Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.02.2009

OVG NRW: öffentliche bekanntmachung, aktiven, schallschutz, asphalt, passiven, umweltverträglichkeitsprüfung, ivv, ergänzung, stadt, verordnung

Oberverwaltungsgericht NRW, 11 D 45/06.AK
Datum:
11.02.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 D 45/06.AK
Tenor:
Soweit die Klägerin zu 5. die Klage zurückgenommen hat, wird das
Verfahren eingestellt.
Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Kläger zu 1. bis 3.
und 6. auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 23. Januar
2006 - III B 4-32-03/790 - um zusätzliche Lärmschutzauflagen unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten tragen die Kläger zu 1. bis 3. und 6. jeweils
1/14, die Kläger zu 4., 5. und 7. jeweils 1/7 sowie der Beklagte 2/7. Der
Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1.
bis 3. und 6., die ihrerseits jeweils 1/14 der außergerichtlichen Kosten
des Beklagten tragen. Die Kläger zu 4., 5. und 7. tragen jeweils 1/7 der
außergerichtlichen Kosten des Beklagten. Im Übrigen werden
außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 23.
Januar 2006, mit dem dieser den Plan für den sechsstreifigen Ausbau der A 40 von Bau-
km 0+000 (Stadtgrenze Bochum/Essen) bis Bau-km 3+100 (ca. 600 m östlich der
Anschlussstelle E.-----weg ) in Bochum-Wattenscheid festgestellt hat.
2
Die A 40 ist eine gewachsene Verkehrsverbindung, die in Ost-West-Richtung verläuft.
Sie entstand aus einem Teilabschnitt der früheren B 1, der nach Ausbau und Aufstufung
zur Autobahn im Jahr 1987 die Bezeichnung A 430 trug und 1992 zur A 40 umbenannt
wurde. Die A 40 verbindet über die weiterführenden Bundesfernstraßen B 1 und A 44
die Benelux- Länder mit den östlichen neuen Bundesländern bzw. dem osteuropäischen
Raum. Für den Individualverkehr ist die A 40 in Ost-West-Richtung die zentrale
Hauptverkehrsader des Ballungsraumes Ruhrgebiet. Der sechsstreifige Ausbau der im
Zeitpunkt der Planfeststellung vierstreifig ausgebauten A 40 ist in dem Bereich, der vom
Planfeststellungsbeschluss erfasst wird, im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als
Maßnahme des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen. Der geplante Ausbau soll
asymmetrisch nach Süden hin erfolgen.
3
Der sechsstreifige Ausbau der A 40 in dem planfestgestellten Abschnitt ist ein Teil der
sog. „Bochumer Lösung", die den weiteren sechsstreifigen Ausbau der A 40 bis zur
Anschlussstelle Bochum-Stahlhausen, eine niveaufreie Verknüpfung der A 40 mit dem
Bochumer Außenring (sog. „Westring", bestehend aus Nordhausen-, Orviedo- und
Donezkring) im Bereich der Anschlussstelle Bochum Stahlhausen und dessen weitere
Anbindung an das Autobahnkreuz Bochum-Witten (A 43/A 44) - sog. „Querspange" -
beinhaltet.
4
Die Kläger zu 1. bis 6. sind Eigentümer von Wohnhausgrundstücken, die nördlich der A
40 liegen. Grundeigentum dieser Kläger soll für das Ausbauvorhaben nicht in Anspruch
genommen werden. Die Grundstücke der Kläger zu 1. und 5. liegen rund 50 m
nordöstlich der östlichen Planfeststellungsgrenze. Der Kläger zu 7. ist Bewohner eines
ihm ehemals gehörenden Wohnhauses, das im Süden von Bochum südlich des O. S. (L
705) liegt; von der Trasse der A 40 ist dieses Anwesen etwa 6,5 km entfernt.
5
Das Planfeststellungsverfahren wurde im Februar 2002 eingeleitet. Der Vorhabenträger
(Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen) übersandte der Bezirksregierung
Arnsberg die Planunterlagen und bat um die Durchführung des Anhörungsverfahrens.
Die Planunterlagen lagen nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung im Amtsblatt
der Stadt Essen vom 22. März 2002 und in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung
sowie den Ruhr Nachrichten vom 23. März 2002 in der Zeit vom 9. April 2002 bis
einschließlich 8. Mai 2002 bei den Städten Essen und Bochum öffentlich aus. Die
Bekanntmachung enthielt unter anderem einen Hinweis auf den
Einwendungsausschluss nach § 17 Abs. 4 FStrG (a. F.).
6
Die Kläger zu 1. bis 3., 5. und 6. haben gegen das Vorhaben in persönlichen Schreiben,
der Kläger zu 7. als unterzeichnendes Mitglied der „C. C1. gegen die E. „ Einwendungen
erhoben.
7
Die Benachrichtigung über die Durchführung eines Erörterungstermins wurde in den
Amtsblättern der Stadt Essen vom 8. November 2002 und für den Regierungsbezirk
Arnsberg vom 9. November 2002 sowie in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung und
in der Neuen Ruhr Zeitung vom 9. November 2002 bekannt gemacht.
8
Auf Grund von Bedenken und Forderungen Dritter im Erörterungstermin, den die
Bezirksregierung Arnsberg in der Zeit vom 21. bis zum 29. November 2002 durchführte,
erfolgte hinsichtlich der zu erwartenden Luftschadstoffbelastungen eine vom
Vorhabenträger als Deckblatt I in das Verfahren eingeführte Überarbeitung der
Planunterlagen. Dieses Deckblatt lag nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung im
9
Amtsblatt der Stadt Essen vom 23. Mai 2003 und in der Westdeutschen Allgemeinen
Zeitung sowie den Ruhr Nachrichten vom gleichen Tag in der Zeit vom 3. Juni bis
einschließlich 2. Juli 2003 bei den Städten Essen und Bochum öffentlich aus. Die
Bekanntmachung enthielt unter anderem einen Hinweis auf den
Einwendungsausschluss nach § 17 Abs. 4 FStrG (a. F.).
Gegen das Deckblatt I erhoben alle Kläger - der Kläger zu 7. wiederum als Mitglied der
„C. C1. gegen die E. „ - schriftlich Einwendungen.
10
Nach vorheriger Bekanntmachung in den Amtsblättern für den Regierungsbezirk
Arnsberg vom 10. Januar 2004 und der Stadt Essen vom 16. Januar 2004 sowie in der
Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom 19. und 24. Januar 2004 führte die
Anhörungsbehörde in der Zeit vom 11. bis zum 16. Februar 2004 einen
Erörterungstermin betreffend das Deckblatt I durch.
11
Im weiteren Verlauf sind ferner die nicht offen gelegten Deckblätter II bis IV zum
Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, die im Wesentlichen Modifikationen der
Überplanung einzelner Grundstücke und Änderungen von Erschließungs- sowie
Lärmschutzanlagen zum Gegenstand haben. Darüber hinaus wurden die
lärmtechnischen Unterlagen mit den Zielen überarbeitet, bei dem Straßenbau einen
offenporigen Asphalt zu verwenden und am nördlichen Fahrbahnrand die bisher nur bis
zur Planfeststellungsgrenze (Bau-km 3+100) geplante Lärmschutzwand nach Osten hin
bis Bau-km 3+500 als Steilwall mit aufgesetzter Lärmschutzwand zu verlängern.
12
Der Beklagte stellte mit Planfeststellungsbeschluss vom 23. Januar 2006 den Plan für
die Straßenbaumaßnahme fest. Er erkannte den Klägern zu 1. bis 6. jeweils dem
Grunde nach einen Erstattungsanspruch für Maßnahmen des passiven Schallschutzes
und einen Entschädigungsanspruch in Geld für die Beeinträchtigung des
Außenwohnbereiches zu. Im Übrigen wurden die Einwendungen der Kläger
zurückgewiesen.
13
Am 24. April 2006 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung
machen sie im Wesentlichen geltend: Der Planfeststellungsbeschluss sei formell
rechtswidrig. Das Planaufstellungsverfahren sei fehlerhaft durchgeführt worden. Die
öffentliche Bekanntmachung sei fehlerhaft erfolgt, weil C1. keine einheitliche
Ortsausgabe der zur Bekanntmachung ausgewählten Tageszeitung WAZ habe. Eine
Bekanntmachung in benachbarten Städten sei nicht erfolgt. Eine Planskizze habe bei
der Bekanntmachung gefehlt, auch sei die Lagebezeichnung nicht eindeutig gewesen.
Der Text der Bekanntmachung sei missverständlich und rechtlich teilweise unzutreffend
gewesen. Die Auslegung der Planunterlagen habe bei der Stadt C1. unter nicht
sachgerechten Umständen stattgefunden. Die Durchführung des Erörterungstermins sei
nicht ordnungsgemäß erfolgt. Der Regierungspräsident Arnsberg sei befangen
gewesen, weil er sich zuvor für das Vorhaben ausgesprochen habe. Die Erörterung sei
mit Schikanen verbunden gewesen, zum Teil seien Einwände gar nicht erörtert worden.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei mangelhaft. Sie beruhe auf unzureichenden
Ermittlungen. Eine umweltmedizinische Gesundheitsverträglichkeitsprüfung betreffend
den Straßenverkehrslärm fehle, das Gesundheitsamt C1. sei nicht beteiligt worden. Die
betriebsbedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch seien unzureichend
dargestellt worden, wobei nur auf den Lärm abgestellt worden sei, nicht aber auf die
negativen Auswirkungen des Vorhabens auf die Luft- und Bodenqualität. Ein
humantoxikologisches Gutachten fehle. Die erhöhte Staugefahr sei bei der
14
Umweltverträglichkeitsprüfung nicht berücksichtigt worden. Der
Planfeststellungsbeschluss sei auch materiell fehlerhaft. Er berücksichtige in seinem
verfügenden Teil bei der Altlastenproblematik nicht das Bundesbodenschutzgesetz. Der
landschaftspflegerische Begleitplan sei wegen Fehlern der
Umweltverträglichkeitsprüfung ebenfalls fehlerhaft, insbesondere sei die
Versiegelungsfläche falsch berechnet worden. Die Auswirkungen des Vorhabens auf
das Makro- und das Mikroklima seien nicht hinreichend berücksichtigt worden, so etwa
diejenigen der Luftschadstoffe auf den Boden. Für das Vorhaben sei keine
Planrechtfertigung gegeben. Die Ziele seien durch den Ausbau nicht zu erreichen und
die Verkehrsprobleme nicht zu lösen. Es werde weiterhin eine Überbelastung des
Streckenabschnitts vorhanden sein. Die Verkehrsprognosen seien veraltet und
fehlerhaft, weil die Verkehrsmengen zu niedrig angesetzt seien. Die herangezogenen
Prognosen beträfen nicht das konkrete Vorhaben und berücksichtigten weder den
Pendlerverkehr noch den durch einen Nachfragesog entstehenden induzierten Verkehr.
Die Prognosemenge sei um zehn Prozent höher anzusetzen. Eine Erhöhung der
Verkehrssicherheit werde nicht eintreten und Staugefahren würden durch den Ausbau
nicht beseitigt. Behauptete Unfallgefahren seien nicht belegt. Die
Variantenuntersuchung sei fehlerhaft. Eine differenzierte Abwägung einer teilweise
kombinierten Tunnellösung bzw. Einhausung habe nicht stattgefunden. Bei den gegen
diese Lösung sprechenden Kosten seien falsche Annahmen zu Grunde gelegt worden.
Ab der Anschlussstelle E.-----weg sei in östlicher Richtung eine in südlicher Richtung
verschobene Streckenführung sinnvoller gewesen. Eine günstigere Bauausführung und
der Schutz der nördlich angrenzenden Straßen hätte - gegebenenfalls mit einer
Einhausung der Autobahn - gewährleistet werden können. Die Abschnittsbildung sei
abwägungsfehlerhaft. Es habe eine willkürliche Aufteilung ohne Bezug zur
Gesamtkonzeption der „Bochumer Lösung" stattgefunden. Die Abschnittsbildung sei nur
in Relation zum Ausbau der A 40 gesetzt worden, sonstige Planunterlagen bezögen
sich aber auf die „Bochumer Lösung". Eine einheitliche Planung sei erforderlich
gewesen, weil sämtlichen Abschnitten der „Bochumer Lösung" rechtliche Hindernisse
entgegenstünden. Zumindest müsse sichergestellt werden, dass eine Realisierung des
streitigen Vorhabens nicht vor einer bestandskräftigen Planfeststellung anderer
Abschnitte erfolge. Die Abschnittsbildung sei willkürlich und verstoße wegen der
Erschwerung der Rechtswahrnehmung gegen Art. 19 Abs. 4 GG, da bei den parallel
laufenden Verfahren für die Planfeststellung anderer Abschnitte ebenfalls Fristen
einzuhalten und Verhandlungen in mehreren Erörterungsterminen zu absolvieren
gewesen wären. Betroffene würden gezwungen auch gegen die
Planfeststellungsbeschlüsse für andere Abschnitte zu klagen. Es würden Zwangspunkte
für die westlich und östlich angrenzenden Abschnitte und für die „Bochumer Lösung"
insgesamt gesetzt, etwa durch eine Verhinderung einer Untertunnelung oder
Einhausung auch in diesen Abschnitten; nur eine Verlängerung der Steilwall-
/Wandkombination in östlicher Richtung sei planfestgestellt worden, die zudem keinen
Schutz vor den Luftschadstoffen biete. Probleme bei den anderen Abschnitten der
„Bochumer Lösung" seien nicht berücksichtigt worden, etwa die Einwendungen zum
östlichen Folgeabschnitt und zum Neubau der A 44 und die Dauerbelastung des
Bochumer Außenrings. Der planfestgestellte Abschnitt habe mit einer Länge von nur 3,1
km keinen eigenen Verkehrswert. Eine Verflüssigung des Verkehrs sei nicht zu
erwarten, vielmehr entstünden durch die „Flaschenhalsbildung" neue Staus. Die
Verkehrssicherheit werde nicht erhöht. Eine Verbesserung der Lärm- und
Luftschadstoffbelastung der Anwohner trete nicht ein. Der Planfeststellungsbeschluss
sei außerdem rechtswidrig, weil die Regelungen zum Lärmschutz fehlerhaft seien.
