Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 28.01.2000

OVG NRW: stiefvater, sozialhilfe, unterkunftskosten, einkünfte, selbstbehalt, deckung, beweismittel, beweislast, nettoeinkommen, zuwendung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 16 B 2008/99
28.01.2000
Oberverwaltungsgericht NRW
16. Senat
Beschluss
16 B 2008/99
Verwaltungsgericht Minden, 6 L 1371/99
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung
verpflichtet für die Zeit vom 15. Oktober bis 30. November 1999 an
vorläufiger Hilfe zum Lebensunterhalt den Antragstellern zu 1. und 2.
jeweils 288,23 DM und dem Antragsteller zu 3. 48,05 DM zu gewähren.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die
Antragsteller zu 1. und 2. je 1/4 und der Antragsteller zu 3. 1/20; die
Kosten im übrigen fallen dem Antragsgegner zur Last.
Den Antragstellern wird insoweit, als ihnen vorläufige Sozialhilfe zusteht,
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt und
Rechtsanwalt G. aus B. R. beigeordnet; der Prozesskostenhilfeantrag im
übrigen wird abgelehnt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde, mit der sinngemäß für die Zeit vom 15. Oktober bis zum 30. November
1999 die vorläufige Gewährung von regelsatzbemessener Hilfe zum Lebensunterhalt (beim
Antragsteller zu 3. zeitanteilig) zuzüglich anteiliger Unterkunftskosten gemindert um das
nicht anderweitig vereinnahmte Kindergeld in Höhe von monatlich 533,33 DM begehrt wird,
hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist zu
Unrecht davon ausgegangen, dass es an der hinreichenden Glaubhaftmachung eines
Anordnungsgrundes deshalb fehle, weil von einer entsprechenden Sicherstellung des
Lebensunterhalts der Antragsteller durch den Stiefvater ausgegangen werden könne. Auch
die übrigen Voraussetzungen für eine vorläufige Hilfeleistung liegen in Höhe der
zugesprochenen Beträge vor.
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Allerdings ist das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
Senats zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass wegen Unterkunftskosten, die die
Antragsteller eventuell treffen, eine Hilfeleistung seitens des Antragsgegners zur
Vermeidung schlechthin unzumutbarer Folgen im Sinne eines Anordnungsgrundes von
vornherein nicht erforderlich sei, weil ein Verlust der Unterkunft nicht akut drohe.
Letztgenannte Feststellung haben die Antragsteller im Rechtsmittelverfahren ausdrücklich
bestätigt.
Bezüglich des verbleibenden Bedarfs an notwendigem Lebensunterhalt im Sinne von §§
11 und 12 BSHG im Zeitraum vom 15. Oktober bis zum 30. November 1999 kann hingegen
ein Anordnungsgrund im Hinblick auf dessen - vom Verwaltungsgericht zu Recht
angenommener - tatsächlicher Sicherstellung durch den Stiefvater nicht verneint werden.
Zwar wird seitens der Antragsteller eingeräumt, dass ihr Lebensunterhalt mangels
rechtzeitigen Eintritts der Sozialhilfe ersatzweise aus Mitteln bestritten worden ist, die ihre
Mutter - die Ehefrau des Stiefvaters - mit dessen Einverständnis von seinem Gehaltskonto
abgehoben hat. Die Gelder sollen aber nur leihweise zur Verfügung gestellt worden sein.
Ferner ist nachvollziehbar vorgetragen und durch Kontoauszug Nr. 58 mit letztem
Buchungstag 5. Oktober 1999 auch glaubhaft gemacht, dass sich das betreffende Konto im
streitbefangenen Zeitraum in einem selbst durch noch eingehende Gehaltszahlungen nicht
auszugleichenden Soll befand, so dass die Versorgung der Antragsteller durch
Inanspruchnahme eines regelmäßig zinspflichtigen Überziehungskredits erfolgte.
Anhaltspunkte dafür, dass die mangelnde Valutierung des Kontos missbräuchlich
herbeigeführt und aufrecht erhalten worden ist, sind nicht greifbar. Die Antragsteller unter
diesen Umständen auf eine spätere Durchsetzung ihrer eventuellen Ansprüche auf Hilfe
zum Lebensunterhalt im Hauptsacheverfahren zu verweisen, erscheint nicht zuletzt unter
dem Gesichtspunkt der Effektivität des Rechtsschutzes unzumutbar. Es wirken durch die
unterbliebene Bedarfsdeckung seitens des Sozialhilfeträgers in einer Art und Weise
Nachteile - Rückzahlungspflicht und Verzinsung - bis in die Gegenwart fort, dass -
vorbehaltlich eines Anordnungsanspruchs - der Eintritt der Sozialhilfe schon jetzt geboten
erscheint und es sich verbietet, sich auf der Ebene des Anordnungsgrundes auf die
ersatzweise Leistung eines Dritten zu berufen.
Nach Maßgabe der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und allein
möglichen summarischen Überprüfung ist - im Sinne eines Anordnungsanspruches -
gleichfalls zur hinreichenden Überzeugung des Senats dargetan, dass die Antragsteller
gemäß § 11 Abs. 1 BSHG ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus
eigenen Kräften und eigenen bzw. ihnen zuzurechnenden Mitteln, vor allem Einkommen
und Vermögen, beschaffen konnten und ihnen deshalb Sozialhilfe zustand.
