Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.08.2010

OVG NRW (antragsteller, verteilung, zulassung, vergabeverfahren, streitwert, begehren, bewerber, vorläufig, zeitpunkt, anordnung)

Oberverwaltungsgericht NRW, 13 B 1070/10
Datum:
17.08.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 B 1070/10
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 11. August 2010 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der An-tragsteller.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den
Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO aus den
im angefochtenen Beschluss genannten Gründen, auf die der Senat gemäß § 122 Abs.
2 Satz 3 VwGO Bezug nimmt, zu Recht abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen des
Antragstellers, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO), gibt unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 16.
August 2010 keine Veranlassung, den angefochtenen Beschluss zu ändern.
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Soweit der Antragsteller mit seinen Anträgen im Beschwerdeverfahren die Verpflichtung
der Antragsgegnerin begehrt, die Versendung von Zulassungs- und
Ablehnungsbescheiden für das Wintersemester 2010/11 zu unterlassen (Anträge zu 2.,
3. und 5.), sind diese zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung gegenstandslos, weil
entsprechend dem Vorbringen der Antragsgegnerin und dem Zeitplan unter
www.hochschulstart.de die Zulassungsbescheide bereits am 11. August 2010 und die
Ablehnungsbescheide am 13. August 2010 versandt wurden und daher ein mögliches
Verbot der Versendung durch eine einstweilige Anordnung nicht mehr greifen kann. Ein
Fortsetzungsfeststellungsbegehren (analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) findet im
Hinblick auf die Natur und den Prüfungsumfang im Verfahren nach § 123 VwGO nicht
statt.
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Vgl. Hamb. OVG, Beschluss vom 12. September 2007 - 1 Bs 79/07 -, NVwZ-
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RR 2008, 197; OVG S.-A, Beschluss vom 23. Mai.2006 - 1 M 95/06 -, juris;
Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rdn. 72.
Das vom Antragsteller bemängelte Fehlen einer wirksamen Stiftungssatzung der
Antragsgegnerin und seine daraus hergeleitete Folgerung, die Entscheidungsfindung
für die Zulassung von Studienbewerbern zum Studium sei unklar, verhilft seinem
Begehren nicht zum Erfolg. Die Stiftungssatzung betrifft, worauf die Antragsgegnerin
zutreffend hingewiesen hat, deren Binnenbereich, hat aber dementsprechend keine
unmittelbare Außenwirkung in Bezug auf den grundrechtlich geschützten Ausbildungs-
und Teilhabeanspruch des Antragstellers an vorhandenen Ausbildungskapazitäten und
kann deshalb auch keinen Anlass geben, das Zulassungs- und Vergabeverfahren für
das Wintersemester 2010/11 auszusetzen.
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Die über die erstinstanzlichen Anträge hinaus geltend gemachten Anträge zu 6. und 7.,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Vollzug bereits versandter
Zulassungsbescheide durch deren vorläufige Rücknahme oder anderweitige
Information der zugelassenen Bewerber über den Stopp des Zulassungsverfahrens
außer Kraft zu setzen oder die am zentralen Vergabeverfahren in dem Studiengang
beteiligten Hochschulen zu informieren, auf versandte Zulassungsbescheide vorläufig
keine Immatrikulation vorzunehmen, haben gleichfalls keinen Erfolg. Die beantragten
Maßnahmen kommen schon aus Gründen der sachgerechten verwaltungsmäßigen
Abwicklung der Bewerberzahlen für Studienplätze und wegen der mit einer solchen
Anordnung verbundenen Auswirkungen für das gesamte Zulassungsverfahren zum
Wintersemester 2010/11 nicht in Betracht. Die notwendige bundesweite Verteilung von
Studienplätzen, für die eine Kapazitätsbegrenzung besteht, setzt entsprechende
(Verfahrens-)Regelungen voraus, weil ansonsten der Bewerberandrang und der
