Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 02.12.2008

OVG NRW: hauptsache, eingriff, hyperopie, zustand, operation, mangel, kurzsichtigkeit, verminderung, form, verwaltung

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 1458/08
Datum:
02.12.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 B 1458/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 2 L 1392/08
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf bis zu 6.000,00
EUR festgesetzt.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
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Aus den in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146
Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht
dem erstinstanzlich gestellten Antrag durch Erlass einer entsprechenden einstweiligen
Anordnung hätte stattgeben müssen.
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Der Antragsteller hat auch im Beschwerdeverfahren keinen Anordnungsgrund gemäß §
123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 ZPO glaubhaft gemacht.
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Sowohl Haupt- als auch Hilfsantrag sind auf eine Vorwegnahme der Entscheidung in
der Hauptsache gerichtet. Mit der vorrangig begehrten Einstellung in den gehobenen
Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen würde der im Klageverfahren zu
verfolgende Anspruch erfüllt. Nichts anderes gilt für die hilfsweise beantragte
Verpflichtung des Antragsgegners zur Neubescheidung des Einstellungsbegehrens
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
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Dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes
des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gegeben sind, ist
auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich. Der
Antragsteller hat weder aufgezeigt, dass mit dem Abwarten der Entscheidung in der
Hauptsache eine unzumutbare Belastung verbunden wäre noch dass er im
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Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen würde.
Vgl. zu den Voraussetzungen OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2008 - 6 B 971/08 -.
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Damit fehlt es zugleich auch an der für den Erfolg des vorliegenden
Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines
Anordnungsanspruches.
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Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die mit fehlender
Polizeidiensttauglichkeit begründete Ablehnung des Einstellungsbegehrens des
Antragstellers durch das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und
Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen ermessensgerecht ist.
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Soweit die Beschwerde behauptet, dass der Antragsteller vor dem bei ihm
durchgeführten refraktionschirurgischen Eingriff polizeidiensttauglich gewesen sei, ist
die Relevanz dieses Umstandes für das Einstellungsbegehren nicht ersichtlich. Im
Übrigen trifft die Behauptung nicht zu. Nach 5.2.3 der Anlage 1 zur PDV 300 führt eine
Hyperopie in Zykloplegie über +2,5 dpt. sphärisch auf einem Auge zur
Polizeidienstuntauglichkeit. Der Antragsteller litt vor der Operation auf dem rechten
Auge an einer Hyperopie von +2,75 dpt.
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Die angegriffene Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit des Antragstellers knüpft
auch nicht unzulässigerweise an eine ungewisse künftige Entwicklung seiner
gesundheitlichen Eignung an, wie die Beschwerde meint. Ausgangpunkt dieser
Beurteilung ist vielmehr der gegenwärtige gesundheitliche Zustand des Antragstellers
nach dem refraktionschirurgischen Eingriff, der mit einer Veränderung der Augen
verbunden war. Die Einstellungsvoraussetzung der Polizeidiensttauglichkeit umfasst
auch die Prognose, dass der Bewerber nach seinem im Einstellungszeitpunkt
festgestellten körperlichen und geistigen Zustand den gesundheitlichen Anforderungen
des Polizeivollzugsdienstes dauerhaft gewachsen sein wird. Besteht - wie hier -
mangels hinreichender medizinischer Erkenntnisse Unsicherheit, ob bei einem
Bewerber der im Hinblick auf einen früheren körperlichen Mangel feststellbare Heilerfolg
von Dauer sein wird, ist es sachgerecht, von der Einstellung dieses Bewerbers im
Interesse einer sparsamen Verwaltung und eines möglichst reibungslosen
Funktionierens des Polizeivollzugsdienstes abzusehen. Die Unsicherheit der Prognose
wird nicht dadurch beseitigt, dass sich bei dem Antragsteller derzeit keine
Einschränkungen der Sehfähigkeit beobachten lassen, denn es sind gerade die
Langzeitfolgen des refraktionschirurgischen Eingriff, die nicht absehbar sind.
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Die Tolerierung refraktionschirurgischer Eingriffe auf Grund von Kurzsichtigkeit, mit der
die Beschwerde argumentiert, verhilft ihr nicht zum Erfolg. Es handelt sich dabei nach
den unwidersprochenen Ausführungen des Antragsgegners um eine andere Form des
Eingriffs, die überdies schon länger praktiziert wird und bei der mögliche Langzeitfolgen
eher abschätzbar sind.
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Dass der bei dem Antragsteller durchgeführte refraktionschirurgische Eingriff in anderen
Bundesländern möglicherweise nicht als Einschränkung der Polizeidiensttauglichkeit
angesehen wird, ist hier ohne Belang, da insoweit unterschiedliche Ergebnisse
sachgerecht sein können und die Sichtweise des polizeiärztlichen Dienstes in
Nordrhein-Westfalen unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden ist.
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Weshalb es für den Ausgang dieses Verfahrens darauf ankommen soll, welche
Auskünfte dem Antragsteller von Seiten des Antragsgegners vor und nach seiner
Bewerbung erteilt worden sind, ist nicht ersichtlich.
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Es mag offen bleiben, ob der Hilfsantrag - was zweifelhaft ist - dahingehend ausgelegt
werden kann, dass der Antragsteller die Freihaltung einer Planstelle bis zur erneuten
Entscheidung über sein Einstellungsersuchen begehrt. Jedenfalls ist mit dem
Beschwerdevorbringen kein Fehler der Auswahlentscheidung dargetan.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung
orientiert sich an den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG. Eine den
grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung
des sich aus diesen Vorschriften ergebenden Wertes ist nicht geboten, da der für die
Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag hier auf die Vorwegnahme der
Hauptsache und damit eine endgültige Entscheidung gerichtet ist.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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