Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 31.08.2010

OVG NRW (wichtiger grund, wohl des kindes, elterliche sorge, namensänderung, verhältnis zu, pflegeeltern, mutter, kind, persönliche beziehung, jugendamt)

Oberverwaltungsgericht NRW, 16 A 3226/08
Datum:
31.08.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 A 3226/08
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung
vom 31. Oktober 2008 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts
Arnsberg wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme
der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro
festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Klägerin wendet sich gegen die Änderung des Familiennamens ihres beigeladenen
Sohnes.
3
Der Beigeladene wurde am 16. November 2000 als nichteheliches Kind der Klägerin
geboren und erhielt deren Familiennamen. Seit dem 7. März 2001 lebt der Beigeladene
in einer Pflegefamilie. Mit Beschluss des Amtsgerichts T. vom 30. April 2002 wurde
der Klägerin die elterliche Sorge entzogen und auf das Jugendamt der Stadt T. als
Vormund übertragen.
4
Das Jugendamt beantragte am 19. Juni 2007 mit vormundschaftsgerichtlicher
Genehmigung die Änderung des Familiennamens des Beigeladenen in den
Familiennamen seiner Pflegeeltern. Zur Begründung verwies es darauf, dass eine
Eltern-Kind-Beziehung entstanden sei. Der Beigeladene empfinde es als Mangel, nicht
den Namen der Pflegeeltern zu tragen. Zu dem Namen der leiblichen Mutter habe er
keine Beziehung.
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Der Pflegekinderdienst der Stadt T. befürwortete in seiner Stellungnahme vom
2. November 2007 die beantragte Namensänderung: Die Klägerin habe bis heute nicht
akzeptiert, dass der Beigeladene bei Pflegeeltern aufwachse. Sie wolle die
Zugehörigkeit zu ihrem Kind nicht verlieren. Besuchskontakte hätten die Jahre über
regelmäßig alle drei Monate stattgefunden. Der Beigeladene wisse, dass die Klägerin
seine leibliche Mutter sei. Im April 2007 habe er seiner Pflegemutter den Wunsch
mitgeteilt, ebenso heißen zu wollen wie "Mama und Papa". Er verwende schon längst
den Namen seiner Pflegeeltern, um gegenüber Außenstehenden seine Zugehörigkeit
zu dieser Familie zu dokumentieren. Bei all den Schwierigkeiten, die sich durch die
Trennung des Kindes von seiner leiblichen Mutter und dem Zusammen- und
Aufwachsen in einer neuen Familie ergäben, was sich gänzlich von einer Scheidung
oder der Trennung zweier Elternteile unterscheide, sei die Namensänderung für das
Wohl des Kindes erforderlich. Eine Rückübertragung des Sorgerechts sei nicht zu
erwarten; eine Adoption sei weder geplant noch komme sie unter den derzeitigen
Bedingungen in Frage.
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Nachdem die Pflegeeltern ihr Einverständnis erklärt hatten, gab die Beklagte dem
Antrag auf Namensänderung mit Bescheid vom 4. Februar 2008 statt. Nach Abwägung
aller Belange sei das Interesse des Beigeladenen an der Änderung seines
Familiennamens höher einzustufen als das Interesse anderer Beteiligter an dessen
Beibehaltung. Der Beigeladene sei in den Familienverband der Pflegefamilie integriert
und identifiziere sich auch nach außen mit dieser. Eine Namensgleichheit mit der
Pflegefamilie lasse eine positive Entwicklung erwarten und fördere die weitere
Integration. Die leiblichen Eltern behielten auch nach der Namensänderung ihre
bisherigen Rechte und Pflichten gegenüber dem Beigeladenen. Insbesondere die
Besuchskontakte der Klägerin würden hierdurch nicht erschwert.