Bereits das Abwägungsmaterial sei wegen der mangelhaften
Umweltverträglichkeitsprüfung defizitär gewesen. Die Verkehrsprognose sei zu niedrig
angesetzt und die Vorbelastung ebensowenig wie die Zusatzbelastung, etwa durch
Umleitungen, berücksichtigt worden. Ein Summenpegel mit anderen
gesundheitsschädlichen Lärmquellen sei nicht gebildet worden. Die Fehler der
Verkehrsprognose hätten Auswirkungen auf die Emissionsberechnung allgemein. Die
Berechnung nach der RLS-90 sei wegen falscher Parameter unrichtig, unter anderem
hinsichtlich der Geräuschemissionen von LKW. Die Maßgaben der EU-
Umgebungslärmrichtlinie, wie Lärmausbreitung, Meteorologie oder Frequenz seien
nicht berücksichtigt worden. Eine Vorsorge entsprechend den Zielen dieser Richtlinie
fehle. Neueste Ergebnisse der Lärmforschung seien unberücksichtigt geblieben. Die
Regelungen zum aktiven und passiven Schallschutz, die den Stand der Technik nicht
berücksichtigten, seien unzureichend um die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der
Verkehrslärmschutzverordnung zu gewährleisten. Der Bau und der Betrieb des
Vorhabens ziehe Gesundheitsgefahren für die Anwohner nach sich. Beim aktiven
Schallschutz seien die Möglichkeiten einer Tunnellösung oder einer Einhausung
fehlerhaft abgelehnt worden. Der vorgesehene offenporige Asphalt sei nicht geeignet,
den in Ansatz gebrachten Korrekturwert DStro von - 5 dB(A) zu gewährleisten. Eine
dauerhafte Lärmminderung könne nicht erreicht werden, weil die A 40 vorwiegend
nachts von LKW befahren würde, was eine erhöhte Abnutzung des Straßenbelages
bewirke. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte zudem weder eine genaue
Spezifizierung, welcher offenporige Asphalt zu verwenden sei, noch Maßgaben zu einer
Qualitätssicherung des Lärmminderungswertes. Es sei auch zweifelhaft, ob die
Lärmschutzwände geeignet seien, auf Dauer den ihnen zugedachten Schutz
sicherzustellen. Die Luftschadstoffproblematik sei im Planfeststellungsbeschluss
unzureichend berücksichtigt worden. Es fehle an den notwendigen Ermittlungen. Bereits
bei der Umweltverträglichkeitsprüfung sei kein humantoxikologisches Gutachten
eingeholt worden. Fehler in der wegen Nichtberücksichtigung der „Bochumer Lösung"
zu niedrig angesetzten Verkehrsprognose hätten Auswirkungen auf die
Emissionsberechnung. Der vorgenommene Vergleich zwischen der „Nullfall"-Prognose
und der Prognose für das festgestellte Vorhaben sei nicht tragfähig, da die A 40 die
Planfallmenge derzeit nicht tragen könne. Das Luftschadstoffgutachten aus Januar 2003
sei keine geeignete Abwägungsgrundlage, weil die Vorbelastung falsch definiert und
die angenommenen Werte nicht nachvollziehbar seien: Der Vorbelastungswert sei nur
abgeleitet worden, die nach der 22. BImSchV vorgeschriebenen Messungen seien
unterblieben. Das angenommene Ausbreitungsmodell - sog. Gauß-Modell - sei
ungeeignet. Reduktionsfaktoren seien im Gegensatz zum Folgeabschnitt fehlerhaft
berücksichtigt worden, auch sei das Ausbreitungsmodell unzulänglich, weshalb der
Beklagte nicht habe abschätzen können, ob Überschreitungen der Grenzwerte mit einer
Luftreinhalteplanung zu bewältigen seien. Insgesamt seien die Werte für Benzol,
Stickstoffdioxid und PM10 zu niedrig angenommen. Die bereits festgestellten
Grenzwertüberschreitungen könnten nicht mit einer Luftreinhalteplanung bewältigt
werden, was auch Beispiele in der näheren Umgebung zeigten. Das Vorhaben führe bei
etlichen Nachbargrundstücken in unmittelbarer Nähe zur Autobahn zu nicht ortsüblichen
Erschütterungen, die die Wohnnutzung erheblich beeinträchtigten.
Die Kläger beantragen,
15
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 23. Januar 2006 aufzuheben,
16
hilfsweise,
17
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über
geeignete Maßnahmen zur Minderung negativer Umweltauswirkungen auf die
Grundstücke der Kläger zu entscheiden.
18
Der Beklagte beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Er bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses
und trägt ergänzend im Wesentlichen vor: Die Kläger legten nicht dar, dass die von
ihnen gerügten Mängel des Planfeststellungsverfahrens auf das Ergebnis von Einfluss
gewesen seien und eine Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses
rechtfertigten. Die Planrechtfertigung des Vorhabens sei gegeben, die Planungsziele
seien mit ihm zu erreichen. Der Leistungsfluss der Straße werde erhöht. Ein
sechsstreifiger Ausbau sei leistungsfähiger als ein vierstreifiger, weshalb auch die
Staugefahr vermindert werde, was zusätzlich durch eine Streckenbeeinflussungsanlage
und eine Zuflussdosierung geschehe. Umleitungsprobleme entstünden durch das
Vorhaben nicht. Die Einwendungen gegen die Verkehrsprognose seien nicht
gerechtfertigt, was bereits im Erörterungstermin erläutert worden sei. Dass für den
Abschnitt Wattenscheid höhere Verkehrszahlen der Lärm- und
Luftschadstoffberechnung zu Grunde gelegt worden seien als für den Bereich
Gelsenkirchen, habe sich nicht zum Nachteil der Anwohner ausgewirkt. Der privat
induzierte Verkehr sei bei der Prognose nicht gesondert berücksichtigt worden, weil
dieser auf Grund der geringen Belastungsveränderung für die Dimensionierung der A 40
nicht relevant werde. Lärmschutzansprüche der Kläger ergäben sich aus den §§ 41 bis
43 BImSchG und der 16. BImSchV, nicht aber aus der EU- Umgebungslärmrichtlinie, die
im Übrigen die RLS-90 nicht modifiziert habe. Die Vorbelastung sei an beliebig
ausgewählten Gebäuden geprüft worden, wo sich jeweils eine Minderung der Belastung
nach dem Ausbau ergeben habe. Durch den Planfeststellungsbeschluss werde
sichergestellt, dass der zu verwendende offenporige Asphalt seine lärmmindernde
Wirkung auf Dauer einhalte, was nach sechs Jahren zu prüfen sei; gegebenenfalls sei
die Deckschicht zu ersetzen. Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen
hätten ergeben, dass offenporige Asphalte neuerer Generation mindestens sechs Jahre
lärmmindernd seien und sogar noch bessere Minderungswirkungen hätten. Die von den
Klägern geforderte Tunnellösung oder Einhausung sei zu Recht abgelehnt worden.
Mängel des landschaftspflegerischen Begleitplans mit Blick auf die
Versiegelungsflächen unter Berücksichtigung des Regenrückhaltebeckens seien nicht
gegeben. Die Auswirkungen des Vorhabens auf die menschliche Gesundheit gehörten
zum Prüfprogramm der Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Einholung eines
humantoxikologischen Gutachtens habe es nicht bedurft. Einer Verschiebung der
Trasse ab der Anschlussstelle E.-----weg stünden zu beachtende Trassierungsvorgaben
entgegen.
21
Den von den Klägern zugleich mit ihrer Klage gestellten Aussetzungsantrag hat der
Senat mit Beschluss vom 28. Dezember 2006 - 11 B 627/06.AK - abgelehnt.
22
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin zu 5. die Klage
zurückgenommen.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 11 B 627/06.AK
24
einschließlich der jeweiligen Beiakten, des Verfahrens 11 D 39/06.AK und der hierzu
beigezogenen planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge des Beklagten
sowie der Bezirksregierung Arnsberg verwiesen. Sie waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25
Soweit die Klägerin zu 5. im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat die
Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO
einzustellen.
26
Im Übrigen hat die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
27
A. Die Klage der Kläger zu 1. bis 4. und 6. ist zulässig, insbesondere sind diese Kläger
sowohl hinsichtlich der mit dem Hauptantrag verfolgten Anfechtungsklage auf
Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses als auch bezüglich der
hilfsweise auf eine Ergänzung des Beschlusses um Schutzauflagen gerichteten
Verpflichtungsklage klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Diese Kläger werden
zwar von dem Vorhaben nicht enteignend betroffen, wohl aber von dessen Immissionen.
Dies gilt auch für den Kläger zu 1., dessen Grundstück zwar nordöstlich der
Planfeststellungsgrenze des planfestgestellten Abschnitts liegt, aber insbesondere den
Lärmimmissionen des Vorhabens ausgesetzt ist, wie bereits die nachträglich in die
Planunterlagen mit aufgenommene und planfestgestellte Verlängerung des Steilwalles
mit aufgesetzter Lärmschutzwand am nördlichen Fahrbahnrand über die östliche
Planfeststellungsgrenze (Bau-km 3+100) hinaus bis Bau-km 3+500 zeigt.
28
Demgegenüber erscheint zweifelhaft, ob der Kläger zu 7. klagebefugt ist. Er wird von
dem planfestgestellten Vorhaben weder enteignend noch von den Lärm- bzw.
Luftschadstoffimmissionen der Autobahnverbreiterung betroffen. Das nicht (mehr) in
seinem Eigentum stehende und von ihm nur noch mitbewohnte Grundstück liegt
vielmehr rund 6,5 km Luftlinie von dem planfestgestellten Ausbauabschnitt der A 40
entfernt. Es wird auch durch einen möglichen weiteren Ausbau der A 40 nicht tangiert.
Gleichwohl kann unter dem Gesichtspunkt der von § 42 Abs. 2 VwGO verlangten
Rechtsschutzbehauptung eine Klagebefugnis wohl nicht gänzlich verneint werden.
29
Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 1977 - IV B 13.77 -, BVerwGE 54, 99 f.
30
Denn der Ausbau der A 40 im streitigen Abschnitt ist nach den Vorstellungen des
Beklagten ein Teil der „Bochumer Lösung", die nach den Planungsabsichten den
weiteren sechsstreifigen Ausbau der A 40 bis zur Anschlussstelle C1. -Stahlhausen,
dort eine Verknüpfung der A 40 mit dem Bochumer Außenring und ferner dessen
Anbindung an die Querspange der A 44 als Verbindung mit dem Autokreuz C1. /Witten
(A43/A 44) einschließt. Das vom Kläger zu 7. bewohnte Grundstück liegt indes nur
unweit südlich des Bochumer Außenringes (dort: O1. -Ring), wo dieser Kläger durch
den Ausbau der A 40 einen verstärkten Verkehr befürchtet.
31
Im Ergebnis kann der Senat die Frage der Klagebefugnis des Klägers zu 7. aber offen
lassen, weil seine Klage aus den nachstehenden Gründen jedenfalls in der Sache
keinen Erfolg hat.
32
B. Die Klage ist teilweise begründet. Die Kläger können nicht die mit ihrem Hauptantrag
33
verfolgte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung
seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen (dazu I.). Die Kläger zu 1. bis
3. und 6. haben aber einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über die mit dem
Hilfsantrag unter anderem begehrte Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um
Lärmschutzauflagen (dazu II.); weitergehende Ansprüche auf eine Ergänzung des
Planfeststellungsbeschlusses um Schutzauflagen wegen der behaupteten sonstigen
Beeinträchtigungen - Luftschadstoffe, Erschütterungen - stehen ihnen nicht zu (dazu III.).
Ansprüche der Kläger zu 4. und 7. auf Schutzauflagen sind nicht gegeben (dazu IV.).
I. Die Anfechtungsklage bleibt erfolglos. Der Planfeststellungsbeschluss, bei dessen
Überprüfung grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen
ist
34
- vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, Buchholz 451.91 Europ.
UmweltR Nr. 30, S. 170 -,
35
verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Kläger mit der Folge einer
Aufhebung des Beschlusses oder zumindest der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit
und Nichtvollziehbarkeit geltend machen könnten.
36
Rechtsgrundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom 23. Januar 2006 ist § 17 Abs. 1
des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.
Februar 2003 (BGBl. I S. 286), geändert durch Gesetz vom 22. April 2005 (BGBl. I S.
1128), in Verbindung mit den §§ 72 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land
Nordrhein- Westfalen (VwVfG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.
November 1999 (GV. NRW. S. 602), im Zeitpunkt der Planfeststellung zuletzt geändert
durch Gesetz vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 498).
37
1. Der Senat ist weitgehend an der inhaltlichen Prüfung gehindert, ob der auf dieser
Grundlage erlassene Planfeststellungsbeschluss die Klägerin zu 4. in ihren subjektiven
Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verletzt. Diese Klägerin ist mit ihren
Einwendungen, soweit sie sich gegen die Grundlagen der Planung wendet, mit ihrem
Klagevorbringen gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. (nunmehr: § 17a Nr. 7 Satz 1
FStrG i. d. F. der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007, BGBl. I S. 1206)
ausgeschlossen. Soweit ihre Einwendungen berücksichtigungsfähig sind, führen sie
nicht zum Erfolg der Anfechtungsklage.
38
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. (§ 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG n. F.) sind
Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf der im
Planfeststellungsverfahren eröffneten Einwendungsfrist ausgeschlossen. Diese
Bestimmung normiert eine materielle Verwirkungspräklusion, die verfassungsrechtlich
unbedenklich ist. Die Einwendungsfrist besitzt für das gerichtliche Verfahren, das einem
straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt, materiell-rechtlichen Charakter. Die
straßenrechtliche Präklusion erstreckt sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der
Vorschrift auch auf das nachfolgende verwaltungsgerichtliche Verfahren.
39
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr.
119, S. 136 f.
40
aa) Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. (§ 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG n.
F.) liegen vor. Die Auslegung der Ursprungsplanung erfolgte in der Zeit vom 9. April
41
2002 bis zum Mittwoch, den 8. Mai 2002, einschließlich. Die vierwöchige
Einwendungsfrist des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW lief daher am Mittwoch, den 5.
Juni 2002, ab (§ 31 Abs. 1 VwVfG NRW i. V. m. den §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2
BGB). Die Klägerin zu 4. hat innerhalb dieser Frist keine Einwendungen erhoben.
Hierauf hatte der Beklagte bereits im Eilverfahren in seiner Antragserwiderung (S. 5 des
Schriftsatzes vom 7. Juni 2006, Bl. 94 der Gerichtsakte 11 B 627/06.AK) hingewiesen.
Anhaltspunkte für eine fristgerechte Erhebung von Einwendungen hat die Klägerin zu 4.
nicht dargelegt. Auch bei einer Prüfung von Amts wegen lassen sich den beigezogenen
Unterlagen keine Anhaltspunkte für fristgerechte Einwendungen der Klägerin zu 4.
entnehmen. Ein entsprechendes Einwendungsschreiben der Klägerin zu 4. ist weder in
dem Hefter mit den Originalen der Einwendungen Privater (Beiakte 17 zu 11 D
39/06.AK) enthalten, noch ist sie als Mitglied der „C. C1. gegen die E1. „ aufgetreten
(vgl. Namensliste in der Synopse der Einwendungen und Stellungnahmen Beiakte 20
zu 11 D 39/06.AK lfd. Nr. 29, Bl. 29-1 und 29-2). Auch in der Synopse der
Einwendungen Privater und der Stellungnahmen des Vorhabenträgers (Beiakte 22 zu
11 D 39/06.AK) sind Einwendungen der Klägerin zu 4. mit keinem Wort erwähnt.
bb) Gründe für die Annahme, die Klägerin zu 4. sei durch die Verfahrensausge-staltung
gehindert gewesen, ihre Einwendungen rechtzeitig geltend zu machen, sind weder
vorgetragen noch ersichtlich. Das Anhörungsverfahren wurde - soweit hier für die
Klägerin zu 4. von Relevanz - ordnungsgemäß durchgeführt.
