Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 28.02.2007

OVG NRW: behörde, landrat, vorschlag, polizei, unterliegen, beamter, rechtsmittelbelehrung, werturteil, form, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 4267/04
Datum:
28.02.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 4267/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 19 K 8768/01
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,-
EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Senat geht zugunsten des Klägers von der Zulässigkeit des Antrags aus, obgleich
die Antragsbegründung - der ursprünglich richtigen Rechtsmittelbelehrung des
angefochtenen Urteils folgend - entgegen § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO in der Fassung
des zum 1. September 2004 in Kraft getretenen Änderungsgesetzes vom 24. August
2004, BGBl. I S. 2198, beim Verwaltungsgericht eingereicht worden und erst nach
Ablauf der Begründungsfrist zum Oberverwaltungsgericht gelangt ist.
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Jedenfalls hat der Antrag in der Sache keinen Erfolg.
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Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergibt sich weder die
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr.
3 VwGO) noch bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils
(Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ebenso wenig weist die
Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf
(Zulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2).
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Das Verwaltungsgericht hat das Begehren des Klägers, das beklagte Land unter
Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 29. Oktober 2001
zu verurteilen, die über ihn erstellte dienstliche Beurteilung vom 13. Juni 2000
(Beurteilungszeitraum 1. November 1992 bis 31. Dezember 1997) aufzuheben und eine
neue dienstliche Beurteilung für den vorgenannten Zeitraum unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen, abgewiesen. Zur Begründung hat es
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ausgeführt, die angegriffene Beurteilung sei rechtmäßig. Es sei nicht zu beanstanden,
dass als Enddatum des Beurteilungszeitraums der 31. Dezember 1997 gewählt worden
sei, weil der Landrat des P. Kreises als Kreispolizeibehörde (Landrat) erst im November
1997 erfahren habe, dass der vormalige Hinderungsgrund disziplinarischer Ermittlungen
gegen den Kläger weggefallen sei. Die Beurteilung sei vom zuständigen Vorgesetzten
in der vorgesehenen Form und innerhalb eines geordneten, den Beurteilungsrichtlinien
entsprechenden Verfahrens erstellt worden. Der Erstbeurteiler habe
Beurteilungsbeiträge eingeholt und hierbei auch die dienstliche Beurteilung des
Polizeipräsidiums C. vom 30. Januar 1996 berücksichtigt, zu dem der Kläger in der Zeit
zwischen dem 2. September 1992 bis zum 12. Januar 1996 abgeordnet war. Der
Erstbeurteiler habe die ihm durch diesen Beurteilungsbeitrag vermittelten
Einschätzungen über Eignung und Leistung des Klägers in einem Teilzeitraum des
Beurteilungszeitraums gewürdigt und zu dem von ihm selbst aufgrund eigener
Anschauung gewonnenen Bild in Beziehung gesetzt. Die Würdigung sei auch plausibel,
da die dienstliche Beurteilung des Polizeipräsidiums C. dem Kläger
überdurchschnittliche Leistungen bescheinige und der zusammenfassende Vorschlag
des Erstbeurteilers darauf gelautet habe, dass die Leistung und Befähigung des Klägers
die Anforderungen überträfen; darin liege eine jedenfalls sinngemäße Entsprechung.
Der Zeitraum, in dem der Erstbeurteiler unmittelbare eigene Eindrücke gewonnen habe,
sei auch trotz einer Erkrankung des Klägers in der Zeit zwischen dem 13. Januar 1996
bis zum 14. Juli 1996 und des danach bis zum 3 . Oktober 1996 auf vier Stunden täglich
eingeschränkten Dienstes für ein eigenes Werturteil des Erstbeurteilers nicht zu kurz
gewesen. Es sei nicht mehr Aufgabe des Endbeurteilers gewesen, die dienstliche
Beurteilung des Klägers durch das Polizeipräsidium C. selbst zu würdigen und zu
gewichten; als Schlusszeichner habe er nur auf die Anwendung gleicher
Beurteilungsmaßstäbe innerhalb der Vergleichsgruppe zu achten. Der Endbeurteiler
habe auch unter Hinweis auf die Vereinheitlichung des Beurteilungsmaßstabes
ausreichend begründet, warum er vom Vorschlag des Erstbeurteilers abgewichen sei.
Es habe offen bleiben können, ob der Stichtag der Vergleichsgruppe zutreffend ermittelt
worden sei. Falls der Endbeurteiler zu Unrecht den Stichtag 31. Dezember 1997
gewählt habe, weil auf den 1. Juni 1996 hätte abgestellt werden müssen, könne nicht
davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Quervergleich eine bessere
Beurteilung als mit 3 Punkten erhalten hätte.
Der Kläger stützt den hiergegen gerichteten Berufungszulassungsantrag ohne Erfolg auf
eine angeblich grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Grundsätzliche Bedeutung
hat eine Rechtssache, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für
die Entscheidung erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung
über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung
oder Weiterentwicklung des Rechts hat.
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Der Kläger hält es für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob es zulässig sei, bei
Nachbeurteilungen in einem Fall, in dem der zu Beurteilende weit überwiegend bei
einer dritten Behörde tätig war, als Vergleichsgruppe nur diejenigen Beamten
heranzuziehen, die der letzten Behörde, bei der der zu Beurteilende tätig war,
angehören. Diese Frage ist an Hand der Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei
des Landes Nordrhein Westfalen (Runderlass des Innenministeriums vom 21. Januar
1996, - IV B 1 - 3034 H -, MBl. NRW S. 278, nachfolgend BRL) ohne weiteres zu
bejahen. Beamte eines anderen Bundeslandes, hier des Landes C. , unterliegen nicht
den BRL und können schon deshalb nicht in die Vergleichsgruppe einbezogen werden,
die Bezugspunkt für die Beurteilung des Klägers ist. Davon abgesehen sind
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Nachbeurteilungen nach Ziffer 3.4 der BRL nach der Systematik der Richtlinien ein
Unterfall der Regelbeurteilung i.S.v. Ziffer 3 BRL und keine sonstigen Beurteilungen
i.S.d. Ziffer 4 BRL. Das zeigt auch die Regelung in Ziffer 3.4 Abs. 3 Satz 2 BRL, wonach
für Nachbeurteilungen die für Regelbeurteilungen maßgeblichen Vorschriften gelten.
