Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.11.1996

OVG NRW (kläger, urlaub, aufwand, tätigkeit, unterbrechung, verwaltungsgericht, teilnahme, stellungnahme, begründung, zweck)

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 3526/94
Datum:
29.11.1996
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 A 3526/94
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 10 K 2291/93
Tenor:
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit
leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
1
Der Kläger steht als Regierungsdirektor im Dienst des beklagten Landes. Im 00.0000
wurde er von seiner bisherigen Dienststelle, dem Regierungspräsidenten E. , zum
Regierungspräsidenten E1. versetzt. Vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 war er zum X-
Ministerium abgeordnet gewesen. Mit Wirkung vom 00.00.0000 wurde er für die Dauer
von sechs Monaten an das Y-Ministerium in F. abgeordnet. Die Abordnung wurde im
00.0000 bis zum 00.00.0000 verlängert. Anschließend verrichtete der Kläger wieder
Dienst beim Regierungspräsidenten E1. .
2
Vom 00. bis 00.00.0000 nahm der Kläger als Fregattenkapitän der Reserve an einer
Wehrübung teil. Er wurde im C. in C1. eingesetzt. Der Regierungspräsident E1. hatte ihn
gemäß § 9 Abs. 2 des Arbeitsplatzschutzgesetzes für die Dauer der Wehrübung mit
Bezügen beurlaubt und ihm zugleich mitgeteilt, die - seit dem Beginn der Abordnung
monatlich gezahlte - pauschalierte steuerfreie Aufwandsentschädigung nach dem
Gemeinsamen Runderlaß des Innenministeriums und des Finanzministeriums des
Landes Nordrhein-Westfalen "Richtlinien für die Entsendung von Bediensteten und
ehemaligen Bediensteten des Landes Nordrhein- Westfalen in das in Artikel 3 des
Einigungsvertrages genannte Gebiet" vom 10. Januar 1991, MBl NW 84, geändert durch
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den Gemeinsamen Runderlaß vom 3. Juli 1991, MBl NW 1076, entfalle für die Zeit der
Wehrübung.
Der Kläger machte gegenüber dem Regierungspräsidenten E1. geltend: Gemäß Nr.
II.2.2.3 der Richtlinien werde die Aufwandsentschädigung bei Unterbrechung der
Tätigkeit durch Urlaub weitergezahlt. Der Rechtsgrund des Urlaubs sei ohne Belang.
Wenn schon bei Erholungsurlaub die Aufwandsentschädigung weitergezahlt werden
müsse, müsse das erst recht für einen Urlaub mit Arbeitsleistung im öffentlichen Dienst,
noch dazu an einem entfernten Dienstort, gelten. Ein abgeltungsfähiger Aufwand sei
ihm auch während der Wehrübung entstanden, weil er seine Unterkunft in F. habe
beibehalten müssen. Zudem sei er wegen einer kurzfristig verschobenen
Staatssekretärsbesprechung am Abend des 00.00.0000von C1. nach F. zurückgekehrt
und habe am 00. und 00.00.0000 im Y-Ministerium Dienst geleistet, wofür er vom C2. für
Verteidigung Dienstbefreiung erhalten habe.
4
Der Regierungspräsident E1. bat das J. des Landes Nordrhein-Westfalen um
Überprüfung, ob dem Kläger die Aufwandsentschädigung auch für die Zeit der
Wehrübung gezahlt werden könne. Das J. verneinte dies mit Erlaß vom 00.00.0000
unter Hinweis auf eine Stellungnahme des G. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6.