42
Der Ausschluss nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a. F. tritt gemäß Satz 2 dieser
Bestimmung ein, wenn in der Bekanntmachung der Auslegung oder der
Einwendungsfrist auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde. Diese Voraussetzung ist
hier gegeben. Die Bekanntmachung der Stadt Bochum über die Auslegung der
Planungsunterlagen in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom 23. März 2002 und
in den Ruhr-Nachrichten vom gleichen Tag enthielt einen den Anforderungen des § 17
Abs. 4 Satz 2 FStrG a. F. genügenden Hinweis. In dem Text der Bekanntmachung heißt
es ausdrücklich, nach Ablauf dieser Einwendungsfrist - die angegeben ist - seien
Einwendungen gegen den Plan ausgeschlossen. Auch auf die Vorschrift des § 17 Abs.
4 Satz 1 FStrG a. F. wird hingewiesen. Im Übrigen entspricht die Bekanntmachung auch
den Anforderungen des § 74 Abs. 5 VwVfG NRW. Dies war ausreichend.
43
Die von der Klägerin zu 4. ebenso wie von den anderen Klägern vorgetragenen Rügen
gegen das Aufstellungsverfahren lassen keinen Fehler der öffentlichen
Bekanntmachung erkennen. Das in § 73 VwVfG NRW vorgesehene Verfahren wurde
eingehalten. Die Bezirksregierung Arnsberg hat als zuständige Anhörungsbehörde die
Auslegung des Planes in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirkt,
veranlasst (§ 73 Abs. 2 VwVfG NRW).
44
Die Bekanntmachung der Auslegung war ferner ortsüblich. Was als ortsübliche
Bekanntmachung in diesem Sinne anzusehen ist, ergibt sich primär aus den dafür
maßgeblichen Normen des Landes- oder Ortsrechts, hier aus § 73 Abs. 5 Satz 1 VwVfG
NRW.
45
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 1997 - 11 A 7.97 -, BVerwGE 104, 337 (340).
46
Danach reichte die Veröffentlichung in örtlichen Tageszeitungen aus, die in dem
Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken würde (vgl.
§§ 72 Abs. 2, 74 Abs. 5 VwVfG NRW). Die öffentliche Bekanntmachung entsprach hier
47
den Anforderungen des § 18 der Hauptsatzung der Stadt C1. . Hiernach werden
öffentliche Bekanntmachungen der Stadt in den Ortsausgaben der Tageszeitungen
„Westdeutsche Allgemeine" und „Ruhr-Nachrichten" vollzogen.
Die weitere Frage, ob die „Bochumer Lösung" in Teilabschnitten geplant werden durfte,
ist eine solche der materiellen Rechtmäßigkeit der Planung unter dem Blickwinkel des
Abwägungsgebotes (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a. F./§ 17 Satz 2 FStrG n. F.). Sie
betrifft im Grundsatz aber nicht die ordnungsgemäße Durchführung der Einleitung des
jeweiligen Anhörungsverfahrens für einzelne Abschnitte der Planfeststellung. Im
Übrigen trifft die der Sache nach vorgebrachte Rüge, eine Abschnittsbildung sei
rechtswidrig, wenn ein Betroffener seine Einwendungen in mehreren Verfahren
vorbringen müsse, in dieser Allgemeinheit nicht zu. Vielmehr besteht bei jeder
Abschnittsbildung die Möglichkeit, dass in den Grenzbereichen einzelne Grundstücke
von zwei Abschnitten betroffen sein können und ihre Eigentümer oder Bewohner
deshalb in beiden Planfeststellungsverfahren zu Einwendungen gehalten sind, wenn
sie ihre Rechte wahren wollen.
48
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 1997 - 11 A 7.97 -, a. a. O. (343 f.).
49
cc) Der zu Lasten der Klägerin zu 4. eingetretene Einwendungsausschluss ist
schließlich nicht deshalb unbeachtlich geworden, weil die Klägerin zu 4. mit Schreiben
vom 26. Juli 2003 fristgerecht Einwendungen gegen das später ins Verfahren
eingeführte Deckblatt I betreffend die Luftschadstoffbelastungen erhoben hat. Ist ein
Kläger mit seinen gegen die Grundzüge der Planung erhobenen Einwendungen
mangels fristgerechter Geltendmachung ausgeschlossen, entfällt diese Präklusion
grundsätzlich nicht deshalb, weil im weiteren Verlauf des Planaufstellungsverfahrens
ein die Planung änderndes Deckblatt in das Verfahren eingeführt wurde, das die
Identität des Vorhabens - wie hier - nicht modifiziert. Nur für Einwendungen gegen diese
Planänderung wurde das Anhörungsverfahren gemäß § 73 Abs. 8 VwVfG NRW neu
eröffnet.
50
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 1997 - 11 VR 4.97 -, Buchholz 442.09 § 20
AEG Nr. 17, S. 40.
51
dd) Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 32 VwVfG NRW
hinsichtlich der versäumten Einwendungsfrist sind weder vorgetragen noch ersichtlich,
auch käme eine solche Wiedereinsetzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach Ablauf
der Jahresfrist des § 32 Abs. 3 VwVfG NRW nicht mehr in Betracht.
52
b) Die berücksichtigungsfähigen Einwendungen der Klägerin zu 4. gegen das Deckblatt
I betreffend die Luftschadstoffproblematik führen nicht zum Erfolg ihrer
Anfechtungsklage, weil ihre Rügen zur Luftschadstoffbelastung ebenso wenig wie die
entsprechenden Einwände der übrigen Kläger eine Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses rechtfertigen; hierauf wird noch einzugehen sein.
53
2. Die Kläger zu 1. bis 3., 6. und 7. dringen mit ihrer Anfechtungsklage nicht durch. Ihre
Grundstücke werden nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen. Nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung
54
- vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 14. Februar 1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48,
56 (66 ff.), und vom 26. Juni 1981 - 4 C 5.78 -, BVerwGE 62, 342 (348) -
55
kann der nur mittelbar von einem Planvorhaben Betroffene nicht eine schlechthin
umfassende objektiv-rechtliche Plankontrolle verlangen, sondern nur die Prüfung, ob
seine eigenen subjektiven Rechte nachteilig berührt werden. Das aus dem
planungsrechtlichen Abwägungsgebot folgende Recht auf gerechte Abwägung bezieht
sich auf die eigenen Belange des Betroffenen. Dieser hat einen Anspruch auf
ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange mit entgegenstehenden anderen
Belangen; er hat indes keinen Anspruch darauf, dass die Planung insgesamt und in
jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht. Dementsprechend kann er eine
gerichtliche Abwägungskontrolle lediglich hinsichtlich seiner eigenen Belange und -
wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihnen gegenübergestellten,
für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben
sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, ist demgegenüber
angesichts der grundsätzlichen Ausrichtung des verwaltungsgerichtlichen
Rechtsschutzes auf den Schutz subjektiv-rechtlicher Rechtspositionen (§§ 42 Abs. 2,
113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle. Eine
gewisse Ausdehnung mag die Kontrolle lediglich in der Weise erfahren, dass
gleichgerichtete Interessen, wie z. B. die Lärmschutzbelange benachbarter Anlieger, die
sinnvoller Weise nur einheitlich mit den entsprechenden Belangen eines Klägers
gewichtet werden können, in die Prüfung einzubeziehen sind. Eine Ausnahme vom
Grundsatz dergestalt eingeschränkter gerichtlicher Abwägungskontrolle gilt allein für
den durch die Planung unmittelbar in seinem Eigentumsrecht Betroffenen. Auf das
Eigentum darf durch einen Planfeststellungsbeschluss nur dann mit enteignender
Vorwirkung zugegriffen werden, wenn dies zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist
(Art. 14 Abs. 3 GG). Da rechtswidriges Handeln dem Gemeinwohl nicht zu dienen
vermag, braucht der unmittelbar betroffene Eigentümer nur eine in jeder Hinsicht
rechtmäßige Enteignung hinzunehmen und kann dementsprechend grundsätzlich eine
gerichtliche Vollprüfung des mit enteignender Vorwirkung ausgestatteten
Planfeststellungsbeschlusses verlangen.
56
Vgl. ferner BVerwG, Beschlüsse vom 24. September 1997 - 4 VR 21.96 -, NVwZ-RR
1998, 297, vom 16. Januar 2007 - 9 B 14.06 -, Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11, S. 5 f.,
und vom 15. Januar 2008 - 9 B 7.07 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 48, S. 11 f.,
jeweils m. w. N.
57
Der nicht in seinem Eigentum Betroffene kann daher insbesondere nicht mit Erfolg
rügen, Planungsgesichtspunkten wie etwa der Zweckmäßigkeit der Linienführung und
technischen Gestaltung der Straße, deren Wirtschaftlichkeit in Bau und Unterhaltung,
ihrer Einwirkung auf ihre Umgebung, ihrer Beziehung zur Raum- und Ortsplanung, ihrer
Rücksichtnahme bei der notwendigen Inanspruchnahme fremden Grundeigentums
sowie auf den Landschafts- und Naturschutz sei bei der Planung nicht optimal
Rechnung getragen worden.
58
BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - IV C 21.74 -, a. a. O. (67).
59
Nach Maßgabe dieser Grundsätze können die Kläger daher keine Vollprüfung des
angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses verlangen, sondern sich nur auf eine
fehlerhafte Berücksichtigung ihrer eigenen Belange berufen. Aus diesem Grund können
sie daher insbesondere nicht gehört werden mit ihren Einwänden zu einer fehlerhaften
Bewältigung der Altlastenproblematik infolge Nichtanwendung des
Bundesbodenschutzrechts, zu behaupteten Fehlern des Landschaftspflegerischen
60
Begleitplanes und hinsichtlich der möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf das
Makro- und das Mikroklima im Allgemeinen, insbesondere der Luftschadstoffe auf den
Boden.
3. Soweit sich die Kläger auf berücksichtigungsfähige eigene Interessen berufen
können, ist aus den von ihnen erhobenen Rügen gegen die formelle Rechtmäßigkeit
des Planfeststellungsbeschlusses kein Grund für dessen Aufhebung oder zumindest die
Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit ersichtlich.
61
a) Das Vorbringen der Kläger zu den von ihnen behaupteten Mängeln der öffentlichen
Bekanntmachung, der öffentlichen Auslegung der Planunterlagen und der Durchführung
des Erörterungstermins zeigt keinen durchgreifenden Verfahrensfehler auf. Es wird nicht
deutlich, inwieweit die mögliche Verletzung einer Verfahrensvorschrift sich auf
materielle Rechte eines der Kläger und auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt
haben könnte.
62
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 1999 - 11 A 50.97 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG
Nr. 28, S. 30 f.
63
Der erforderliche Kausalzusammenhang wäre nur dann gegeben, wenn nach den
Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit bestanden hätte, dass die
Planungsbehörde anders entschieden hätte. Ein solcher Kausalzusammenhang wird
von den Klägern für die von ihnen gerügten Verfahrensfehler nicht näher dargelegt und
erscheint auch sonst nicht naheliegend, wenn man sich das Planungsziel und den
Planungsprozess einschließlich des zur Entscheidungsfindung führenden
umfangreichen Materials vor Augen hält.
64
Vgl. dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996 - 4 A 27.95 -, Buchholz 407.4
§ 17 FStrG Nr. 110, S. 82.
65
b) Die Rügen der Kläger zu der aus ihrer Sicht fehlerhaften
Umweltverträglichkeitsprüfung greifen unbeschadet der Frage, ob sie mit Blick auf den
nur eingeschränkten Prüfungsumfang insoweit überhaupt erfolgreich Einwendungen
geltend machen können, nicht durch. Die Umweltverträglichkeit des Vorhabens ist im
Verfahren mit Blick auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Schutzgüter an
mehreren Stellen untersucht worden. Untersucht wurden die Umweltauswirkungen des
Autobahnausbaus auf den Menschen in den lärmtechnischen Unterlagen und in den
lufthygienischen Untersuchungen. Ermittlungen der Auswirkungen auf Flora und Fauna,
Boden und Wasser sowie auf Klima, Landschaft und sonstige Schutzgüter sind im
Landschaftspflegerischen Begleitplan mit integrierter
Umweltverträglichkeitsuntersuchung enthalten.
66
Rechtsfehler, die die nicht enteignend betroffenen Kläger mit Blick auf ihre eigenen
Belange rügen können und die sich in der Sache ausgewirkt hätten, sind nicht
ersichtlich. Dies gilt insbesondere, soweit die Kläger eine unzureichende Darstellung
der betriebsbedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch sowie das Fehlen einer
gesonderten umweltmedizinischen Begutachtung beanstanden. Bei Fehlern einer
Umweltverträglichkeitsprüfung kommt die Aufhebung der planerischen
Zulassungsentscheidung ebenso wie bei anderen Verfahrensmängeln grundsätzlich nur
dann in Betracht, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Behörde anders
entschieden hätte. Die UVP-Richtlinie und die zu ihrer Umsetzung ergangenen
67
nationalen Rechtsvorschriften beschränken sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen
im Vorfeld der Sachentscheidung, ohne das Umweltrecht materiell anzureichern. Die
Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein der allgemeinen Abwägung vorgeschalteter
Zwischenschritt. Als Ausprägung des Frühzeitigkeitsprinzips soll sie eine auf die
Umweltbelange zentrierte Vorabprüfung unter Ausschluss der sonstigen Belange
gewährleisten. Die Umweltbelange sollen in gebündelter Form in die Abwägung
eingehen. Verstärkt wird die Bedeutung der Umweltprüfung durch ihren integrativen
Ansatz. Unterbleibt eine rechtlich gebotene Umweltverträglichkeitsprüfung, folgt allein
aus diesem Umstand nicht, dass der Zweck der gesetzlichen Regelung nicht erreicht
wird und die Abwägungsentscheidung rechtswidrig ist. Der Mangel ist nur unter der
Voraussetzung erheblich, dass er auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen
ist. Dies ist nur anzunehmen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die
Planungsbehörde ohne den Fehler anders entschieden hätte.
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83 (94 f.),
m. w. N.
68
Vorliegend ist ebenso wie bei den weiteren von den Klägern gerügten
Verfahrensmängeln kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Beklagte unter
Einbeziehung der weiteren von den Klägern geforderten Untersuchungen eine andere
Entscheidung getroffen hätte. Dem Beklagten lagen - wie bereits erwähnt - mit Blick auf
die schutzwürdigen Belange der Autobahnanrainer insbesondere lärmtechnische
Untersuchungen und solche betreffend die Luftschadstoffsituation vor. Auf dieser
Grundlage hat der Beklagte die Umweltauswirkungen des Vorhabens einschließlich der
betriebsbedingten Auswirkungen im Planfeststellungsbeschluss anlässlich der
Abwägung ermittelt, beschrieben und bewertet (PFB B. 4.4.1 ff., S. 47 ff.).
Gesichtspunkte, die für die Annahme sprechen, dass weitere Untersuchungen - etwa
umweltmedizinische Gutachten - das Gewicht der Belange der betroffenen Anwohner so
verstärkt hätten, dass diese sich in der Abwägung gegen die für das Vorhaben ins Feld
geführten Belange hätten durchsetzen können, sind nicht ersichtlich.
69
4. Aus dem Vortrag der Kläger und dem aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen
Sachverhalt ergibt sich keine Verletzung des materiellen Planfeststellungsrechts, die
einen Anspruch der Kläger auf Aufhebung des angefochtenen
Planfeststellungsbeschlusses oder eine Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und
Nichtvollziehbarkeit begründen könnte.
