Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 21.03.2001

OVG NRW: wissenschaft und forschung, nebentätigkeit, vergütung, universität, vorteilsausgleich, unechte rückwirkung, erlass, pauschalierung, kostendeckungsprinzip, vertrauensschutz

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 1945/98
Datum:
21.03.2001
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 A 1945/98
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 2 K 4305/95
Tenor:
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger ist seit dem 25. Februar 19.. beamteter Universitätsprofessor. Mit seiner
Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe C 4 BBesO wurde er zum Leiter
der Abteilung für Nuklearmedizin an der Universität E. bestellt. Im Rahmen einer ihm
zugleich erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung behandelte er Privatpatienten auf
eigene Rechnung innerhalb der Klinik stationär und ambulant.
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Mit Festsetzungsbescheid vom 10. März 19.. setzte die Universität E. für das Jahr 19..
ein Nutzungsentgelt für die ärztliche Nebentätigkeit des Klägers im stationären Bereich
sowie für seine sonstige ärztliche Nebentätigkeit in Höhe von 60.307,26 DM fest. Der
Kläger hatte für das Jahr 19.. Einnahmen aus seiner ärztlichen Nebentätigkeit in Höhe
von insgesamt 219.271,88 DM (21.481,07 DM + 197.790,81 DM) deklariert.
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Der Kläger erhob gegen den Festsetzungsbescheid vom 10. März 19.. Widerspruch und
machte geltend: Die mit der 2. Verordnung zur Änderung der
Hochschulnebentätigkeitsverordnung (HNtV) vom 19. November 19.., GV NW 964,
rückwirkend zum 1. Januar 19.. vorgenommene Erhöhung des Nutzungsentgelts
verstoße gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Der finanzielle
Umfang, in welchem er nunmehr insgesamt belastet werde, sei mit dem
Äquivalenzprinzip nicht mehr zu vereinbaren. Zu dem abzuführenden Nutzungsentgelt
träten für ihn als „Neuvertragler" mit einer nach dem Jahresende 19.. erteilten
4
Nebentätigkeitsgenehmigung hinzu eine Honorarminderung gemäß § 6 a der
Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), eine Sachkostenerstattung gemäß § 17 Abs. 2 HNtV,
eine abgegoltene Kostenerstattung gemäß § 4 Abs. 3 GOÄ, eine Mitarbeiterbeteiligung
gemäß § 15 Abs. 2 der Berufsordnung für die Deutschen Ärzte, Eigenaufwendungen für
persönlich angeschafftes Inventar und Material, Kosten für persönlich angestelltes
nichtärztliches Personal, Rechtsverfolgungskosten, Steuerberatungskosten, Kosten der
Fortbildung sowie Kammer- und Versicherungsbeiträge. Bezüglich seiner
Nebentätigkeit im ambulanten Bereich sei die Erhöhung des Hundertsatzes von 20 auf
25 rechtswidrig, da die vom Verordnungsgeber insoweit herangezogene Erhöhung der
Personalkosten sich bereits in der nach § 17 Abs. 2 HNtV in das Nutzungsentgelt
einzubeziehenden Sachkostenberechnung niedergeschlagen habe. Dies bedeute eine
doppelte Belastung. Hiernach stehe das verlangte Nutzungsentgelt sowohl im
stationären und teilstationären als auch im ambulanten Bereich nicht mehr in einer
ausgewogenen Relation zu der aus der Nebentätigkeit gezogenen Vergütung. Die nach
dem Äquivalenzprinzip zulässige Belastungsgrenze sei bei weitem überschritten, so
dass Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) verletzt sei. Außerdem werde dadurch,
dass die erhöhten Nutzungsentgelte rückwirkend seit dem 1. Januar 19.. gelten sollten,
in unzulässiger Weise in tatsächlich abgeschlossene Sachverhalte rückwirkend
eingegriffen. Das Nutzungsentgelt sei auch falsch berechnet, weil es ärztliche
Leistungen einbeziehe, die noch im Jahre 19.. erbracht und abgerechnet, aber erst im
Jahre 19.. bezahlt worden seien.
Der Rektor der Universität E. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.
März 19.. zurück. Zur Begründung führte er aus: Es könne nicht festgestellt werden, dass
die Belastungsgrenze überschritten sei. Die vom Kläger angeführten anderen
"Abgaben" bzw. "Belastungen" müssten außer Betracht bleiben. Im Übrigen dürfte auch
bei deren Berücksichtigung der vom Kläger durch die Inanspruchnahme der Mittel der
Universität erzielte wirtschaftliche Nutzen seiner Nebentätigkeit überwiegen. Des
Weiteren liege keine unzulässige Rückwirkung vor. Es handele sich allenfalls um eine
unechte Rückwirkung. Aber auch bei einer echten Rückwirkung sei dem Kläger kein
Vertrauensschutz zuzubilligen, da er mit der Änderung der HNtV habe rechnen müssen.
Er sei von der Universität E. mit Schreiben vom 15. März 19.. unter Hinweis auf
entsprechende ministerielle Erlasse auf die zu erwartende Erhöhung der
Nutzungsentgelte hingewiesen worden.