Februar 1992, in der ausgeführt wurde: Unter Urlaub im Sinne der Nr. II.2.2.3 der
Richtlinien seien nur Erholungsurlaub und Sonderurlaub aus persönlichen Gründen zu
verstehen. Lediglich in diesen Fällen sei die Annahme gerechtfertigt, daß die mit der
Aufwandsentschädigung abzugeltenden Erschwernisse weiterbestehen könnten (z.B.
beim Urlaub im Beitrittsgebiet). Anders verhalte es sich jedoch bei der Beurlaubung zum
Zwecke einer Wehrübung, durch die die Abordnung in das Beitrittsgebiet praktisch
unterbrochen werde. Hierbei könnten dem Beamten keine Aufwendungen entstehen,
die durch eine Aufwandsentschädigung abzugelten wären.
5
Der Kläger äußerte zu dem ihm vom Regierungspräsidenten E1. mitgeteilten Erlaß vom
00.00.0000: Der Wortlaut der Richtlinien unterscheide nicht nach der Art des Urlaubs.
Die Beschränkung auf Erholungsurlaub und Sonderurlaub aus persönlichen Gründen
entspreche auch nicht dem Zweck der Richtlinien und der Interessenlage des
Betroffenen. Ihm sei - wie in der übrigen Zeit der Abordnung - ein Aufwand durch
doppelte Haushaltsführung und Beibehaltung einer Wohnung in F. entstanden.
Erholungsurlaub im Beitrittsgebiet habe kaum einer seiner Kollegen gemacht. Der
Wehrübende müsse bei einer Abordnung ins Beitrittsgebiet denjenigen gleichgestellt
werden, die in dieser Zeit Erholungsurlaub genommen hätten. Auch die zweitägige
Dienstreise von C1. nach F. habe einen Aufwand mit sich gebracht. Seine dienstliche
Belastung durch die Dienstreise - die Fahrt im eigenen Pkw über rund 750 km und
Nacharbeiten im C. nach der Rückkehr nach C1. - sei zu berücksichtigen. Derartige
Belastungen träten bei einem Erholungsurlaub wohl kaum auf. Das Pendeln zwischen
zwei Dienstorten und seinem Heimatwohnort habe seine Haushaltsführung zusätzlich
erschwert.
6
Der Regierungspräsident E1. teilte dem Kläger unter dem 00.00.0000 mit, das
Finanzministerium habe nach erneuter Überprüfung seine Meinung nicht geändert. Der
Kläger machte daraufhin mit Schreiben vom 00.00.0000 geltend: Ihm stehe die
Aufwandsentschädigung für die Zeit der Wehrübung auch nach Nr. II.2.2.1 Abs. 3 der
Richtlinien zu. Denn unter Berücksichtigung seiner Dienstreise nach F. während der
Wehrübung sei sein Fall einer gleichzeitigen Aufgabenwahrnehmung im bisherigen
Bundesgebiet und im Beitrittsgebiet mit Schwerpunkt im Beitrittsgebiet vergleichbar.
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Jedenfalls greife aber Nr. II.2.2.3 Abs. 2 der Richtlinien zu seinen Gunsten ein. Die
Unterbrechung der Abordnung durch die Wehrübung sei urlaubsbedingt gewesen, weil
er Sonderurlaub für die Wehrübung erhalten habe. Aus dem Regelungsgehalt der Nr.
II.2.2.3 der Richtlinien sei nicht ersichtlich, daß die Aufwandsentschädigung nur etwa
bei Abwesenheit wegen Erholungsurlaubs weitergezahlt werden solle. Dies würde auch
dem Sinn und Zweck einer Aufwandsentschädigung widersprechen. Sie diene hier
dazu, die den Beamten in den neuen Bundesländern entstehenden Einschränkungen in
ihrer privaten Lebensführung (Einstellung bzw. Unterbrechung von Vereinstätigkeit,
Sport usw.) auszugleichen, die auch bei Urlaubsabwesenheit, und zwar unabhängig
von dem jeweiligen Urlaubsgrund, weiterbestünden. Es komme hinzu, daß er während
der Wehrübung in seiner privaten Lebensführung zumindest im gleichen Maße
eingeschränkt gewesen sei wie bei seiner Tätigkeit in F. . Daß ihm ein dienstlich
veranlaßter Aufwand tatsächlich entstanden sei, ergebe sich aus der Anmietung seiner
Unterkunft in F. .