70
a) Ohne Erfolg stellen die Kläger die Planrechtfertigung in Frage. Die Planrechtfertigung
ist auf die Klage eines Dritten nicht nur dann zu prüfen, wenn dieser für das Vorhaben
enteignet werden soll, sondern auch, wenn sich der Dritte gegen unmittelbare
Beeinträchtigungen durch das Vorhaben, insbesondere Immissionen zur Wehr setzt.
Auch ein solcher Kläger kann geltend machen, dass für das beabsichtigte Vorhaben -
gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - kein Bedarf
streitet.
71
Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, BVerwGE 128, 358 (373).
72
Das streitige Ausbauvorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu
§ 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes - FStrAbG - in der Fassung der
Bekanntmachung vom 20. Januar 2005, BGBl. I S. 201) als Maßnahme des
vordringlichen Bedarfs ausgewiesen. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG entsprechen die
73
in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des
§ 1 Abs. 1 FStrG und sind damit gemessen hieran vernünftigerweise geboten. Die
Feststellung des Bedarfs ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG für die Planfeststellung
nach § 17 FStrG verbindlich. Diese Bindungswirkung erstreckt sich auf die gerichtliche
Kontrolle von Planfeststellungsbeschlüssen. Die gesetzgeberische Entscheidung ist
allein an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Die gerichtliche Prüfung
beschränkt sich auf die Frage, ob der Gesetzgeber mit der Bedarfsfeststellung die
Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat. Davon ist nur
auszugehen, wenn die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist, wenn es also für
das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des Gesetzgebers
rechtfertigen könnte.
Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2007 - 9 B 14.06 -, a. a. O., S. 2 f., m. w.
N.
74
Es sind keine Anhaltspunkte von den Klägern konkret vorgetragen oder sonst
ersichtlich, dass hier die Bedarfsfeststellung verfehlt und vom gesetzgeberischen
Ermessen nicht mehr gedeckt ist. Die A 40 ist in Ost-West-Richtung die
Hauptverkehrsader im Ruhrgebiet und schon derzeit stark belastet, wenn nicht gar
überlastet. Die Autobahn von vier auf sechs Fahrspuren auszubauen dient daher ohne
Weiteres der Förderung des weiträumigen Verkehrs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1
FStrG.
75
b) Die von den Klägern gerügten Mängel bei der durch § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a. F. (§
17 Satz 2 FStrG n. F.) gebotenen Abwägung der von dem Vorhaben berührten
öffentlichen und privaten Belange führen nicht zur Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und
Nichtvollziehbarkeit. Derartige Mängel könnten nur dann zum Erfolg der Klage führen,
wenn sie gemäß § 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG a. F. (§ 17e Abs. 6 FStrG n. F.) erheblich,
also offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind und
nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können.
Bei der von den Klägern allein zu beanspruchenden Prüfung, ob die Planung im
Hinblick auf die nachteilige Berührung gerade ihrer eigenen Belange dem
Abwägungsgebot entspricht, ergeben sich solche Mängel nicht.
76
aa) Die Prüfung der Varianten des Ausbaus der A 40 lässt keinen Abwägungsfehler zu
Lasten der Kläger erkennen. Der Beklagte musste keine die Kläger weniger belastende
Variante ernsthaft in Betracht ziehen. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht,
so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen
objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen
Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des
Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet,
die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten
Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu
untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur
soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige
Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der
Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen
Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie
abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene
Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich
77
ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen.
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (249 f.),
m. w. N.
78
Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler bei der
Variantenprüfung unterlaufen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss
ausführlich dargelegt, welche Überlegungen ihn dazu bewogen haben, sich unter den
näher untersuchten Varianten - einschließlich der sog. Null-Variante - für die
planfestgestellte zu entscheiden (PFB B. 5.4.3.1 ff., S. 67 ff.). Die sog. Null-Variante
auszuschließen, d. h. von dem Ausbau nicht Abstand zu nehmen, ist nicht
abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hat gesehen (PFB B. 5.4.3.2.1, S. 68, und B. 5.4.3.4,
S. 70 f.), dass er im Rahmen der planerischen Abwägung die Frage des
Verkehrsbedarfs nicht abweichend von den gesetzgeberischen Vorgaben entscheiden
darf
79
- vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juni 1997 - 4 C 3.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr.
131, S. 203 ff., und vom 26. Oktober 2005 - 9 A 33.04 -, juris, Rn. 30 -,
80
dem Vorhaben indes unbeschadet der gesetzlichen Bedarfsfeststellung andere
abwägungserhebliche Belange entgegenstehen können, diese aber für nicht so
gewichtig erachtet, dass sie den kraft Gesetzes bestehenden Bedarf überwinden
können. Dagegen ist nichts zu erinnern.
81
Ebensowenig ist zu beanstanden, dass sich der Beklagte in der Variantenprüfung in
erster Linie aus Kostengründen gegen die von den Klägern geforderte Tunnellösung
oder Einhausung entschieden hat. In die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für
die eine oder andere Trassen- oder Ausführungsvariante dürfen Kostengesichtspunkte
einfließen. Denn das Interesse, den finanziellen Aufwand für den Straßenbau gering zu
halten, gehört zu den öffentlichen Belangen, denen in der Abwägung Rechnung zu
tragen ist.
82
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. November 2000 - 4 A 51.98 -, Buchholz 407.4 § 17
FStrG Nr. 159, S. 67, m. w. N.
83
Der Beklagte hat unter Berufung auf erhebliche Mehrkosten sowie auf das Erfordernis
der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln eine Tunnellösung oder Einhausung
als Planungsvariante verworfen (PFB B. 5.4.3.2.2, S. 68, und B. 5.4.12, S. 98 f.). Bereits
im Planfeststellungsbeschluss hat er die Errichtungskosten sowohl bei einem Tunnel
als auch bei einer Einhausung mit ca. 50.000,00 Euro je lfd. Meter beziffert. Er hat
daraus Gesamtkosten in Höhe von 155 Mio. Euro errechnet und damit die Mehrkosten
im Verhältnis zur planfestgestellten Lösung auf 125 Mio. Euro beziffert; daraus ergibt
sich, dass er bei einem konventionellen Straßenbau mit ca. 30 Mio. Euro an Kosten, d.
h. etwa 10.000,00 Euro je lfd. Meter rechnete. Ferner hat der Beklagte im
Gerichtsverfahren Kostenbeispiele für eine Tunnelkonstruktion und eine - allerdings
einen geringeren Straßenquerschnitt abdeckende - Lärmschutzgalerie bei von ihm
bereits durchgeführten Projekten benannt, aus denen sich Kosten bei einer Einhausung
von 58.750,00 Euro je lfd. Meter bei einem Tunnel und rund 14.500,00 Euro je lfd. Meter
bei der Galerie ergeben (Bl. 25 GA). Die von den Klägern hiergegen erhobenen
Einwände greifen nicht durch, insbesondere wird nichts dafür dargetan, dass die
(Vergleichs-)Berechnungen des Beklagten gänzlich neben der Sache liegen. Denn es
84
erschließt sich von selbst, dass Tunnelbauwerke oder Teilabdeckungen, Einhausungen
und Galerien gegenüber dem Straßenbau auf der freien Strecke wesentlich höhere
Kosten verursachen.
Vgl. ergänzend Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben
Straßenbau (ARS) 25/1998 vom 28. Juni 1998, VkBl. S. 848, i. V. m. Leitfaden für die
Planungsentscheidung „Einschnitt oder Tunnel", S. 7 ff.
85
Die vom Beklagten benannten Referenzfälle weichen auch nicht wesentlich von den
Investitionskosten ab, die für die Tunnel bzw. Einhausungen an anderer Stelle
aufzuwenden waren.
86
Vgl. BT-Drucks. 16/11351, S. 44 f.
87
Bei Baukosten, die jedenfalls deutlich, zum Teil drei- bis fünffach höher liegen als bei
einem konventionellen Straßenbau, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte
gegen die in Rede stehenden Alternativen entschieden hat.
88
Vgl. ergänzend BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 - 9 A 68.07 -, juris, Rn. 18.
89
Die neben den Kosten vom Beklagten gegen eine Tunnellösung oder Einhausung
zusätzlich ins Feld geführten Gesichtspunkte sind gleichfalls nicht abwägungsfehlerhaft.
Der Ausbau der A 40 soll wegen der Bedeutung der Verkehrsachse bei laufendem
Betrieb erfolgen. Insofern ist es plausibel, dass neben den durch Bauarbeiten ohnehin
verursachten Behinderungen des Verkehrsflusses zusätzliche Untertunnelungs- oder
Einhausungsarbeiten in dem baulich verdichteten Umfeld zu einer Sperrung der Strecke
führen würden. Auch die Dammlage der Straße, die anschaulich etwa durch das
Lichtbild in der WAZ vom 17. Februar 2004 (Verwaltungsvorgang des Beklagten Teil II,
Beiakte 26 zu 11 D 39/06.AK) belegt wird, und das Erfordernis der Herstellung von
Rampen sprechen gegen einen Tunnel oder eine Einhausung. Eindeutig vorzugswürdig
sind diese Planungsalternativen jedenfalls nicht.
90
Schließlich liegt es auf der Hand, dass die weitere von den Klägern angeführte Variante
eines (weiträumigen) Verschwenkens der Trasse nach Süden ab der Anschlussstelle
E.----- weg zum Schutz der Wohnbereiche nördlich der A 40 vor weiteren Immissionen
ebenfalls nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Abgesehen von einem weiteren
Landschaftsverbrauch, wären wegen des Verlassens der bisherigen Trasse unschwer
erkennbar erhebliche Mehrkosten entstanden, da in diesem Falle ein völliger Neubau
der Straße erforderlich geworden wäre, auch hätte die Verschwenkung eine
kurvenreichere und bewegtere Linienführung zur Folge gehabt, was für eine
Schnellverkehrsverbindung hinderlich gewesen wäre. Von daher ist es nicht zu
beanstanden, wenn sich die Planfeststellungsbehörde beim Ausbau eines bereits
vorhandenen Straßenzuges aus sachlich nachvollziehbaren Gründen gegen eine
Planungsalternative entscheidet, die einer Neutrassierung gleichkommt.
91
Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 (128), und
vom 25. September 2002 - 9 A 5.02 -, juris, Rn. 41.
92
bb) Abwägungsrelevante Fehler des Beklagten bei der vorgenommenen
Abschnittsbildung sind nicht gegeben. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung
vor allem für Straßenneubauvorhaben entwickelte Rechtsfigur der planungsrechtlichen
93
Abschnittsbildung stellt eine Ausprägung des Abwägungsgebots dar. Ihr liegt die
Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer
detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planfeststellungsbehörde ein
planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen kann. Die
jeweils getroffene Abschnittsbildung muss sich inhaltlich rechtfertigen lassen. Die
Bildung von Teilabschnitten hat dabei ihrerseits das Ergebnis planerischer Abwägung
zu sein. Die der Planfeststellungsbehörde zustehende Gestaltungsfreiheit vermag nicht
zu rechtfertigen, dass die Teilabschnitte ohne sachlichen Bezug auf eine konzeptionelle
Gesamtplanung gebildet werden. Denn erst dieser Bezug wird es regelmäßig
rechtfertigen können, dass trotz gewisser planerischer Schwächen, die - bei isolierter
Betrachtung - ein einzelner Teilabschnitt enthalten mag, die Teilplanung vor dem
Hintergrund der angestrebten Gesamtplanung dennoch als ausgewogen angesehen
werden kann. Darüber hinaus bedarf der planfestgestellte Streckenabschnitt der
eigenen Planrechtfertigung. Diese ist allerdings vor dem Hintergrund der beabsichtigten
Gesamtplanung zu sehen. Daher muss der jeweilige Teilabschnitt eine insoweit
selbständige Verkehrsfunktion besitzen. Mit dieser rechtlichen Bindung soll unter
anderem gewährleistet werden, dass die Bildung von Teilabschnitten auch dann noch
planerisch sinnvoll ist und bleibt, wenn sich - aus welchen Gründen auch immer - die
Verwirklichung der Gesamtplanung verzögert oder schließlich ganz aufgegeben werden
sollte. Diese spezifische Verkehrsfunktion kann allerdings von unterschiedlichem
Gewicht sein.
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1 (14 f.), m. w. N.
94
Der Beklagte hatte ausweislich der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (B.
5.4.4, S. 71 ff.) die Gesamtplanung vor Augen, insbesondere die laufende Planung für
die westlich und östlich angrenzenden Ausbauabschnitte. Der planfestgestellte
Ausbauabschnitt hat zwar nur eine Länge von 3,1 km. Dass der Beklagte diesem relativ
kurzen Teilstück mit Blick auf die gewollte Erhöhung des Verkehrsflusses einen eigenen
Verkehrswert beigemessen hat, ist nicht zu beanstanden. Die Frage, ob für den Fall
einer fehlenden Realisierung des Ausbaus der Anschlussabschnitte die von den
Klägern gerügten „Flaschenhals"-Probleme entstehen können, berührt ersichtlich nicht
die klägerischen Belange. Ferner durfte der Beklagte abwägungsfehlerfrei
berücksichtigen, dass angesichts der besonderen örtlichen Lage der im Laufe der Zeit in
einem städtebaulich verdichteten Ballungsraum gewachsenen Autobahn und des
hieraus resultierenden Erfordernisses, beim Ausbau eine Vielzahl von öffentlichen und
privaten Belangen regeln zu müssen, eine relativ kurze Strecke für eine sachgerechte
Durchführung des Planfeststellungsverfahren förderlich war. Abschnittsbildungen
dienen aber dem Zweck, die vielfältigen Schwierigkeiten, die etwa mit einer detaillierten
Streckenausbauplanung einhergehen, praktikabel und effektiv zu bewältigen.
95
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 -, BVerwGE 124, 334
(340), m. w. N.
96
Eine übermäßige Parzellierung der Gesamtplanung, die einen effektiven Rechtsschutz
der Kläger faktisch unmöglich gemacht hätte, kann ebensowenig erkannt werden. Dass
sich möglicherweise Offenlegungszeiten und Einwendungsfristen einzelner
Planverfahren überschnitten haben, ist unerheblich. Denn von den nicht enteignend
betroffenen Klägern konnte und musste ohnehin nur jeder einzelne für sich seine
eigenen Belange, soweit sie von einem Teilabschnitt berührt werden können, geltend
machen.
97
cc) Die Bewältigung der Luftschadstoffproblematik im angefochtenen
Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft.
98
Nach den Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses (B. 5.4.5.2 ff., S. 84 ff.) und
der von ihm in Bezug genommenen Untersuchungen (Schadstoffbelastungen an
Straßen, Deckblatt I - Gutachten M. vom Januar 2003, Beiakte 5 zu 11 D 39/06.AK;
Ergänzung zur lufthygienischen Untersuchung 6-streifiger Ausbau der A 40 in C1.
/Wattenscheid - Gutachten M. vom Oktober 2004, Beiakte 10 zu 11 D 39/06.AK) wird der
Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) des § 3 der Zweiundzwanzigsten Verordnung zur
Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über
Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft - 22. BImSchV) vom 11. September 2002,
BGBl. I S. 3626, im Zeitpunkt der Planfeststellung geändert durch Verordnung vom 13.
Juli 2004, BGBl. I S.1612, teilweise überschritten; diese Überschreitungen liegen nach
Einschätzung der Gutachter allerdings unter den für den Nullfall prognostizierten
Belastungen (PFB B. 5.4.5.2.4, S. 85 f.). Im Übrigen geht der Planfeststellungsbeschluss
von einer Einhaltung der maßgeblichen Immissions- und Konzentrationswerte der 22.
