Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 31.08.2009

OVG NRW (europäische union, beurteilung, verwaltungsgericht, schüler, durchführung, bezug, verwendung, gkg, bewertung, funktion)

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 996/09
Datum:
31.08.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 B 996/09
Schlagworte:
Lehrer Stellenbesetzung Auswahlentscheidung Beurteilung
Leitsätze:
Erfolgloser Antrag einer Lehrerin auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung mit der Ziel der Verpflichtung des Dienstherrn, eine freie
Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 13 BBesO vorläufig
nicht mit dem Beigeladenen zu besetzen.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwer-deverfahrens mit
Ausnahme der außer¬gerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese
selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdever¬fah-ren auf 2.500,00
EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
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Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß §
146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das
Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung hätte stattgeben müssen.
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Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die streitgegenständliche
Auswahlentscheidung leide nicht an Fehlern, die für das Auswahlergebnis zu Lasten
der Antragstellerin kausal gewesen sein könnten. Der Antragsgegner habe die
Beurteilungen der Antragstellerin vom 4. Dezember 2008 und des Beigeladenen vom
28. November 2008 zur Grundlage der Beförderungsentscheidung machen dürfen. Die
Leistungen des Beigeladenen seien mit der Bestnote, die Leistungen der Antragstellerin
"nur" mit der zweithöchsten Note bewertet worden. Die Beurteilungen wiesen keine
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Fehler auf, die auf die Auswahlentscheidung durchschlagen könnten. Der Schulleiter
habe sich zwar formal fehlerhaft an dem für einen Leistungsbericht vorgegebenen
Muster (vgl. Anlage 1 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie
der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Studienseminaren - BRL - vom
2. Januar 2003, Abl. NRW. S. 7) orientiert. Es erscheine jedoch ausgeschlossen, dass
er bei Verwendung des nach Nr. 4.1 BRL vorgesehenen Musters (vgl. Anlage 2) zu
anderen Beurteilungsergebnissen gelangt wäre. Materielle Beurteilungsfehler seien
nicht zu erkennen. Es sei auszuschließen, dass sich die von der Antragstellerin in
Bezug auf die Sachverhaltserfassung angeführten Unstimmigkeiten auf das
Gesamturteil und damit auf die Auswahlentscheidung ausgewirkt haben könnten. Eine
Beurteilung der Antragstellerin mit der Bestnote erscheine allein aufgrund der
Bewertung ihrer Unterrichtsplanung und -durchführung ausgeschlossen. Die auf den
Kern der fachlichen Leistung zielende Kritik wiege so schwer, dass eine Vergabe der
Bestnote im Gesamturteil auch unter Berücksichtigung des dem Beurteiler zustehenden
Spielraums bei der Gewichtung der einzelnen Beurteilungsmerkmale unschlüssig wäre.
Die hiergegen gerichteten Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch.
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Die Antragstellerin zieht aus der Verwendung eines falschen Formblattes den Schluss,
dass "auch die inhaltlichen Aspekte" ihrer Beurteilung "rechtlichen und tatsächlichen
Zweifeln nicht entrückt" seien. Diese Argumentation gründet im Kern auf der
Mutmaßung, eine formal fehlerhafte Beurteilung sei im Zweifel auch materiell fehlerhaft.
Eine solche Mutmaßung ersetzt jedoch nicht die gebotene Überprüfung, ob die
Beurteilung tatsächlich materiell fehlerhaft ist. Dementsprechend hat das
Verwaltungsgericht, nachdem es festgestellt hatte, dass sich der von der Antragstellerin
gerügte formelle Fehler nicht auf das Auswahlergebnis ausgewirkt hat, die materielle
Rechtmäßigkeit der Beurteilung überprüft und bejaht.
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Soweit die Antragstellerin zudem geltend macht, einem Schulleiter könne "nicht qua
Amt eine Kompetenz in komplizierten Beförderungsangelegenheiten zugeschrieben
werden, wenn die Kompetenz im einfach gelagerten formellen Bereich bereits nicht
gegeben" sei, lässt sie außer Acht, dass die zuständige Bezirksregierung die
eigentliche Beförderungsentscheidung getroffen hat und diese damit die Verantwortung
für eine den rechtlichen Anforderungen entsprechende Konkurrentenauswahl trägt. Dem
Schulleiter oblag lediglich die Erstellung der dienstlichen Beurteilungen (vgl. § 59 Abs.
4 Satz 2 Nr. 2 SchulG NRW).
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Die Antragstellerin rügt weiter einen Verstoß gegen die von den Bezirksregierungen
veröffentlichten Richtlinien, wonach "an Gesprächen, die in
Beförderungsangelegenheiten zu führen" seien, u.a. die Ansprechpartnerin für
Gleichstellungsfragen teilzunehmen habe. Auch insoweit scheint die Antragstellerin
bereits nicht in den Blick zu nehmen, dass der Schulleiter die eigentliche
Beförderungsentscheidung nicht zu treffen hatte. Schon vor diesem Hintergrund bestand
kein Raum für die Wahrnehmung etwaiger Beteiligungsrechte der
Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 15 LGG durch eine Ansprechpartnerin für
Gleichstellungsfragen in der Schule (vgl. § 59 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW). Soweit die
Antragstellerin überdies die Nichtbeteiligung der Ansprechpartnerin für
Gleichstellungsfragen an (Vor-) Auswahlgesprächen beanstanden will, geht dies bereits
deshalb ins Leere, weil vorliegend solche Gespräche zur Vorbereitung der
Beförderungsentscheidung nicht geführt worden sind.