Der Regierungspräsident E1. lehnte mit Bescheid vom 00.00.0000 die Gewährung von
Aufwandsentschädigung für die Dauer der Wehrübung aus den Gründen der
Stellungnahme des G. vom 00.00.0000 ab. Der Kläger erhob Widerspruch. Er verwies
auf sein Vorbringen vom 00.00.0000 sowie erneut darauf, der Aufwand, der mit der
Aufwandsentschädigung abgedeckt werden solle, sei auch während der Wehrübung
entstanden, da er für diesen Zeitraum die in F. bezogene Wohnung nicht habe kündigen
können. Die gleichzeitige Wahrnehmung von Aufgaben in den neuen Bundesländern
ergebe sich außer aus der zweitägigen Dienstreise daraus, daß er in C1. ständig
telefonischen Kontakt zu seiner Dienststelle in F. gehalten und seinen Mitarbeitern
Weisungen für die laufenden Geschäfte erteilt habe.
8
Der Regierungspräsident E1. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom
00.00.0000 zurück und bezog sich auf die Begründung seines Bescheides vom
00.00.0000. Zusätzlich wies er darauf hin, daß dem Kläger die Kosten seiner Unterkunft
in F. für 00.0000 im Wege der Trennungsentschädigung in vollem Umfang erstattet
worden seien und der dem Kläger entstandene Aufwand damit abgedeckt worden sei.
9
Der Kläger hat Klage erhoben und sich auf sein Widerspruchsvorbringen bezogen.
Ergänzend hat er geltend gemacht, die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen
der für 00.0000 gewährten Trennungsentschädigung und der streitigen
Aufwandsentschädigung sei sachfremd.
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Der Kläger hat beantragt,
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das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidenten E1.
vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu
verpflichten, ihm eine Aufwandsentschädigung nach den Richtlinien für die Entsendung
von Bediensteten und ehemaligen Bediensteten des Landes Nordrhein- Westfalen vom
00.00.0000, zuletzt geändert am 00.00.0000, für die Zeit vom 0. bis 00.00.0000 zu
gewähren.
12
Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen
Verwaltungsentscheidung beantragt,
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die Klage abzuweisen.
14
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und
zur Begründung ausgeführt: Der streitige Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung
stehe dem Kläger nicht zu. Die Verwaltungspraxis des Beklagten, bei einer
Unterbrechung der Tätigkeit die Weitergewährung der Aufwandsentschädigung auf
Fälle des Erholungsurlaubs und des Sonderurlaubs aus persönlichen Gründen zu
beschränken, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Sie sei sachgerecht, verstoße nicht
gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und
entspreche dem Erfordernis, daß eine Aufwandsentschädigung nur gewährt werden
dürfe, wenn aus dienstlicher Veranlassung Aufwendungen tatsächlich entstünden. Das
sei hier nicht der Fall gewesen. Wegen der notwendigen Auslagen für die Beibehaltung
der Wohnung in F. sei dem Kläger Trennungsentschädigung gewährt worden. Ob die
großzügige Bestimmung des Richtliniengebers, im Falle einer Unterbrechung der
Tätigkeit durch Urlaub oder Erkrankung die Aufwandsentschädigung gleichwohl weiter
zu zahlen, noch der Zielsetzung der gesetzlichen Ermächtigung entspreche, könne
dahinstehen. Der Kläger könne auch nichts daraus für sich herleiten, daß er während
der Beurlaubung für die Wehrübung an zwei Tagen Dienst in F. geleistet habe. Insoweit
habe er auf eigene Veranlassung gehandelt.
