße 41 - 51" - N.
der Klägerin. Die Genehmigung dieser Satzung ist Gegenstand des Verfahrens 7 A
4414/03.
Der Geltungsbereich der im vorliegenden Verfahren strittigen Außenbereichssatzung
erfasst nördlich des C. Wegs die jeweils mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke
Gemarkung I. , Flur 24, Flurstücke 28 (C. Weg 3), 106 (C. Weg 3a) und 23 (C. Weg 5) sowie
den zwischen den Flurstücken 106 und 23 gelegenen Abschnitt der Steinstraße, die vom
C. Weg etwa parallel zur U.--straße nach Norden in die Ortschaft N. hinein führt. Der
nördlich des C. Wegs ausgewiesene, weitgehend ca. 25 m tiefe Satzungsbereich endet ca.
120 bis 130 m östlich der U.--straße mit dem Flurstück 23. Südlich des C. Wegs erstreckt
sich das Satzungsgebiet weitgehend rd. 40 m nach Süden und endet ca. 150 m östlich der
Einmündung des C. Wegs in die U.--straße . Hier werden von der Satzung die neben der
U.--straße gelegenen bebauten Flurstücke 26 und 100 erfasst, die jeweils mit größeren
Gebäuden bzw. Gebäudekomplexen bebaut sind. Auf dem Flurstück 26 befindet sich ein
gewerblicher Handelsbetrieb für Bürobedarf, Büromöbel und Bürotechnik, auf dem
Flurstück 100 ein diesem Betrieb zugeordnetes größeres Wohnhaus (U.--straße 33). An
diese Gebäude schließt sich nach Osten zunächst unbebautes, teilweise in einer Senke mit
Bachlauf gelegenes Gelände an und sodann das mit einem Wohnhaus bebaute Flurstück
125 (C. Weg 8). Das Wohnhaus C. Weg 8 ist rd. 65 m von der Bebauung auf den
Flurstücken 100 und 26 entfernt; sein Abstand zu dem nördlich des C. Wegs gelegenen
Wohnhaus C. Weg 5 (Flurstück 23) beträgt ca. 45 m.
§ 1 der Satzung lautet:
"Für die Grundstücke der Gemarkung I. , Flur 24, Flurstücke 28, 106 (tlw.), 35 (tlw.), 36
(tlw.), 20 (tlw.), 23, 24, 26, 100, 124, 125, 123 (tlw.), 27 (tlw.), wird festgesetzt, dass
Wohnzwecken bzw. kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienende Vorhaben im
Sinne des § 35 Abs. 6 BauGB nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer
Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald
widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten
lassen.
Auf diesen Grundstücken ist nur die Errichtung von Wohngebäuden sowie die Errichtung
kleinerer Handwerks- und Gewerbebetriebsgebäude, die die Wohnnutzung nicht
wesentlich stören, zulässig.
Die Abgrenzung ist aus dem beigefügten Plan im Maßstab 1 : 1.000 ersichtlich. Der Plan ist
Bestandteil dieser Satzung."
Das Verfahren zur Aufstellung der Satzung nahm folgenden Verlauf:
Am 21. Januar 2002 beschloss der Ausschuss für Planung und Umwelt der Klägerin die
Aufstellung der Satzung. Den betroffenen Bürgern und berührten Trägern öffentlicher
Belange wurde im Zeitraum vom 4. März bis 5. April 2002 Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben. Die Stadtverordnetenversammlung der Klägerin befasste sich am 29. April 2002
mit den eingegangenen Stellungnahmen, die sich insbesondere darauf bezogen, die
östlich des Flurstücks 23 (C. Weg 5) an der Nordseite des C. Wegs gelegenen unbebauten
Flurstücke 22 und 21 in die Satzung einzubeziehen, und lehnte diesen Wunsch ab.
Anschließend fasste sie den Satzungsbeschluss.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die für die
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Satzung erforderliche Genehmigung nach § 35 Abs. 6 Satz 6 BauGB in der seinerzeit
gültigen Fassung (BauGB a.F.) zu erteilen. Mit Bescheid vom 2. Juli 2002 lehnte die
Beklagte die beantragte Genehmigung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus,
das Tatbestandsmerkmal des § 35 Abs. 6 BauGB, dass eine Wohnbebauung von einigem
Gewicht vorhanden sein müsse, sei in der Regel erst bei mindestens ca. 10 vorhandenen
Wohnhäusern gegeben. Daran fehle es hier, weil lediglich 7 Gebäude im Satzungsbereich
vorhanden seien. Ferner fehle die Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen
Entwicklung, weil durch die Einbeziehung des Bereichs zwischen den Gebäuden U.--
straße 33 und C. Weg 8 die Erweiterung einer Splittersiedlung in den Außenbereich hinein
angestrebt werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13. August 2002 Widerspruch, den die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 16. September 2002 - bei der Klägerin eingegangen am 19.
September 2002 - im Wesentlichen aus den Gründen des Versagungsbescheids
zurückwies. Ergänzend führte sie insbesondere aus, dass die Bebauung auf dem Flurstück
125 (C. Weg 8) wegen eines Geländeversprungs und des dichten Bewuchses nicht mehr in
einem Zusammenhang mit der Bebauung auf den Flurstücken 26 und 100 stehe.
Zur Begründung ihrer am 11. Oktober 2002 erhobenen Klage hat sich die Klägerin
insbesondere auf ihr Widerspruchsvorbringen sowie die Begründung zur Satzung bezogen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Versagungsbescheides vom 2. Juli 2002 und des
Widerspruchsbescheides vom 16. September 2002 zu verpflichten, die Genehmigung der
Außenbereichssatzung für den Bereich "N. " zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ergänzend zu den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt,
dass im vorliegenden Fall kein wesentlicher Ansatz für die Entwicklung in Richtung eines
Wohnortes zu erkennen sei. Ferner hat sie auf die ihrer Meinung nach teilweise recht
großen Entfernungen zwischen den vorhandenen Gebäuden hingewiesen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat
insbesondere darauf abgestellt, dass die Wohnbebauung im hier betroffenen Bereich
wesentliche Ansätze, die auf eine Entwicklung zu einem im Zusammenhang bebauten
Ortsteil hindeuten könnten, vermissen lasse. Es handele sich um eine Anreihung von
lediglich fünf frei stehenden Wohnhäusern, deren ungeordnete Struktur kein
Entwicklungspotential in Richtung auf Ortsteilsqualität aufweise. Zudem gebe es zahlreiche
vergleichbare Siedlungssplitter im Gemeindegebiet der Klägerin wie überhaupt im
ländlichen Raum des Sauerlandes; ihre Verdichtung liefe der Wertentscheidung des
Gesetzgebers, den Außenbereich generell von einer nicht privilegierten Bebauung frei zu
halten, erkennbar zuwider.
Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 1. März 2004 die Berufung
zugelassen. Die Klägerin hat rechtzeitig einen Berufungsantrag gestellt und die Berufung
begründet. Sie trägt insbesondere vor:
Der hier betroffene Bereich weise neben den fünf Wohnhäusern einen größeren
Gebäudekomplex mit dem Handelsbetrieb für Bürobedarf auf, der den bebauten Bereich
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außerordentlich präge. Die Bebauung umgrenze quasi den Einmündungsbereich des C.
