Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 02.02.2007

OVG NRW: wiedereinsetzung in den vorigen stand, ex nunc, vergleich, eigenes verschulden, farbe, anpassung, abgabenordnung, stadt, weisung, satzung

Oberverwaltungsgericht NRW, 3 A 5042/04
Datum:
02.02.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 A 5042/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 12 K 3893/03
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 21.703,50 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Der Klägerin ist wegen Versäumung der Frist für die Begründung ihres
Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu gewähren (§ 60 VwGO). Aufgrund der Angaben von Rechtsanwalt Dr. I. , den
vorgelegten Auszügen aus dem handschriftlichen Fristenkalender und der EDV-
Fristenliste sowie den eidesstattlichen Erklärungen der Bürovorsteherin und ihrer
Stellvertreterin ist davon auszugehen, dass die Versäumung der
Rechtsmittelbegründungsfrist auf einem Verschulden des Büropersonals der
Prozessbevollmächtigten beruht, das der Klägerin nicht zuzurechnen ist. Hiernach
haben es die Bürovorsteherin und ihre Stellvertreterin entgegen bestehender genereller
Weisung unterlassen, die Erledigung der Frist anhand des Fristenkalenders und der
Fristenliste nachzuhalten, den sachbearbeitenden Rechtsanwalt über den Sachstand zu
informieren und Weisung zu Versand bzw. Beförderung der am letzten Fristtage noch
vor der Mittagszeit gegen 12.00 Uhr dem Rechtsanwalt zur Unterzeichnung vorgelegten
und von diesem unterzeichneten Begründungsschrift einzuholen. Dadurch ist die
Begründungsschrift, die Rechtsanwalt Dr. I. am folgenden Tage, dem 11. Januar 2005,
d.h. nach Fristablauf im regulären Postausgang vorgefunden hat, dem
Verwaltungsgericht verspätet zugegangen. Ein eigenes Verschulden an der
Fristversäumung trifft den Prozessbevollmächtigten nach Lage der Dinge nicht. Er
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musste trotz Befassung mit einer Prozesshandlung am Mittag des letzten Fristtages
nichts weiteres veranlassen, sondern durfte sich auf die Beachtung der ausreichenden
generellen Vorkehrungen zur Fristen- und Ausgangskontrolle durch sein geschultes und
bislang verlässliches Personal verlassen.
Vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2006 - III ZB 134/05 - , MDR 2007, 102 (dort für den
vergleichbaren Fall der Gewährung von Wiedereinsetzung, wenn der
Prozessbevollmächtigte sein Büropersonal allgemein angewiesen hatte, ausgehende
Schriftsätze vor der Absendung auf das Vorhandensein der Unterschrift zu überprüfen).
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Zweifel an der effektiven Fristenkontrolle im Büro der Prozessbevollmächtigten können
entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus den erstinstanzlichen
Auseinandersetzungen um die fristgerechte Erhebung der Klage hergeleitet werden. Die
im vorliegenden Fall erfolgte Übermittlung des Widerspruchsbescheides durch Einwurf-
Einschreiben der Post hatte die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt (§ 74 Abs. 1 Satz 1, § 73
Abs. 3, § 57 Abs. 1 VwGO). Denn das Einwurf-Einschreiben erfüllt die Anforderungen an
eine Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz nicht.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2000 - 9 C 7.00 - , DVBl. 2001, 477.
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Ein (weiterer) Fall der Fristversäumung war daher nicht zugrunde zu legen.
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2. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung kann aus keinem der
angeführten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO) durchgreifen.
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a) Die Klägerin beanstandet zunächst, dass das Verwaltungsgericht die (mit ihrem
Hauptantrag verfolgte) Anfechtungsklage gegen den Zinsbescheid des Beklagten vom
4. Februar 2003 abgewiesen hat. Sie wendet ein, (Aussetzungs-)Zinsen auf den im
Vorprozess durch Vergleich herabgesetzten Erschließungsbeitrag dürften von ihr nicht
gefordert werden. § 237 AO sei in einer solchen Konstellation nicht anwendbar, wie der
Bayerische VGH mit Urteil vom 1. Februar 1988 - 6 B 87.02003 - , BayVBl. 1988, 500,
entschieden habe, weil die Vorschrift an den endgültigen Misserfolg des eingelegten
Rechtsbehelfs anknüpfe, der im Falle einer Prozessbeendigung durch Vergleich gerade
nicht festgestellt werden könne. Die Klägerin rügt insoweit, dass das Verwaltungsgericht
von dem tragenden Rechtssatz des Bayerischen VGH in dessen Urteil abgewichen sei.