BImSchV, insbesondere derjenigen für Benzol aus.
99
Trotz der prognostizierten Grenzwertüberschreitung für Stickstoffdioxid war der Beklagte
nicht an einer Planfeststellung ohne zusätzliche Schutzauflagen gehindert. Die
Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV stellt keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung
für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens dar. Die durch das
Gemeinschaftsrecht gewährte Freiheit der Wahl zwischen den zur Einhaltung der
Grenzwerte geeigneten Mitteln schließt eine Verpflichtung der
Planfeststellungsbehörde, die Einhaltung der Grenzwerte vorhabenbezogen zu
garantieren, aus. Es besteht außerhalb von Planfeststellungsverfahren ein
spezialisiertes und verbindliches, auf gesetzlichen Regelungen beruhendes Verfahren
der Luftreinhalteplanung, dem die endgültige Problemlösung vorbehalten bleiben kann.
Darüberhinausgehender Schutzvorkehrungen im Rahmen eines
Planfeststellungsverfahrens bedarf es grundsätzlich nicht.
100
Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 2004 - 9 A 6.03 -, BVerwGE 121, 57 (60 ff.), und vom
23. Februar 2005 - 4 A 5.04 -, BVerwGE 123, 23 (27 ff.).
101
An dieser Beurteilung ist festzuhalten, auch wenn der 7. Senat des
Bundesverwaltungsgerichts den Anspruch eines von gesundheitsrelevanten
Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes für Feinstaubpartikel PM10 betroffenen
Dritten auf die Erstellung eines Aktionsplans im Sinne des § 47 Abs. 2 BImSchG nach
nationalem Recht verneint hat.
102
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. März 2007 - 7 C 9.06 -, BVerwGE 128, 278 (284 ff.).
103
Denn der betroffene Bürger wird nicht schutzlos gestellt bzw. auf einen Rechtsschutz
verwiesen, den er effektiv nicht erlangen kann. Der unmittelbar betroffene Einzelne kann
nämlich im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der
Alarmschwellen bei den zuständigen nationalen Behörden die Erstellung eines
Aktionsplans jedenfalls nach europäischem Gemeinschaftsrecht auf der Grundlage des
Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die
Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität, ABl. L 296, S. 55, in der Fassung des Art.
3 in Verbindung mit Nr. 62 des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des
104
Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003, ABl. L 284, S. 1,
erwirken.
Vgl. EuGH, Urteil vom 25. Juli 2008 - C-237/07 -, NVwZ 2008, 984 (985).
105
Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass eine Verwirklichung des
Vorhabens die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln
der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden
Weise zu sichern
106
- vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005
107
- 4 A 5.04 -, a. a. O. (28 f.) -,
108
sind weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es bedurfte hierzu auch
keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung. Insbesondere musste der Senat nicht die im
Termin zur mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung zu Fragen der
Luftschadstoffbelastung durchführen.
109
Die Beweisanträge sind nicht fristgerecht gestellt worden. Eine Zulassung der ohne
genügende Entschuldigung verspätet gestellten Beweisanträge hätte die Erledigung
des Rechtsstreits verzögert. Sie konnten sowohl in ihrer ursprünglichen als auch in der
weiteren „geänderten/ergänzten/präzisierten" Fassung vom Senat im Rahmen seines
Ermessens abgelehnt werden (vgl. § 17 Abs. 6b FStrG a. F./§ 17e Abs. 5 FStrG n. F. i.
V. m. § 87b Abs. 3 VwGO). Die Kläger waren gemäß § 17 Abs. 6b Satz 1 FStrG a. F. (§
17e Abs. 5 Satz 1 FStrG n. F.) gehalten, innerhalb einer Frist von sechs Wochen die zur
Begründung ihrer Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Die
Beantragung der Einholung von Sachverständigengutachten zum Beweis der nunmehr
von ihnen als erheblich angesehenen Fragen ist schriftsätzlich nicht innerhalb der
genannten Frist angekündigt worden. Entgegen der Auffassung der Kläger gingen „die
angesprochenen Beweisbehauptungen" auch nicht etwa dem Sinne nach „bereits aus
der Antrags- und der Klageschrift- und -begründung klar und deutlich" hervor, so dass
bereits damals schon eine weitere sachverständige Begutachtung unbedingt gefordert
worden wäre.
110
Die Kläger haben die Verspätung nicht genügend im Sinne von § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr.
2 VwGO entschuldigt. Bereits der angegriffene Planfeststellungsbeschluss enthielt eine
Rechtsmittelbelehrung mit dem Hinweis auf das Erfordernis, innerhalb einer Frist von
sechs Wochen die zur Begründung einer Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel
anzugeben (vgl. PFB B. 7.1, S. 105). Wenngleich sich die Verweisung in § 17 Abs. 6b
Satz 2 FStrG a. F. (§ 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG n. F.) ihrem Sinn nach nicht auf § 87b Abs.
3 Satz 1 Nr. 3 VwGO bezieht, weil die darin vorgeschriebene Belehrung über die Folgen
einer Fristversäumnis nur für eine richterlich gesetzte Frist, nicht aber für eine solche
kraft Gesetzes gilt, war wegen dieser zutreffenden Rechtsmittelbelehrung eine
Entschuldigung der Verspätung gemäß § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO von vornherein
kaum denkbar.
111
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1998 - 11 A 6.97 -, Buchholz 310 § 87b VwGO Nr.
3, S. 5.
112
Diese Feststellung gilt darüberhinaus auch mit Blick auf den zusätzlichen gerichtlichen
113
Hinweis, mit dem die Kläger in der Bestätigung des Eingangs ihrer Klage mit Verfügung
des Senats vom 26. April 2006 nochmals auf die Bestimmung des § 17 Abs. 6b FStrG
ausdrücklich aufmerksam gemacht worden sind.
Unbeschadet dessen legt die vom Prozessbevollmächtigten der Kläger in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebene Erklärung zu den Ursachen der
Verzögerung keine genügenden Entschuldigungsgründe dar. Das Erfordernis, sich bei
einer Klägermehrheit untereinander zu verständigen, bevor kostenträchtige
Entscheidungen getroffen werden, ist der prozessimmanenten Situation einer aktiven
Klagehäufung geschuldet, die den Klägern - zumal bei anwaltlicher Vertretung - bereits
mit Klageerhebung bewusst sein musste. Die Angabe, dass die Kläger zur Klärung von
Vorfragen ein Sachverständigenbüro eingeschaltet hätten, dessen Angaben sie für nicht
verwertbar hielten, weshalb die Arbeit an den Beweisanträgen auf anderer Grundlage
neu habe begonnen werden müssen, legt einen hinreichenden Entschuldigungsgrund
ebenfalls nicht dar. Seit der Klageerhebung im April 2006 und nach Ablehnung des
Aussetzungsantrages mit Beschluss des Senats vom 28. Dezember 2006 - 11 B
627/06.AK - bestand ausreichend Zeit, das weitere Vorgehen zu planen. Deshalb ist es
in diesem Zusammenhang auch ohne Belang, dass der Prozessbevollmächtigte der
Kläger im Januar 2009 einen Unfall und wegen der darauf beruhenden Erkrankung
Abstimmungsschwierigkeiten mit den Klägern hatte bzw. dass ebenfalls auf Klägerseite
Krankheitsfälle aufgetreten sein mögen.
114
Die Zulassung der Beweismittel hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, weil
die Sache ohne die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens spruchreif
ist. Der Senat hat daher von seinem ihm durch § 87b Abs. 3 VwGO eingeräumten
Ermessen dahingehend Gebrauch gemacht, die Beweisanträge der Kläger
zurückzuweisen. Der streitige Ausbau der A 40 gehört zu den Projekten, für die der
Gesetzgeber einen vordringlichen Bedarf festgestellt hat, der unbeschadet der
Tatsache, dass zwischen dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und der
vorliegenden Entscheidung nunmehr rund drei Jahre und auch nach Abschluss des
vorausgegangenen Eilverfahrens etwas mehr als zwei Jahre vergangen sind, keinen
weiteren Aufschub mehr duldet. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert und dem
Senat aus der Presseberichterstattung bekannt, wird das Bauvorhaben zur Zeit realisiert
und benötigt daher jedenfalls im Grundsatz eine endgültige Planungssicherheit. Diese
Feststellung gilt auch mit Blick auf das teilweise Obsiegen der Kläger zu 1. bis 3. und 6.,
weil die vom Beklagten noch nachzuholende Entscheidung zu Lärmschutzfragen die
Grundzüge der Planung nicht berührt.
115
Des Weiteren konnten die fraglichen Beweisanträge auch deshalb abgelehnt werden,
weil der Senat angesichts der vorliegenden Begutachtungen keinen Anlass zur
Einholung eines weiteren Gutachtens gesehen hat. Liegen dem Gericht bereits
Gutachten vor, steht die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder
gutachterlicher Stellungnahmen nach § 98 VwGO i. V. m. § 412 Abs. 1 ZPO im
Ermessen des Tatsachengerichts.
116
Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 27. März 2000 - 9 B 518.99 -, InfAuslR 2000, 412
(414), m. w. N.
117
Dabei kann sich das Gericht grundsätzlich auch auf eine gutachterliche Stellungnahme
stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Das bei der
Ablehnung einer weiteren Gutachteneinholung eröffnete Ermessen wird nur dann
118
verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten
absieht, obwohl die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung sich ihm hätte
aufdrängen müssen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 1992 - 4 B 39.92 -, NVwZ 1993, 268.
119
Die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Prognose der Luftschadstoffe
entsprechend den Beweisanträgen zu I. 1. bis 3. und zu II. 3. (zu I. 3. auch in der nach
Ablehnung des ersten Beweisantrages „präzisierten" Fassung) musste sich dem Gericht
nicht aufdrängen, weil die vorliegenden Gutachten des Ingenieurbüros M1. vom Januar
2003 (Deckblatt I, Beiakte 5 zu 11 D 39/06.AK) und vom Oktober 2004 (Beiakte 10 zu 11
D 39/06.AK) formal verwertbar und inhaltlich hinreichend aussagekräftig sind.
120
Bei dem Ingenieurbüro M1. , das die dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde
liegenden Gutachten erstellt hat, handelt es sich um ein anerkanntes Gutachterbüro, das
bereits in einer Vielzahl von Planaufstellungsverfahren Immissionsprognosen erstellt
hat. Zweifel an der Sachkunde und Unparteilichkeit der Gutachter hat der Senat nicht. Er
sah deshalb auch keine Veranlassung, dem Beklagten aufzugeben, „sämtlichen
Schriftverkehr mit allen im vorliegenden Verfahren eingeschalteten Sachverständigen
und Sachverständigenbüros im Original vorzulegen".
121
Die Notwendigkeit, den gutachterlich bereits aufgehellten Sachverhalt durch eine
weitere Gutachteneinholung weiter zu erforschen, bestand aus Sicht des Senats nicht.
Die Einwände der Kläger gegen die beiden in Rede stehenden Gutachten sind nicht
geeignet, die Immissionsprognose ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Die methodische
Richtigkeit einer Berechnung der verkehrsbedingten Luftschadstoffe mit dem
Berechnungsverfahren PROKAS, einem Gauß-Modell, wird durch die Kritik der Kläger
nicht durchgreifend in Frage gestellt. Dass die zu erwartenden Immissionen auch auf
der Grundlage eines anderen Berechnungsmodells hätten berechnet werden können,
stellt die methodische Eignung des Programms PROKAS nicht in Frage. Zudem hat das
Ingenieurbüro M1. im Gutachten vom Januar 2003 (S. 41 ff.) die mit dem Programm
PROKAS berechneten Werte mit denjenigen verglichen, die anhand des MLuS 02 für
drei ausgewählte Teilabschnitte berechnet worden sind. Ebenso wie bei den
Berechnungen nach dem Programmsystem PROKAS haben auch diejenigen nach dem
MLuS 02 Überschreitungen im Nahbereich der A 40 für NO2 und PM10 ergeben. Eine
von den Klägern offenbar geforderte weitere und bis zum Erlass des
Planfeststellungsbeschlusses ständig aktualisierte Luftschadstoffprognose unter
Einbeziehung der jeweils aktuellsten Daten der ohnehin berücksichtigten Messstationen
war nicht erforderlich, da es sich ohnehin um eine Prognose handelte.
122
Entscheidend ist zudem, dass die von den Gutachtern prognostizierte und auch der
Planfeststellung zu Grunde gelegte Grenzwertüberschreitung (PFB B. 5.4.5.2.7, S. 87 f.)
bei einer Verwirklichung des Vorhabens nicht die Möglichkeit ausschließt, die
Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der
Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Diese Annahme des
Planfeststellungsbeschlusses wird durch die Angaben der Kläger nicht ausreichend in
Frage gestellt, weshalb auch unter diesem Blickwinkel keine weitere
Gutachteneinholung erforderlich ist. Eine extreme Grenzwertüberschreitung wird selbst
von den Klägern nicht behauptet. Da die Feinstaubbelastung und die
Stickstoffdioxidemissionen nach den auch den Klägern bekannten Erkenntnissen
123
- vgl. etwa Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen 2005, BT-Drucks.
15/5900, S. 40 f. -,
124
nur zum Teil vom Straßenverkehr verursacht werden, ist weder substantiiert aufgezeigt
noch sonst ersichtlich, dass die Luftreinhalteplanung durch das Vorhaben vor unlösbare
Aufgaben gestellt wird.
125
Einer weiteren Begutachtung zu den neben der Verkehrslärmprognose auch für die
Luftschadstoffprognose bedeutsamen Verkehrsprognosewerten entsprechend den
Beweisanträgen zu II. 1. bis 2. (auch in der nach Ablehnung des ersten Beweisantrages
„geänderten/ergänzten" Fassung) bedurfte es aus den weiter oben dargelegten, hier
sinngemäß geltenden Gründen ebenfalls nicht. Der Beweisantrag konnte in dieser
Hinsicht zum einen bereits gemäß § 17 Abs. 6b FStrG a. F. (§ 17e Abs. 5 FStrG n. F.) i.
V. m. § 87b Abs. 3 VwGO abgelehnt werden. Zum anderen hat der Senat in Ausübung
des ihm nach § 98 VwGO i. V. m. § 412 Abs. 1 ZPO zustehenden Ermessens für die
Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens auch insoweit keinen
Anlass gesehen.
126
dd) Das Schallschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses ist ebenfalls nicht mit
durchgreifenden Abwägungsfehlern behaftet, die der Anfechtungsklage zum Erfolg
verhelfen. Mängel im Lärmschutzkonzept können grundsätzlich durch Schutzauflagen
behoben werden und rechtfertigen deshalb in der Regel nicht die Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses. Eine Planaufhebung kommt nur in Betracht, wenn das
Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht hat, dass
davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils
betroffen ist.
127
Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73 (85), und vom
23. November 2005 - 9 A 28.04 -, juris, Rn. 23 (insoweit nicht in BVerwGE 124, 334 ff.
veröffentlicht), sowie Beschluss vom 24. September 1997 - 4 VR 21.96 -, a. a. O. (299 f.),
jeweils m. w. N.
