Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.08.2008

OVG NRW: gemeinschaftliches eigentum, grundstück, miteigentümer, beitragspflicht, anschluss, zuleitung, regen, versickerung, hindernis, begriff

Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1788/08
Datum:
20.08.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 A 1788/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 5 K 84/07
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 2.357,91 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher
Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) nicht vorliegt. Die Kläger haben keinen
tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen
Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.
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Die Heranziehung eines Wohnungseigentümers zum vollen auf das Grundstück
entfallenden Beitrag ist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b des
Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) i.V.m. § 44
Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) und entsprechend § 421 des Bürgerlichen
Gesetzbuches zulässig.
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Vgl. OVG NRW. Beschluss vom 30. November 2007 - 15 A 3064/07 -, S. 2 des
amtlichen Umdrucks.
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Nach den genannten Vorschriften kann dann, wenn mehrere Personen dieselbe
Leistung aus dem Abgabeverhältnis schulden, die Leistung von jedem der Schuldner
ganz oder zu einem Teil gefordert werden. Jeder Wohnungseigentümer schuldet neben
den anderen Wohnungseigentümern dieselbe Leistung, weil jeder den Tatbestand
verwirklicht, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
des KAG NRW i.V.m. § 38 AO). Beitragspflichtig ist der Grundstückseigentümer, dem
durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten
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werden (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW). Jeder Wohnungseigentümer ist als
Miteigentümer Eigentümer des der Beitragspflicht unterliegenden Grundstücks (vgl. § 1
Abs. 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes). Jedem Wohnungseigentümer wird der
wirtschaftliche Vorteil gewährt, weil das Grundstück durch die Möglichkeit der
Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage in seinem Gebrauchswert erhöht wird.
Vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils im Anschlussbeitragsrecht OVG NRW,
Urteil vom 25. Juli 2006 - 15 A 2089/04 -, NWVBl. 2007, 151 (153).
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Der beitragsrechtlich relevante Vorteil bezieht sich also nicht auf einen bestimmten
Wohnungseigentumsanteil oder einen Miteigentumsanteil am Grundstück, sondern auf
das Grundstück als gemeinschaftliches Eigentum insgesamt. Die
erschließungsbeitragsrechtliche Regelung des § 134 Abs. 1 Satz 4 des
Baugesetzbuches, die die nur beschränkte Beitragspflicht des Wohnungs- und
Teileigentümers regelt, ist deshalb nicht, wie die Kläger meinen, Ausdruck eines
allgemeinen beitragsrechtlichen Rechtsgedankens, sondern eine im
Anschlussbeitragsrecht nicht anwendbare erschließungsbeitragsrechtliche
Spezialvorschrift.
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Was für den Wohnungseigentümer als Miteigentümer des Grundstücks gilt, gilt
gleichermaßen für den Miteigentümer eines Wohnungseigentumsanteils, der darüber
vermittelt ebenfalls Miteigentümer des Grundstücks ist.
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Das von den Klägern aufgeworfene Bedenken, dass dann ein Wohnungseigentümer mit
nur einem kleinen Anteil für eine möglicherweise sehr hohe Summe herangezogen
werden könnte, betrifft lediglich die Frage der richtigen Ausübung des
Auswahlermessens, ohne die grundsätzliche Zulässigkeit der Heranziehung jedes
Miteigentümers auf den vollen Beitrag in Frage zu stellen. Hier scheidet ein fehlerhaftes
Auswahlermessen aus, da ausweislich des Tatbestands des angegriffenen Urteils den
beiden Klägern über ihre Miteigentumsanteile an den Wohnungseigentumsanteilen das
Grundstück zur Gänze gehört.
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Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu unbestimmt (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b
KAG NRW i.V.m. § 119 Abs. 1 AO) im Hinblick auf den Umstand, dass jeder Kläger
lediglich als Gesamtschuldner in Anspruch genommen wird. Dass dies so verfügt
wurde, ergibt sich aus der Erläuterung auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides.
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Die Beitragspflicht scheitert nicht daran, dass die Kläger das Grundstück an den
Regenwasserkanal nicht anschließen könnten und somit keine beitragsrelevante
Inanspruchnahmemöglichkeit hätten, weil dies durch die Baugenehmigung vom 15. Juni
1979 ausgeschlossen wäre. Die Baugenehmigung schließt alleine die Zuleitung von
Regen- und Drainagewasser in den seinerzeit allein vorhandenen Schmutzwasserkanal
aus. Die Regelungen über die Verrieselung und Versickerung des
Niederschlagswassers haben sich gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG NRW i.V.m.
§ 124 Abs. 2 AO durch Herstellung des Niederschlagswasserkanals erledigt und sind
somit nicht mehr wirksam. Damit stellt die Baugenehmigung kein Hindernis für einen
Anschluss dar.
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Die Kläger werden auch nicht zu Unrecht doppelt veranlagt. Der vorherige
Beitragsbescheid vom 1. Oktober 1981 gegenüber dem Voreigentümer machte durch
den ausdrücklichen Abzug von 25 % für den Regenwasserkanal deutlich, dass lediglich
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ein Teilanschlussbeitrag erhoben wurde, der somit der Erhebung des hier streitigen
Teilanschlussbeitrags für die Möglichkeit der Einleitung von Niederschlagswasser nicht
entgegensteht.
Zur unzulässigen Doppelveranlagung vgl. Urteil vom 22. November 2005 - 15 A
2183/03 -, AUR 2007, 421 (422).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den
Streitwert ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
Dabei ist für die von den beiden Klägern erhobenen Klageansprüche der jeweilige Wert
nicht zusammenzurechnen, da der Beitrag nur einmal gefordert wird.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. April 2004 - 15 E 1458/03 -, S. 3 des amtlichen
Umdrucks; Beschluss vom 26. Juli 1999 - 15 E 555/99 -, S. 2 des amtlichen Umdrucks.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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