15
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend: Er sei nicht auf eigene Veranlassung
nach F. gereist, sondern von seiner dortigen Dienststelle angefordert worden. Die
angefochtene Verwaltungsentscheidung verstoße gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es gebe keinen sachlichen Grund
für eine Unterscheidung zwischen Erholungsurlaub sowie Sonderurlaub aus privaten
Gründen und einem Urlaub zur Ableistung einer Wehrübung. Im letzteren Falle müsse
erst Recht Aufwandsentschädigung geleistet werden. Der z.B. in Spanien am Strand
verbrachte Erholungsurlaub sei staatsferner als seine Tätigkeit für das C. im Rahmen
der staatsbürgerlichen Pflichten. Er habe aufgrund früherer Beurlaubungen für
Wehrübungen, aufgrund des eindeutigen Textes der Entsenderichtlinien und wegen
einer entsprechenden Praxis bei Beamten aus anderen Bundesländern auf eine
unterschiedslose Auslegung des Begriffs "Urlaub" vertraut und auch vertrauen dürfen.
Während seiner Abordnung zum I. J. sei er bei der Beratung von Beamten, die für eine
Abordnung in die neuen Bundesländer vorgesehen gewesen seien, als
selbstverständlich davon ausgegangen, daß "Urlaub" im Sinne der Richtlinien u.a. auch
der Sonderurlaub für eine Wehrübung sei. Demgemäß seien die Beamten aus Hessen
und anderen Bundesländern auch behandelt worden. In Kenntnis einer anderen
Verwaltungspraxis des Beklagten hätte er leicht eine Freistellung oder einen Aufschub
der Wehrübung erreichen können. Sein ursprünglich geplanter Erholungsurlaub sei von
ihm wegen der Wehrübung verschoben worden.
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Der Kläger beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten
Klageantrag zu erkennen.
18
Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung der
Verwaltungsentscheidung des Regierungspräsidenten E1. und des angefochtenen
Urteils,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
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wird auf die Streitakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
(davon 1 Hefter Personalakten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
22
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen. Dem Kläger steht der streitige Anspruch auf Gewährung einer
Aufwandsentschädigung nicht zu.
23
Gemäß § 5 Abs. 1 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der
Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1982, GV NW 200, in der hier
maßgebenden Fassung des Fünften Änderungsgesetzes vom 7. März 1990, GV NW
199, durften Aufwandsentschädigungen nur gewährt werden, wenn aus dienstlicher
Veranlassung Aufwendungen entstehen, deren Übernahme dem Beamten nicht
zugemutet werden kann und der Haushaltsplan Mittel dafür zur Verfügung stellt.
Hiernach gehörte eine (steuerfreie) Aufwandsentschädigung nicht zur Besoldung des
Klägers (vgl. § 1 Abs. 2 und 3 des Bundesbesoldungsgesetzes - BBesG -). Sie konnte,
soweit Mittel dafür zur Verfügung standen, neben seinen bundesrechtlich geregelten
Dienstbezügen als Regierungsdirektor, allerdings nur zur Abgeltung von echtem
Aufwand aus dienstlicher Veranlassung gewährt werden. Landesrechtliche Regelungen
über die Gewährung von Aufwandsentschädigungen - wie hier in dem Gemeinsamen
Runderlaß des Innenministeriums und des G. des Landes Nordrhein-Westfalen
"Richtlinien für die Entsendung von Bediensteten und ehemaligen Bediensteten des
Landes Nordrhein-Westfalen in das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte
Gebiet" - dürfen nicht über die Abgeltung des Aufwandes hinaus eine den Bezügen des
Beamten vergleichbare Alimentation (Besoldung) vorsehen.
24
Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 8. Juli 1994 - 2 C 4.93 -, Zeit-schrift für
Beamtenrecht 1994, 342.
25
Bei Vorliegen dieser gesetzlichen Voraussetzungen entscheidet der Dienstherr über die
Gewährung einer Aufwandsentschädigung nach pflichtgemäßem Ermessen, das er im
Interesse einer gleichmäßigen Behandlung durch Richtlinien binden kann. Diese sind
nicht wie Rechtsvorschriften aus sich heraus, sondern als Willenserklärungen unter
Berücksichtigung ihrer dem Willen des Richtliniengebers entsprechenden tatsächlichen
Handhabung auszulegen.