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Mit der Klage hat der Kläger seine Widerspruchsbegründung vertieft und im
Wesentlichen geltend gemacht: Sein Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen
Regelung sei durch den auch ihm zugegangenen Erlass des Ministeriums für
Wissenschaft und Forschung vom 22. Dezember 19.. nicht erschüttert worden, zumal er
erst im Februar 19.. Klinikdirektor geworden sei. In dem Erlass habe es lediglich
allgemein geheißen, dass im Laufe des Jahres 19.. rückwirkend zum 1. Januar 19..
voraussichtlich eine Änderung über die Regelung des Nutzungsentgelts gemäß § 17
HNtV im Hinblick auf Kostenerstattung und Vorteilsausgleich erforderlich werde und mit
einer Erhöhung der abzuführenden Beträge zu rechnen sei. Das reiche unter dem
Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht aus. Die schlichte Ankündigung einer
Änderung der HNtV könne nicht einem Gesetzesbeschluss des Bundestages
gleichgesetzt werden. Außerdem sei ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip zu
verzeichnen. Das Nutzungsentgelt sei unmittelbar und primär nach dem
Kostendeckungsprinzip zu bemessen, und der Dienstherr dürfe die Nutzungsentgelte in
ihrer Gesamtheit nicht von vornherein als zusätzliche Einnahmequelle ausgestalten
oder als Instrument der Intervention oder der Sozialpolitik missbrauchen. Die
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Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 der Bundespflegesatzverordnung schließe die
Deckungslücke, die dem Träger der Medizinischen Einrichtungen der Universität
dadurch entstehe, dass der liquidationsberechtigte Arzt die Mittel der Universität für
seine Nebentätigkeit in Anspruch nehme, mehr als vollständig. Somit könne kein Raum
mehr sein für eine weiter gehende Kostenerstattung im Rahmen des
Nebentätigkeitsrechts. Ferner sei die in der HNtV vorgenommene Pauschalierung durch
Vomhundertsätze nicht zulässig. Der Dienstherr könne nicht davon ausgehen, dass alle
leitenden Hochschulärzte den Gebührenrahmen in gleichem Maße ausschöpften. Dabei
sei zu berücksichtigen, dass sie bei hoher Spezialisierung gesonderte
Honorarvereinbarungen mit den Privatpatienten träfen. Auch seien die Unterschiede
zwischen den klinischen Fächern zu groß, um sie über einen Leisten schlagen zu
können. Im Übrigen sei das Nutzungsentgelt nunmehr völlig von den tatsächlich
gegenüberstehenden Kosten abgekoppelt worden und verstoße schon deshalb gegen
das Kostendeckungsprinzip. Außerdem werde gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen.
Der Vorteil des Beamten sei lediglich in angemessener Weise zu berücksichtigen,
zumal die Privatbehandlung von Patienten durch leitende Krankenhausärzte auch
große Vorteile für den Klinikträger bringe. Dem Beamten müsse der eindeutig
überwiegende Teil des aus der Nebentätigkeit gewonnenen wirtschaftlichen Nutzens
verbleiben. Das sei hier nicht der Fall. Des Weiteren sei die Höhe des Nutzungsentgelts
willkürlich, da sie in keinerlei Zusammenhang mit Art und Umfang der Benutzung stehe,
somit gegen den bei der Erhebung von Benutzungsgebühren geltenden
Wahrscheinlichkeitsmaßstab verstoße und die Möglichkeit einer Einzelfallkorrektur nicht
vorgesehen sei. Er, der Kläger, habe Eigenaufwendungen in Höhe von mehr als 50 v.H.
seiner im Jahre 19.. erzielten privatärztlichen Gesamteinnahmen zu tragen, und zwar für
Personal, Räume und bürotechnische Ausstattung, für Steuern, Versicherungen und
Beiträge, Fahrzeugkosten, Praxis- und Laborbedarf, Abschreibungen und sonstige
"verschiedene" Kosten. Darüber könne sein Steuerberater Auskunft geben. Diese
Eigenaufwendungen habe er unabhängig von der Zurverfügungstellung von
Einrichtungen, Personal und Material durch den Dienstherrn getätigt. Daher werde er
durch den Vorteilsausgleich unter Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip doppelt
belastet. Schließlich werde er durch das Nutzungsentgelt willkürlich behandelt. Ein
einleuchtender Grund für eine Differenzierung zwischen Medizinern und
Nichtmedizinern - etwa Professoren der Betriebswirtschaft und der Architektur, die
ebenfalls hohe Einkünfte aus Nebentätigkeiten hätten - sei nicht gegeben. Das
Nutzungsentgelt sei eine unzulässige zusätzliche Steuer für Klinikdirektoren, die sie
doppelt belaste. Ihnen werde gleichsam mit der linken Hand wieder genommen, was der
Dienstherr mit der rechten Hand durch die Gestattung, sich bei der Nebentätigkeit des
behördlichen Apparats zu bedienen, gegeben habe. Es sei in jedem Einzelfall zu
prüfen, ob die Abführungspflicht den Chefarzt übermäßig belaste.
Der Kläger hat beantragt,
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den Festsetzungsbescheid des Rektors der I. -I. -Universität E. vom 10. März 19.. in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. März 19.. aufzuheben.
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Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides
vom 24. März 19.. beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen, da
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das mit den angegriffenen Verwaltungsentscheidungen für das Jahr 19.. festgesetzte
Nutzungsentgelt rechnerisch jedenfalls nicht zu hoch bemessen sei und auch im
Übrigen den Kläger nicht in seinen Rechten verletze.