Sie leitet daraus zugleich her, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
angefochtenen Urteils bestünden (§ 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die Rechtssache mangels
bislang vorliegender Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen bzw. des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzliche Bedeutung
habe (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und besondere rechtliche und - zur Frage
nachträglicher Heilung des Erschließungsbeitragsbescheides durch Mehrkostenverzicht
des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2002 vor dem
Verwaltungsgericht - auch tatsächliche Schwierigkeiten aufweise (§ 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO).
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Dieses Vorbringen der Klägerin rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Es weckt
weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, noch zeigt es
eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder besondere rechtliche oder
tatsächliche Schwierigkeiten auf.
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Die Voraussetzungen, unter denen Aussetzungszinsen erhoben werden können, sind
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gesetzlich in § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG i.V.m. § 237 AO geregelt. Danach muss -
1. - eine infolge Vollziehbarkeit des Beitragsbescheides begründete Zahlungspflicht
bestanden haben, die - 2. - durch eine Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 oder
5 VwGO beseitigt worden ist, und der Rechtsbehelf gegen den Beitragsbescheid muss -
3. - endgültig keinen Erfolg gehabt haben. All diese Voraussetzungen einschließlich der
letztgenannten, allein umstrittenen waren vorliegend gegeben. Endgültig keinen Erfolg
im Sinne des § 237 Abs. 1 AO hat ein Rechtsbehelf nämlich schon, wenn und soweit
der Beitragsbescheid, gegen den er sich richtet, im Ergebnis Bestand behält; aus
welchem Grund dies geschieht, ist unerheblich. Auf zwischenzeitliche
Verfahrensschritte und etwaige Rechtsänderungen (Heilung von Fehlern) sowie auf die
materielle Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung stellt § 237 AO
nicht ab. Das ist in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen geklärt,
vgl. die Urteile vom 29. September 1983 - 3 A 1635/82 - , NVwZ 1984, 321, und vom 5.
Mai 1992 - 2 A 1464/91 - , KStZ 1993, 135,
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das über die Auslegung des hier als Landesrecht anzuwendenden § 237 AO
letztinstanzlich befindet.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2002 - 9 B 12.02 - .
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Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass auch der Vergleichsschluss im
Vorprozess der Erhebung von Aussetzungszinsen insoweit nicht entgegensteht, als der
angefochtene Beitragsbescheid nach Reduzierung um 15 v.H. bestehen geblieben ist.
Dies hat das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Urteil zutreffend zugrunde
gelegt, so dass ernstliche Zweifel an dessen Richtigkeit nicht bestehen. Die von der
Klägerin aufgeworfene Frage nach der Anwendbarkeit von § 12 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b
i.V.m. § 237 AO bei Verfahrensbeendigung durch Vergleich ist auch nicht mehr
grundsätzlich klärungsbedürftig; die Frage ist vielmehr durch die zitierte
Rechtsprechung des beschließenden Gerichts geklärt, besondere rechtliche
Schwierigkeiten sind mit der Frage nicht mehr verbunden.
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Zum endgültigen Misserfolg eines Rechtsbehelfs im Falle eines unter
Beitragsreduzierung geschlossenen Prozessvergleichs vgl. auch den Beschluss des
Hessischen VGH vom 15. Februar 1994 - 5 TH 1921/92 - , NVwZ-RR 1995, 235.