128
Daran fehlt es hier. Es ergibt sich kein Anhaltspunkt für die Annahme, die
Planfeststellungsbehörde hätte in Kenntnis der von den Klägern gerügten Defizite im
Lärmschutz eine andere konzeptionelle Planungsentscheidung zum Ausbau des
streitigen Abschnitts der A 40 getroffen; soweit das Lärmschutzkonzept des
Planfeststellungsbeschlusses einen Mangel aufweist, besteht allenfalls ein
Ergänzungsanspruch.
129
II. Die Kläger zu 1. bis 3. und 6. können vom Beklagten eine Entscheidung über die
Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses zu der Frage verlangen, ob sie wegen
des Verkehrslärms weitergehende Ansprüche auf aktiven Schallschutz haben.
130
Der Schutz der (Wohn)Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein Belang, dem eine
Straßenplanung gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG Rechnung zu tragen hat. Hiernach ist
unter anderem bei der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen unbeschadet des §
50 BImSchG sicherzustellen, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch
Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik
vermeidbar sind. Diesem Erfordernis wird der Planfeststellungsbeschluss nur
unzureichend gerecht. Der Beklagte hat Probleme, die bei der notwendigen
Berücksichtigung dieses Belanges zugunsten der Kläger zu 1. bis 3. und 6. hätten
131
gelöst werden müssen, nicht abwägungsfehlerfrei bewältigt. Insoweit ist dem Hilfsantrag
zu entsprechen und der Beklagte zu verpflichten, über das Begehren dieser Kläger unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Maßgeblich für den Schallschutz, den die Kläger zu 1. bis 3. und 6. schon nach dem
bisherigen Stand der Dinge beanspruchen können, sind die Regelungen der §§ 41, 43
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 2 der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung
des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV)
vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036. Hiernach ist unter anderem bei der wesentlichen
Änderung öffentlicher Straßen grundsätzlich sicherzustellen, dass der nach § 3 der 16.
BImSchV berechnete Beurteilungspegel bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht
überschreitet; dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis
zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
132
Ausweislich der planfestgestellten Unterlagen liegen die Wohnhausgrundstücke der
Kläger zu 1. bis 3. und 6. in einem als allgemeines Wohngebiet eingestuften Bereich
(PFB A. 5.2.2.1, S. 19 f., und B. 5.4.5.1.2 bzw. 5.4.5.1.5, S. 74 ff.; Lagepläne mit
Beurteilungsprofilen und Darstellung der baulichen Nutzung, Unterlage 12.3, Blatt 1 und
2, Beiakte 3 zu 11 D 39/06.AK). Die Darstellung als allgemeines Wohngebiet „entspricht
den Ausweisungen der städtischen Bauleitplanung" (Erläuterungsbericht, Unterlage
12.1, Beiakte 3 zu 11 D 39/06.AK). Diese Kläger haben daher einen Anspruch auf
Schutzvorkehrungen, die sicherstellen, dass die nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV
für allgemeine Wohngebiete maßgeblichen Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A) tags
und 49 dB(A) nachts nicht überschritten werden.
133
Der Beklagte hat auf der Grundlage der vom Vorhabenträger zusammengestellten
lärmtechnischen Unterlagen ein Lärmschutzkonzept entwickelt, das wegen der nach der
16. BImSchV berechneten Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte zunächst
Maßnahmen des aktiven Schallschutzes - insbesondere Lärmschutzwälle/-wände,
Aufbringung eines offenporigen Asphaltes (OPA) - vorsieht (PFB A. 5.2.1, S. 18 f.). Im
Übrigen hat der Beklagte den Betroffenen - so auch den vorgenannten Klägern - wegen
der Überschreitung der Immissionsgrenzwerte jeweils dem Grunde nach einen
Erstattungsanspruch für Maßnahmen des passiven Schallschutzes (PFB A. 5.2.2.1, S.
19 f.) und einen Entschädigungsanspruch in Geld für die Beeinträchtigung des
Außenwohnbereiches (PFB A. 5.2.3, S. 21) zuerkannt.
134
Das vom Beklagten dem Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses zu
Grunde gelegte Abwägungsmaterial unterliegt hinsichtlich einzelner
Berechnungsansätze zwar keinen grundsätzlichen Bedenken (1.). Es fehlt aber die für
eine sachgerechte Abwägung erforderliche Zusammenstellung des notwendigen
Abwägungsmaterials zu der Entscheidung, weitergehenden aktiven Schallschutz
abzulehnen und die Kläger zu 1. bis 3. und 6. auf Erstattungsansprüche für passiven
Schallschutz sowie auf Entschädigungsansprüche für die Beeinträchtigung des
Außenwohnbereichs zu verweisen (2.).
135
1. Die dem Lärmschutzkonzept zu Grunde gelegten einzelnen Berechnungsansätze
lassen im Grundsatz keinen Fehler erkennen.
136
a) Ausgangspunkt der Lärmberechnungen nach § 3 der 16. BImSchV war die
Verkehrsprognose der Ingenieurgruppe IVV-Aachen. Diese beruhte auf zwei dem
Beklagten ausweislich seiner Verwaltungsvorgänge (vgl. Beiakte 26 zu 11 D 39/06.AK)
137
bei der Beschlussfassung vorliegenden Verkehrsuntersuchungen, nämlich zum einen
auf der Untersuchung „Verkehrliche Wirkungen von Straßenmaßnahmen („Bochumer
Lösung") im Stadtgebiet Bochum" vom Dezember 1996 und zum anderen auf der
weiteren Untersuchung „Verkehrsströme an ausgewählten Knoten der A 40 und A 44 im
Raum Bochum (Ergänzung zum Verkehrsgutachten „Bochumer Lösung")" vom August
1998/Januar 1999. Beide Gutachten stellen im Ansatz zunächst auf den
Prognosehorizont des Jahres 2010 ab, wobei schon in der zweiten Untersuchung erklärt
wird, dass „die für das Jahr 2010 ausgewiesenen Verkehrsstärken im wesentlichen
auch für den Zeithorizont 2015 als maßgebend angesehen werden können" (IVV-
Aachen vom August 1998/Januar 1999, S. 33). Bezüglich des Prognosehorizontes 2015
stellt der Beklagte ferner darauf ab, dass die Gutachter auf Veranlassung des
Vorhabenträgers im Jahr 2003 für den Abschnitt von der Anschlussstelle Gelsenkirchen
bis zur Anschlussstelle Wattenscheid-West eine erneute Prognose aufgestellt haben,
die unter anderem auf der Strukturdatenprognose für die Bundesverkehrswegeplanung
2003 beruht und die EU-Osterweiterung berücksichtigt; nach den Ergebnissen dieser
Prognose könne - so der Beklagte - die ursprüngliche Prognose als sehr stabil
angesehen werden und es spreche vorliegend nichts dagegen, dieses Ergebnis auf die
benachbarten Abschnitte der A 40 zu übertragen (PFB B. 5.4.2.5.1, S. 65). Dieser
Bewertung liegt offenbar das Schreiben der Ingenieurgruppe IVV vom 20. Juli 2004 zu
Grunde, das der Vorhabenträger dem Beklagten unter dem 27. Juli 2004 zugesandt
hatte (Beiakte 26 zu 11 D 39/06.AK).
b) Die gutachterliche Verkehrsprognose ist nicht zu beanstanden. Die Erstellung einer
Prognose ist grundsätzlich Sache der zuständigen Behörde, wobei sich die Behörde
grundsätzlich auch gutachterlichen Sachverstandes bedienen darf. Die gerichtliche
Prüfung behördlicher Prognosen beschränkt sich auf die Kontrolle, ob die Prognose
nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, ob der der Prognose zugrunde
gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend
begründet ist.
138
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364 (378).
139
Hiervon ausgehend kann die Verkehrsprognose nicht beanstandet werden. Die
Auswahl der Gutachter, deren Fachkompetenz und insbesondere deren Unparteilichkeit
unterliegt keinen Bedenken. Auch insoweit hat der Senat keinen Grund für die von den
Klägern - allerdings nicht als förmlicher Beweisantrag - begehrte Vorlage des
Schriftverkehrs des Beklagten mit dem Sachverständigenbüro der Ingenieurgruppe IVV-
Aachen im Original gesehen. Die Ingenieurgruppe IVV-Aachen ist ein seit Jahrzehnten
im Bereich des Verkehrswesens tätiges Gutachterbüro, das bundesweit und - wie dem
Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist - insbesondere in Nordrein-Westfalen in einer
Vielzahl von Fällen Planfeststellungsverfahren für Straßen durch die Erarbeitung von
Fachbeiträgen begleitet hat. Unregelmäßigkeiten sind dem Senat nicht bekannt
geworden und von den Klägern im vorliegenden Verfahren nicht substantiiert aufgezeigt
worden.
140
In Ermangelung normativer Vorgaben ist nicht zu erkennen, dass die Entscheidung des
Beklagten, bei der Verkehrsprognose auf den Prognosehorizont 2015 abzustellen (u. a.
PFB A. 5.2.2.1, S. 19, B. 5.4.2.3, S. 63 f., und B. 5.4.5.1.14, S. 80 f.), zeitlich zu kurz
bemessen oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung ist.
141
Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 A 10.95 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG
142
Nr. 13, S. 35 f., und vom 1. Oktober 1997 - 11 A 10.96 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr.
32, S. 164 f.
Die ursprüngliche Prognose war zunächst auf das Jahr 2010 ausgerichtet. Da die
Ermittlung dieser Prognose aus den Jahren 1996 bzw. 1998/99 stammte, das
Planfeststellungsverfahren aber erst im Jahr 2002 eingeleitet wurde, lag das Erfordernis
einer Überprüfung auf der Hand. Unter Berücksichtigung des
Bundesverkehrswegeplans 2003 und der EU-Osterweiterung sowie einer jüngeren
Verkehrsprognose für den westlich angrenzenden Abschnitt sind die Gutachter der
Ingenieurgruppe IVV-Aachen ausweislich ihres Schreibens vom 20. Juli 2004 an den
Vorhabenträger zu der Einschätzung gelangt, dass die ursprüngliche Prognose als sehr
stabil angesehen werden könne. Die zeitliche Anknüpfung an das Jahr 2015 ist ohne
weiteres mit dem der Planfeststellung zu Grunde liegenden Bedarfsplan für die
Bundesfernstraßen als Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAusbauG 2004, in dem die
Maßnahme als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist, zu vereinbaren. Wie die
Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs zeigt, orientiert sich der Plan an der
Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet.
143
Vgl. BT-Drucks. 15/1657, S. 9.
144
Die Einwände der Kläger, die Verkehrsprognose berücksichtige nicht den durch einen
Nachfragesog entstehenden induzierten Verkehr, zeigen keine fehlerhafte
Sachverhaltsermittlung auf. Zunächst wird bei den als Referenzfällen angeführten
Vorhaben mit einem höheren induzierten Verkehr nicht ausreichend differenziert
zwischen Neu- und Ausbauvorhaben. Dass ein Neubauvorhaben Verkehr gerade
anziehen soll, liegt auf der Hand. Der Ausbau einer bestehenden Verkehrsverbindung
dient demgegenüber in erster Linie der Bewältigung eines ohnehin wegen höherer
Nachfrage bestehenden Engpasses. Hinsichtlich des induzierten Verkehrs ist ferner zu
beachten, dass die Gutachter des IVV-Aachen ausweislich ihres Schreibens vom 20.
Juli 2004 ihre Prognose jedenfalls überprüft und dabei auch die Strukturdatenprognose
des Bundesverkehrswegeplanes 2003 mit in Betracht gezogen haben. Der
Bundesverkehrswegeplan 2003, der Grundlage des Fernstraßenausbaugesetzes 2004
ist, berücksichtigt aber ausweislich der von den Klägern selbst ins Feld geführten
Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen 2005 gerade auch den
induzierten Verkehr.
145
Vgl. BT-Drucks. 15/5900, S. 77.
146
Fehl gehen ebenfalls die Rügen der Kläger zu der von ihnen behaupteten falschen
Berücksichtigung des Pendlerverkehrs. Dass gerade im Ballungsraum Ruhrgebiet der
Pendlerverkehr ein wesentlicher Faktor für das Verkehrsaufkommen insgesamt ist, liegt
auf der Hand. In den Gutachten der Ingenieurgruppe IVV-Aachen kommt dies an
verschiedenen Stellen zum Ausdruck, etwa bei den Darstellungen der Verkehrsspitzen
im Tagesverlauf und bei der Berücksichtigung des Lokalverkehrs einerseits und des
Regional-/Fernverkehrs andererseits, beides jeweils unter Berücksichtigung einer
erhöhten Entwicklung des Verkehrsaufkommens. Warum trotz der nach dem Schreiben
der Ingenieurgruppe IVV- Aachen vom 20. Juli 2004 erfolgten Prognoseüberprüfung
gleichwohl ein so hoher und nicht berücksichtigter Pendlerverkehr gegeben sein soll,
der das Prognoseergebnis hinfällig erscheinen lassen könnte, wird von den Klägern
nicht substantiiert dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
147
c) Auch der weitere Einwand der Kläger, bei der Berechnung der Lärmimmissionen
habe eine summative Betrachtung erfolgen müssen, weil das Vorhaben eine
Funktionsänderung anderer innerstädtischer Straßen zur Umleitungsstrecke bewirke,
greift nicht durch.
148
Sofern die Kläger rügen sollten, dass der Lärmzuwachs auf anderen städtischen
Straßen infolge des Vorhabens nicht berücksichtigt worden sei, machen sie keine
eigenen Belange geltend, insbesondere weil ihre Grundstücke gerade nicht an solchen
Umleitungsstrecken liegen.
149
Sollte ein erhöhter Lärm gemeint sein, der auf der A 40 wegen eines verstärkten
Kraftfahrzeugzuflusses von innerstädtischen Umleitungsstrecken zur Autobahn
entstehen könnte, war auch insofern keine besondere Berücksichtigung erforderlich. Der
nach § 3 der 16. BImSchV maßgebliche Beurteilungspegel ist grundsätzlich nicht als
"Summenpegel" unter Einbeziehung von Lärmvorbelastungen durch bereits vorhandene
Verkehrswege zu ermitteln. Allerdings dürfen ein bereits vorhandener Verkehrslärm
(Vorbelastung) und die durch den Bau oder durch die wesentliche Änderung einer
öffentlichen Straße entstehende zusätzliche Lärmbeeinträchtigung zu keiner
Gesamtbelastung führen, die eine Gesundheitsgefährdung darstellt
150
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 - 4 A 13.99 -, Buchholz 406.25 § 43
BImSchG Nr. 16, S. 23, m. w. N.
151
Dem hat die Planfeststellungsbehörde Rechnung getragen, ist allerdings zu dem
Ergebnis gelangt, dass Gesundheitsgefährdungen nicht gegeben seien (PFB B.
5.4.5.1.16, S. 82 f.). Eine nennenswerte Erhöhung des durchschnittlichen
Verkehrsaufkommens auf der A 40 durch einen ungehinderten Zufluss des über
Umleitungsstrecken fließenden Verkehrs wird es ohnehin nicht geben, da nach den
unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten in der Klageerwiderung die
Autobahn mit einer Streckenbeeinflussungsanlage und Zuflussdosierung ausgestattet
ist und es im Stadtgebiet Bochum nur eine, hier allerdings nicht relevante
Umleitungsstrecke in Richtung Dortmund gibt.