Wegs und schließe eine landwirtschaftliche Nutzung geradewegs aus. Insgesamt weise
der bebaute Bereich einen Bebauungszusammenhang auf, nämlich eine aufeinander
folgende, zusammengehörig und geschlossen erscheinende Bebauung. Es handele sich
um eine so verdichtete Bebauung, dass vor Ort der Eindruck einer eigenständigen Ortschaft
gegeben sei, der eine Lückenschließung und entsprechende Bebauung rechtfertige.
Von Bedeutung sei auch die Steinstraße als Zuwegung zum Ortsteil N. , in der auch die
Kanalisation geführt werde. Ferner sei zu berücksichtigen, dass zwischen N. und dem
Satzungsgebiet ein bereits weitgehend erstellter Golfplatz liege, so dass eine Anbindung
an die Ortschaft gegeben sei. Hinsichtlich der Vereinbarkeit mit einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie - die Klägerin -
vor geraumer Zeit eine Änderung ihres Flächennutzungsplans in Angriff genommen habe,
um den betroffenen Bereich als Mischbaufläche auszuweisen; das Verfahren befinde sich
im Stadium der frühzeitigen Bürgerbeteiligung.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt insbesondere vor: Wohnbebauung von einigem Gewicht liege erst dann vor, wenn
der Charakter des fraglichen Außenbereichs sich durch die vorhandene Bebauung so weit
verändert habe, dass die grundsätzliche Entscheidung des § 35 BauGB zur Freihaltung
des Außenbereichs von nicht privilegierter baulicher Nutzung in relevantem Maß berührt
sei. Das treffe hier nicht zu. So lasse sich nicht feststellen, dass die Wohnbebauung den
Einmündungsbereich des C. Wegs umgrenze. Von Bedeutung seien auch die erheblichen
Freiflächen im Satzungsgebiet, die der Annahme von Baulücken entgegenstünden. Ferner
stehe das Gebäude auf dem Flurstück 125 nicht mehr in einem Zusammenhang mit der
Bebauung auf den Flurstücken 26 und 100.
Auf die von der Klägerin betonte Anbindung an die Ortschaft N. komme es ebenso wenig
an wie auf den Golfplatz. Letzterer unterbreche gerade den Bebauungszusammenhang
zwischen N. und dem Satzungsgebiet.
Die Klägerin habe erst nach Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts ein Verfahren zur
Änderung ihres Flächennutzungsplans eingeleitet. Dieses befinde sich noch im
Anpassungsverfahren nach § 20 LPlG. Eine Stellungnahme hierzu sei derzeit noch nicht
möglich; jedenfalls sei die Anpassung nur ein Planungsziel der Klägerin.
Einer geordneten städtebaulichen Entwicklung stehe entgegen, dass der abwägend zu
berücksichtigende öffentliche Belang Entwicklung des Außenbereichs unter
Berücksichtigung des Zersiedelungsgrads der näheren Umgebung und der Region
betroffen sei. Erlasse die Klägerin für jeden oder nahezu jeden
Siedlungssplitter/Streubebauung in ihrem Gebiet eine Außenbereichssatzung, würde sich
die Stadt in großen Teilen zu einer Stadtlandschaft entwickeln, die eine Trennung
zwischen Siedlungsbereichen und Freiraum kaum noch möglich mache, wie verschiedene
Beispiele verdeutlichten.
Der Vertreter des öffentlichen Interesses beantragt gleichfalls,
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die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt insbesondere vor, die von der Landesverwaltung geteilte Auffassung der
Beklagten, "Wohnbebauung von einigem Gewicht" setze regelmäßig 10 vorhandene
Gebäude voraus, werde durch die - näher dargelegte - Entstehungsgeschichte der
Regelungen zur Außenbereichssatzung bestätigt. Insbesondere sei im
Gesetzgebungsverfahren zum Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz wiederholt auf
Bedenken gegen diese Satzungsform hingewiesen worden. Der Mustererlass der
Fachkommission "Städtebau" der ARGEBAU führe demgemäß aus, dass es sich bei
Wohnbebauung von einigem Gewicht nicht nur um einen Siedlungssplitter oder einen ganz
untergeordneten Siedlungsansatz handeln dürfe, vielmehr sei erforderlich, dass die
Splittersiedlung zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil entwickelt werden könne
oder solle.
Im Land Nordrhein-Westfalen sei ferner zu berücksichtigen, dass in einzelnen Landkreisen
bis zu 35 % der Bautätigkeit "planlos" im Außenbereich ohne regionalplanerische
Steuerung und ohne gemeindliche Bauleitplanung stattfinde. Das Land entwickle sich in
Teilen zu einer Stadtlandschaft, in der die Trennung zwischen Siedlungsbereich und
Freiraum kaum noch erkennbar sei. Dies lasse sich nicht mit den Ordnungszielsetzungen
des Baugesetzbuchs vereinbaren und habe erhebliche Auswirkungen auf die
Bodenfunktion, die Fauna/Flora und den "touristischen Wert" einer Landschaft. Würde die
Rechtsprechung durch Absenkung der Anforderungen an die Zulässigkeit von
Bauvorhaben nach § 35 BauGB diesem Trend Vorschub leisten, würde indirekt die
raumordnende Gestaltungskraft des Baugesetzbuchs geschwächt.
Disperse Siedlungsstrukturen verursachten ferner hohe zusätzliche Infrastrukturkosten, und
zwar auch für die soziale Infrastruktur. Diese würden jedoch oft nicht von den Verursachern
der Kosten getragen. Schließlich verweist der Vertreter des öffentlichen Interesses auf die
konkreten Auswirkungen hinsichtlich des zusätzlichen Baulandpotentials bei einer
Beurteilung von nur vier bzw. fünf Wohnhäusern als Wohnbebauung von einigem Gewicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 7 A 4414/03 sowie der in beiden
Verfahren von den Beteiligten vorgelegten Verwaltungsvorgänge, Pläne Lichtbilder und
sonstigen Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Die Klage ist zulässig. Der Klägerin fehlt insbesondere nicht etwa deshalb das
Rechtsschutzinteresse für ihr Begehren auf Erteilung der von der Beklagten versagten
Genehmigung, weil nach der am 20. Juli 2004 in Kraft getretenen Novellierung des BauGB
durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S.
1359) - BauGB n.F. - Außenbereichssatzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB nicht mehr einer
Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde bedürfen.
Nach § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB werden Verfahren nach dem BauGB, die vor dem
Inkrafttreten einer Gesetzesänderung, im vorliegenden Fall vor der Novellierung des
BauGB durch das EAG Bau, eingeleitet worden sind, nach den bisher geltenden
Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit in den nachfolgenden Vorschriften des BauGB
nichts anderes bestimmt ist. Gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift können dann, wenn
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mit gesetzlich vorgesehenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen
worden ist, diese auch nach den Vorschriften des BauGB in der aktuell geltenden Fassung
durchgeführt werden. Die Sonderregelungen des § 244 BauGB - spezielle
Überleitungsvorschriften zum EAG Bau - sind hier nicht einschlägig, so dass auf die
generellen Regelungen des § 233 Abs. 1 BauGB abzustellen ist.
