Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 05.10.2001

OVG NRW: sozialhilfe, verfahrensmangel, beweiswürdigung, fahrzeug, eigentum, verfahrensrecht, einvernahme, beweisantrag, erlass, beschränkung

Oberverwaltungsgericht NRW, 16 A 5010/99
Datum:
05.10.2001
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 A 5010/99
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 5 K 5596/94
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien
Rechtsmittelverfahrens je zu einem Sechstel.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg; denn die allein geltend
gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO liegen nicht vor
bzw. sind - anders als nach § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderlich - nicht hinreichend
dargetan.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO werden nicht durch das Zulassungsvorbringen geweckt, das Verwaltungsgericht
habe den gestellten Klageantrag unzulässig verkürzt. Die vom Verwaltungsgericht
vorgenommene Auslegung des Klageantrags rechtfertigt sich nämlich nicht lediglich aus
der Verwendung des Begriffs "Sozialhilfe" in dem in der Klageschrift vom 23. Dezember
1994 hervorgehobenen Antrag, sondern auch daraus, dass lediglich beantragt worden
ist, die die Bewilligung von Sozialhilfe betreffenden "Bescheide des Beklagten vom
01.03., 01.06. und 01.07.1993 ... abzuändern", ohne dass die Bescheide "über die
Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz" Erwähnung
gefunden hätten, die in der Zwischenzeit bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides
vom 21. November 1994 ebenfalls ergangen waren. Gegen diese Bescheide war nach
Aktenlage z.T. nicht einmal Widerspruch erhoben worden - das gilt für die Bescheide
vom 1. Dezember 1993, 1. Januar 1994 und 1. März 1994 -, und auch soweit
Widerspruch eingelegt worden ist, sind die Bescheide im gerichtlichen Verfahren nicht
benannt und in das Verfahren einbezogen worden. Angesichts dessen konnte das
Verwaltungsgericht von einer bewussten Beschränkung des Klageantrags ausgehen,
zumal eben lediglich auch die Gewährung von "Sozialhilfe" angesprochen worden ist.
Dass der Beklagte - ohne eine vorherige Klageerweiterung von Seiten der Kläger - mehr
als zwei Jahre später in der Anlage seines Schriftsatzes vom 9. Januar 1997 auch die
Zeit bis Oktober 1994 in den Blick genommen und in der Folgezeit sogar das
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Verwaltungsgericht diesen Zeitraum vorübergehend zugrunde gelegt hat, vermag die
Richtigkeit der dann im Urteil vorgenommenen Auslegung des Klageantrags nicht in
Frage zu stellen.
Unabhängig davon wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts jedenfalls durch die
Erwägung getragen, die wegen der Kfz-Haltung bestehenden Zweifel an der
Hilfebedürftigkeit der Kläger seien nicht ausgeräumt worden. Auch insoweit haben die
Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht dargetan.
Es trifft zu, dass auf Grund der erstinstanzlichen Angaben der Kläger trotz der
gerichtlichen Aufforderung vom 8. Juni 1999 nicht für den einzelnen Bewilligungsmonat
ersichtlich ist, in welchem Umfang das Kraftfahrzeug benutzt worden ist, welche Kosten
dadurch entstanden und wie diese Kosten aufgebracht worden sind. Diesbezüglich
haben die Kläger in der Zulassungsschrift u.a. vorgetragen:
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"Insoweit ist dargelegt und unter Beweis gestellt, dass das Fahrzeug ausschließlich im
Eigentum des Firas Abdolhadi stand, und von diesem in vollem Umfang aus seinem
Arbeitsverdienst finanziert wurde. Insoweit ist nicht nur vorgetragen und Beweis
angetreten, sondern es liegen sogar zwei eidesstattliche Versicherungen vor, aus denen
sich die Umstände im Einzelnen ergeben."
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Tatsächlich ist erstinstanzlich zwar behauptet worden, dass das Fahrzeug
ausschließlich im Eigentum des F. A. stand, ein Beweisantritt ist diesbezüglich aber
nicht erfolgt. Soweit die Kläger auf eidesstattliche Versicherungen verweisen, hat das
Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Sohn F. A. der Kläger zu 1.
und 2. zusammen mit seinem Bruder Haitham unter dem 23. März 1993 versichert hatte,
sie seien beide Eigentümer des Autos geworden ("Wir haben beide ein Auto"), und dass
der Sohn F. A. diese Erklärung ausweislich eines darüber gefertigten Vermerks
gegenüber dem Sozialamt des Beklagten unter dem 19. September 1994 noch einmal
wiederholt hatte. Insgesamt verbleibt es deshalb dabei, dass die Angaben der Kläger
und ihrer beiden Söhne so widersprüchlich sind, dass sie nicht geeignet sind, die
unvollständigen Angaben des Klägers zu 1. im Klageverfahren zu ergänzen und zu
vervollständigen.
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Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem
die Entscheidung beruhen kann) rechtfertigt schließlich eine Zulassung der Berufung
nicht. Die Kläger machen insoweit geltend, die "Grundsätze der Darlegungslast und der
Beweiswürdigung" würden im angefochtenen Urteil "eklatant verletzt". Im Übrigen habe
das Gericht durch die unzulässige Verkürzung des Klageantrags gegen § 88 VwGO
verstoßen.
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Dazu, dass von einer unzulässigen Verkürzung des Klageantrags nicht die Rede sein
kann, wird auf die obigen Ausführungen zum Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr.
1 VwGO verwiesen.
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Dass seine Ausführungen zur materiellen Beweis- und zur Darlegungslast hinsichtlich
des Nichtvorhandenseins eigener Mittel des Hilfe Suchenden im Allgemeinen und im
Falle der Zulassung eines Kfz auf den Namen des Hilfe Suchenden im Besonderen mit
der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung übereinstimmen, hat das
Verwaltungsgericht durch die seinen Ausführungen beigefügten Zitate selbst
hinreichend belegt.
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Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind regelmäßig nicht dem
Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 -, NVwZ- RR 1996, 359
(zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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Auch der Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung ist nicht schlüssig
gerügt. Die Einvernahme der Zeugen F. Abholhadi, Haitham A. und Fuat Jaber zur
Frage der Eigentumsverhältnisse an dem Kfz musste sich dem Verwaltungsgericht nicht
aufdrängen. Die anwaltlich vertretenen Kläger haben einen entsprechenden
Beweisantrag selbst nicht gestellt. Welche Tatsachen insoweit in das Wissen des F. J.
gestellt sind, ist nicht dargetan, und F. und H. A. hatten bereits eidesstattliche
Versicherungen abgegeben, so dass insoweit weitere Erkenntnisse nicht ohne weiteres
zu erwarten waren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 und 159 Satz 1 VwGO
i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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