7
Die Klägerin hat am 12. März 2008 Klage erhoben und diese wie folgt begründet: Das
Wohlergehen des Beigeladenen sei nicht davon abhängig, welchen Nachnamen er
trage. Sie nehme die ihr zugestandenen Besuchskontakte regelmäßig wahr. Ihr Wunsch
nach mehr Umgang werde von den Behörden abgelehnt. Der Beigeladene wisse, dass
einerseits sie seine leibliche Mutter sei und andererseits er seinen Lebensbereich bei
den Pflegeeltern habe. Mit dieser Situation sei er aufgewachsen, ohne dass es aufgrund
dessen bis zum heutigen Tage zu irgendeinem Konflikt gekommen sei. Die jetzige
Auseinandersetzung sei erst dadurch entstanden, dass das Jugendamt von sich aus
und ohne Anregung seitens des Beigeladenen eine Namensänderung initiiert habe.
Gründe, aus denen das Wohl des Beigeladenen gefährdet sein sollte, wenn er weiterhin
ihren Familiennamen trage, seien nicht erkennbar.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2008 aufzuheben.
10
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
12
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
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Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Es
liege ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund vor. Anders als in den
sog. Stiefkinder- und Scheidungshalbwaisenfällen müsse die Namensänderung nicht
zum Wohl des Kindes erforderlich sein, sondern es reiche aus, dass sie das Kindeswohl
fördere. Die familiäre Lage eines Stiefkindes bzw. eines Scheidungshalbwaisen sei mit
derjenigen eines unter Vormundschaft stehenden, in Dauerpflege fortgegebenen
Pflegekindes nicht vergleichbar. Der von der Rechtsordnung anerkannte
Daueraufenthalt bei den Pflegeeltern gebe dem Pflegekind die zu einer gedeihlichen
Entwicklung nötige Geborgenheit einer Familie, in der für die leibliche Mutter des
Pflegekindes, praktisch wie bei einer Adoption, kein Platz mehr sei. Dass das
verwandtschaftliche Verhältnis zu der Mutter namensmäßig nicht länger dokumentiert
werde, tue deshalb dem Wohl des Pflegekindes keinen Abbruch. Umgekehrt könne die
Mutter, die ihrer Elternverantwortung nicht gerecht werde, sich nicht auf ein eigenes
namensrechtliches Interesse am Fortbestand des Kindesnamens berufen. Vorliegend
befinde sich der Beigeladene bereits seit seinem ersten Lebensjahr in der Obhut einer
Pflegefamilie, sodass er sich dieser, wie er auch in der mündlichen Verhandlung
vermittelt habe, zugehörig fühle. Nach Auswertung der Jugendamtsakten sei zwar nicht
von der Hand zu weisen, dass das Begehren nach einer Namensänderung
behördlicherseits maßgeblich gefördert worden sei. Dies ändere jedoch nichts daran,
dass sich der Beigeladene diesen Wunsch mittlerweile zu eigen gemacht habe und
seiner Namensführung einen nicht unerheblichen Stellenwert zumesse. Unerheblich sei
schließlich, dass anstelle der Pflegeeltern das Jugendamt zum Vormund des
Beigeladenen bestellt sei. Bereits durch die Übertragung des Sorgerechts auf das
Jugendamt sei sein Verhältnis zu den Pflegeeltern in weitgehendem Maße rechtlich
verfestigt. Namentlich stehe seine Zugehörigkeit zur Pflegefamilie nicht mehr zur
Disposition der Klägerin.
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Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die
Klägerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Bekräftigend führt sie aus, es
könne keine Rede davon sein, dass sie ihrer Elternverantwortung nicht gerecht werde
oder sich ihr entziehe. Vielmehr sei es allein das Jugendamt, das ihre Bemühungen um
eine Erweiterung der Besuchskontakte boykottiere und so einen engeren Kontakt
verhindere. Zwischenzeitlich habe sie bei der Stadt L. eine Notbescheinigung für eine
Zweiraumwohnung beantragt. Damit sei die notwendige Voraussetzung geschaffen, um
– ebenso wie dies bei Scheidungskindern üblich sei – einen Umgang mit dem
Beigeladenen auch am Wochenende zu ermöglichen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und nach ihrem
erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.