Verfahren im Sinne dieser Vorschrift ist das Aufstellungsverfahren für die hier strittige
Satzung. Die Erteilung der nach der bis zum 20. Juli 2004 geltenden Fassung des BauGB
für Außenbereichssatzungen vorgeschriebenen Genehmigung ist kein selbständiges
Verfahren nach § 233 Abs. 1 BauGB. Mit dem Wegfall des Genehmigungserfordernisses ist
dieses Genehmigungsverfahren daher nicht mit der Folge beseitigt worden, dass sich das
vorliegende Gerichtsverfahren auf Erteilung der nach dem bisherigen Recht im Rahmen
der Aufstellung einer Außenbereichssatzung erforderlichen Genehmigung schon wegen
der Gesetzesänderung erledigt hätte.
Zur Fallgestaltung des Wegfalls eines nach dem BauGB vorgesehenen Verfahrens
(Erteilung einer Teilungsgenehmigung nach § 19a BauGB a.F.) vgl.: BVerwG, Beschluss
vom 14. Mai 1999 - 4 B 41.99 -, BRS 62 Nr. 126.
Die nach § 36 Abs. 6 Satz 6 1. Halbsatz BauGB a.F. erforderlich gewesene Genehmigung
der höheren Verwaltungsbehörde war vielmehr ein Verfahrensabschnitt in dem
Gesamtverfahren "Aufstellung der Außenbereichssatzung". Insoweit hatte der Wegfall des
Genehmigungserfordernisses durch das am 20. Juli 2004 in Kraft getretene EAG Bau zwar
zur Folge, dass die Gemeinde, wenn sie mit diesem Verfahrensabschnitt noch nicht
begonnen hatte, gemäß § 233 Abs. 1 Satz 2 BauGB das Aufstellungsverfahren nach dem
neuen Recht fortführen und damit auf die Einholung der nach neuem Recht nicht mehr
erforderlichen Genehmigung verzichten konnte.
Vgl. zur Fallgestaltung des Wegfalls der Anzeigepflicht für Bebauungspläne auf Grund des
am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen BauROG: OVG NRW, Urteil vom 28. Juli 1999 - 7a D
42/98.NE -, BRS 62 Nr. 36; ebenso Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl.
Stand August 2002, § 233 RdNr. 4.
Mit dem Genehmigungsverfahren als vorletztem Verfahrensabschnitt für die Aufstellung der
strittigen Außenbereichssatzung - letzter Abschnitt war und ist die Bekanntmachung - war
bei Inkrafttreten des EAG Bau jedoch bereits begonnen worden, so dass für eine
Anwendung von § 233 Abs. 1 Satz 2 BauGB - Abwicklung noch nicht begonnener
Verfahrensschritte nach neuem Recht - kein Raum wäre. Will die Klägerin das
Satzungsverfahren mit den durchgeführten und eingeleiteten Verfahrensschritten zum
Abschluss bringen, bedarf sie damit weiterhin der begehrten Genehmigung, um die von ihr
beschlossene Satzung durch die Bekanntmachung in Kraft setzen zu können.
Allerdings hätte die Klägerin auch die Möglichkeit, ihren Genehmigungsantrag
zurücknehmen und das Aufstellungsverfahren für die strittige Außenbereichssatzung damit
gleichsam auf einen früheren Verfahrensabschnitt - Fassung des Satzungsbeschlusses -
"zurückzusetzen". In diesem Fall wäre es ihr nach § 233 Abs. 1 Satz 2 BauGB auch
möglich, auf den dann noch nicht begonnenen Verfahrensabschnitt "Einholung der
Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde" zu verzichten, weil er nach dem neuen
Recht nicht mehr vorgesehen ist. Sie könnte dann die Satzung durch Bekanntmachung
gemäß § 35 Abs. 6 Satz 6 BauGB n.F. in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 3
BauGB unmittelbar in Kraft setzen.
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Dass die Klägerin diesen Weg nicht gegangen ist, steht der Zulässigkeit der Klage nicht
entgegen. Solange - wie in der vorliegenden Fallgestaltung - die nach neuem Recht nicht
mehr erforderliche Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde erteilt werden kann, hat
die Klägerin in der Regel auch ein schützenswertes Interesse daran, die Erteilung dieser
Genehmigung zu erstreiten. Dies gilt namentlich dann, wenn - wie im vorliegenden Fall -
die Frage umstritten ist, ob die bereits beschlossene Satzung rechtmäßig und damit
genehmigungsfähig ist. Würde die Klägerin die nach Auffassung der Beklagten wie auch
des Vertreters des öffentlichen Interesses, der insoweit zugleich die Auffassung der
obersten Landesbehörde vertritt, rechtswidrige Satzung in Kraft setzen wollen, ginge sie
erhebliche Risiken ein, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit den
Beteiligten erörtert wurde. Zum einen stünde bis zur Bekanntmachung der Satzung ein
aufsichtsbehördliches Einschreiten (vgl. §§ 119, 120 GO NRW) mit dem Ziel im Raum, der
Klägerin die Bekanntmachung und damit das Inkraftsetzen der nach Auffassung der
obersten Landesbehörde rechtswidrigen Satzung zu untersagen. Insoweit haben die
Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses es in der mündlichen Verhandlung
ausdrücklich abgelehnt, der Klägerin zuzusagen, dass sie ein solches Einschreiten nicht zu
gewärtigen hätte. Zum anderen müsste die Klägerin bei Inkraftsetzen der Satzung ggf. auch
mit der gleichfalls angesprochenen Möglichkeit eines Normenkontrollverfahrens etwa der
Beklagten rechnen, die diese Satzung bei ihrer Verwaltungstätigkeit - z.B. im Rahmen von
Zustimmungen nach § 36 Abs. 1 Satz 4 BauGB iVm § 2a Abs. 1 der Verordnung zur
Durchführung des Baugesetzbuches vom 7. Juli 1987 (GV NRW S. 220; BauGB DVO) - zu
beachten hätte.
Schließlich besteht ein Interesse an einer gerichtlichen Klärung der Voraussetzungen für
den Erlass einer Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB auch deshalb, weil die
Klägerin den Erlass weiterer Satzungen beabsichtigt und das Land Nordrhein-Westfalen,
wie in der mündlichen Verhandlungen vor dem Senat erörtert wurde, beabsichtigt, von der
Ermächtigung des § 246 Abs. 1a Satz 1 BauGB n.F. Gebrauch zu machen und ein
Anzeigeverfahren für die nunmehr nicht genehmigungspflichtigen Satzungen nach § 35
Abs. 6 BauGB einzuführen. Hiervon ausgehend gehen auch die Beteiligten
übereinstimmend davon aus, dass der Klägerin nicht das Rechtsschutzinteresse für die
Fortsetzung der von ihr vor Wegfall des Genehmigungserfordernisses bereits eingeleiteten
Verpflichtungsklage fehlt.
Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat die von der Klägerin begehrte
Genehmigung zu Unrecht versagt.
Gemäß § 36 Abs. 6 Satz 6 2. Halbsatz BauGB a.F. iVm mit § 6 Abs. 2 BauGB darf die
Genehmigung nur versagt werden, wenn die Satzung nicht ordnungsgemäß zustande
gekommen ist oder dem BauGB, den aufgrund des BauGB erlassenen oder sonstigen
Rechtsvorschriften widerspricht.
Anhaltspunkte für ein nicht ordnungsgemäßes Zustandekommen der Satzung sind weder
dargetan noch sonst ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht die
Satzung auch nicht den Vorschriften des BauGB.
Die Satzung ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB gedeckt.
Nach dieser Vorschrift kommt die Aufstellung von Außenbereichssatzungen in Betracht für
bebaute Bereiche, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen
Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist. Alle diese Tatbestandsmerkmale
werden von der strittigen Satzung erfüllt.
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Das Satzungsgebiet ist ein "bebauter Bereich". Dieses Merkmal setzt zunächst voraus,
dass in dem von der Satzung erfassten Bereich überhaupt Bebauung vorhanden ist. Damit
kann es der Satzungsgeber jedoch nicht bewenden lassen. Es steht nicht etwa in seinem
Belieben, irgendwelche Bebauungen, die sich im Außenbereich befinden, in eine Satzung
nach § 35 Abs. 6 BauGB einzubeziehen. Was mit einer Außenbereichssatzung als
"bebauter Bereich" überplant werden kann, hat sich vielmehr an der Aufgabe und
Zielsetzung dieses Planungsinstruments auszurichten.
Anders als durch Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauGB kann die
Gemeinde mit Außenbereichssatzungen die von ihnen erfassten Gebiete nicht konstitutiv
dem unbeplanten Innenbereich im Sinne von § 34 BauGB zuweisen und damit nach
Maßgabe der Kriterien dieser Vorschrift grundsätzlich zu Bauland machen. Die von
Außenbereichsatzungen erfassten Bereiche bleiben vielmehr Bestandteil des
Außenbereichs, so dass für die Genehmigung von Vorhaben im Geltungsbereich der
Satzung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht weiterhin § 35 BauGB einschlägig ist. Für eine
Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB scheiden damit von vornherein solche
bebauten Bereiche aus, die ihrerseits bereits als Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB zu
qualifizieren sind oder jedenfalls bei Umsetzung der Satzung zu einem solchen Ortsteil
würden.
Die Zulässigkeit von Vorhaben im Gebiet einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB ist
weiterhin an den für Außenbereichsvorhaben, namentlich für sonstige Vorhaben im Sinne
von § 35 Abs. 2 BauGB, einschlägigen öffentlichen Belangen im Sinne von § 35 Abs. 3
BauGB zu messen. Rechtsfolge des Erlasses einer Außenbereichssatzung ist lediglich,
dass bei der Prüfung der Zulässigkeit sonstiger Vorhaben von den siedlungsstrukturellen
Belangen der "Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung" im Sinne
von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB nur die beiden erstgenannten der "Entstehung" oder
"Verfestigung" einer Splittersiedlung auszublenden sind.
So: OVG NRW, Urteil vom 8. Juni 2001 - 7a D 52/99.NE -, BRS 64 Nr. 107; vgl. auch OVG
Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. Oktober 2000 - 3 L 306/98 -, BRS 64 Nr. 108.
Gleichermaßen ist aus der Prüfung auszublenden, ob das Vorhaben im Sinne von § 35
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB einer Darstellung der betroffenen Fläche als Fläche für die
Landwirtschaft oder Wald im Flächennutzungsplan widerspricht. Eine
Außenbereichssatzung begründet damit nicht etwa - wie die Ausführungen des Vertreters
des öffentlichen Interesses im Berufungsverfahren nahe legen - Baurechte, sondern
erleichtert nur die Zulassung bestimmter sonstiger Außenbereichsvorhaben durch eine
Modifikation der Zulassungsvoraussetzungen.
Vgl.: Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. Stand Juli 2004, § 35 RdNr. 132.
Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB haben damit ausschließlich eine positive, die
Zulässigkeit bestimmter nicht-privilegierter Vorhaben unterstützende Wirkung.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. September 2003 - 4 BN 55.03 - JURIS-Dokumentation,
wonach Außenbereichssatzungen keine negative Wirkung etwa in dem Sinne haben, dass
sie die Anwendung des § 35 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der dort benannten privilegierten
Vorhaben ausschließen.
Diese Möglichkeit zur Begünstigung bestimmter Vorhaben in "bebauten Bereichen" des
Außenbereichs ist vom Gesetzgeber geschaffen worden, um durch sie ein höheres Maß an
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Berücksichtigung der Vorstellungen der Gemeinde über die Entwicklung ihres
Gemeindegebiets sowie von Außenbereichsbelangen zu erreichen; andere im
Außenbereich nach § 35 Abs. 3 BauGB relevante Belange sollten unberührt bleiben.
Vgl.: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen
und Städtebau zum Wohnungsbauerleichterungsgesetz (WoBauErlG), mit dem die
Außenbereichssatzung erstmals festgelegt wurde, BT-Drs. 11/6636, S. 26.
Die Zielsetzung dieser - im Gesetzgebungsverfahren durchaus umstrittenen -
Außenbereichssatzung wird in der zu Protokoll gegebenen Erklärung der zuständigen
Bundesministerin bei der abschließenden Beratung im Bundesrat, die zur Anrufung des
Vermittlungsausschusses geführt hat
- vgl. die Niederschrift über die 611. Sitzung des Bundesrates vom 6. April 1990, S. 181 -,
treffend mit folgenden Worten umschrieben:
"Auch bei dem erleichterten Satzungsrecht der Gemeinde ist der Bundestag dem
Bundesrat entgegengekommen. Anstelle der zunächst vorgesehenen Satzungsregelung,
die zu absoluten Baurechten geführt hätte, ist die von Bayern vorgeschlagene
Außenbereichssatzung aufgenommen worden.
Sie ist auf solche Weiler, Splittersiedlungen und andere Siedlungsansätze im
Außenbereich beschränkt, in denen bereits Wohnnutzung in nennenswertem Umfang
vorhanden ist. Hier sollen die Gemeinden durch Satzung darüber entscheiden, ob sich
diese Siedlungsansätze in gewissem Umfang weiterentwickeln dürfen. Künftig werden dort
vorhandene Baulücken geschlossen werden können, auch wenn das Gebiet nicht als
Wohnfläche im Flächennutzungsplan dargestellt ist.
Damit trägt die Satzung vor allem auch den berechtigten Bauwünschen der ortsansässigen
Bevölkerung Rechnung.
Da sie keinen absoluten Bauanspruch vermittelt, können im Genehmigungsverfahren
weitere, dem Außenbereichsschutz dienende Belange geltend gemacht werden. Auch auf
diese Weise ist ein hohes Maß an Rücksichtnahme auf die Siedlungssituation im
Außenbereich gewährleistet."