Mit seiner (vom Senat zugelassenen) Berufung nimmt der Kläger auf sein
erstinstanzliches Vorbringen Bezug, welches er vertieft. Ergänzend führt er im
Wesentlichen aus: Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der es
für die Frage der Rechtmäßigkeit des Nutzungsentgelts nur auf deren Gesamthöhe
ankomme, könne nicht mehr gelten, nachdem die Neufassung des § 17 Abs. 1 Nr. 2
HNtV Kostenerstattung und Vorteilsausgleich getrennt nebeneinander aufführe und
diese beiden Bestandteile getrennt überprüft werden müssten. Unter Berücksichtigung
dessen hätte der Verordnungsgeber darlegen müssen, dass der dem
liquidationsberechtigten Arzt entstandene Vorteil sich quantitativ und/oder qualitativ
gesteigert habe. Das habe der Verordnungsgeber nicht getan, und eine solche
Steigerung sei auch nicht eingetreten. Bei der Bemessung des pauschalierten
Vomhundertsatzes sei der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, bei welchem
betriebswirtschaftliche und steuerrechtliche Beurteilungsgrundsätze berücksichtigt
werden müssten, nicht beachtet worden. Er verweise hierzu auf seine Angaben zu den
ihm entstandenen Eigenaufwendungen, die 19.. mehr als 50 v.H. seiner erzielten
privatärztlichen Gesamteinnahmen ausgemacht hätten und die entgegen der
Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der Ermittlung seines Vorteils berücksichtigt
werden müssten. Es treffe nicht zu, dass bei der Prüfung der Angemessenheit des
Nutzungsentgelts bereits auf einer ersten Stufe diejenigen Kosten auszuklammern
seien, die durch die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des
Dienstherrn verursacht worden seien, und dass als Ausgangsgröße nur die Früchte des
höchstpersönlichen Einsatzes, die von dem Arzt an den Patienten erbrachten
Leistungen, zu sehen seien. Dies würde u.a. zu einer unzulässigen Kumulierung von
Kostenerstattung und Vorteilsausgleich führen. Der Wert der eigenen Arbeitsleistung
des Chefarztes lasse sich auch nicht in der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen
Weise schätzen oder eingrenzen. Dies führe zu einem Zirkelschluss und zu
Ergebnissen mit einem hohen Grad von Beliebigkeit. Es müsse auf die Bruttovergütung
des Arztes im Sinne der von ihm erbrachten Wertschöpfung abgestellt werden.
Außerdem ergebe sich aus einem Urteil des T. -I. Oberverwaltungsgerichts vom 27. Juli
19.. - 3 L 198/98 -, dass § 17 Abs. 1 Nr. 2 HNtV eine unzulässige Doppelbelastung der
Chefärzte beinhalte. Mit der nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV zu berechnenden
Kostenerstattung würden unter Verstoß gegen den in Art. 31 GG festgelegten Vorrang
von Bundesrecht gegenüber Landesrecht und unter dem Deckmantel des
Vorteilsausgleichs zusätzliche Kosten erhoben, die bereits bundesgesetzlich im
Rahmen der BPflV von ihm, dem Kläger, erhoben worden seien.
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Der Kläger beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten
Klageantrag zu erkennen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er bezieht sich im Wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils, denen er
beitritt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf die Streitakte, die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und
Unterlagen sowie auf ein vom Kläger eingereichtes, als Beiakte Heft 7 angelegtes
Gutachten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen. Die vom Kläger angegriffene Festsetzung des von ihm für das Jahr 19..
abzuführenden Nutzungsentgelts ist rechtlich einwandfrei.
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Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 HNtV in der mit Wirkung vom 1. Januar 1993 in Kraft
getretenen Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 19. November 1993, aaO.,
veröffentlicht am 21. Dezember 1993, ist als Nutzungsentgelt bei ärztlicher
Nebentätigkeit im stationären Bereich bei Genehmigung der Nebentätigkeit nach dem
31. Dezember 1992 zu zahlen die nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 der
Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der jeweils geltenden Fassung zu berechnende
Kostenerstattung zuzüglich eines Vorteilsausgleichs von 20 v.H. der bezogenen
Vergütung. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 HNtV sind bei sonstiger ärztlicher Nebentätigkeit
neben den Sachkosten als Nutzungsentgelt 25 v.H. der bezogenen Vergütung, die nach
Abzug der Sachkosten und der Kosten für zahntechnische Leistungen Dritter verbleibt,
zu entrichten. Diese Vorschriften sind für die vom Kläger im Jahre 19.. bezogene, d.h. in
dieser Zeit ihm zugeflossene Vergütung für seine Nebentätigkeit im stationären sowie
im sonstigen (ambulanten) Bereich maßgebend. Dass das von der Universität E. nach
diesen Maßgaben für das Jahr 19.. festgesetzte Nutzungsentgelt rechnerisch zu hoch
bemessen sei, ist nicht erkennbar, und gegen die Wirksamkeit des § 17 Abs. 1 Nr. 2 und
Abs. 2 HNtV in der mit Wirkung vom 1. Januar 19.. in Kraft getretenen Fassung bestehen
entgegen der Auffassung des Klägers keine rechtlich durchgreifenden Bedenken. Daran
scheitert der Erfolg der Klage.
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Der Senat sieht das in § 72 Abs. 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen (LBG NRW) festgelegte Prinzip der Angemessenheit des Nutzungsentgelts
("Äquivalenzprinzip") als gewahrt an. Es ist nicht zu beanstanden, dass das
Nutzungsentgelt nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 HNtV außer der nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV
festzusetzenden Kostenerstattung auch - als Vorteilsausgleich - 20 v.H. der bezogenen
Vergütung ausmacht; das gleiche gilt für die Steigerung von 20 v.H. auf 25 v.H. der
bezogenen Vergütung neben den (vorliegend allein in Betracht kommenden)
Sachkosten für sonstige ärztliche Tätigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 HNtV).