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Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beigeladene stellt auch im Berufungsverfahren keinen Antrag.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte
Heft 1) und des Jugendamts der Stadt T. (Beiakten Hefte 2 und 3) Bezug genommen.
21
II.
22
Der Senat kann gemäß § 130a Satz 1 VwGO über die Berufung durch Beschluss
entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung
nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gemäß den §§ 130a Satz 2,
125 Abs. 2 Satz 3 VwGO gehört worden.
23
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das
Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die auf der Grundlage von § 3
Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom
5. Januar 1938 (RGBl. I S. 9), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2008
(BGBl. I S. 2586) – Namensänderungsgesetz (NÄG) – getroffene Entscheidung der
Beklagten über die Änderung des Familiennamens des Beigeladenen ist nicht zu
beanstanden; sie verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
24
Nach § 3 Abs. 1 NÄG darf ein Familienname durch Entscheidung der zuständigen
Verwaltungsbehörde nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung
rechtfertigt. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
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Ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn die
Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein
Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Das schutzwürdige
Interesse dessen, der die Namensänderung erstrebt, muss die schutzwürdigen
Interessen Dritter überwiegen und Vorrang haben gegenüber den in den gesetzlichen
Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätzen der Namensführung. Unter
welchen Umständen ein wichtiger Grund vorliegt, kann nicht allgemeingültig formuliert
werden. Erst unter Berücksichtigung typischer Fallgruppen lässt sich das dargelegte
Normverständnis konkretisieren.
26
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 – 6 C 18.01 –, juris Rdnr. 42
(= BVerwGE 116, 28); Beschluss vom 17. Mai 2001 – 6 B 23.01 –, juris
Rdnr. 5 f. (= Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 76).
27
Ausgehend davon ist in den Fällen eines in Dauerpflege aufwachsenden und unter
pflegeelterlicher Vormundschaft stehenden Kindes, dessen Familienname in den
Familiennamen der Pflegeeltern geändert werden soll, nach der Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 1987
28
– 7 C 120.86 –, juris Rdnr. 13 (= NJW 1988, 85)
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notwendig, aber auch ausreichend, dass die begehrte Namensänderung dem Wohl des
Pflegekindes förderlich ist und überwiegende Interessen an der Beibehaltung des
bisherigen Namens nicht entgegenstehen.
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Das für die Namensänderung eines Pflegekindes entwickelte Kriterium der
Förderlichkeit gilt auch mit Blick auf die Neuordnung des zivilrechtlichen
Kindesnamensrechts durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom
16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942) und nachfolgende Änderungsgesetze fort. Zwar
hat der Gesetzgeber insoweit die Anforderungen an die sog. Einbenennung eines
Kindes verschärft. Steht einem Elternteil – allein oder gemeinsam mit dem anderen
Elternteil – die elterliche Sorge zu, so kann er zusammen mit seinem Ehegatten, der
nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind durch Erklärung gegenüber dem
Standesbeamten seinen Ehenamen erteilen. Führt das Kind bisher den Namen des
anderen Elternteils, bedarf es hierfür nach § 1618 Satz 3 BGB unabhängig davon, ob
dieser sorgeberechtigt ist, dessen Einwilligung. Die Einwilligung kann durch das
Familiengericht gemäß § 1618 Satz 4 BGB nur ersetzt werden, wenn die
Namenserteilung zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Dieser – im Vergleich zur
bloßen Förderlichkeit strengere – Maßstab der Erforderlichkeit findet jedoch über die
bürgerlich-rechtlich nicht geregelten Fälle der Namensänderung sog.
Scheidungshalbwaisen hinaus, in denen nach einer Scheidung der allein
sorgeberechtigte Elternteil seinen vor der Ehe geführten Familiennamen wieder
annimmt und nunmehr ohne Einwilligung des namensgebenden anderen Elternteils die
Angleichung des Familiennamens des Kindes begehrt,
31
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 – 6 C 18.01 –, juris (=
BVerwGE 116, 28),
32
auf die hier in Rede stehende Konstellation der Pflegekinder keine Anwendung.