152
d) Schließlich gibt der pauschale Hinweis der Kläger auf die Richtlinie 2002/49/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und
Bekämpfung von Umgebungslärm (ABl. EG Nr. L 189 S.12) keinen Anlass zu einer
weiteren Überprüfung, da die zur Umsetzung unter anderem auch dieser Richtlinie
erlassenen §§ 47a ff. BImSchG Regelungen zur Lärmminderungsplanung enthalten,
indes keine Veränderung des Verfahrens zur Berechnung und Bewertung von
Verkehrsimmissionen bei der Planung von Straßen bewirken.
153
e) Wie vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert, wurde bei der
Berechnung der Beurteilungspegel unter Berücksichtigung der prognostizierten
durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV) der nach Anlage 1 zu § 3 der 16.
BImSchV maßgebende Lkw-Anteil p (über 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht) in % am
Gesamtverkehr berücksichtigt. Er ist mit P(t) und P(n) in die Berechnung eingegangen
(Erläuterungsbericht der Lärmtechnischen Unterlagen, Unterlage 12 der Beiakte 3 zu 11
D 39/06.AK), wobei die prozentualen Annahmen auf der Auswertung der im Termin
ebenfalls vorgelegten Verkehrszählungsübersichten der Bundesanstalt für
Straßenwesen beruhen.
154
Die Auswertung dieser Verkehrszählungsübersichten der Bundesanstalt für
Straßenwesen mit den konkreten Zählungen für das Jahr 2005 an vier unterschiedlichen
Zählstellen zwischen der Anschlussstelle Gelsenkirchen und der Anschlussstelle
Bochum Stahlhausen sowie den hierauf beruhenden Hochrechnungen für die Jahre
2010, 2015, 2020 und 2025 bestätigt im Übrigen, dass die Verkehrsprognose der
Ingenieurgruppe IVV-Aachen und die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss
(PFB B. 5.4.2.3, S. 64) für das Jahr 2015 zu Grunde gelegten DTV-Werte keinen Grund
zu Beanstandungen bieten.
155
Mit Blick auf das vorstehend Dargelegte konnte der Senat den Beweisantrag zu II. 1.
und 2. (auch in der weiteren „präzisierten" Fassung) sowohl wegen Verspätung gemäß
§ 17 Abs. 6b FStrG a. F. (§ 17e Abs. 5 FStrG n. F.) i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als auch
nach § 98 VwGO i. V. m. § 412 Abs. 1 ZPO im Rahmen des ihm zustehenden
Ermessens ablehnen, weil er für die Einholung eines zusätzlichen
Sachverständigengutachtens ebenso keinen Anlass gesehen hat.
156
2. Der Planfeststellungsbeschluss ist aber insoweit abwägungsfehlerhaft, als es an der
erforderlichen vollständigen Zusammenstellung des notwendigen Abwägungsmaterials
zu der Entscheidung fehlt, weitergehenden aktiven Schallschutz abzulehnen und die
Kläger zu 1. bis 3. und 6. auf Erstattungsansprüche für passiven Schallschutz zu
verweisen. Die planfestgestellten aktiven Schallschutzmaßnahmen lassen zwar im
Grundsatz keinen Fehler zu Lasten der vorgenannten Kläger erkennen. Jedoch wird die
Entscheidung des Beklagten, auf weitere aktive Schallschutzmaßnahmen zugunsten
dieser Kläger zu verzichten, dem Abwägungsgebot nicht in jeder Hinsicht gerecht.
157
a) Der Beklagte hat als Maßnahmen des aktiven Schallschutzes Lärmschutzwälle und -
wände bzw. zum Teil kombinierte Wall-/Wandkonstruktionen als aktive
Lärmschutzmaßnahmen planfestgestellt. Ferner hat er dem Vorhabenträger
aufgegeben, einen Straßenoberflächenbelag aufzubringen, der einen Korrekturwert
DStrO - 5 dB(A) erbringt (PFB A. 5.2.1, S. 18 f.). Diese Maßnahmen sind entgegen der
Auffassung der Kläger nicht ungeeignet, zu einem wirksamen aktiven Lärmschutz
beizutragen.
158
aa) Die pauschale Behauptung der Kläger, es sei fraglich, ob die planfestgestellten
Lärmschutzwände auf Dauer Schutz gewährleisteten, greift nicht durch. Der
Vorhabenträger hat zugesichert, dass „die vorgesehenen Lärmschutzwände ... unter
Einhaltung der maßgebenden Richtlinien hochabsorbierend ausgebildet" werden
(Stellungnahme zu 29.129 der Einwendungen, Blatt 29-106, Beiakte 20 zu 11 D
39/06.AK). Dementsprechend wird der Vorhabenträger zu gewährleisten haben, dass
die Lärmschutzwände mit hochabsorbierenden Eigenschaften (vgl. Nr. 3.2.1.3 der RLS-
90, S. 9 f.) entsprechend den hierfür bestehenden Vorgaben der Technischen
Vorschriften und Richtlinien für die Ausführung von Lärmschutzwänden an Straßen -
ZTV-Lsw - ausgeführt werden.
159
Vgl. etwa die Zusammenstellung im ARS Nr. 01/2008, VkBl. 2008, S. 380 (402).
160
Ausdrückliche Auflagen zur Kontrolle bei der Durchführung des Vorhabens waren hier
entbehrlich. Es ist mangels besonderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der
staatliche Vorhabenträger seine Zusagen bei der Durchführung des Vorhabens in
loyaler Art und Weise erfüllen wird.
161
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2002 - 4 B 2.02 -, juris, Rn. 8
162
bb) Im Ergebnis nicht weiterführend ist ferner die Kritik der Kläger an der dem
Vorhabenträger gemachten Auflage, einen Straßenoberflächenbelag aufzubringen, der
sicherstellt, dass der in den lärmtechnischen Berechnungen mit offenporigem Asphalt
angegebene Korrekturwert DStrO - 5 dB(A) erzielt wird und dadurch die
Beurteilungspegel bzw. die durch die 16. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte
auf Dauer eingehalten werden.
163
Die Beschaffenheit der Straßenoberfläche ist bei der Berechnung der Lärmimmissionen
eines Verkehrsweges, der - wie hier - wesentlich geändert wird, zu berücksichtigen. § 2
der 16. BImSchV setzt Immissionsgrenzwerte fest, die beim Bau von Verkehrswegen
nicht überschritten werden dürfen. § 3 Satz 1 der 16. BImSchV regelt, wie diese
Grenzwerte zu ermitteln sind, indem er bestimmt, dass der maßgebliche
Beurteilungspegel für Straßen nach der Anlage 1 der Verordnung zu berechnen ist. Zu
den Faktoren, die den Verkehrslärm beeinflussen, gehört unter anderem die
Beschaffenheit der Straßenoberfläche. Sie findet Eingang in die Berechnung, indem
nach der Tabelle B zur Anlage 1 verschiedene Oberflächenarten mit bestimmten
Korrekturwerten zu berücksichtigen sind. Bei den ausdrücklich in der Tabelle
aufgeführten Straßenoberflächen handelt es sich um solche, die - auch in ihrer
Lärmwirkung - dem Verordnungsgeber bekannt waren. Nach der Bewertung des
Verordnungsgebers ergibt sich aus den unterschiedlichen Korrekturwerten für die
verschiedenen Straßenoberflächen im Ergebnis eine einheitliche Lärmbelastung, die
Grundlage für die Bestimmung der Immissionsgrenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV ist.
Auf diese Bewertung greift der Verordnungsgeber mit seiner Fußnote zur Tabelle B
zurück, wenn er hier bestimmt, dass für lärmmindernde Straßenoberflächen, bei denen
aufgrund neuer bautechnischer Entwicklungen eine dauerhafte Lärmminderung
nachgewiesen ist, auch andere Korrekturwerte berücksichtigt werden können, z. B. für
offenporige Asphalte bei zulässigen Geschwindigkeiten über 60 km/h minus 3 dB(A). Mit
dieser "Öffnungsklausel" soll erkennbar erreicht werden, dass auch bei der -
erwünschten - Verwendung lärmmindernden Oberflächenmaterials dieselben
Zumutbarkeitsgrenzen, die der Tabelle zugrunde liegen, maßgeblich bleiben. Die
Tabelle B (einschließlich ihrer Fußnote) stellt sich deshalb im Ergebnis wie eine
Normierung mit Hilfe von Regelbeispielen dar. Gegen sie bestehen keine
verfassungsrechtlichen Bedenken.
164
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 1999 - 4 B 87.98 -, Buchholz 406.25 § 43
BImSchG Nr. 12, S. 2 f.
165
Wie der Wortlaut der Fußnote zur Tabelle B der Anlage 1 zeigt, hat der
Verordnungsgeber keine strikten Obergrenzen für einen höchstzulässigen Korrekturwert
bei lärmmindernden Straßenoberflächen normiert, d. h. auch höhere Korrekturwerte als
minus 3 dB(A) können grundsätzlich in Betracht kommen, wenn eine dauernde
Lärmminderung nachgewiesen ist. Deshalb musste hier der Beklagte im
Planfeststellungsbeschluss nicht detailliert festlegen, welche genaue technische
Beschaffenheit der aufzubringende Fahrbahnbelag haben muss. Welcher Belag im
konkreten Fall aufgetragen wird, ist eine Frage der Bautechnik. Diese hat der
Vorhabenträger, der die Eignung des verwendeten Belags nachweisen muss, selbst zu
beantworten. Entscheidend ist dabei zur Wahrung der Belange der Drittbetroffenen,
dass die Lärmminderung auf Dauer sichergestellt ist. Denn das Schwergewicht der
Fußnote zur Tabelle B der Anlage 1 liegt nicht darauf, dass die Straßenoberfläche auf
166
einer neuen bautechnischen Entwicklung beruhen muss, sondern dass für sie eine
dauerhafte Lärmminderung nachgewiesen ist. Was als „dauerhaft" im Sinne der
Fußnote zur Tabelle B der Anlage 1 zu verstehen ist, legt die
Verkehrslärmschutzverordnung selbst nicht ausdrücklich fest. Nach dem
Sprachgebrauch ist „dauerhaft" mehr als „nur vorübergehend", kann aber auch nicht als
„auf Ewigkeit" verstanden werden. Denn der Straßenbelag, der einer mechanischen
Beanspruchung durch Reifen und Witterungseinflüsse ausgesetzt ist, unterliegt der
Abnutzung. Dem Verordnungsgeber war dementsprechend bewusst, dass „sich im
Laufe der Zeit die Textur einer Straßenoberfläche und damit die Schallabstrahlung
ändern kann".
BR-Drucks. 661/89, S. 41.
167
Nach den im Verordnungsverfahren angenommenen Empfehlungen der Ausschüsse
168
- vgl. BR-Drucks. 661/1/89, S. 17 f., Nr. 11, und BR-Plenarprotokoll 610 vom 16. März
1990, S. 119 f. -,
169
ist der Verordnungsgeber bei der Einführung der Fußnote zur Tabelle B der Anlage 1
davon ausgegangen, dass bereits offenporige Asphalte entwickelt und für die Praxis
anwendbar geworden sind, die zu Pegelminderungen von 3 bis 5 dB(A) führen, eine
Minderung von minus 3 dB(A) bei zulässigen Geschwindigkeiten von über 60 km/h
gesichert ist und die Formulierung als Fußnote die Berücksichtigung anderer künftiger
bautechnischer Entwicklungen erlaubt.
170
Bezogen auf den konkreten Fall spricht hier bereits vieles für die Annahme, dass auf
Grund neuerer technischer Entwicklungen Straßenoberflächenbeläge vorhanden sind,
die - wie etwa bestimmte offenporige Asphaltdeckschichten - geeignet sind, nicht nur
vorübergehend eine Lärmminderung von - 5 dB(A) zu gewährleisten.
171
Bereits nach dem ARS Nr. 14/1991 vom 25. April 1991, VkBl. 1991, 480, ist der
Bundesminister für Verkehr unter Berufung auf neuere Untersuchungsergebnissen der
Bundesanstalt für Straßenwesen davon ausgegangen, dass bei Außerortsstraßen mit
zulässigen Höchstgeschwindigkeiten über 60 km/h für offenporige
Asphaltdeckschichten, die im Neuzustand einen Hohlraumgehalt über/gleich 15 % mit
Kornaufbau 0/8 aufweisen, ein Korrekturwert DStrO = - 5 dB(A) möglich ist.
172
In dem späteren ARS Nr. 5/2002 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen vom 26. März 2002, VkBl. 2002, S. 313, ist wiederum unter Berufung
auf Erkenntnisse der Bundesanstalt für Straßenwesen ausgeführt, dass durch die bis
1998 verwendeten offenporigen Asphaltdeckschichten der sog. zweiten Generation
(Hohlraumgehalt über/gleich 22 %) auf Autobahnen eine dauerhafte Lärmminderung im
Ausmaß von - 4 dB(A) (OPA 0/11) bzw. - 5 dB(A) (OPA 0/8) jedenfalls für einen Zeitraum
von sechs Jahren gewährleistet sei. Bei der ab 1998 eingebauten sog. dritten
Generation von offenporigen Asphaltdeckschichten könne von einer über diesen
Zeitraum hinaus gehenden akustischen Wirksamkeit sowie einer besseren
Anfangsminderung ausgegangen werden. Nach dem Statuspapier der Bundesanstalt für
Straßenwesen, das dem ARS als Anlage beigefügt ist, werden seit 1998 nur noch
offenporige Asphaltdeckschichten einer dritten Generation mit speziell angepassten
Sieblinien und verbesserten Bindemitteln gebaut, die eine höhere Anfangsminderung
aufweisen und daher eine länger andauernde lärmmindernde Wirkung erwarten lassen.
173
Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof noch Anfang 2004 geäußerten generellen
Bedenken an der Eignung von offenporigem Asphalt zur dauerhaften Lärmminderung
174
- vgl. BayVGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - 8 A 02.40082 -, NVwZ-RR 2005, 98 (99 f.);
offen gelassen: Nds. OVG, Urteil vom 19. September 2007 - 7 KS 196/03 -, n. v.
(nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 5. September 2008 - 9 B 10.08 -, juris) -,
175
die unter anderem auch auf der Erwägung beruhen, dass das Bundesministerium für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im ARS Nr. 5/2002 die Verwendung von
offenporigem Asphalt nur in Ausnahmefällen für zulässig erachtet hatte, sind durch das
weitere ARS 8/2004 vom 18. Oktober 2004, VkBl. 2004, S. 584, weitgehend überholt.
Hierin hat das Ministerium unter Entwicklung eines den Entscheidungsträgern an die
Hand gegebenen Maßnahmenkonzeptes für aktiven Schallschutz auch unter
Verwendung von offenporigem Asphalt ausdrücklich seinen Vorbehalt aufgegeben,
dass offenporiger Asphalt nur noch in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen darf.
176
Neuere tatsächliche Erkenntnisse bestätigen die längere Nutzungsdauer offenporiger
Asphaltdeckschichten. So wurde in den Jahren 1996 bis 1999 auf einem rund 90 km
langen Autobahnabschnitt der A 2 zwischen Helmstedt und Bad Eilsen offenporiger
Asphalt der Körnung 0/8 und einem Hohlraumgehalt von mindestens 22 Vol.-%
verwendet. Der für den Lärmschutz wichtige Hohlraumgehalt war auch nach bis zu
sechsjähriger Liegedauer zumindest im Hauptfahrstreifen vollständig gegeben.
