Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.01.2004

OVG NRW: aufschiebende wirkung, ausfahrt, hauptsache, ausnahme, vollziehung, beschränkung, aussetzung, verfügung, vollzug, interessenabwägung

Oberverwaltungsgericht NRW, 10 B 1353/03
Datum:
13.01.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 B 1353/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 9 L 1259/03
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der
Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (Az.: 9 K
2852/03 Verwaltungsgericht Düsseldorf) gegen die dem Beigeladenen
erteilten Baugenehmigungen des Antragsgegners vom 21. November
2001 und 22. November 2002, diese in Gestalt des
Ergänzungsbescheides vom 17. Dezember 2002, wird insoweit
angeordnet, als die Baugenehmigungen die Ein- bzw. Ausfahrt zu bzw.
von den jeweils genehmigten Stellplätzen über die Straße Am L.
zulassen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden
Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des
Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.250,-- Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die zulässige Beschwerde des Antragstellers, deren Begründung den Anforderungen
des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt, hat Erfolg. Sein Antrag auf Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes ist begründet. Dabei versteht der Senat den zur
Entscheidung gestellten Antrag der Beschwerde so, dass ausschließlich die Errichtung
und Nutzung einer Ein- und Ausfahrt zu den genehmigten Stellplätzen von der Straße
Am L. angegriffen werden soll, nicht aber die Einrichtung und Nutzung der von der I.
straße aus erschlossenen Stellplätze selbst.
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Die im Rahmen der §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO anzustellende
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Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers, von dem Vollzug der
streitigen Baugenehmigungen in dem von ihm sinngemäß beantragten und im Tenor
bezeichneten Umfang verschont zu bleiben, das Interesse des Beigeladenen an der
sofortigen und vollständigen Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigungen
überwiegt. Dies ergibt sich aus einer unabhängig von den Erfolgsaussichten des
Rechtsbehelfs in der Hauptsache vorzunehmenden Folgenabwägung. Auf diese ist
abzustellen, weil sich die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens bei einer im
einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit beurteilen lassen. Ob der Antragsteller mit seiner
Klage die konkret begehrte Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigungen
erreichen kann, lässt sich gegenwärtig nicht ausreichend sicher feststellen.
Bei letzterer Bewertung ist von Belang, dass derzeit ungeklärt ist, ob der Antragsteller
nach der von ihm bestrittenen Behauptung des Beigeladenen von den hier fraglichen
Vorhaben insbesondere mit der Erschließung über die Straße Am L. im Vorfeld
unterrichtet war und die Geltendmachung nachbarlicher Abwehrrechte insoweit
möglicherweise treuwidrig ist. Dieser vom Verwaltungsgericht im angefochtenen
Beschluss offen gelassenen Frage wird gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren
nachzugehen sein. Ferner hängt die Beantwortung der Frage, ob der Antragsteller durch
die Nutzung der Stellplätze u. a. in Gestalt der Ein- bzw. Ausfahrt zu bzw. von den
fraglichen 13 (nach der Baugenehmigung vom 21. November 2001) bzw. 18 (nach der
Baugenehmigung vom 22. November 2002) Stellplätzen für den Gastwirtschafts- und
Beherbergungsbetrieb des Beigeladenen über die Straße Am L. unzumutbar im Sinne
des § 51 Abs. 7 BauO NRW beeinträchtigt wird, von einer im Hauptsacheverfahren
durchzuführenden umfassenden Bestandsaufnahme der örtlichen Gegebenheiten ab.
Die konkrete bauliche Situation der Örtlichkeit ist entscheidend dafür, ob die Benutzung
von Stellplätzen die Umgebung unzumutbar stört. Dabei bedarf es u. a. näherer
Aufklärung, welche Einwirkungen die Bewohner des durch die Parkplatznutzung
betroffenen Bereichs dort bereits hinzunehmen oder zu erwarten haben.
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Die wegen der nach alledem offenen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens
vorzunehmende Folgenabwägung geht zu Gunsten des Antragstellers aus und hat die
beantragte teilweise Aussetzung der Vollziehung der insoweit teilbaren
Baugenehmigungen zur Folge. Bei der in diesem Rahmen anzustellenden Bewertung
der gegenläufigen Interessen fällt zum einen ins Gewicht, dass derzeit mehr für als
dagegen spricht, dass jedenfalls die Stellplatzab- bzw. - zufahrt unmittelbar entlang der
Längsseite des Wohnhauses des Antragstellers und entlang der gesamten, rund 43 m
langen östlichen Grenze seines Grundstücks dem Antragsteller nicht mehr zumutbar im
Sinne des § 51 Abs. 7 BauO NRW ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass dem
Beigeladenen neben dem streitigen Erschließungsweg eine weitere Stellplatzab- bzw.
zufahrt über die I. straße zur Verfügung steht. Die Beschränkung auf diese Aus- bzw.
Einfahrtmöglichkeit bis zu einer abschließenden Entscheidung in der Hauptsache ist für
den Beigeladenen weniger belastend als die Beeinträchtigungen, die der Antragsteller
bei einer Nutzung der streitigen Zu- bzw. Abfahrt über die Straße Am L. hinnehmen
müsste.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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