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Das weitere Beschwerdevorbringen der Antragstellerin knüpft im Wesentlichen an die
Ausführungen des Schulleiters zur Bewertung ihrer Unterrichtsdurchführung an.
Ausgehend von den Grenzen der vor allem in inhaltlicher Beziehung reduzierten
Kontrolldichte hat das Verwaltungsgericht sich nicht veranlasst gesehen, die
diesbezüglichen Einzelfeststellungen bzw. Werturteile des Schulleiters zu beanstanden.
Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gibt hierzu ebenfalls
keinen Anlass.
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Der Schulleiter hat in der Beurteilung vom 4. Dezember 2008 ausgeführt, das
eigentliche Thema der Politikstunde "Konflikte im Schulalltag" sei für die Schüler nur
ansatzweise transparent gewesen. Dass die Schüler, wie die Antragstellerin insoweit
einwendet, Möglichkeiten zur Lösung des von ihr ausgewählten Konfliktbeispiels
"aufgeschrieben" haben, ist als Beleg dafür, dass ihnen das Thema der Stunde mehr als
nur ansatzweise transparent gewesen ist, ungeeignet. Auch dessen weitere
Feststellung, eines der wichtigsten Ziele der Stunde, die Erarbeitung von
Lösungsstrategien, sei nicht erreicht worden, wird dadurch nicht in Zweifel gezogen. Die
Erarbeitung von Lösungsstrategien erschöpft sich nicht in der bloßen Sammlung von
Lösungsvorschlägen. Eine solche Sammlung stellt lediglich eine mögliche Vorstufe zur
Erarbeitung einer Strategie zur Konfliktlösung , d.h. einer genauen Planung einer
zielgerichteten Vorgehensweise dar.
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Der Schulleiter hat hinsichtlich der weiteren von ihm beobachteten Stunde im Fach
Sozialkunde ausgeführt, dass der Bezug zur Unterrichtsreihe nur ansatzweise gegeben
gewesen sei. Die zu den Karikaturen wiedergegebenen Äußerungen seien im Hinblick
auf die Ziele der Reihe kontraproduktiv gewesen. Zudem sei nicht deutlich geworden,
welche Vorerfahrungen die Schüler bezüglich der Thematik gehabt und welche
Ergebnisse sie in den vorhergegangenen Stunden erzielt hätten. Ebenso sei die
Funktion der Ergebnisse der beobachteten Stunde im Hinblick auf die Weiterführung
dieser Reihe nicht transparent geworden. Diese Feststellungen betreffen in erster Linie
die konkrete Durchführung des Unterrichts und weniger dessen Konzeption. Daher ist
der an sie anknüpfende Einwand der Antragstellerin, sie habe die Konzeption der
Unterrichtsreihe "auch auf eine Unterrichtsreihe des Raabe-Verlages (...) aus dem Jahre
2008" sowie auf "die Reihe ‚Politik betrifft uns – Europäische Union Quo vadis?‘ des
Bergmoser und Höller Verlages aus dem Jahre 2001" gestützt, ohne entscheidendes
Gewicht. Die Tatsache, dass die Schüler, wie die Antragstellerin in diesem
Zusammenhang weiter geltend macht, mit dem Ergebnis der vom Schulleiter
beobachteten Stunde in der folgenden Sozialkundestunde weitergearbeitet haben,
belegt nicht, dass die Funktion der Ergebnisse in der vom Schulleiter beobachteten
Stunde transparent gewesen ist.
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Die Ausführungen des Schulleiters werden schließlich auch nicht durch den Hinweis
der Antragstellerin auf ihre Bemühungen um die Beschaffung von möglichst aktuellen
Unterrichtsmaterialien sowie um die fortwährende Erarbeitung von Unterrichtsmethoden
auf der Basis von Literatur und der Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen in Frage
gestellt. Allein der Rückgriff auf aktuelle Unterrichtsmaterialien und das Vorhandensein
stetig aktualisierter Methodenkenntnisse lässt nicht auf die Qualität der Konzeption,
geschweige denn der Durchführung der beiden vom Schulleiter beobachteten
Unterrichtsstunden schließen.
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Dass die Antragstellerin die Negativkritik des Schulleiters nicht nachvollziehen kann
und der Überzeugung ist, sie sei unzutreffend beurteilt worden und sei die
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bestgeeignete Bewerberin für die streitbefangene Stelle, ist, wie das Verwaltungsgericht
zutreffend ausgeführt hat, ohne Belang.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG, wobei der
sich daraus ergebende Wert im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der begehrten
Entscheidung zu halbieren ist.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3
Satz 3 GKG).
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