Gemäß Ziffer 8.2 BRL sollen bei Regelbeurteilungen Vergleichsgruppen gebildet und
hierauf Richtsätze angewandt werden. Wie die Vergleichsgruppen zu bilden sind,
bestimmt Ziffer 8.2.1 BRL. Gemäß dessen Absatz 2 Satz 2 sind bei der Bildung der
Vergleichsgruppe solche Beamte, die an der Regelbeurteilung (Nr. 3.1) nicht
teilnehmen, also auch diejenigen anderer Bundesländer, bei der Bildung der
Vergleichsgruppe nicht mitzuzählen.
Der Kläger wirft ferner als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf, ob der
Endbeurteiler auch bei Nachbeurteilungen als "Maßstabshalter" tätig werden dürfe,
wenn der zu beurteilende Beamte in dem Beurteilungszeitraum weit überwiegend bei
einer anderen Behörde eingesetzt war. Eine über den Einzelfall hinausgehende,
grundsätzlich klärungsbedürftige Frage ist dem nicht zu entnehmen. Gemäß Ziffer 9.2
Abs. 1 Satz 1 BRL ist der Schlusszeichnende zur Anwendung gleicher
Beurteilungsmaßstäbe verpflichtet und soll er bei Regelbeurteilungen die zur
einheitlichen Anwendung festgesetzten Richtsätze berücksichtigen. Damit wird dem
Schlusszeichner die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe für alle Formen der
Beurteilung, also auch für Nachbeurteilungen auferlegt. Das gilt auch dann, wenn der zu
Beurteilende nicht über den gesamten Beurteilungszeitraum Mitglied der
Vergleichsgruppe war. Die für die Beurteilung notwendige, auch den Zeitraum der
Abordnung an eine andere Behörde abdeckende Entscheidungsgrundlage kann sich
der Beurteiler dabei an Hand des Beurteilungsbeitrags in hinreichendem Umfang
verschaffen.
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Soweit der Kläger zuletzt als grundsätzlich klärungsbedürftig ansieht, ob es zulässig sei,
dass der Endbeurteiler "im Rahmen seiner Tätigkeit als Maßstabshalter
Beurteilungsbeiträge nicht mehr würdigen muss", fehlt es an einer hinreichenden
Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Frage. Im übrigen hat das
Verwaltungsgericht diese Frage zwar verneint. Darauf kam es für die Entscheidung aber
nicht an. Denn der Erstbeurteiler hat, wie seinen Ausführungen in der erstinstanzlichen
Verhandlung am 2. Februar 2004 zu entnehmen ist, den Beurteilungsbeitrag tatsächlich
im Rahmen seiner abschließenden Entscheidung mitberücksichtigt. Dass dies
sprachlich keinen Ausdruck in der Beurteilung gefunden hat, ist nach Nr. 9.2 Abs. 1 Satz
2 und Abs. 2 BRL unerheblich.
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Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen
Urteils. Soweit der Kläger meint, der Beurteilungsbeitrag des Polizeipräsidiums C. sei
nicht berücksichtigt worden, weil er sich in der Endbeurteilung nicht widerspiegele, trifft
dies nach dem zuvor Gesagten nicht zu. Nichts anderes gilt für die Ansicht des Klägers,
der Quervergleich des Endbeurteilers müsse auch solche Beamten einschließen, die an
einer Dienststelle tätig sind, an der sich ein nachzubeurteilender Beamter eine gewisse
Zeit aufgehalten hat. Dass der Endbeurteiler im Rahmen seiner Aufgabe, auf
einheitliche Beurteilungsmaßstäbe zu achten, auch Beurteilungsbeiträge anderer
Dienststellen in den Blick zu nehmen hat, trifft allerdings entgegen den Ausführungen
des Verwaltungsgerichts zu. Dem ist der Endbeurteiler im Streitfall - wie dargelegt - aber
gerecht geworden. Hieraus folgt zugleich, dass der Endbeurteiler den für die Absenkung
der Beurteilung maßgeblichen Quervergleich auf den gesamten Beurteilungszeitpunkt
bezogen hat.
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Schließlich ist auch der Beurteilungsstichtag mit dem 31. Dezember 1997
beanstandungsfrei festgesetzt worden. Nachbeurteilungen sind Beurteilungen, die
abweichend vom regulären Beurteilungsstichtag aufgeschoben werden. Hierzu gehören
auch die z.B. wegen eines Disziplinarverfahrens zurückgestellten Beurteilungen (Nr. 3.5
Satz 4 BRL). Ihre Nachholung beinhaltet deshalb notwendigerweise, dass sie auf die
Erkenntnislage in einem späteren Zeitpunkt abstellen, der mit dem regulären
Beurteilungsstichtag nicht identisch ist.
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Für den vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder
rechtlicher Schwierigkeiten gibt es im Hinblick auf das zuvor Ausgeführte keinen Anhalt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 52 Abs. 2, 71 Abs. 1 Satz 2 und Satz 1 GKG.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§
124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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