Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.08.2003

OVG NRW: vorläufige aufnahme, besuch, bus, wohnung, wartezeit, schüler, wechsel, erlass, schulweg, fahren

Oberverwaltungsgericht NRW, 19 B 1554/03
Datum:
07.08.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 B 1554/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 1 L 1108/03
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwer-deverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdever-fahren auf 2.000 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) im Ergebnis zu
Recht wegen fehlender Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes abgelehnt. Ob
die Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben, bedarf deshalb
keiner näheren Erörterung.
2
Das Begehren der Antragsteller auf vorläufige Aufnahme ihrer Tochter T. in die
5. Klasse der G. , Katholische Hauptschule, ist auf eine (vorläufige)
Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. In diesen Fällen liegt der für den Erlass einer
einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund nur vor, wenn der Antragsteller
glaubhaft gemacht hat, dass ihm ein Abwarten der Entscheidung im
Hauptsacheverfahren schlechthin unzumutbar ist. Diese Voraussetzungen sind hier
nicht erfüllt. Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass ihrer Tochter der
(vorübergehende) Besuch der bekenntnisfreien B. von E. -I. Hauptschule in
B1. schlechthin unzumutbar ist.
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Die Antragsteller, die ihre Tochter nach den Lehren des Islam erziehen, machen ein
religiöses Interesse, das den Besuch einer anderen als einer katholischen
Bekenntnisschule als schlechthin unzumutbar erscheinen lässt, nicht geltend. Es ist
auch nicht ersichtlich, dass die Fächer, Unterrichtsinhalte und Leistungsanforderungen
an der G. und der B. von E. -I. Hauptschule derart unterschiedlich
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sind, dass der Tochter der Antragsteller ein späterer Wechsel von der B. von E. -
I. Hauptschule zur G. unmöglich, jedenfalls aber schlechthin unzumutbar ist.
Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass für beide Hauptschulen unterschiedliche
Stundentafeln, Richtlinien, Lehrpläne und sonstige Unterrichtsvorgaben gelten. Darüber
hinaus haben die Antragsteller keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass
die konkreten Leistungsanforderungen an beiden Hauptschulen abweichend von den
für beide Hauptschulen in gleicher Weise geltenden Stundentafeln, Richtlinien,
Lehrpläne und sonstige Unterrichtsvorgaben so unterschiedlich sind, dass ein späterer
Wechsel der Hauptschule mit schlechthin unzumutbaren Nachteilen, etwa der
Wiederholung einer Klasse, verbunden wäre. Der Vortrag der Antragsteller beschränkt
sich auf dahingehende Mutmaßungen, ohne hierfür eine hinreichende
Tatsachengrundlage aufzuzeigen.
Der (vorübergehende) Besuch der B. von E. -I. Hauptschule ist der Tochter
der Antragsteller auch unter dem Gesichtspunkt der Dauer des Schulweges zu dieser
Schule nicht schlechthin unzumutbar. Nach den Angaben der Antragsteller kann ihre
Tochter die B. von E. -I. Hauptschule mit dem Bus in "ca. einer Stunde"
erreichen. Diese Fahrtzeit ist nicht unzumutbar. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SchfkVO NRW
ist für Schüler unter anderem einer Hauptschule die Benutzung öffentlicher
Verkehrsmittel erst dann unzumutbar, wenn der regelmäßige Schulweg auch bei
Ausnutzung der günstigsten Verkehrsverbindungen für die Hin- und Rückfahrt
zusammengerechnet über drei Stunden in Anspruch nimmt oder der Schüler
überwiegend vor sechs Uhr die Wohnung verlassen muss. Dafür haben die
Antragsteller keine greifbaren Anhaltspunkte aufgezeigt. Es ist auch nicht ersichtlich,
dass die Tochter der Antragsteller vor der Rückfahrt zur Wohnung eine schlechthin
unzumutbare Wartezeit hinnehmen muss. Sie machen lediglich pauschal geltend, dass
nach Schulschluss das "unmittelbare" Erreichen eines Busses in Richtung B2. nicht
"sichergestellt" sei. Konkrete Angaben zu der möglichen Wartezeit haben sie damit nicht
gemacht. Dass die Tochter der Antragsteller nach Schulschluss nicht "unmittelbar"
einen Bus nach B2. nutzen kann, ist für sich allein kein Grund, der schlechthin
unzumutbare Nachteile erkennen lässt.
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Der Verweis der Antragsteller auf den Beschluss des Senats vom 3. Januar 1989 19 B
2262/88 -, und den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 16. August
1998 - 4 L 766/88 -, ist abgesehen von allen weiteren Zweifelsfragen schon deshalb
unergiebig, weil in diesen Beschlüssen der Frage nicht nachgegangen worden ist, ob
für den damaligen Antragsteller, der die Aufnahme in die erste Klasse einer bestimmten
Grundschule begehrte, der Besuch einer anderen Grundschule unmöglich oder
jedenfalls schlechthin unzumutbar war.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 13 Abs. 1, 14, 20 Abs. 3 GKG.
7
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
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