Verwaltungsaufwand nicht bewältigt werden können. Dies muss für den Fall, dass – wie
der Antragsteller meint – die Regelungen für die Verteilung der Studienplätze im
Wintersemester 2010/11 insbesondere wegen des Fehlens der Stiftungssatzung nicht
zeitgerecht ergangen sein sollten, dazu führen, dass die bisher geltenden Regelungen
(wieder) zur Grundlage des Verfahrens gemacht werden müssen. Anderenfalls wäre ein
geordnetes Zulassungsverfahren nicht gewährleistet und wären chaotische Zustände zu
erwarten. Eine Notkompetenz des Gerichts, auf die gelegentlich beim Fehlen von
Verfahrensregelungen für die Verteilung von Studienplätzen abgestellt wird, kommt
insoweit nicht in Betracht. Die Anwendung bisher geltender Regelungen durch die
jetzige Antragsgegnerin wäre auch nicht – wie der Antragsteller meint - deshalb
ausgeschlossen, weil sie sich an die ZVS richteten und diese Institution nunmehr nicht
mehr existent ist. Der Wechsel des für die Verteilung von Studienplätzen zuständigen
Gremiums schließt die Anwendung bisheriger materieller Regelungen, die sich im
Grundsatz über Jahre hinweg bewährt haben, nicht aus. Andererseits kann auch nicht
davon ausgegangen werden, dass an die Stelle (vermeintlich) nicht wirksamer Regeln
bei der Verteilung von Studienplätzen allein die vom Antragsteller angesprochenen
Lösungswege der teilweisen oder kompletten Verteilung der Studienplätze nach Los
oder der Vergabe aller Studienplätze (ohne Vorabquoten nach der Abiturbestenliste und
der Warteliste) durch die Hochschulen treten werden; insoweit kann es sich nur um
Spekulationen handeln.
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Ein Stopp des Zulassungsverfahrens entsprechend dem Begehren des Antragstellers
würde vor allem eine Kollision mit den Interessen der anderen Ausbildungsbewerber
bedeuten, die im Besitz eines Zulassungsbescheids sind und denen auf Grund dessen
ein entsprechender Vertrauensschutz zukommt. Gegenüber diesen schutzwürdigen
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Interessen zahlreicher anderer Studienbewerber, das Studium zum vorgesehenen
Zeitpunkt aufnehmen zu können, ist das Interesse des Antragstellers, dass das
Zulassungsverfahren vorläufig ausgesetzt wird, als nachrangig anzusehen. Zwar läuft
die Frist für die Erklärung, ob ein zugeteilter Studienplatz angenommen wird, noch bis
zum 23. August 2010, seit dem Versand der Zulassungsbescheide werden aber schon
etliche Immatrikulationen erfolgt sein, so dass das Zulassungsverfahren insgesamt
schon weiter fortgeschritten ist und sein Stopp nicht mehr zielführend im Sinne des
Antragsbegehrens wäre. Ein Stopp des Zulassungsverfahrens im derzeitigen Stand
würde zudem einen unverhältnismäßig hohen und nicht zu rechtfertigenden
Verwaltungsaufwand bewirken und letztlich dazu führen, dass im bevorstehenden
Wintersemester zumindest in dem in Frage stehenden Studiengang ein zeitgerechter
und geordneter Studienbetrieb nicht aufgenommen werden könnte. Dies kann bei der
kapazitätsbegrenzten Ausbildungssituation an Hochschulstudien nicht hingenommen
werden und kann dementsprechend auch von Einzelnen gegenüber der Allgemeinheit
nicht verlangt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Der
Senat hat den Streitwert im Beschwerdeverfahren auf 5.000, 00 Euro festgesetzt, weil
der Antragsteller auch geltend gemacht hat, im laufenden Zentralen Vergabeverfahren
sei ihm durch die Antragsgegnerin ein vorläufiger Studienplatz zu sichern, auf den er
später endgültig zugelassen werden könne. Dies geht über eine für die
Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts offenbar maßgebende - bloße
"Konkurrentensituation", die Zulassung anderer Bewerber vereiteln zu wollen, hinaus,
so dass der Streitwert gerechtfertigt ist, der üblicherweise bei gerichtlichen Anträgen auf
Zulassung zum Studium angenommen wird.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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