33
So im Ausgangspunkt auch Bay. VGH, Urteil vom 7. März 2008 – 5 B
06.3062 –, juris Rdnr. 19 f. (= BayVBl. 2009, 278); VG Münster, Beschluss
vom 7. Mai 2008 – 1 K 1942/06 –, juris Rdnr. 5 ff.; VG Aachen, Urteil vom 29.
August 2006 – 6 K 1114/06 –, juris Rdnr. 56 ff.; a. A. VG Augsburg, Urteil
vom 25. September 2006 – Au 1 K 05.536 –, juris Rdnr. 25.
34
§ 1618 BGB bezweckt – bei alleiniger Sorge des einbenennenden Elternteils – im
Konfliktfall nach einer Scheidung oder Trennung der Eltern eine Stärkung des
Grundsatzes der Namenskontinuität und unterstreicht die Bindung des Kindes an den
nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteil, von dem es seinen Familiennamen ableitet
und der in die Namensänderung nicht einwilligt.
35
Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 13/4898 S. 92;
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks.
13/8511 S. 73 f.
36
Damit wird nicht nur ein gewisser Ausgleich zum Wegfall des Sorgerechts geschaffen,
indem das namensrechtliche Band zwischen dem Kind und dem nicht (mehr)
sorgeberechtigten Elternteil geschützt wird. Darüber hinaus sollen zugleich für das Kind
schädliche Folgen der Veränderung in seinem sozialen Umfeld möglichst vermieden
werden.
37
Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 – 6 C 18.01 –, juris Rdnr. 35, 37
(= BVerwGE 116, 28).
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Diese für die Interessenabwägung bei der Einbenennung von "Stiefkindern" ebenso wie
bei der Namensänderung von "Scheidungshalbwaisen" maßgebenden Gesichtspunkte
sind auf die Fallgruppe der Pflegekinder nicht übertragbar. Die familiäre Situation eines
unter Vormundschaft stehenden Kindes, das in einem auf Dauer angelegten
Pflegeverhältnis aufwächst, ist mit der Lage von Kindern, die in der Familie des (wieder-
)verheirateten oder allein lebenden Elternteils leben und gegen den Willen des anderen
Elternteils einen neuen Familiennamen erhalten sollen, nicht vergleichbar. Warum dies
so ist, hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen zutreffend
dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann daher gemäß § 130b Satz 2
VwGO auf die dortigen Ausführungen (Urteilsabdruck S. 6 f.) Bezug genommen werden.
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Der Senat teilt im Weiteren auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es
vorliegend nicht deshalb an den Voraussetzungen für eine Absenkung der Schwelle zur
Namensänderung fehlt, weil der Beigeladene anders als in der dem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 1987, a. a. O., zugrunde liegenden
Fallgestaltung nicht unter der Vormundschaft der Pflegeeltern, sondern des Jugendamts
steht. Entscheidend ist insofern, dass der Klägerin die elterliche Sorge für den
Beigeladenen entzogen ist. Durch deren Übertragung auf das Jugendamt erfährt das in
tatsächlicher Hinsicht zweifellos auf Dauer angelegte Pflegeverhältnis auch die
notwendige rechtliche Verfestigung, die die Einbenennung des Beigeladenen in seine
Pflegefamilie unter erleichterten Bedingungen erlaubt.
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Für den Fall fortbestehender elterlicher Sorge der Mutter vgl. Bay. VGH,
Urteil vom 7. März 2008 – 5 B 06.3062 –, juris Rdnr. 21 (= BayVBl. 2009,
278).
41
Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin in diesem Zusammenhang gegen die Erwägung
des Verwaltungsgerichts, sie sei ihrer Elternverantwortung nicht gerecht geworden. Sie
greift damit letztlich nur die Sorgerechtsentscheidung an, die im
Namensänderungsverfahren aber nicht überprüfbar ist, zumal der Beschluss des
Amtsgerichts T. vom 30. April 2002 insoweit Rechtskraft erlangt hat.