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Vgl. zu § 17 Abs. 1 HNtV in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung,
wonach das Nutzungsentgelt 20 v.H. der bezogenen Vergütung (ohne Sachkosten) bei
ärztlicher Nebentätigkeit in Medizinischen Einrichtungen betrug,
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 5.
November 1987 - 6 A 1402/84 -; zu § 17 Abs. 1 HNtV in der bis zum 31. Dezember 1992
geltenden Fassung, wonach das Nutzungsentgelt bei ärztlicher Nebentätigkeit im
stationären und teilstationären Bereich 25 v.H. der bezogenen Vergütung betrug, OVG
NRW, Urteil vom 17. August 1993 - 6 A 220/92 -, und zu § 17 Abs. 1 Nr. 1 HNtV in der
seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung, wonach das Nutzungsentgelt bei ärztlicher
Nebentätigkeit im stationären Bereich 35 v.H. der um die Kostenerstattung nach § 13
Abs. 3 Nr. 6 a Buchstabe b BPflV in der jeweils geltenden Fassung geminderten
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bezogenen Vergütung beträgt, wenn die Nebentätigkeit vor dem 1. Januar 1993
genehmigt worden ist, OVG NRW, Urteile vom heutigen Tage - 6 A 1263/97 - und - 6 A
3320/98 -.
Das Äquivalenzprinzip verlangt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem
Nutzungsentgelt und der aus der Nebentätigkeit bezogenen Vergütung. Dem Beamten
muss der eindeutig überwiegende Teil des aus der eigentlichen Nebentätigkeit, aus
seinen eigenen Leistungen, gewonnenen wirtschaftlichen Nutzens verbleiben. Es geht
darum, dass dem Beamten die Früchte seines persönlichen Einsatzes überwiegend
verbleiben sollen.
24
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 11. Oktober 1990 - 2 C 46.88 -,
Zeitschrift für Beamtenrecht (ZBR) 1991, 142, und vom 5. November 1998 - 2 A 8.97 -,
ZBR 1999, 200; OVG NRW, Urteil vom 16. September 1997 - 6 A 1398/95 -, bestätigt
durch BVerwG, Urteil vom 2. September 1999 - 2 C 22.98 -; OVG NRW, Urteil vom 16.
September 1997 - 6 A 1399/95 -, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 2. September 1999
- 2 C 23.98 -; offen gelassen durch BVerwG, Urteil vom 16. November 2000 - 2 C 35.99 -
, Dokumentarische Berichte Ausgabe B 2001, 78.
25
Nach den Zahlenverhältnissen ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger weniger verbleibt:
Er bezog nach den von ihm vorgelegten Zahlen im Jahre 19.. Vergütungen aus seiner
ärztlichen Nebentätigkeit in Höhe von insgesamt 219.271,88 DM (21.481,07 DM +
197.790,81 DM). Hiervon hat er gemäß dem Festsetzungsbescheid vom 10. März 19..
als Nutzungsentgelt abzuführen
26
33.119,62 DM (2.442,71 DM + 30.676,91 DM) als Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Nr.
6 BPflV für seine ärztliche Nebentätigkeit im stationären Bereich,
27
15.140,13 DM als Vorteilsausgleich für seine ärztliche Nebentätigkeit im stationären
Bereich,
28
95.381,25 DM (33.393,93 DM + 61.987,32 DM) als Sachkosten für seine ärztliche
Nebentätigkeit im ambulanten Bereich,
29
12.047,51 DM (11.842,70 DM + 204,81 DM) als weiteres Nutzungsentgelt neben den
vorgenannten Sachkosten für seine ärztliche Nebentätigkeit im ambulanten Bereich.
30
Danach hat der Kläger allerdings von den ihm 19.. zugeflossenen Vergütungen von
219.271,88 DM insgesamt 155.688,51 DM, also weit mehr als 50 v.H., als
Nutzungsentgelt abzuführen. Dennoch ist das Äquivalenzprinzip nicht verletzt.
31
Die Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV und die Sachkosten im Sinne des
§ 17 Abs. 2 HNtV stellen nach dem „Kostendeckungsprinzip" die Untergrenze des
Nutzungsentgelts dar, die nicht unterschritten werden darf.
32
Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 12. März 1987 - 2 C 55.84 -, Der
Öffentliche Dienst 1987, 231; OVG NRW, Urteile vom 5. November 1987 - 6 A 1402/84 -
und vom 17. August 1993 - 6 A 220/92 -.
33
Diese beiden Posten belaufen sich hier auf zusammen 128.500,87 DM (33.119,62 DM
für die ärztliche Nebentätigkeit des Klägers im stationären Bereich und 95.381,25 DM für
34
seine ambulante ärztliche Nebentätigkeit). Die gemessen an den bezogenen
Vergütungen von insgesamt 219.271,88 DM auffällige Höhe dieser Summe erklärt sich
daraus, dass der Kläger als Direktor der Abteilung für Nuklearmedizin in verstärktem
Umfang kostenaufwändige Einrichtungen und Apparaturen der Universitätskliniken E. in
Anspruch nahm. Diese angebliche "Wertschöpfung" von 128.500,87 DM ist im
vorliegenden Zusammenhang nicht als Ertrag seiner eigentlichen Nebentätigkeit
einzuordnen. Es handelt sich insoweit nicht um Früchte seines persönlichen Einsatzes,
sondern um die Kosten der Verwendung von Mitteln des Dienstherrn zur Ausübung
seiner Nebentätigkeit. Diese (vom Kläger seinen Privatpatienten in Rechnung
gestellten) Kosten sind bei der Prüfung, ob ihm der eindeutig überwiegende Teil des
aus seinen eigenen Leistungen gewonnenen wirtschaftlichen Nutzens seiner ärztlichen
Nebentätigkeit verbleibt, mithin auszuklammern.
Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteile vom 16. September 1997 - 6 A
1398/95 - und - 6 A 1399/95 -.
35
Hiernach sind als Summe der vom Kläger im Jahre 19.. bezogenen Vergütungen, die
als auf seinem persönlichen Einsatz beruhend einzuordnen sind, höchstens 90.771,01
DM, die um die Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV und um die Sachkosten
im Sinne des § 17 Abs. 2 HNtV geminderte Summe der bezogenen Vergütungen,
anzusetzen. Gemäß dem Festsetzungsbescheid vom 10. März 19.. beläuft sich der vom
Kläger abzuführende Vorteilsausgleich für seine ärztliche Nebentätigkeit im stationären
Bereich auf 15.140,13 DM und das nach Abzug der Sachkosten abzuführende
Nutzungsentgelt für seine ärztliche Nebentätigkeit im ambulanten Bereich auf 12.047,51
DM, insgesamt also auf 27.187,64 DM. Nach diesen - hier entscheidenden -
Bezugsgrößen verbleibt dem Kläger der eindeutig überwiegende Teil des aus der
eigentlichen Nebentätigkeit gewonnenen wirtschaftlichen Nutzens (rund 70 v.H.).
36
Dieses anhand der konkreten Umstände des Streitfalles sich ergebende Resultat
entspricht dem mit der Neuregelung des Nebentätigkeitsrechts aufgestellten generellen
System: Bei abstrakter, von den konkreten Fallumständen gelöster Betrachtung fließen
von einem (von dem Privatpatienten gezahlten Betrag) von 100,-- DM dem Beamten als
einem "Neuvertragler" bei ärztlicher Nebentätigkeit im stationären Bereich 75,-- DM zu;
gemäß § 6 a Abs. 1 Satz 1 GOÄ greift eine Gebührenminderung von 25 v.H. Die
"bezogene Vergütung" beträgt also 75,-- DM. Von diesem Betrag hat der Beamte die
nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV für die betriebswirtschaftlichen Kosten, die dem
Krankenhausträger durch die Bereitstellung von Personal, Material und Einrichtungen
entstehen, zu berechnende Kostenerstattung - 40 v.H. bzw. 20 v.H. der auf die
betreffenden ärztlichen Leistungen vor Abzug der Gebührenminderung nach § 6 a Abs.
1 Satz 1 GOÄ entfallenden Gebühren - zu zahlen. Danach verbleiben dem Beamten 35,-
- DM (bei Leistungen nach dem Gebührenrahmen von 40 v.H.) bzw. 55,-- DM (bei
Leistungen nach dem Gebührenrahmen von 20 v.H.). Zusätzlich hat der Beamte als
Vorteilsausgleich 20 v.H. der bezogenen Vergütung von 75,-- DM (15,-- DM) zu zahlen.
Danach verbleibt ihm von der auf seinen eigenen Leistungen beruhenden Vergütung
(35,-- DM bzw. 55,-- DM) mehr als die Hälfte, nämlich 20,-- DM bzw. 40,-- DM.
37
Die Auffassung des Klägers, § 17 Abs. 1 Nr. 2 HNtV normiere über die Kostenerstattung
nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV hinaus (unzulässigerweise) eine weitere Kostenerstattung,
trifft ohnehin nicht zu. Für die "Neuvertragler" ist in dieser Bestimmung lediglich
zusätzlich ein Vorteilsausgleich vorgesehen.
38
Ein Missbrauch des Nutzungsentgelts als zusätzliche Einnahmequelle für den
Dienstherrn liegt unter diesen Umständen entgegen der Auffassung des Klägers nicht
vor. Gemäß § 75 Satz 2 Nr. 6 LBG NW ist das Nutzungsentgelt mindestens
kostendeckend zu bemessen und soll den besonderen Vorteil berücksichtigen, der dem
Beamten durch die Inanspruchnahme der Mittel des Dienstherrn entsteht (vgl. auch § 15
Abs. 1 Satz 2 HNtV). Das Nutzungsentgelt dient danach nicht vorrangig der
Entschädigung des Dienstherrn. Im Vordergrund steht vielmehr die Erfassung des
Vorteils, der dem Beamten durch die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal
oder Material des Landes erwächst. Das Kostendeckungsprinzip dient, wie bereits
angesprochen, lediglich als Korrekturfaktor im Sinne einer nicht zu unterschreitenden
Untergrenze des Nutzungsentgelts. Die Berufung des Klägers auf den bei der Erhebung
von Benutzungsgebühren heranzuziehenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab, über den
nicht hinausgegangen werden dürfe, geht somit fehl.
39
Auch ist, anders als der Kläger meint, die in § 17 HNtV vorgenommene Pauschalierung
des Nutzungsentgelts durch Vomhundertsätze unter Ausschluss einer individuellen
anderweitigen Festsetzung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anwendung eines
pauschalen Vomhundertsatzes verstößt nicht gegen den Grundsatz, dass dem Beamten
der eindeutig überwiegende Teil des aus der eigentlichen Nebentätigkeit, seinen
eigenen Leistungen, gewonnenen wirtschaftlichen Nutzens verbleiben muss.
