Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.10.2004

OVG NRW: satzung, abfallentsorgung, datum, transport, rechtsgrundlage, abschlag, gebühr, anteil, zustellung, hauptsache

Oberverwaltungsgericht NRW, 9 A 3160/03
Datum:
29.10.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 A 3160/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 13 K 6442/99
Tenor:
Die Berufung wird wegen Divergenz zugelassen, soweit das
Verwaltungsgericht der Klage gegen die Heranziehung zu
Entwässerungsgebühren stattgegeben hat.
Das Zulassungsverfahren wird insoweit als Berufungsverfahren
fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren folgt insoweit der
Kostenentscheidung der Hauptsache.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses
Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen
einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten
sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung
(Berufungsgründe).
Im Übrigen wird der Antrag auf Kosten des Beklagten abgelehnt.
Insoweit wird der anteilige Streitwert auf 110.557,69 EUR (entspricht
216.232,05 DM) festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat nur zum Teil Erfolg.
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I. Der Zulassungsantrag ist begründet, soweit er sich dagegen richtet, dass das
Verwaltungsgericht der Klage gegen die Heranziehung zu Entwässerungsgebühren
stattgegeben hat.
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Der Beklagte hat dargelegt, dass das angegriffene Urteil von mehreren - in der
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Zulassungsbegründung zitierten - Entscheidungen des Senats abweicht und auf dieser
Abweichung beruht (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Entgegen der
vom Senat in den zitierten Entscheidungen vertretenen Auffassung geht das
Verwaltungsgericht davon aus, dass das veranschlagte Gebührenaufkommen wegen
der innerhalb der Position „Pacht" angesetzten kalkulatorischen Kosten (kalkulatorische
Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten i.V.m. einer
kalkulatorischen Nominalverzinsung auf Anschaffungsrestwertbasis) gegen das
Kostenüberschreitungsverbot verstößt. Das angefochtene Urteil beruht auch auf dieser
Abweichung. Denn die weiteren vom Verwaltungsgericht beanstandeten
Kostenüberschreitungen im Bereich der Personalkosten (Versorgungsleistungen) und
der Verwaltungs- und Gemeinkosten (Dezernenten) liegen - wie der Beklagte zu Recht
dargelegt hat - unterhalb der auch vom Verwaltungsgericht berücksichtigten
Erheblichkeitsgrenze von 3 %.
II. Im Übrigen - soweit das Verwaltungsgericht der Klage gegen die Heranziehung zu
Abfallbeseitigungsgebühren stattgegeben hat - hat der Zulassungsantrag keinen Erfolg.
Beide vom Beklagten hierzu angeführten Zulassungsgründe greifen nicht durch.
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1. Seine Darlegungen wecken zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der
erstinstanzlichen Entscheidung (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der
Ansatz des Verwaltungsgerichts, wonach in der maßgeblichen Abfallgebührensatzung
wegen des fehlenden Abschlags für Eigenkompostierer ein den gesetzlichen Vorgaben
entsprechender Gebührenmaßstab nicht besteht, wird nicht durchgreifend erschüttert.
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Der Einwand des Beklagten, dass die Höhe der Kosten der gemeinsamen Entsorgung
von Rest- und Biomüll wegen der vertraglich festgelegten Verbrennungskosten
unabhängig vom Anteil der Eigenkompostierer und damit unabhängig von der Menge
des Biomülls sei, führt nicht weiter. Daraus lässt sich nichts für eine Unrichtigkeit der
verwaltungsgerichtlichen Annahme herleiten, das Abschlagsgebot des § 9 Abs. 2 Satz 7
LAbfG müsse auch in Fällen, in denen - wie hier - keine getrennte Bio-Abfallentsorgung
stattfindet, beim Gebührenmaßstab berücksichtigt werden. Dies gilt umso mehr, als
durch die Eigenkompostierer auch Transport- und Sammelkosten verringert werden
können. Im Übrigen würde eine Einführung des in § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG geforderten
Gebührenabschlags für Eigenkompostierer, dessen Fehlen das Verwaltungsgericht
beanstandet hat, zwangsläufig zu einer Umverteilung der Gesamtkosten zwischen
Eigenkompostierern und anderen Nutzern der Abfallentsorgung führen.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es für die vom Verwaltungsgericht
vorgenommene Bewertung ferner unerheblich, dass die Klägerseite nicht zu den
Eigenkompostierern gehört. Denn die Wirksamkeit der Maßstabsregelung und damit der
der Heranziehung zu Grunde liegenden Satzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW) ist
objektivrechtlich zu klären; sie hängt nicht davon ab, ob der jeweilige Kläger von der
Maßstabsregelung benachteiligt wird. Mangels Rechtsgrundlage hat das
Verwaltungsgericht folgerichtig den belastenden Gebührenbescheid insoweit
aufgehoben.
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Schließlich stellt auch der Hinweis des Beklagten auf § 5 Abs. 3 Buchstabe b) der
Abfallentsorgungssatzung in der seit dem 5. Juni 1999 geltenden Fassung die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage. Diese
Satzungsregelung über die zu Grunde zu legenden Mindestabfallmengen pro Person
und Woche sieht zwar erstmals ab dem genannten Datum für Eigenkompostierer eine
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um 10 Liter pro Person und Woche reduzierte Abfallmindestmenge vor und ermöglicht
damit Eigenkompostierern unter Umständen die Wahl eines kleineren Müllgefäßes. Das
Verwaltungsgericht hat aber - eigenständig tragend - entschieden, dass diese
Satzungsregelung u.a. deshalb nicht den gesetzlichen Vorgaben genügt, weil sie trotz
Erhebung der Gebühr als Jahresgebühr nicht im gesamten Veranlagungszeitraum galt.
Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten; er hat die zeitliche Einschränkung der
Satzungsregelung vielmehr eingeräumt. 2. Die Darlegungen des Beklagten zeigen auch
keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf (Zulassungsgrund nach § 124
Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die in der Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage,
inwiefern ein pauschalierter Abschlag für Eigenkompostierer zulässig ist und ob dieser
auch dann vorliegen kann, wenn er nur über den Zusammenschluss mehrerer
Grundstücksbenutzer zu Gemeinschaften vorliegen kann,
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würde sich vor dem Hintergrund der verwaltungsgerichtlichen Argumentation nicht
stellen. Denn danach begründet § 5 Abs. 3 Buchstabe b) der Abfallentsorgungssatzung
bereits wegen dessen eingeschränkter Geltungsdauer keine zur Wirksamkeit des
Gebührenmaßstabes und damit der Satzung führende Abschlagsregelung. Die
Ausführungen des Beklagten, dass die ab dem 5. Juni 1999 geltende Neuregelung der
Mindestabfallmengen pro Person und Woche jedenfalls in Verbindung mit § 5 Abs. 9 der
Satzung (gemeinsame Restmülltonnennutzung) die Voraussetzungen des geforderten
Gebührenabschlags erfülle, kommen dementsprechend auch hinsichtlich der geltend
gemachten grundsätzlichen Bedeutung nicht zum Tragen.
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Die Kostenentscheidung hinsichtlich des ablehnenden Teils des Beschlusses folgt aus
§ 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht insoweit auf § 13 Abs. 2 GKG in
der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung (vgl. § 72 Nr. 1 GKG in der ab dem 1. Juli
2004 geltenden Fassung).
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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