Der Bundesgesetzgeber wollte damit einerseits den Gemeinden ein Planungsinstrument
an die Hand geben, um die Schließung von Baulücken in solchen bereits bebauten
Bereichen des Außenbereichs zu erleichtern, die nicht zu Ortsteilen mit grundsätzlichen
Baurechten nach Maßgabe des § 34 BauGB entwickelt werden können bzw. sollen.
Andererseits sollte der grundsätzliche Schutz des Außenbereichs vor einer weiteren
Zersiedelung nicht aufgegeben werden, indem das Planungsinstrument der
Außenbereichssatzung nicht etwa die Erweiterung der von ihr erfassten Siedlungsansätze -
mögen sie bereits Splittersiedlungen sein oder nicht - durch Ausdehnung in den
unbebauten Außenbereich hinein ermöglicht, sondern nur ihre bauliche Verdichtung
insbesondere durch Schließung vorhandener Lücken.
Dementsprechend ist anerkannt, dass Außenbereichssatzungen nur solche bebauten
Bereiche erfassen können, in denen die bodenrechtliche Situation bereits in Richtung auf
eine Bebauung hin deutet.
Vgl.: Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand 1. Juli 2004, § 35 RdNr. 169.
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Nur eine Bebauung, die die Situation so weit verändert hat, dass das Ziel des § 35 BauGB -
Freihaltung des Außenbereichs von Bebauung - bereits wesentlich berührt ist, kann den
Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB rechtfertigen.
Vgl.: Schmaltz in Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 35 RdNr. 158.
Letztlich muss also eine solche Bebauung vorhanden sein, dass eben wegen dieser
Bebauung im betroffenen Bereich dem Schutz des Außenbereichs vor einer Zersiedelung
ohnehin nicht mehr in vollem Umfang entsprochen werden kann.
Vgl.: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. Oktober 2000 - 3 L 306/98 -, BRS 64
Nr. 108.
Hieraus folgt, dass der bebaute Bereich jedenfalls eine gewisse Zusammengehörigkeit und
Geschlossenheit erkennen lassen muss, die ihn als Weiler, Splittersiedlung oder sonstigen
Siedlungsansatz qualifiziert. Ferner darf er nur solche Freiflächen aufweisen, die letztlich
noch als einer Verdichtung zugängliche Lücken qualifiziert werden können. Das schließt im
Einzelfall nicht aus, dass zwischen den Gebäuden ggf. auch gewisse größere Freiräume
liegen können. Die jeweilige Bebauung darf jedoch nicht so weit voneinander entfernt sein,
dass der Eindruck der Zusammengehörigkeit zu einem Weiler, einer Splittersiedlung oder
einem sonstigen Siedlungsansatz erst gar nicht aufkommen kann.
Vgl.: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 27. Juli 2000 - 1 L 4472/99 -, BRS 63 Nr.
118.
Insoweit sind nach Auffassung des Senats nicht streng dieselben Kriterien wie bei der
Annahme eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 BauGB maßgeblich
- in diesem Sinne etwa: BayVGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 BV 02.1727 -, BauR 2004,
50 -,
vielmehr ist für Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB nicht in gleichem Maße wie bei
Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauGB zu fordern, dass die vorhandene
Bebauung über ein Mindestmaß an räumlicher Zuordnung und prägender Wirkung verfügt.
In diesem Sinne auch: Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. Stand Juli 2004,
§ 35 RdNr. 133.
Gemessen an diesen Kriterien ist im vorliegenden Fall das Vorliegen eines "bebauten
Bereichs" zu bejahen.
Der Satzungsbereich erfasst nördlich des C. Wegs drei mit Wohnhäusern (C. Weg 3, 3a
und 5) bebaute Grundstücke, die eine hinreichende Geschlossenheit im Sinne der
Zugehörigkeit zu einem Siedlungsansatz erkennen lassen. Zwar befindet sich zwischen
den Wohnhäusern C. Weg 3a und 5 ein insgesamt gut 50 m breiter Abstand. Hier schiebt
sich jedoch nicht etwa der von Bebauung freie Außenbereich gleichsam trennend
zwischen die Bebauung. Vielmehr ist die Lücke maßgeblich dadurch bedingt, dass die
zwischen den Flurstücken 106 und 23 nach Norden in die Ortschaft N. hinein führende, im
Bereich der Einmündung in den C. Weg deutlich aufgeweitete Steinstraße einer Bebauung
entgegensteht. Insgesamt fassen die drei nördlich des C. Wegs gelegenen Wohnhäuser
den Einmündungsbereich gleichsam ein und lassen damit noch eine Geschlossenheit in
dem Sinne erkennen, dass sie als einem einheitlichen Siedlungsansatz zugehörig
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erscheinen. Dies wird durch das dem Senat vorliegende umfassende Karten- und
Lichtbildmaterial anschaulich belegt. So lassen insbesondere die Lichtbilder 1 bis 3 sowie
8 und 9 des von der Klägerin vorgelegten Lichtbildmaterials (Beiakte Heft 2), die anlässlich
der Ortsbesichtigung des Berichterstatters des Verwaltungsgerichts gefertigten Lichtbilder,
namentlich soweit sie den Verlauf des C. Wegs in beiden Richtungen wiedergeben, sowie
das im Aufstellungsvorgang der Klägerin (Beiakte Heft 4) befindliche Luftbild deutlich
erkennen, dass die Häuser C. Weg 3, 3a und 5 eine aufeinander folgende, durch
siedlungsstrukturelle Gemeinsamkeiten gekennzeichnete Bebauung bilden.
Nichts anderes gilt auch für die südlich des C. Wegs vorhandene, von der Satzung erfasste
Bebauung. Der C. Weg stellt, wie das bereits angesprochene Lichtbildmaterial anschaulich
verdeutlicht, nicht etwa eine markante städtebauliche Zäsur dar. Er erscheint im Gegenteil
als eine gemeinsame Erschließungsstraße für die nördlich und südlich des C. Wegs
gelegene Bebauung und verdeutlicht damit deren Zusammengehörigkeit zu einem
gemeinsamen Siedlungsansatz. Dies wird in besonderem Maß deutlich durch die massive,
in der Örtlichkeit markant in Erscheinung tretende Bebauung auf den Flurstücken 26 und
100. Sie dominiert gleichsam den Einmündungsbereich des C. Wegs in die U.--straße und
prägt ihn jedenfalls gemeinsam mit der an der Nordseite des C. Wegs unmittelbar
gegenüber liegenden Bebauung als einen deutlichen Siedlungsansatz. Diesem
Siedlungsansatz ist schließlich auch das südlich des C. Wegs gelegene Wohnhaus C.