177
Vgl. Renken, Optimierung und Qualitätssicherung offenporiger Asphaltdeckschichten -
Teil II: Veränderung der Eigenschaften nach längerer Liegezeit (Forschung Straßenbau
und Straßenverkehrstechnik Heft 951), Januar 2007, S. 48 ff.
178
Unabhängig davon, ob auch über die Zeitspanne von sechs Jahren hinaus bereits heute
eine dauerhafte Lärmminderung zweifelsfrei als gesichert zu gelten hat, ist im
vorliegenden Fall die Dauerhaftigkeit des Lärmschutzes jedenfalls über die
schallmindernde Wirksamkeit des (ersten) Straßenbelags hinaus sichergestellt. Denn
aus der im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Regelung zur dauerhaften
Einhaltung der Lärmminderungswirkung des offenporigen Asphaltes („Soweit dies nicht
gewährleistet werden kann, ist die Einhaltung der Pegelwerte bzw. der
Immissionsgrenzwerte durch zusätzliche Maßnahmen sicherzustellen; ggf. ist für die
Festlegung dieser Maßnahmen ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren
durchzuführen", PFB A. 5.2.1.2, S. 18), folgt zugleich, dass der Vorhabenträger den
aufzubringenden offenporigen Asphalt regelmäßig beobachten und gegebenenfalls eine
fachkundige Begutachtung veranlassen muss, um die Dauerhaftigkeit der
lärmmindernden Wirkung sicherzustellen. Unter Umständen hat dies zur Konsequenz,
dass eine neue Deckschicht aufzubringen ist, sollte die lärmmindernde Wirkung des
offenporigen Asphaltes unter den angenommenen Korrekturwert von - 5 dB(A) sinken.
179
b) Demgegenüber wird die Entscheidung des Beklagten, auf weitere aktive
Schallschutzmaßnahmen zugunsten der Kläger zu 1. bis 3. und 6. zu verzichten und sie
auf Erstattungsansprüche für Maßnahmen des passiven Schallschutzes sowie auf
Entschädigungsansprüche für die Beeinträchtigung des Außenwohnbereichs zu
verweisen, dem Abwägungsgebot nicht in jeder Hinsicht gerecht.
180
Nach § 41 Abs. 1 BImSchG hat der aktive Schallschutz grundsätzlich Vorrang vor dem
181
passiven Schallschutz. Der Betroffene hat also prinzipiell einen Anspruch auf
"Vollschutz" durch aktive Schutzmaßnahmen, von dem aber nach Maßgabe des § 41
Abs. 2 BImSchG „Abstriche" möglich sind. Ob die Kosten aktiver
Schallschutzmaßnahme außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen und
deshalb dem Vorhabenträger nach dem Maßstab des § 41 Abs. 2 BImSchG nicht
zuzumuten sind, ist in umfassender Weise daran zu messen, mit welchem Gewicht die
widerstreitenden Belange einander gegenüberstehen. Diese Prüfung ist nach der
Rechtsprechung des für das Sachgebiet Straßenrecht zuständigen 9. (vormals 11.)
Senats des Bundesverwaltungsgerichts
- vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2000 - 11 A 42.97 -, BVerwGE 110, 370 (380 ff.), m.
w. N. auch zur Auffassung des früher für diese Rechtsmaterie zuständigen 4. Senat des
Bundesverwaltungsgerichts -
182
untrennbar mit der allgemeinen fachplanerischen Abwägung verbunden. Dabei ist auch
zu berücksichtigen, ob und inwieweit das Gewicht der privaten Belange der Anwohner
durch Vorbelastungen gemindert ist, ob öffentliche Belange etwa des
Landschaftsschutzes oder private Belange negativ betroffener Dritter der Ausschöpfung
aller technischen Möglichkeiten aktiven Schallschutzes entgegenstehen und mit
welchen Mehrkosten der Schutz des Außenwohnbereichs im Verhältnis zu wirksamem
passiven Schallschutz verbunden ist. Insoweit besteht für die Planfeststellungsbehörde
ein Abwägungsspielraum, der vom Gericht nicht inhaltlich ausgefüllt, sondern nur auf
die Einhaltung seiner rechtlichen Grenzen hin überwacht werden kann.
183
Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 11 A 10.96 -, a. a. O., S. 166 f.
184
Nach diesen Grundsätzen ist zwar nicht zu beanstanden, dass der Beklagte als
Maßnahmen des aktiven Schallschutzes keine Untertunnelung oder Einhausung der
Strecke vorgesehen hat. Insoweit liegt es auf der Hand, dass die vom Beklagten näher
bezifferten und plausibel dargelegten Kosten evident außer Verhältnis zu dem
angestrebten Schutzzweck gestanden hätten. Zur Vermeidung von Wiederholungen
verweist der Senat auf das vorstehend bei der Frage der Variantenprüfung Ausgeführte;
diese Erwägungen gelten hier sinngemäß.
185
Demgegenüber hat der Beklagte aber eine abwägungsfehlerhafte Entscheidung zum
Schallschutz getroffen, weil es an einer nachvollziehbaren objektiven Ermittlung der
jeweiligen Kosten aller ernsthaft in Betracht kommenden, d. h. sich nach Lage der Dinge
anbietenden Alternativen des aktiven und passiven Schallschutzes sowie ihrer
jeweiligen Auswirkungen auf die Lärmbetroffenheit der Anwohner und anderer
öffentlicher und privater Belange fehlt. Der Beklagte hat in dem streitigen
Planfeststellungsbeschluss (PFB B. 5.4.5.1.5, S. 75) lediglich festgestellt:
186
„In den Fällen, in denen aktive Lärmschutzmaßnahmen oder weitergehende als in den
Planunterlagen enthaltene Maßnahmen an der Straße notwendig wären, jedoch nicht
planfestgestellt wurden, standen die Kosten für solche Maßnahmen außer Verhältnis
zum angestrebten Schutzzweck (§ 41 Abs. 2 BImSchG)".
187
Diese Wertung übernimmt offenbar unkritisch die inhaltsgleiche pauschale Aussage des
Vorhabenträgers, wie sie etwa in seinen Stellungnahmen zu den Einwendungen im
Planfeststellungsverfahren dokumentiert ist (vgl. Stellungnahme zu 29.120 und zu
29.124 der Einwendungen, Blatt 29-100 und 29.103, Beiakte 20 zu 11 D 39/06.AK).
188
Eine zumindest überschlägige Ermittlung der Gesamtkosten der Schutzanlagen im
Planfeststellungsabschnitt und eine Bewertung des damit erzielbaren
Lärmschutzeffektes lässt sich aber weder dem Planfeststellungsbeschluss noch den zu
seinem Gegenstand gemachten Unterlagen entnehmen. Der Beklagte hatte lediglich die
Mehrkosten für eine Untertunnelung bzw. Einhausung der A 40 vor Augen (PFB B.
5.4.3.2.2, S. 68) und darüber hinaus den „Kostenvergleich
Splittmastixasphalt/Offenporiger lärmmindernder Asphalt (OPA)" berücksichtigt (PFB A.
2.6 Lfd. Nr. 58., S. 14; Beiakte 9 zu 11 D 39/06.AK).
189
Eine Kostenaufstellung für etwa in Betracht kommende erhöhte Lärmschutzwände fehlt
indes. Gründe für die Richtigkeit der Annahme, dass - so der Vorhabenträger - eine
„weitere Erhöhung der vorgesehenen Lärmschutzwände mit einer Höhe von bis zu 7 m
... mit sehr hohen (weiteren) Kosten verbunden (wäre), ohne dass sich dadurch die
Lärmbelastung noch angemessen verringern würde" (vgl. Stellungnahme zu 29.120 der
Einwendungen, Blatt 29- 100, Beiakte 20 zu 11 D 39/06.AK), werden nicht dargelegt. Es
ist weder eine Aufstellung der Kosten der Erhöhung der geplanten Lärmschutzwälle
bzw. -wände vorhanden noch ein Vergleich, inwieweit erhöhte Schallschutzanlagen
eine Reduzierung der Beurteilungspegel bewirken können. Die Kosten für
weitergehende Maßnahmen des aktiven Schallschutzes werden auch nicht in Relation
zu den Aufwendungen für die Regulierung der Erstattungs- bzw.
Entschädigungsansprüche gesetzt. Die erforderliche differenzierte Kosten-Nutzen-
Analyse
190
- vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2000 - 11 A 42.97 -, a. a. O. (382 ff.) -
191
hätte sich hier aber schon deshalb aufdrängen müssen, weil eine Vielzahl
Lärmbetroffener vorhanden ist. Südlich und insbesondere nördlich der A 40 liegen unter
anderem etliche Baugebiete, die der Beklagte als allgemeine Wohngebiete bewertet
hat. Diese Baugebiete weisen zum Teil eine stark verdichtete Bebauung auf. Allein für
die als Wohngebiete eingestuften Bereiche hat der Beklagte bei über 250 Objekten
Erstattungsansprüche für Aufwendungen des passiven Schallschutzes bejaht (PFB A.
5.2.2.1, S. 19 f.); insgesamt soll annähernd 300 Grundstücken wegen der
Überschreitung der Grenzwerte der 16. BImSchV ein passiver Schallschutz zu Gute
kommen. Mit welchen Kosten die Erstattungsansprüche für passiven Schallschutz und
die Entschädigungsansprüche für die Beeinträchtigung des Außenwohnbereichs zu
Buche schlagen, lässt sich den Planfeststellungsunterlagen nicht entnehmen. Ohne
eine derartige Ermittlung bleibt die im Planfeststellungsbeschluss wiedergegebene
Erwägung der Beklagten, dass die Kosten weitergehender aktiver
Schallschutzmaßnahmen außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stünden,
hinter den Vorgaben des § 41 Abs. 2 BImSchG zurück.
192
Schließlich bleibt die Aussage des Beklagten, „auch bautechnische und städtebauliche
Gesichtspunkte sprechen gegen eine Erhöhung der Lärmschutzanlagen" (PFB B.
5.4.5.1.18, S. 84), ebenfalls ohne jeden Beleg. Nähere Aussagen wären aber allein
schon deshalb zu erwarten gewesen, weil nach den ministeriellen Vorgaben zur
Verwendung des offenporigen Asphalts in dem bereits zitierten ARS 8/2004 vom 18.
Oktober 2004, VkBl. 2004, S. 584, Wälle und Wände von über 8 oder 10 m Höhe heute
keine Seltenheit mehr sind. Gegen eine Erhöhung der Lärmschutzanlagen sprechende
städtebauliche Gesichtspunkte werden im Planfeststellungsbeschluss nicht einmal
ansatzweise erläutert.
193
Die vorstehend aufgezeigten Mängel sind nicht nach § 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG a. F. (§
17e Abs. 6 FStrG n. F.) unerheblich. Sie sind offensichtlich, weil sie sich aus dem
Planfeststellungsbeschluss und den dazu gehörenden Aufstellungsvorgängen ergeben.
Diese Mängel sind auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Nach den
Umständen des Falles besteht die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel die
Planung anders ausgefallen und den Klägern zu 1. bis 3. und 6. weitergehender aktiver
Lärmschutz zugesprochen worden wäre.
194
III. Weitergehende Ansprüche auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um
Schutzauflagen wegen der behaupteten sonstigen Beeinträchtigungen - Luftschadstoffe,
Erschütterungen - stehen den Klägern zu 1. bis 3. und 6. nicht zu. Hinsichtlich der
möglichen Beeinträchtigungen wegen der vom planfestgestellten Vorhaben ausgelösten
Luftschadstoffe verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das bereits
vorstehend Ausgeführte.
195
Die Belange möglicherweise von Erschütterungen betroffener Grundstückseigentümer
hat der Beklagte im Rahmen seiner Abwägung berücksichtigt und in einem Fall vor
Baubeginn ein Beweissicherungsverfahren angeordnet (PFB B. 5.4.5.3, S. 89). Die
Rüge der Kläger, für etliche Nachbargrundstücke in unmittelbarer Nähe zur A 40 im
Planabschnitt ergäben sich Erschütterungswirkungen, die über das ortsübliche Maß
hinausgingen und die Wohnnutzung dieser Häuser erheblich beeinträchtigten, bleibt
sowohl hinsichtlich der Lage der Gebäude, die hiervon betroffen sein sollen, als auch zu
der Frage völlig unsubstantiiert, weshalb trotz der einzuhaltenden Regeln der Baukunst
durch den Bau oder den Betrieb der Autobahnerweiterung - anders als u. U. bei
Schienenwegen - besondere Belastungen durch Körperschall oder sekundären
Luftschall entstehen und die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen überschreiten
könnten. Es ist daher nichts dafür ersichtlich, weshalb für die Planfeststellungsbehörde
eine Veranlassung bestanden hätte, über die allgemeinen Überlegungen zum
Erschütterungsschutz hinausgehend für die Wohnhäuser der Kläger zu 1. bis 3. und 6.
Besonderheiten ins Auge zu fassen.
196
IV. Ansprüche des Klägers zu 7. und der Klägerin zu 4. auf Schutzauflagen sind nicht
gegeben.
197
Der Kläger zu 7. wohnt von dem planfestgestellten Ausbauabschnitt der A 40 rund 6,5
km Luftlinie entfernt. Ansprüche auf Lärmschutz stehen ihm nicht zu. Die 16. BImSchV
gibt zu seinen Gunsten nichts her, weil es nach dieser Verordnung allein auf den
Verkehrslärm ankommt, der von dem zu bauenden oder zu ändernden Verkehrsweg
ausgeht. Lärm, der nicht gerade auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke
entsteht, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt.
198
Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. März 2005 - 4 A 18.04 -, a. a. O. (155), und vom 23.
November 2005 - 9 A 28.04 -, a. a. O. (338 f.), jeweils m. w. N.
199
Ebensowenig kann der Kläger zu 7. nach dem vorstehend Ausgeführten mit Erfolg
verlangen, dass der Planfeststellungsbeschluss zu seinen Gunsten um Schutzauflagen
zum Schutz vor Luftschadstoffen oder sonstigen Einwirkungen ergänzt wird.
200
Auch die Klägerin zu 4. kann trotz ihrer fristgerecht gegen das Deckblatt I erhobenen
Einwendungen keine Schutzauflage hinsichtlich der Belastung durch Luftschadstoffe zu
201
ihren Gunsten verlangen, weil insoweit nach den oben bereits ausgeführten und hier
ebenfalls geltenden Erwägungen kein Ergänzungsanspruch besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 und 2, 159 VwGO, 100 ZPO. Die
Klägerin zu 5. hat die Kosten der von ihr zurückgenommenen Klage in vollem Umfang
zu tragen. Die Kostenverteilung im Übrigen berücksichtigt das jeweilige Obsiegen und
Unterliegen im Verhältnis zum festgesetzten Streitwert. Die Kläger zu 4. und 7.
unterliegen in vollem Umfang. Die Kläger zu 1. bis 3. und 6. unterliegen mit der
Anfechtungsklage, obsiegen aber weitgehend mit der hilfsweise verfolgten
Verpflichtungsklage. Dieses teilweise Obsiegen berücksichtigt der Senat jeweils mit der
Hälfte.
202
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus
den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.
203
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen.
204
205