Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.06.2001

OVG NRW: serbien und montenegro, kosovo, grundversorgung, krankenversicherung, arbeitslosigkeit, gefahr, moslem, regierung, datum, asyl

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 5 A 1875/01.A
20.06.2001
Oberverwaltungsgericht NRW
5. Senat
Beschluss
5 A 1875/01.A
Verwaltungsgericht Köln, 21 K 3544/97.A
Das Prozesskostenhilfeverfahren wird eingestellt.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2001 ergangene Urteil
des Verwaltungsgerichts Köln wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
Das Prozesskostenhilfeverfahren ist einzustellen, nachdem die Klägerin den Antrag auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren mit Schriftsatz
ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. Mai 2001 zurückgenommen hat.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs.
3 Nr. 1 AsylVfG) nicht zu. In der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts ist geklärt,
dass Angehörige der Roma - gleich welcher Religionszugehörigkeit - in der
Bundesrepublik Jugoslawien weder der Gefahr einer politischen Gruppenverfolgung noch
einer "extremen Gefahrenlage" i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ausgesetzt sind.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2001 - 5 A 2706/96.A -, m.w.N.; Beschluss vom
1. März 2001 - 5 A 3804/99.A -; Beschluss vom 7. März 2001 - 5 A 3184/00.A -; Beschluss
vom 7. Juni 2001 - 5 A 2207/01.A -.
Diese Einschätzung wird durch den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und
abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien vom 8. Mai 2001
bestätigt: Diesem Bericht zufolge bemüht sich die Bundesrepublik Jugoslawien nachhaltig
um eine Verbesserung der Lage der Minderheiten im Lande. So hat die neue
Bundesregierung einen Sandzak-Moslem, Razim Lajic, zum Minderheitenminister berufen;
ein Ungar ist stellvertretender Premierminister der neuen serbischen Regierung. Ferner ist
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ein neues Minderheitengesetz angekündigt, das die Minderheitenrechte dem
internationalen Standard entsprechend gesetzlich fixieren soll. Rassistisch motivierte
Übergriffe durch minderheitenfeindliche Gruppierungen, wie z.B. Skinheads, zu denen es
in der Vergangenheit auch gegenüber Angehörigen der Roma vereinzelt gekommen ist,
vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2001 - 5 A 2706/96.A - m.w.N.,
werden von staatlicher Seite aus verfolgt.
AA, Bericht vom 8. Mai 2001, S. 11.
Abgesehen davon ist nicht ansatzweise erkennbar, dass solche vereinzelten Übergriffe
Dritter nach ihrer Anzahl oder zeitlichen Abfolge angesichts einer Gesamtzahl von 450.000
bis 900.000 Roma die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche
Verfolgungsdichte erreicht haben oder erreichen könnten.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2001 - 5 A 2706/96.A - m.w.N.
Der Umstand, dass nach dem Ende des Kosovo-Krieges tausende Roma, Ashkali und
Kosovo-Ägypter nach Serbien und Montenegro geflohen sind und dort, wenn auch in
Ghetto-Siedlungen, Aufnahme gefunden haben,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2001 - 5 A 2706/96.A - m.w.N.,
und sich die Bundesrepublik Jugoslawien um eine nachhaltige Verbesserung der Lage der
Minderheiten bemüht, macht im Gegenteil deutlich, dass von einer für die Annahme einer
Gruppenverfolgung erforderlichen Gefährdungslage nicht die Rede sein kann.
Aus denselben Gründen lässt sich auch eine "extreme Gefahrenlage" i.S.d. § 53 Abs. 6
Satz 1 AuslG,
vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1998 - 9 C 4.98 -, BVerwGE 108, 77 ff.,
für alle in die Bundesrepublik Jugoslawien zurückkehrenden Roma ohne Weiteres
verneinen.
Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage ist die Grundversorgung mit existenziell
notwendigen Lebensmitteln in der Bundesrepublik Jugoslawien gesichert.
AA, Bericht vom 8. Mai 2001, S. 15.
Gleiches gilt für die Gesundheitsfürsorge auf der Grundlage einer gesetzlichen
Krankenversicherung, die unabhängig von einem Arbeitsverhältnis besteht und eine
kostenfreie Gesundheitsversorgung aller Bevölkerungsgruppen auch bei Arbeitslosigkeit
zum Ziel hat. Grundsätzlich sind lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen für alle
Patienten - auch für mittellose Rückkehrer aus dem Ausland - kostenlos. Obwohl auf Grund
von Engpässen für viele staatlich finanzierte Behandlungen oft lange Wartelisten bestehen,
werden lebensbedrohliche Erkrankungen im Regelfall sofort behandelt.
AA, Bericht vom 8. Mai 2001, S. 15.
Angesichts dieser Umstände zeigt die Antragsschrift auch unter Berücksichtigung der
aktuellen Auskunftslage keinen weiteren Klärungsbedarf in Bezug auf die vorbezeichneten
Fragen auf.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b Abs. 1 AsylVfG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.