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Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. März 1987 - 2 C 10.83 -, ZBR 1987, 339, vom 11. Oktober
1990 - 2 C 46.88 -, a.a.O., vom 2. Februar 1995 - 2 C 19.94 -, ZBR 1995, 240 = Schütz,
Beamtenrecht des Bundes und der Länder, ES/B I 2.6 Nr. 17, und vom 5. November
1998 - 2 A 8.97 -, ZBR 1999, 200.
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Die Pauschalierung dient in sachgerechter Weise der Vereinfachung und
Beschleunigung der Berechnung des Nutzungsentgelts. Sie mag zwar u.a. wegen der
Unterschiede zwischen den klinischen Fächern und der unterschiedlichen Handhabung
der Chefärzte bei der Ausgestaltung ihrer ärztlichen Nebentätigkeit auf nicht in jeder
Hinsicht gleichliegende Sachverhalte treffen. Dies ist jedoch nicht prinzipiell unzulässig
und bedeutet insbesondere keine gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3
des Grundgesetzes verstoßende gesetzgeberische Willkür. In Fällen der vorliegenden
Art wären ansonsten umfangreiche konkrete Berechnungen erforderlich, die einen
hohen verwaltungsmäßigen Aufwand erfordern würden und/oder mit Unsicherheiten in
tatsächlicher Hinsicht verbunden wären. Dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit
eines Abweichens von der pauschalen Berechnung bei ärztlicher Nebentätigkeit (im
Gegensatz zu dem Nutzungsentgelt bei nichtärztlicher Nebentätigkeit, vgl. § 16 Abs. 2
HNtV) nicht ermöglicht hat, begegnet in Anbetracht der Komplexität der Grundlagen der
Pauschalierung - sowohl hinsichtlich der Kosten des Dienstherrn als auch des
Nutzungsvorteils des Beamten - keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 1992 - 12 A 2277/89 -.
43
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, er habe selbst hohe
Beträge in seine Nebentätigkeit investiert und müsse zahlreiche Abgaben zahlen, wie
sein Steuerberater bestätigen könne, führt dies nicht zu einer ihm günstigeren
Betrachtung. Die Pauschalierung soll einen unvertretbaren Verwaltungsaufwand bei der
Festsetzung der Nutzungsentgelte verhindern. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn der
Auffassung des Klägers folgend eine Einzelberechnung unter Berücksichtigung der
jeweiligen Umstände des Falles stattfinden würde. Demzufolge ist es unerheblich, ob
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der einzelne Hochschullehrer überhaupt und gegebenenfalls in welchem Maße neben
Personal und Sachmitteln des Dienstherrn auch eigenes Personal und eigene
Sachmittel eingesetzt oder sonst eigene Kosten für die Nebentätigkeit aufgewendet hat.
Derartige Aufwendungen lassen den Vorteil unberührt, der dem Beamten aus der
Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn erwächst.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2000 - 2 C 35.99 -, m.w.N.
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Eine Willkür des Verordnungsgebers ergibt sich auch nicht aus der Kritik des Klägers,
die HNtV belaste leitende Ärzte eines Universitätskrankenhauses im Vergleich zu
Professoren nichtmedizinischer Bereiche, die ebenfalls hohe Einkünfte aus
Nebentätigkeit erzielten, ohne sachlichen Grund zu hoch. Dem ist nicht zu folgen.
Beamtete Ärzte in Medizinischen Einrichtungen einer Universität haben den Vorteil,
dass sie die typischerweise besonders aufwändige materielle wie auch personelle
Ausstattung der Medizinischen Einrichtungen nicht auf eigenes Risiko vorhalten
müssen. Ihr Vorteil übersteigt in der Regel den der übrigen Hochschulbeamten.
46
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 1990 - 2 C 46.88 -, a.a.O..
47
Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass dies im Falle des Klägers ausnahmsweise anders
zu sehen sei, sind nicht gegeben. Insbesondere bedingte das Gebiet der
Nuklearmedizin, auf dem der Kläger tätig ist, dass er - wie ausgeführt worden ist -
kostenaufwändige Einrichtungen und Apparaturen, die ihm der Dienstherr zur
Verfügung stellte, in besonders großem Umfang in Anspruch nahm.
48
Des Weiteren trifft die Auffassung des Klägers nicht zu, bezüglich der aus einer
ärztlichen Nebentätigkeit erzielten Vergütungen für im Jahre 19.. erbrachte ärztliche
Leistungen, die erst 19.. bezahlt worden seien, dürfe ein Nutzungsentgelt nur nach der
"preiswerteren" Regelung des § 17 HNtV in der bis zum 31. Dezember 19.. geltenden
Fassung erhoben werden. Im Falle des Klägers ist das ohnehin nicht von Belang; die
Nebentätigkeitsgenehmigung ist ihm erst im Jahre 19.. erteilt worden. Im Übrigen
bezieht sich § 17 HNtV sowohl in der mit Wirkung vom 1. Januar 19.. in Kraft getretenen
als auch in der vorangegangenen Fassung auf die "bezogene" Vergütung. Eine
Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Erbringung der Leistungen oder etwa auch dem
Zeitpunkt der hierüber ausgestellten ärztlichen Rechnungen findet nicht statt, auch nicht
durch Übergangsvorschriften. Demnach fallen alle Vergütungen aus einer
Nebentätigkeit, die dem Beamten im Jahre 19.. zugeflossen sind, unter die seit dem 1.