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Der Hinweis der Klägerin auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
1. Februar 1988 steht dem nicht entgegen. Zum einen kann dieser Hinweis einer vom
letztinstanzlich für Nordrhein-Westfalen zuständigen Oberverwaltungsgericht geklärten
Frage des Landesrechts keine (erneute) grundsätzliche Bedeutung vermitteln (und auch
nicht etwa die Zulassung der Berufung wegen Abweichung im Sinne von § 124 Ans. 2
Nr. 4 VwGO rechtfertigen, weil nur die Abweichung von einer Entscheidung "des" - dem
Verwaltungsgericht übergeordneten - Oberverwaltungsgerichts, nicht hingegen die
Abweichung von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts einen
Zulassungsgrund darstellt); zum anderen deutet eine jüngere Entscheidung desselben
Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs -
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das einen Fall der Hauptsachenerledigung betreffende Urteil vom 30. Januar 2006 - 6 B
01.2541 - ,
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darauf hin, dass der dem Urteil vom 1. Februar 1988 zugrunde liegende
Rechtsstandpunkt nicht mehr aufrecht erhalten wird, weil nunmehr in den
Entscheidungsgründen ausgeführt wird, dass das Merkmal endgültiger Erfolgslosigkeit
des Rechtsbehelfs in § 237 Abs. 1 AO bei "jede[r] Art der Erledigung" mit nachfolgender
Bestandskraft des Beitragsbescheides als erfüllt anzusehen sei.
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Soweit die Klägerin in ihrer Begründungsschrift außerdem geltend macht, die getroffene
Vergleichsregelung schließe die Erhebung jedweder Nebenforderungen einschließlich
Aussetzungszinsen aus, erfüllt dieses Vorbringen die Voraussetzungen der
Zulassungsgründe in § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO ebenfalls nicht. Es weckt keine
ernstlichen Zweifel daran, dass eine Regelung über Aussetzungszinsen im Vergleich
nicht getroffen wurde, wie dies auch das Verwaltungsgericht festgestellt hat (UA S. 10).
Denn Aussetzungszinsen sind im Vergleichstext nicht erwähnt, die Sitzungsniederschrift
schweigt hierzu ebenfalls. Dass der Vergleich "zur endgültigen Beilegung des
Rechtsstreits" geschlossen wurde, spricht schon deswegen nicht für eine Einbeziehung
von Nebenforderungen, weil diese nie Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits
waren, der vielmehr nur den Beitragsbescheid betraf. Da die Pflicht zur Zahlung von
Aussetzungszinsen kraft Gesetzes entsteht, hätte die Klägerin ihr nur durch
ausdrückliche, hier aber nicht erfolgte Aufnahme einer entsprechenden Klausel in den
Vergleich entgehen können.
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Vgl. zu einer solchen Fallkonstellation den bereits zitierten Beschluss des Hessischen
VGH vom 15. Februar 1994, a.a.O.
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Grundsätzliche, d.h. verallgemeinerungsfähige Bedeutung kommt der Auslegung des
konkreten, hier in Rede stehenden Prozessvergleichs nicht zu; besondere
Schwierigkeiten der Auslegung hat die Klägerin nicht dargelegt; sie sind auch sonst
nicht ersichtlich.
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b) Die Klägerin rügt des weiteren, dass das Verwaltungsgericht ihrem Hilfsantrag auf
Verpflichtung des Beklagten zum Erlass der Aussetzungszinsen aus Billigkeitsgründen
nicht entsprochen habe. Sie führt insoweit aus, dass ein Erlass nach der
Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 29. September 1983, a.a.O., Beschluss vom 7.