Weg 8 auf dem Flurstück 125 noch zuzuordnen. Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass
der Abstand von rd. 65 m zu den Gebäuden auf den gleichfalls südlich des C. Wegs
gelegenen Flurstücken 26 und 100 für sich genommen so beträchtlich ist, dass aus ihm ggf.
bereits eine fehlende Zusammengehörigkeit hergeleitet werden könnte. Ob dem mit Erfolg
entgegen gehalten werden kann, dass der Abstand wesentlich auch dadurch bedingt ist,
dass sich der Bachlauf mit seinen schützenswerten Randbereichen als ein aus Gründen
des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht bebaubarer Streifen zwischen die
Bebauung schiebt, über den der Bebauungszusammenhang durchaus hinweg zu springen
vermag, kann letztlich dahin stehen. Jedenfalls die an der Nordseite des C. Wegs
befindliche, zusammengehörig erscheinde Bebauung stellt eine Klammer dar, die gerade
wegen der bereits angesprochenen verbindenden Wirkung des C. Wegs den
Zusammenhang der als einheitlicher Siedlungsansatz erscheinenden Bebauung
beiderseits des C. Wegs bis zu dem nur 45 m vom Wohnhaus C. Weg 5 entfernten
Wohnhaus C. Weg 8 fortsetzt. Die Zugehörigkeit des Wohnhauses C. Weg 8 zu diesem
Siedlungsansatz wird trotz dieses relativ großen Abstands zwischen den Baukörpern C.
Weg 5 und 8 dadurch verdeutlicht, dass die Zufahrt zu diesem Grundstück dem bebauten
Flurstück 23 (C. Weg 5) gleichsam schräg gegenüber liegt, wie eines der anlässlich der
Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter des Verwaltungsgerichts gefertigten Lichtbilder
zeigt.
Dass das nach alledem als "bebauter Bereich" zu qualifizierende Satzungsgebiet "nicht
überwiegend landwirtschaftlich geprägt" ist, unterliegt keinem Streit und bedarf daher
keiner weiteren Erörterung. Entgegen der Auffassung der Beklagten wie auch des
Vertreters des öffentlichen Interesses ist im Satzungsgebiet auch eine "Wohnbebauung von
einigem Gewicht" vorhanden.
Soweit die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses das Vorliegen einer
"Wohnbebauung von einigem Gewicht" schon deshalb verneinen, weil im Satzungsgebiet
nicht mindestens 10 - ggf. auch 8 kompakt beieinander stehende - Wohnhäuser vorhanden
sind, ist diese einschränkende Sicht mit den normativen Regelungen des § 35 Abs. 6
BauGB nicht vereinbar. Das Gesetz gibt keine Mindestzahl vorhandener Wohngebäude in
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dem bebauten Bereich vor. Eine solche lässt sich auch nicht aus der bereits
angesprochenen Zielsetzung der Außenbereichssatzung herleiten. Diese lässt im
Gegenteil durchaus zu, dass auch bereits einige wenige Wohngebäude das erforderliche
städtebauliche Gewicht haben können. Mit dem Erlass einer Außenbereichssatzung soll
gerade auch die bauliche Verdichtung von Weilern und sonstigen Siedlungsansätzen
erleichtert werden, die noch nicht als Splittersiedlung zu qualifizieren sind, sondern erst
den Ansatz zu einer solchen bilden. Anderenfalls ergäbe die gesetzliche Regelung, dass
Vorhaben im Satzungsbereich nicht entgegengehalten werden kann, dass sie zur
"Entstehung" einer Splittersiedlung führen, keinen Sinn.
Vgl.: Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. Stand Juli 2004, § 35 RdNr. 134
m.w.N..
Zutreffend hat die obergerichtliche Rechtsprechung hieraus abgeleitet, dass
Außenbereichssatzungen anders als Satzungen gemäß § 34 Abs. 4 BauGB nicht solche
Gebilde zur Voraussetzung haben, welche "das Zeug zu Ortsteilen" haben, sondern weit
dahinter zurückbleiben können.
So ausdrücklich: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 27. Juli 2000 - 1 L 4472/99 -,
BRS 63 Nr. 118.
Dementsprechend ist in der einschlägigen Kommentierung zu § 35 Abs. 6 BauGB
weitgehend anerkannt, dass das Merkmal "Wohnbebauung von einigem Gewicht" nicht
durch eine absolute Mindestzahl von Wohngebäuden bestimmt wird, sondern dass jeweils
auf die konkrete Situation abzustellen ist
- vgl.: Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. Stand Juli 2004, § 35 RdNr. 134
sowie Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002, § 35 RdNr. 119, der
im Einzelfall das Merkmal auch bereits bei drei Gebäuden als gegeben ansieht -,
und dass es keinesfalls angeht, eine Größenordnung von 10 Gebäuden als Voraussetzung
für eine Wohnbebauung von einigem Gewicht zu verlangen.
So ausdrücklich: Dürr in Kohlhammer Kommentar zum BauGB, Stand Februar 2000, § 35
RdNr. 177 unter Hinweis auf die gegenteiligen Auffassungen in der Fachliteratur; ebenso
BayVGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 BV 02.1727 -, BauR 2004, 50.
Dieser Sichtweise entsprechend ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung
übereinstimmend anerkannt, dass das Merkmal "Wohnbebauung von einigem Gewicht"
bereits dann bejaht werden kann, wenn in dem bebauten Bereich deutlich weniger als 10
Wohnhäuser vorhanden sind.
Vgl.: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 27. Juli 2000 - 1 L 4472/99 -, BRS 63 Nr.
118 (nicht notwendig mehr als 3 bis 4 Gebäude); OVG Mecklenburg- Vorpommern, Urteil
vom 5. Oktober 2000 - 3 L 306/98 -, BRS 64 Nr. 108 (5 Wohnhäuser können jedenfalls im
ländlichen Raum von Vorpommern ausreichen); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.
Februar 2003 - 8 S 2681/02 -, BWGZ 2003, 535 = JURIS- Dokumentation (4 Wohnhäuser
sind als Wohnbebauung von einigem Gewicht anzusehen); BayVGH, Urteil vom 12. August
2003 - 1 BV 02.1727 -, BauR 2004, 50 (4 Wohnhäuser können Wohnbebauung von
einigem Gewicht sein).
Die gegenteilige Wertung der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses
findet in den als Beleg angeführten Materialien zur Entstehungsgeschichte der
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Außenbereichssatzung keine Stütze. Das Gegenteil ist der Fall. Wie bereits dargelegt,
wollte der Bundesgesetzgeber mit dem Planungsinstrument des § 4 Abs. 4 BauGBMaßnG
(nunmehr: § 35 Abs. 6 BauGB) den Gemeinden gerade ein Instrument zur begrenzten
Fortentwicklung auch solcher Siedlungsansätze im Außenbereich an die Hand geben, die
als Weiler oder andere Siedlungssplitter gerade noch nicht die Qualität einer
Splittersiedlung oder gar eines Ortsteils erreicht haben. Diese Zielsetzung des § 35 Abs. 6
BauGB, an der der Bundesgesetzgeber auch bei den späteren Novellierungen des BauGB
- zuletzt durch das am 20. Juli 2004 in Kraft getretene EAG Bau - festgehalten hat, ist bei
der Umsetzung des Bundesrechts in allen Bundesländern zu beachten. Wenn die vom
Vertreter des öffentlichen Interesses dargelegten Folgewirkungen einer gesetzeskonformen
Anwendung des § 35 Abs. 6 BauGB als siedlungspolitisch unerwünscht empfunden
werden, bleibt es den zuständigen Gremien des Landes Nordrhein-Westfalen
unbenommen, auf eine Änderung des Bundesrechts hinzuwirken.