26
Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 1995 - 2 C 17.94 -, Schütz, Beamtenrecht des Bundes
und der Länder, ES/C IV 5 Nr. 5; Schütz, aaO, Loseblattkommentar, Teil C § 94 Rdnr.
233.
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch darauf, daß das beklagte Land
ihm die in Nr. II.2.2.2 der Richtlinien vorgesehene und seit dem Beginn seiner
Abordnung gewährte pauschalierte Aufwandsentschädigung auch für die Zeit der
Wehrübung zukommen läßt. Hierbei kommt es letztlich nicht entscheidend darauf an, ob
und gegebenenfalls in welcher Höhe ihm für diesen Zeitraum ein abgeltungsfähiger
tatsächlicher Aufwand entstanden ist.
28
Vgl. in diesem Zusammenhang auch Bundesfinanzhof, Beschluß vom 21. Okto- ber
1994 - VI R 15/94 -, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Band 175, 368;
Finanzgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 27. Juli 1995 - 2 K 178/95 E -,
29
Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 977.
Jedenfalls läßt die Handhabung des Beklagten, eine Aufwandsentschädigung für die
Zeit des Sonderurlaubs eines Beamten, der während der Zeit seiner Abordnung in eines
der neuen Bundesländern eine Wehrübung ableistet, nicht zu gewähren, einen
Ermessensfehler nicht erkennen. Insbesondere ist damit nicht von dem Ermessen in
einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht
worden (§ 114 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
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Der vom Kläger hervorgehobene Umstand, daß nach Nr. II.2.2.3 dritter Absatz der
Richtlinien die Aufwandsentschädigung bei Unterbrechung der Tätigkeit durch Urlaub
oder Erkrankung weiterzuzahlen war, ändert daran nichts. Zwar umfaßt das Wort
"Urlaub" nicht nur Erholungsurlaub und Sonderurlaub aus persönlichen Gründen,
sondern auch Sonderurlaub wegen Teilnahme an einer Wehrübung. Es ist jedoch nicht
erkennbar, daß der Beklagte den betreffenden Passus bei der Gewährung von
Aufwandsentschädigung in diesem Sinne gehandhabt hat. Hiergegen spricht
insbesondere die vom J. übernommene Stellungnahme des G. vom 00.00.0000, nach
der der Dienstherr unter Urlaub lediglich Erholungsurlaub und Sonderurlaub aus
persönlichen Gründen verstand.
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Diese Eingrenzung der Gewährung von Aufwandsentschädigung erscheint nicht als
ermessenswidrig. Insbesondere ist die dahingehende Handhabung entgegen der
Auffassung des Klägers nicht als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des
Art. 3 Abs. 1 GG einzustufen. Sein Argument, wenn schon bei Erholungsurlaub die
pauschale Aufwandsentschädigung weitergezahlt werde, müsse das erst recht gelten,
wenn einem Beamten Sonderurlaub im Zusammenhang mit der Erfüllung
staatsbürgerlicher Pflichten gewährt werde, führt nicht zu einer ihm günstigeren
Entscheidung. Die aus der Stellungnahme des G. hervorgehende Erwägung, während
der Zeit eines Erholungsurlaubs könnten - wenn er im Beitrittsgebiet verbracht werde -
die durch die Abordnung hervorgerufenen Erschwernisse weiterbestehen, was während
der Zeit einer Wehrübung auszuschließen sei, ist noch nicht als willkürlich anzusehen.