Juli 1997 - 3 B 1179/95 - , NVwZ- RR 1999, 210, und Urteil vom 23. November 2001 - 3
A 1928/98 - , KStZ 2002, 217) geboten gewesen sei, weil der Beitragsbescheid
ursprünglich wegen planüberschreitenden Ausbaus des T.-------------weges rechtswidrig
gewesen und erst nachträglich durch den in der mündlichen Verhandlung vom
Beklagten erklärten Mehrkostenverzicht mit ex-nunc-Wirkung geheilt worden sei. Auch
diese Ausführungen können jedoch nicht zur Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2
Nrn. 1 oder Nr. 2 VwGO führen. Richtig ist zwar, dass nach der Rechtsprechung des
Senats, die im Urteil vom 23. November 2001 ausführlich zusammengefasst und
bekräftigt worden ist und der inzwischen auch in führenden Kommentaren zur
Abgabenordnung ausdrücklich zugestimmt wird,
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vgl Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Loseblatt-Kommentar,
Köln, Std. Dezember 2006, § 237 Rn. 35, und Loose in: Tipke-Kruse, Abgabenordnung,
Loseblatt-Kommentar, Köln, Std. November 2006, § 237 Rn. 23,
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die Erhebung von Aussetzungszinsen, die auf die Zeit bis zum "heilenden" Ereignis
entfallen, regelmäßig sachlich unbillig und ihr Erlass deswegen geboten ist. Die
Prämisse dieser Rechtsfolge, das Vorliegen des Tatbestandes nachträglicher Heilung
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des Beitragsbescheides durch Mehrkostenverzicht, ist aber von der Klägerin in ihrer
Begründungsschrift nicht hinreichend dargelegt worden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Was geboten war, nachdem das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil (UA S. 12
ff.) mit folgender Begründung das Gegenteil festgestellt hatte:
"Nach den vorliegenden Planunterlagen zum 3. Änderungsverfahren des
Bebauungsplanes Nr. 187 ist ferner davon auszugehen, dass der Verlauf der
Straßenbegrenzungslinie mit dem Inkrafttreten der 3. Änderung im Juni 1992 u.a. auch
hinsichtlich des vormals im Einmündungsbereich zur O. Straße auf den Flurstücken 291,
332 und 333 vorhandenen planüberschreitenden Ausbaus der tatsächlich ausgebauten
Straßenverkehrsfläche angepasst worden ist und es daher für die erstmals rechtmäßige
Herstellung im Sinne des § 125 BauGB der in der mündlichen Verhandlung vom 16.
September 2002 ausgesprochenen Mehrkostenverzichtserklärung des Beklagten nach
§ 125 Abs. 3 BauGB nicht mehr bedurfte. Die mit dem 3. Änderungsverfahren
vorgenommenen Änderungen des Bebauungsplanes 187 sind zeichnerisch in
verschiedenen Farben vorgenommen worden. Die gemäß des Beschlusses des Rates
der Stadt X. vom 30. November 1981 vorgenommenen Änderungen wurden in roter
Farbe, die gemäß des Beschlusses des Rates vom 19. Dezember 1983
vorgenommenen Änderungen wurden in einer grauvioletten Farbe ausgeführt. Letztere
betrafen entgegen der von dem Beklagten im Verfahren 12 K 2043/99 in der mündlichen
Verhandlung vom 16. September 2002 vertretenen Auffassung nicht den hier
maßgeblichen bzw. strittigen Bereich auf den Flurstücken 291, 332 und 333 im
Einmündungsbereich zur O. Straße. Die hier maßgebliche Änderung der
Straßenbegrenzungslinie ist erst aufgrund des Beschlusses des Rates vom 27. Februar
1989 in graublauer Farbe planerisch aufgenommen worden. Sie ist wegen der
Überdeckung durch die im Übrigen verwandte blautürkise Farbe zwar schwerer,
dennoch aber deutlich zu erkennen. Die vormals festgesetzte Straßenbegrenzungslinie
ist in diesem Bereich des zuvor planüberschreitenden Ausbaus in graublauer Farbe
durchkreuzt und damit aufgehoben worden und zugleich auf den Flurstücken 291, 332
und 333 dem tatsächlichen Straßenverlauf entsprechend neu festgesetzt worden."
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Das Verwaltungsgericht hat die Überzeugung von einem seit 1992 plankonformen
Ausbau des T.-------------weges anhand der dafür maßgeblichen, objektiven Kriterien (im
Vergleich der nach Abschluss der Straßenbauarbeiten vor Ort bestehenden
Straßengrenzen und den Straßenbegrenzungslinien des Bebauungsplans) gewonnen.