Januar 19.. geltenden Bestimmungen. Die HNtV regelte und regelt keinen "Preis" für
eine ärztliche Nebentätigkeit, den der Arzt als Grundlage für eine wirtschaftliche
Kalkulation bezüglich der "Umsätze" aus seiner Nebentätigkeit schon zum Zeitpunkt der
Patientenbehandlung wissen müsste.
49
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 1993 - 6 A 220/92 -.
50
Die vom Kläger unter Hinweis auf das (§ 14 Abs. 1 der in T. -I. geltenden
Hochschulnebentätigkeitsverordnung betreffende) Urteil des T. -I.
Oberverwaltungsgerichts vom 27. Juli 1999 - 3 L 198/98 - (im Ergebnis bestätigt durch
BVerwG, Urteil vom 16. November 2000 - 2 C 37.99 -) erhobenen Bedenken gegen die
Rechtsgültigkeit des § 17 Abs. 1 Nr. 2 HNtV teilt der Senat nicht. Im Rahmen der
letztgenannten Vorschrift stellt "die nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV in der jeweils geltenden
Fassung zu berechnende Kostenerstattung" lediglich einen Berechnungsposten dar.
51
Dieser ergibt unter Hinzurechnung von 20 v.H. der bezogenen Vergütung das zu
zahlende Nutzungsentgelt. Entscheidend ist auch in diesem Zusammenhang, dass das
Äquivalenzprinzip nicht verletzt ist. Dass letzteres bezogen auf die hier angefochtene
Verwaltungsentscheidung zu bejahen ist, ist ausgeführt worden. Soweit der Kläger
bezweifelt, dass die gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 HNtV "nach § 13 Abs. 3 Nr. 6 BPflV in der
jeweils geltenden Fassung zu berechnende Kostenerstattung" auf die tatsächlich
ungedeckten Kosten des Krankenhausträgers für die Bereitstellung von Personal,
Material und Einrichtungen beschränkt sei, betrifft dies nicht die hier entscheidende
Frage der Wahrung des Äquivalenzprinzips, sondern die Berechtigung der
Kostenerstattung nach den Vorschriften der BPflV. Außerdem handelt es sich hierbei
lediglich um eine Vermutung des Klägers, der der Senat nicht weiter nachzugehen
brauchte, weil der Kläger greifbare Anhaltspunkte für eine über die Kosten des
Krankenhausträgers hinausgehende Kostenerstattung nicht dargelegt hat.
Schließlich sieht der Senat anders als der Kläger keinen Verstoß gegen höherrangiges
Recht darin, dass Art. II der 2. Änderungsverordnung eine rückwirkende Inkraftsetzung
der Neufassung des § 17 HNtV mit Wirkung vom 1. Januar 1993 bestimmt. Das
rechtsstaatliche Gebot, dass unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit die
Änderung gesetzlicher Vorschriften mit ungünstigen Folgen für den Bürger vorhersehbar
sein muss, damit er sich darauf einrichten kann, steht dem nicht entgegen.
52
Zwar wird der Staatsbürger grundsätzlich in diesem Vertrauen verletzt, wenn der
Gesetzgeber (hier: Verordnungsgeber) an abgeschlossene Tatbestände ungünstigere
Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen
durfte. Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz.
53
Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 -,
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 13, 261 (271), Beschluss
vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66 -, 2 BvR 168, 196, 197, 210, 472/66 -, BVerfGE 30, 367
(387), und Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 201 (254).
54
Im vorliegenden Fall spricht einiges dafür, dass die rückwirkende Inkraftsetzung des §
17 HNtV zum 1. Januar 1993 einen Eingriff in abgeschlossene Tatbestände, also eine
echte Rückwirkung, beinhaltet, soweit es um das erste Halbjahr 1993 geht. Das
Nutzungsentgelt wird gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 HNtV halbjährlich
erhoben. Demnach dürfte hinsichtlich des ersten Halbjahres 19.. ein auch in Bezug auf
die Rechtsfolgen abgeschlossener Sachverhalt vorgelegen haben, als die HNtV 93 am
21. Dezember 19.. bekannt gemacht wurde. Hingegen fiel die Bekanntmachung noch in
das zweite Halbjahr 19... Das legt insoweit die Annahme einer unechten Rückwirkung
nahe. Der Senat braucht diese Fragen jedoch nicht abschließend zu beantworten. Auch
wenn für das gesamte Jahr 19.. eine Rückwirkung in abgeschlossene Tatbestände zu
Grunde gelegt wird, ist diese hier ausnahmsweise zulässig. Vertrauensschutz kann da
nicht in Frage kommen, wo das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht
gerechtfertigt wäre. Das ist u.a. dann der Fall, wenn der Bürger nach der rechtlichen
Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz
zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste.
55
Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961, a.a.O. (272), sowie Beschluss vom 23.
März 1971, a.a.O. (387).
56
Die Anordnung der Rückwirkung einer Rechtsnorm (auch einer Rechtsverordnung)
57
begegnet mit anderen Worten dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn ein
Vertrauen auf den Fortbestand der bestehenden Rechtslage nicht begründet war.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 1977 - 2 BvR 499/74 und 1042/75 - BVerfGE 45,
142 (173, 174).