Die Erwägung, bei einem Erholungsurlaub bestünden anders als bei einer Wehrübung
die durch die Abordnung verursachten Erschwernisse je nach den Umständen des
Einzelfalles möglicherweise fort, ist nicht unsachlich. Die Weitergewährung der
Aufwandsentschädigung für die Zeit eines Erholungsurlaubs ist, wie das
Verwaltungsgericht zutreffend angemerkt hat, ohnehin als großzügige Handhabung
anzusehen. Jedenfalls unter Berücksichtigung dessen ist die vorgenommene
Differenzierung zwischen Erholungsurlaub und Sonderurlaub aufgrund einer
Wehrübung noch nicht als willkürlich einzustufen. Das Argument des Klägers,
Erholungsurlaub sei "staatsferner" als die Teilnahme an einer Wehrübung, in seinem
Falle komme die zweitägige Dienstreise nach F. als dienstliche Belastung hinzu, belegt
eine Willkür des Dienstherrn ebenfalls nicht. Zweck einer Aufwandsentschädigung ist
die Abgeltung von echtem Aufwand und nicht eine finanzielle Anerkennung für
geleistete Dienste.
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Auch unter anderen Gesichtspunkten ist nicht erkennbar, daß der Beklagte dem Kläger
Aufwandsentschädigung für die Zeit seiner Wehrübung unter Verstoß gegen das
Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG versagt hat. Das Verwaltungsgericht hat
bereits darauf hingewiesen, daß nicht ersichtlich ist, daß der Beklagte anderen seiner in
ein neues Bundesland abgeordneten Bediensteten bei Sonderurlaub wegen einer
Wehrübung die pauschalierte Aufwandsentschädigung weitergewährt hat. Dem ist der
33
Kläger auch im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten. Sein Vorbringen, bei
Beamten aus anderen Bundesländern, die nach Thüringen abgeordnet gewesen seien,
sei dies so gehandhabt worden, führt in diesem Zusammenhang nicht weiter. Welchen
Maßstab andere Dienstherren insoweit angelegt haben, spielt unter dem Gesichtspunkt
einer Willkür der Verwaltungsentscheidung des Beklagten keine Rolle.
Des weiteren geht die Auffassung des Klägers fehl, ihm stehe die streitige
Aufwandsentschädigung aus Gründen des Vertrauensschutzes zu. Zwar mag er, wie er
geltend macht, davon ausgegangen sein, eine Beurlaubung für eine Wehrübung sei
"Urlaub" im Sinne der Nr. II.2.2.3 der Richtlinien. Jedoch ist nicht erkennbar, daß er
aufgrund dieses Irrtums Aufwendungen getätigt hat, deren Übernahme ihm nicht
zugemutet werden konnte bzw. die ihm nicht ersetzt worden sind. Das gilt auch
hinsichtlich seiner Teilnahme an der dienstlichen Besprechung in F. während der
Wehrübung. Die von ihm vorgetragene dienstliche "Doppelbelastung" begründet für sich
gesehen noch keinen Vertrauensschutz dahin, ihm müsse Aufwandsentschädigung
auch für die Zeit der Wehrübung gewährt werden.
34
Schließlich wird die Rechtsposition des Klägers nicht durch seinen Hinweis auf den
dritten Absatz der Nr. II.2.2.1 der Richtlinien gestützt. Danach sind zwar, wenn bei
gleichzeitiger Aufgabenwahrnehmung im bisherigen Bundesgebiet und im
Beitrittsgebiet der Schwerpunkt der dienstlichen Tätigkeit im Beitrittsgebiet liegt,
Unterbrechungen der Tätigkeit im Beitrittsgebiet durch Dienstreisen ohne Einfluß auf die
Gewährung der Aufwandsentschädigung. Während der Teilnahme des Klägers an der
Wehrübung lag der Schwerpunkt seiner dienstlichen Tätigkeit nicht im Beitrittsgebiet.
Seine Teilnahme an der Wehrübung war dementsprechend auch keine Dienstreise und
einer Dienstreise auch nicht vergleichbar.
35
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 der
Zivilprozeßordnung.
36
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil weder die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2
VwGO noch die des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes hierfür gegeben sind.
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