Hierauf geht die Klägerin in ihrer Begründungsschrift nicht ein. Sie stellt die im
angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Straßengrenzen und
Straßenbegrenzungslinien nicht mit nachvollziehbaren Erläuterungen in Frage. Das
geschieht zunächst nicht durch den Hinweis auf die Satzung der Stadt X. über die
teilweise Abweichung von den Merkmalen der endgültigen Herstellung von
Erschließungsanlagen vom 21. Juni 1990. Die Formulierungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 dieser
Satzung mögen als Beleg dafür dienen, dass der Beklagte seinerzeit noch nicht von
einer bereits vollzogenen Anpassung der Straßenbegrenzungslinien im Bereich der
Flurstücke 291, 332 und 333 an die Festsetzungen des Bebauungsplanes auf der
Grundlage eines Ratsbeschlusses vom 27. Februar 1989 ausgegangen ist. Dies stellt
sich aber vor dem Hintergrund der vorgenannten Feststellungen des
Verwaltungsgerichts zu den Straßengrenzen und den Straßenbegrenzungslinien als
lediglich subjektive Einschätzung des Beklagten dar, auf die es bei der Beurteilung
nach § 125 BauGB nicht ankommt und die womöglich vor dem Hintergrund der
Regelung des § 8 Abs. 1 Buchst. a der damaligen Erschließungsbeitragssatzung vom
23. Oktober 1987 zu erklären ist, die im Rahmen ihrer Herstellungsmerkmalsregelung
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den Ausbau der Straßen "in der festgesetzten Breite" verlangte und insoweit gegen
Bundesrecht verstieß.
Dazu, dass sich die Merkmalsregelung einer Erschließungsbeitragssatzung auf die in
der Örtlichkeit geschaffene Erschließungsanlage beziehen muss und nicht auf die auf
dem Papier eines Bebauungsplans dargestellte Erschließungsanlage erstrecken darf,
vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1991 - 8 C 56.89 - , KStZ 1991, 171.
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Ebenso wenig gibt der von der Klägerin in Bezug genommene Beschluss des Senats
vom 29. August 1997 - 3 B 2024/95 - im Aussetzungsverfahren gleichen Rubrums etwas
für die Zulassung eines Berufungsverfahrens her. Zwar ist der Senat in diesem
Beschluss noch von einem planüberschreitenden Straßenausbau ohne Anhalt für einen
bereits ausgesprochenen Mehrkostenverzicht ausgegangen. Diese Einschätzung
beruhte aber auf einer verfahrensgemäß summarischen Prüfung der Rechtslage
entsprechend dem damaligen Beteiligtenvorbringen und einem vom Beklagten
vorgelegten Ausbauplan mit Markierung von Über- und Unterschreitungen der
Straßenbegrenzungslinien; sie ist durch die Erkenntnisse überholt, die das
Verwaltungsgericht im Klageverfahren durch Auswertung der Planunterlagen und
mittels Vergleich der Straßengrenzen und der Straßenbegrenzungslinien gewonnen hat.
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Soweit die Klägerin geltend macht, dass laut Einlassung des Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vom 16. September 2002 eine entsprechende Anpassung [der
Straßenbegrenzungslinien des Bebauungsplans] bereits 1983 erfolgt sei und es einer
(erneuten) Anpassung auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses vom 27. Februar 1989
nicht bedurft habe, lässt sie unberücksichtigt, dass das Verwaltungsgericht in den
vorstehenden Auszügen seines Urteils festgestellt hat, dass die betreffende Einlassung
des Beklagten unrichtig gewesen ist.
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Aus den gleichen Gründen bleiben die Ausführungen der Klägerin in der
Begründungsschrift ohne Erfolg, die besagen, der Beklagte habe im Verfahren 12 K
2043/99 mit Schriftsatz vom 8. Juli 1999 eingeräumt, dass wegen planüberschreitenden
Ausbaus der Straße ein Mehrkostenverzicht erforderlich gewesen sei, und er habe dann
auch im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. September 2002 eine
entsprechende Mehrkostenverzichtserklärung abgegeben. Denn das
Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil unter Angabe von Gründen, denen die
Klägerin nichts Durchgreifendes entgegengesetzt hat, dargetan, dass es dieser
Verzichtserklärung des Beklagten wegen der zu diesem Zeitpunkt bereits in Kraft
getretenen 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 187 und der dadurch bewirkten
Anpassung der Straßenbegrenzungslinien an die tatsächlich vorhandenen
Straßengrenzen nicht mehr bedurft habe.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47, § 52 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m.
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§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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