58
Um einen derartigen Fall handelt es sich hier. Ein Vertrauen des Klägers darauf, die
Regelung des § 17 HNtV werde auch nach Ablauf des Jahres 19.. und bis zum Ergehen
der 2. Änderungsverordnung am 21. Dezember 19.. nicht zu Lasten des einer
Nebentätigkeit nachgehenden wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen des
Landes Nordrhein-Westfalen geändert werden, bestand nicht: In dem Erlass des
Ministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 22. Dezember 19.., der dem Kläger
kurze Zeit nach seiner Bestellung zum Leiter der Abteilung für Nuklearmedizin von der
Universität E. übermittelt worden war, war ausgeführt, aus Anlass des am 1. Januar 19..
in Kraft tretenden Gesundheitsstrukturgesetzes werde im Laufe des Jahres 19..
"rückwirkend zum 1.1.19.." voraussichtlich eine Änderung über die Regelung des
Nutzungsentgelts gemäß § 17 HNtV im Hinblick auf Kostenerstattung und
Vorteilsausgleich erforderlich; mit einer Erhöhung der abzuführenden Beträge sei zu
rechnen. Im Hinblick darauf konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, bei der von ihm im
Jahre 19.. bezogenen Vergütung für seine Nebentätigkeit werde das darauf entfallene
Nutzungsentgelt noch nach der alten Regelung bemessen werden. Ein Vertrauen auf
den Fortbestand der früheren Regelung über den 1. Januar 19.. hinaus war nicht
begründet.
59
Etwas anderes lässt sich nicht aus der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts,
60
vgl. Beschluss vom 14. Mai 1986, a.a.O. (261),
61
herleiten, nach der bei einem formellen Gesetz das schutzwürdige Vertrauen in den
Bestand der bisherigen Rechtslage in der Regel erst mit dem endgültigen
Gesetzesbeschluss über die normative Neuregelung wegfalle und das Bekanntwerden
von Gesetzesinitiativen und die öffentliche Berichterstattung über die Vorbereitung einer
Neuregelung durch die gesetzgebenden Körperschaften den Schutz des Vertrauens in
die bisherige Rechtslage noch nicht entfallen lasse. Zum einen gelten die oben
dargelegten, vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze für eine
Ausnahme von der generellen Unzulässigkeit eines belastenden gesetzgeberischen
Eingriffs in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände nicht nur für
formelle, sondern auch für lediglich materielle Gesetze wie hier die 2. HNtV-
Änderungsverordnung.
62
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 1977, a.a.O. (174).
63
Der bei formellen Gesetzen gegebene Anknüpfungspunkt des endgültigen
Gesetzesbeschlusses scheidet bei Rechtsverordnungen notwendigerweise aus. Zum
anderen handelte es sich hier nicht lediglich um das Bekanntwerden von
Vorbereitungen für eine Änderung des § 17 HNtV. Vielmehr hatte der Verordnungsgeber
selbst, das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-
Westfalen, durch seinen Erlass vom 22. Dezember 19.., auf dessen Inhalt der Kläger
vom Rektor der Universität E. nach seiner Bestellung zum Leiter der Abteilung für
Nuklearmedizin ausdrücklich hingewiesen worden war, unmissverständlich erklärt, dass
64
als Folge des Gesundheitsstrukturgesetzes voraussichtlich die HNtV rückwirkend zum
gleichen Zeitpunkt geändert werde und mit einer Erhöhung der nach § 17 HNtV
abzuführenden Beträge zu rechnen sei. Die vom Kläger vermisste weitere
Konkretisierung der angekündigten Erhöhung des Nutzungsentgelts war unabhängig
davon, ob sie zu diesem Zeitpunkt schon möglich war, für einen Wegfall des
Vertrauensschutzes nicht erforderlich. Der Erlass des Ministeriums für Wissenschaft und
Forschung vom 22. Dezember 19.. war hinreichend klar.
Die rückwirkende Änderung der HNtV führte auch im übrigen zu keinen für den
betroffenen Personenkreis unzumutbaren Belastungen. Dabei fällt ins Gewicht, dass es
um eine Rückwirkung lediglich innerhalb eines Kalenderjahres, also eines steuerlich
noch nicht abgeschlossenen Zeitraums, ging. Auch blieben die beträchtlichen Vorteile
ungeschmälert bestehen, die den betroffenen Hochschullehrern aus der Möglichkeit
erwachsen, die Mittel des Dienstherrn ohne eigenes wirtschaftliches Risiko in Anspruch
nehmen zu dürfen und das Nutzungsentgelt dafür erst nach Eingang des Honorars auf
dem eigenen Konto abführen zu müssen.
65
Das Argument des Klägers, er sei erst im Februar 19.. Klinikdirektor geworden,
rechtfertigt keine günstigere Beurteilung. Das gilt auch für den Fall, dass er von der
bevorstehenden Änderung der Bestimmungen über das Nutzungsentgelt erst nach
seiner Bestellung zum Chefarzt erfahren haben sollte. Selbst dann wäre dem Kläger ein
Vertrauensschutz nicht zuzubilligen. Es wäre seine Sache gewesen, sich bereits
während der aufgenommenen Berufungsverhandlungen selbst rechtzeitig über die
bevorstehende Rechtsänderung zu informieren, wie das Verwaltungsgericht zutreffend
ausgeführt hat.
66
Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 1990 - 2 C 46.88 -, aaO.
67
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der
Zivilprozessordnung.
68
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
und des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes hierfür nicht gegeben sind.
69