42
Gemessen am Maßstab der Förderlichkeit ist ein wichtiger Grund für die
Namensänderung des Beigeladenen gegeben. Zwischen dem Beigeladenen und
seinen Pflegeeltern besteht ein seit mehr als neun Jahren andauerndes intensives
Eltern-Kind-Verhältnis. Der Beigeladene ist in die Pflegefamilie integriert und fühlt sich
dieser zugehörig. Das ergibt sich aus der Stellungnahme des Pflegekinderdienstes der
Stadt T. vom 2. November 2007 und wird von der Klägerin auch nicht in Abrede
gestellt. Vor diesem Hintergrund dient die Herbeiführung einer Namensidentität der
Dokumentation der Zugehörigkeit des Beigeladenen zum Familienverband der
Pflegeeltern. Diese Dokumentation wiederum ist, wie bereits das Verwaltungsgericht
ausgeführt hat, für den Beigeladenen wichtig. Die Namensänderung entspricht seinem
ausdrücklichen Wunsch, den er zuletzt in der mündlichen Verhandlung erster Instanz
bekundet hat, mag dieser Wunsch auch zunächst durch das Tätigwerden des
Jugendamts befördert worden sein. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das
Interesse des Beigeladenen, den gleichen Namen wie seine Pflegefamilie zu tragen,
inzwischen infolge Zeitablaufs wesentlich an Bedeutung verloren hat. Der jetzt fast zehn
Jahre alte Beigeladene wird noch einige Jahre für eine möglichst unbeeinträchtigte
Persönlichkeitsentwicklung auf eine enge familiäre Bindung angewiesen sein, die ihm
emotionale Sicherheit und das Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt, bevor dann mit
fortschreitender Pubertät eine allmähliche Verselbständigung eintritt. Die
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Namensänderung erscheint deshalb nach wie vor geeignet, sich positiv auf seine
weitere Entwicklung auszuwirken.
Überwiegende sonstige Interessen an der Beibehaltung des bisherigen
Familiennamens des Beigeladenen bestehen nicht. Wenngleich einzuräumen ist, dass
die Klägerin das ihr zugestandene Umgangsrecht stets wahrgenommen hat, resultiert
daraus doch nur eine im Vergleich zu seiner Bindung an die Pflegeeltern sehr
beschränkte persönliche Beziehung zu dem Beigeladenen. Der Umgang der Klägerin
mit dem Beigeladenen war in der Vergangenheit auf wenige Besuchskontakte im
Jahresverlauf beschränkt. Dass sich dies inzwischen wesentlich geändert hat, ist nicht
dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Die vorhandenen geringen Bindungen
rechtfertigen es nicht, in der Abwägung mit dem Kindeswohl das bestehende
Namensband aufrechtzuerhalten. Zwar ist zu bedenken, dass auch bei der
Einbenennung eines Pflegekindes die Bewertung des Kindeswohls ihrerseits eine
Gewichtung gegenläufiger Interessen erfordern kann. Neben dem Interesse des Kindes
an der von ihm gewünschten Namensgleichheit mit den Pflegeeltern muss unter
Umständen auch die Aufrechterhaltung seiner Beziehung zu der leiblichen Mutter in den
Blick genommen werden, für die die Beibehaltung eines gemeinsamen Namens ein
äußeres Zeichen ist.
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Zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts bei der Einbenennung eines
Stiefkindes vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – XII ZB 88/99 –,
juris Rdnr. 11 (= NJW 2002, 300).
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Allerdings hat der Senat hier nicht zuletzt angesichts der Bemühungen der Klägerin um
einen regelmäßigen Umgang mit dem Beigeladenen keinen Grund zu der Annahme,
dass allein die Namensänderung für die Klägerin Veranlassung bieten könnte, hierin
nachzulassen oder sich gar vom Beigeladenen zu distanzieren.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO und
berücksichtigt, dass sich der Beigeladene nicht durch Stellung eines eigenen Antrags
am Prozesskostenrisiko beteiligt hat.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO
i. V. m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
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