Im Übrigen beruhen die im Berufungsverfahren angesprochenen Folgerungen ersichtlich
auf einem Missverständnis der Regelungen des § 35 Abs. 6 BauGB und der
gesetzeskonformen Handhabung der aus einer solchen Satzung zu ziehenden
Schlussfolgerungen, die von den zuständigen höheren Verwaltungsbehörden im Rahmen
ihrer nach § 36 Abs. 1 Satz 4 BauGB iVm § 2a Abs. 1 der BauGB DVO zu erteilenden
Zustimmungen sicherzustellen ist. Die vom Bundesgesetzgeber geschaffene Möglichkeit,
Verdichtungen auch kleinerer Siedlungssplitter zu erleichtern, würde keineswegs dazu
führen, dass sich Gemeinden wie die Klägerin in großen Teilen zu einer "Stadtlandschaft"
entwickelten, die eine Trennung zwischen Siedlungsbereich und Freiraum kaum noch
ermöglichte. Anknüpfungspunkt für Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB können - wie
dargelegt - nur solche Siedlungsansätze sein, in denen der vom BauGB weiterhin
angestrebte Schutz des Außenbereichs vor Zersiedelung bereits maßgeblich geschwächt
ist. Damit kommt der Erlass solcher Satzungen ohnehin nur für solche Bereiche in Betracht,
die bereits - aus welchem Grund auch immer - in nicht unbeachtlichem Umfang zersiedelt
sind. Das Planungsinstrument der Außenbereichssatzung lässt es ferner nur zu, die bereits
vorhandenen Siedlungsansätze innerhalb des tatsächlich bereits gegebenen baulichen
Zusammenhangs - vorbehaltlich der Beeinträchtigung sonstiger, von der Satzung nicht
erfasster öffentlicher Belange - zu verdichten. Es bietet hingegen keine Handhabe,
bestehende Siedlungsansätze in den unbebauten Außenbereich hinein zu erweitern.
Dabei kann Bauvorhaben weiterhin uneingeschränkt u.a. auch entgegen gehalten werden,
dass sie öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 4 BauGB beeinträchtigen, indem
sie unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für
Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für
sonstige Aufgaben erfordern; ferner können Vorhaben im Satzungsbereich nur genehmigt
werden, wenn die Erschließung gesichert ist.
Ist nach alledem hinsichtlich des Merkmals "Wohnbebauung von einigem Gewicht" nicht
auf eine absolute Mindestgrenze abzustellen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, der
im Satzungsgebiet bereits vorhandenen Wohnbebauung das erforderliche städtebauliche
Gewicht abzusprechen. Es handelt sich immerhin um 5 Wohngebäude, von denen eines -
wie das vorliegende Lichtbildmaterial verdeutlicht - sogar von besonderem städtebaulichen
Gewicht ist. Diese Wohnbebauung stellt einen deutlichen Siedlungsansatz dar, der im
Satzungsbereich die typischen Außenbereichsfunktionen, vornehmlich der land- und
forstwirtschaftlichen Nutzung sowie als Freiraum zu dienen, bereits weitgehend obsolet
gemacht hat. Der dem Außenbereich weiterhin zukommende Schutz vor wesensfremder
Bebauung und die Zielsetzung der Regelungen des § 35 BauGB, den Außenbereich von
ihm fremden Belastungen grundsätzlich freizuhalten,
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- vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1967 - 4 C 94.66 -, BRS 18 Nr. 57 -
sowie ferner BVerwG, Urteil vom 30. November 1984 - 4 C 27.81 -, BRS 42 Nr. 81 - und
BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1995 - 4 B 22.95 -, BRS 57 Nr. 102 -
ist durch die vorhandene Bebauung, von deren Fortbestand auszugehen ist, bereits in
deutlichem Ausmaß beeinträchtigt. Die Klägerin konnte damit im Rahmen ihres
Planungsermessens auch ohne entsprechende Darstellung in ihrem Flächennutzungsplan
den Satzungsbereich einer Überplanung nach § 35 Abs. 6 BauGB mit der Folge
unterziehen, dass der Siedlungsansatz entsprechend der bereits erfolgten Entwicklung in
gewissem Umfang verdichtet und einer baulichen Fortentwicklung zugeführt werden kann.
Die strittige Satzung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch im Sinne von § 35
Abs. 6 Satz 4 BauGB a.F. "mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar".
Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin ist insoweit zunächst klarzustellen, dass es in
diesem Zusammenhang nicht etwa auf die räumliche Nähe des Satzungsgebiets zur
Ortschaft N. sowie die seitens der Klägerin angesprochenen Überlegungen zur Änderung
ihrer Flächennutzungsplanung ankommt. Entscheidend ist vielmehr allein, ob die konkreten
Folgewirkungen der individuellen Satzung, namentlich die durch sie begünstige künftige
Fortentwicklung des Satzungsbereichs durch Schließung von Baulücken und/oder durch
sonstige bauliche Aktivitäten (z.B. Änderungen, Erweiterungen und ggf.
Nutzungsänderungen des vorhandenen Baubestands) mit den generell für
Planungsentscheidungen im Bereich des Bauplanungsrechts maßgeblichen
Anforderungen insbesondere des § 1 Abs. 3 bis 6 BauGB a.F. (nunmehr: § 1 Abs. 3 bis 7
BauGB n.F.) vereinbar sind.
Vgl.: Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand 1. Juli 2004, § 35 RdNr. 170;
ähnlich Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. Stand Juli 2004, § 35 RdNr.
140 sowie Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002, § 35 RdNr. 122.
Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die städtebauliche Erforderlichkeit für den Erlass der
Satzung von dem Merkmal "geordnete städtebauliche Entwicklung" mit erfasst oder hiervon
gesondert in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 3 BauGB zu prüfen ist.
Zu Letzterem vgl.: BayVGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 BV 02.1727 -, BauR 2004, 50.
Dafür, dass die strittige Satzung unter diesem Aspekt Bedenken unterliegen könnte, liegt
kein Anhalt vor. In Betracht zu ziehen wäre allenfalls, dass es an einer städtebaulichen
Erforderlichkeit etwa deshalb fehlen könnte, weil grundsätzliche, nicht zu beseitigende
Hindernisse für die Verwirklichung der Vorhaben bestehen, deren Zulassung durch den
Erlass der Satzung begünstigt werden soll.
Vgl.: Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand 1. Juli 2004, § 35 RdNr. 170.
