Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.06.2008

OVG NRW: billigkeit, auflage, hauptsache, beschränkung, rechtsschutz, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 E 318/08
Datum:
23.06.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 E 318/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 16 K 5261/06
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
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Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren nicht gegeben sind.
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Prozesskostenhilfe dient dazu, einem Beteiligten ohne ausreichendes Einkommen und
Vermögen eine - hinlänglich aussichtsreiche und nicht mutwillige - beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu ermöglichen (vgl. § 166 VwGO i.V.m. §
114 ZPO). Gerichtlicher Rechtsschutz soll kein Privileg besserbemittelter Bürger sein,
sondern im Grundsatz jedem offen stehen. Die Beschränkung auf eine "beabsichtigte"
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung verdeutlicht, dass es um die Förderung einer
konkreten, in der vom Prozesskostenhilfegesuch erfassten Instanz noch nicht
abgeschlossenen Rechtsstreitigkeit gehen muss. Demgegenüber hat die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe nicht die Aufgabe, finanziell bedürftige Personen für
prozessbedingte Kosten bzw. dafür eingegangene Verpflichtungen nachträglich zu
entschädigen. Daher kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe regelmäßig nicht
mehr in Betracht, wenn das Verfahren in der Hauptsache bereits beendet ist, mithin
nichts mehr gefördert werden kann. Eine gleichsam rückwirkende Gewährung von
Prozesskostenhilfe ist allenfalls aus Gründen der Billigkeit in besonders gelagerten
Einzelfällen angebracht.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2003 - 16 E 89/03 -.
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Dabei besteht weitgehend Einigkeit, dass eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe
unter Billigkeitsgesichtspunkten ausscheidet, wenn der jeweilige
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Rechtsschutzsuchende, ohne dass maßgebliche Umstände sich geändert hätten, die
Rechtsverfolgung aus freiem Entschluss, etwa durch eine Klage- bzw.
Antragsrücknahme oder eine Erledigungserklärung, aufgegeben hat.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2003 - 16 E 89/03 -, 20. November 2007 -
13 E 1181/07 - und 13. März 2008 - 12 E 545/06 -.
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Dem gleichzustellen ist der Fall, dass der Rechtsschutzsuchende nach erfolglos
verlaufenem ersten Rechtszug hinsichtlich des mittels Prozesskostenhilfe zu fördernden
Hauptsacheverfahrens die Einlegung eines - möglichen - Rechtsmittels unterlässt
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vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2003
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- 16 E 89/03 -, Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und
Beratungshilfe, 3. Auflage, Rn. 427, jeweils m.w.N.
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oder sonst in zurechenbarer Weise den Verlust der gerichtlichen
Überprüfungsmöglichkeit im Hauptsacheverfahren bewirkt.
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vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2003
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- 16 E 89/03 - und vom 5. Mai 2006 - 5 E 413/06 -.
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Ein solches Prozessverhalten entspricht unter wertenden Gesichtspunkten der oben
genannten Fallgruppe der gewillkürten Verfahrensbeendigung.
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Danach sprechen vorliegend keine Billigkeitsgründe dafür, dem Kläger nach Abschluss
der ersten Instanz trotz der absehbaren Zweckverfehlung der beantragten Mittel
ausnahmsweise doch Prozesskostenhilfe zuzusprechen, weil er durch die
Nichteinlegung eines Rechtsmittels die Rechtsverfolgung im Hauptsacheverfahren aus
freiem Entschluss aufgegeben hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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