Insoweit scheidet nicht anders als bei der Aufstellung von Bebauungsplänen, deren
Umsetzung zwangsläufig an rechtlichen Hindernissen scheitern muss
- zu einer solchen "Vollzugsunfähigkeit" von Bebauungsplänen vgl. etwa: BVerwG, Urteil
vom 12. August 1999 - 4 CN 4.98 -, BRS 62 Nr. 1 und Urteil vom 30. Januar 2003 - 4 CN
14.01 -, NVwZ 2003, 742 = BauR 2003, 1175 -,
auch der Erlass von Außenbereichssatzungen von vornherein aus, wenn in dem
betroffenen Satzungsbereich weitere bauliche Entwicklungen aus Rechtsgründen
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ausgeschlossen sind. Eine solche Situation liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor. Der
bereits bestehende Siedlungsansatz ist hinreichend erschlossen und diese Erschließung
kann ersichtlich auch einige wenige zusätzliche Bauvorhaben mit abdecken. Ebenso
wenig ist etwas dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass bei einer Verdichtung der
Bebauung im hier betroffenen Bereich sonstige infrastrukturelle Anforderungen zu stellen
wären, so dass Vorhaben im Satzungsgebiet der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Nr. 4
BauGB entgegen zu halten wäre. Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass eine
Genehmigung von Bauvorhaben im Satzungsgebiet zwangsläufig an sonstigen öffentlichen
Belangen scheitern müsste.
Auch Aspekte des Naturschutzes und der Landschaftspflege stehen ersichtlich nicht von
vornherein weiteren baulichen Entwicklungen im Satzungsgebiet entgegen. Zwar ist, wie
aus der Begründung der Satzung folgt, der Bereich des naturnahen Bachlaufs, der das
Satzungsgebiet von Süden nach Norden durchfließt, von jeglicher Bebauung freizuhalten.
Dies schließt jedoch nicht aus, dass jenseits der mit der unteren Landschaftsbehörde
abzustimmenden schützenswerten Bereiche bauliche Aktivitäten stattfinden können.
Soweit der Beklagte seine Ablehnung der von der Klägerin begehrten Genehmigung damit
begründet hat, dass durch die Einbeziehung des Bereichs zwischen den Gebäuden U.--
straße 33 und C. Weg 8 die Erweiterung der Ansiedlung in den Außenbereich hinein
angestrebt werde und es deshalb an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung fehle,
geht er von unzutreffenden Rechtswirkungen der strittigen Satzung aus. Die Satzung
schließt - entsprechend den normativen Vorgaben des § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB - gerade
nicht aus, dass Vorhaben im Satzungsgebiet entgegen gehalten werden kann, sie ließen
im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB die "Erweiterung" einer Splittersiedlung
befürchten. Dementsprechend wäre es für die Wirksamkeit der Satzung unschädlich, wenn
bei ihrer Grenzziehung in gewissem Umfang über den bereits bebauten Bereich des
Außenbereichs hinaus gegriffen wäre.
Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 8. Juni 2001 - 7a D 52/99.NE -, BRS 64 Nr. 107.
Abgesehen davon ist der insoweit angeführte unbebaute Bereich zwischen den Gebäuden
U.-- straße 33 und C. Weg 8 nach dem dem Senat vorliegenden Karten- und
Lichtbildmaterial ohnehin nicht dem unbebauten Außenbereich zuzuordnen, in den
einzugreifen eine Erweiterung der Splittersiedlung bedeuten würde. Er ist vielmehr noch
als dem bestehenden Siedlungsansatz zugehörig zu werten. Die Freifläche ist weitgehend
von der bereits vorhandenen Bebauung umgeben, nämlich im Westen, Norden, Osten und
Südosten. Lediglich nach Süden bzw. Südwesten ist sie an den von Bebauung freien
Außenbereich angebunden, wobei die von ihren Dimensionen her durchaus gewichtigen
Bebauungen auf den Flurstücken 26 und 100 einerseits sowie 125 andererseits diese
Fläche gleichsam in die Zange nehmen und deshalb als dem inneren Bereich der
Ansiedlung zugehörig erscheinen lassen.
Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass eine Verdichtung des
bestehenden Siedlungsansatzes mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung
unvereinbar wäre. Die vorhandene gewerbliche Bebauung weist ersichtlich keine solche
Störqualität auf, dass weitere Wohnnutzung in ihrer Nachbarschaft städtebaulich nicht
vertretbar wäre. Konfliktpotential mit in der näheren oder weiteren Umgebung vorhandenen
landwirtschaftlichen Nutzungen, namentlich intensiver Tierhaltung, das einer Verdichtung
der bereits bestehenden Wohnbebauung entgegenstehen könnte, besteht nicht.
Der von der Beklagten im Berufungsverfahren als öffentlicher Belang angeführte Aspekt
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"Entwicklung des Außenbereichs unter Berücksichtigung des Zersiedlungsgrads der
näheren Umgebung und der Region" steht der strittigen Satzung gleichfalls nicht entgegen.
Die hiermit der Sache nach angesprochenen siedlungsstrukturellen Aspekte sind
unbeachtlich. Der Bundesgesetzgeber hat - wie bereits angesprochen - die Gemeinden mit
der Schaffung des § 35 Abs. 6 BauGB gerade dazu ermächtigt, nach ihren
Planungsvorstellungen auch ohne Bindung an den Flächennutzungsplan für bestehende
Siedlungsansätze interne, d.h. auf den bereits bebauten Bereich begrenzte
Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, die durch die fortbestehende Bindung an den weit
überwiegenden Teil des Katalogs öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB ohnehin
deutlich eingeschränkt sind. Die Anzahl bereits bestehender Siedlungsansätze im
Gemeindegebiet oder gar in der Region ist kein Kriterium dafür, ob die Gemeinde von
dieser planerischen Steuerungsmöglichkeit Gebrauch machen darf oder nicht.
Schließlich sind auch im Übrigen keine Gründe ersichtlich, die eine nur auf Rechtsgründe
zu stützende Versagung der begehrten Genehmigung rechtfertigen können. Insbesondere
sind die Inhalte der strittigen Satzung von den Vorgaben des § 35 Abs. 6 BauGB gedeckt.
Insoweit setzt der erste Absatz des § 1 der Satzung verbindlich das fest, wozu die Sätze 1
und 2 der genannten Vorschrift die Gemeinden ermächtigen, nämlich dass
Wohnbauzwecken und kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienenden Vorhaben
im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB die angeführten öffentlichen Belange nicht
entgegengehalten werden können. Soweit Absatz 2 des § 1 der Satzung entsprechend der
Ermächtigung des § 35 Abs. 6 Satz 3 BauGB nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit
enthält, nämlich dass neben Wohngebäuden nur solche Handwerks- und
Gewerbebetriebsgebäude zulässig sind, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören,
handelt es sich bei verständiger Würdigung lediglich um Ergänzungen der Regelungen in
Absatz 1 des § 1 der Satzung. Die Worte "zulässig sind ausschließlich" sind hiernach nicht
etwa dahin zu verstehen, dass damit eine abschließende Zulässigkeitsregelung getroffen
werden sollte, die auch eventuelle nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben im
Satzungsgebiet generell ausschließt, sondern nur dahin, dass die Begünstigung neben
Wohngebäuden nur nicht wesentlich störenden - d.h. misch- bzw. dorfgebietsverträglichen -
gewerblichen Nutzungen zugute kommen soll.
Der Berufung war nach alledem stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO iVm § 100 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage, nach
welchen Maßstäben die in § 35 Abs. 6 BauGB enthaltenen Tatbestandsmerkmale
"bebauter Bereich im Außenbereich" und "Wohnbebauung von einigem Gewicht"
abzugrenzen sind, grundsätzliche Bedeutung hat.