Soweit der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 19. Oktober 1999 die Ablehnung der
Leistung von Sozialhilfe demgegenüber auf § 66 Abs. 1 SGB I stützt, fehlt es an den
Voraussetzungen für eine Versagung der Hilfe nach dieser Vorschrift. Die
Mitwirkungspflicht des § 60 Abs. 1 SGB I trifft nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes
denjenigen, der Sozialleistungen beantragt oder erhält; das sind die Antragsteller, nicht
deren Stiefvater. Die Antragsteller können dabei nach § 60 Abs. 1 SGB I nur zur Angabe
solcher Tatsachen und Beweismittel angehalten werden, die ihnen selbst bekannt sind.
Dass dies auf die aktuellen Einkommensverhältnisse des Stiefvaters zutrifft, lässt sich -
auch wenn gewisse Zweifel hinsichtlich des Kenntnisstandes der Mutter aufgrund deren
Vollmacht für das gemeinsame Konto verbleiben - nicht mit hinreichender Sicherheit
annehmen. Betreffen nicht bekannte Tatsachen oder Beweismittel einen Dritten, so erlegt §
60 Abs. 1 SGB I als solcher dem Antragsteller jedoch keine Ermittlungspflicht auf.
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Vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 1. Juli 1998 - 12 CE 98.1061 -, BayVBl 1998, 662
m.w.N.
Eine derartige Obliegenheit ergibt sich zu Lasten der Antragsteller hier auch nicht aus §
116 Abs. 1 BSHG; diese Vorschrift vermag allenfalls den Antragsgegner selbst zu
ermächtigen, den Stiefvater zu Auskünften zu veranlassen. Ebensowenig kann im
vorliegenden Rechtsverhältnis zwischen den Antragstellern und dem Antragsgegner auf
einen etwaigen Auskunftsanspruch der Mutter der Antragsteller gegen den Stiefvater über
dessen Einkünfte aus ehelicher Lebensgemeinschaft abgestellt werden. Bei
überschlägiger Betrachtung können die Antragsteller hier also nicht angehalten werden,
Nachweise über die Einkommensverhältnisse ihres Stiefvaters zu beschaffen und
vorzulegen.
Bleiben in einem solchen Fall entscheidungserhebliche Tatsachen, für die der Antragsteller
die materielle Beweislast trägt, ungeklärt, so kann der Träger der Sozialhilfe nicht die
Leistung nach § 66 SGB I versagen. Es bleibt dem Sozialhilfeträger allerdings die
Möglichkeit, die Leistung zu versagen, weil die Leistungsvoraussetzungen nach den
Regeln der materiellen Beweislast in tatsächlicher Hinsicht nicht gegeben sind. Anders als
für das - hier unstreitige - Nichtvorhandensein eigener Mittel als negatives
Tatbestandsmerkmal und als für die Nichtgewährung von Unterhalt nach § 16 Satz 2 BSHG
ist vorliegend darlegungs- und beweispflichtig für die Vermutungsvoraussetzungen des §
16 Satz 1 BSHG - namentlich also die Einkommensverhältnisse von Verwandten oder
Verschwägerten - jedoch die Behörde.
So wohl auch: OVG Bremen, Beschluss vom 2. Juni 1986 - 2 B 53/96 -, FEVS 35, 443.
Das Fehlen aktueller Einkommensdaten des Stiefvaters kann den Antragstellern deshalb
nicht zum Nachteil gereichen.
Der allgemeine Nachranggrundsatz des § 2 BSHG vermag hier nicht einzutreten. Es lässt
sich nicht widerlegen, dass der Stiefvater als Dritter lediglich vorläufig - gleichsam anstelle
des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens - nur deshalb
eingesprungen ist, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen bzw. Hilfe
abgelehnt hat.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 5 C 26.92 -, FEVS 45, 138 (143) m.w.N.
Der Senat hegt hingegen keine Bedenken, die Antragsteller bei der damit gebotenen
Prüfung des im übrigen tatbestandsmäßig vorliegenden § 16 Satz 1 BSHG im Rahmen der
nur kusorischen Prüfung jedenfalls aber an den zuletzt bekannten
Einkommensverhältnissen des Stiefvaters im September 1999 festzuhalten. Für eine
Durchschnittsberechnung anstelle einer einen konkreten Monat betreffenden Betrachtung
findet sich hier keine hinreichende Basis. § 8 VO zu § 76 BSHG sieht die Berechnung als
Jahreseinkünfte wegen monatlich unterschiedlich hoher Bezüge für den Fall der Einkünfte
aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 3 VO zu § 76 BSHG gerade nicht vor.
Geht man vom Monatsgehalt aus, ist in Anwendung von § 16 BSHG zu vermuten, dass die
Antragsteller von ihrem Stiefvater jedoch nur monatliche Leistungen zum Lebensunterhalt
in Höhe von 50,- DM erhalten. Dabei folgt der Senat im Ansatz der
Einkommensberechnung des Antragsgegners zum Sozialhilfebescheid vom 14. September
1999, nach der von einem Nettoeinkommen des Stiefvaters von 3.038,58 DM auszugehen
ist. Ob die Bezüge aus - nicht regelmäßig geleisteten - Überstunden oder
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überobligatorischen Sonderdiensten herrühren, ist sozialhilferechtlich ohne Belang.
Gegen die vom Antragsgegner vom Nettoeinkommen gemachten Abzüge bestehen bei
überschlägiger Betrachtung keine ernstlichen Bedenken. Sie spiegeln nachhaltbare
Aufwendungen des Stiefvaters wieder. Dies trifft auf den im Rechtsmittelverfahren
zusätzlich geltend gemachten pauschalen Vorsorgefreibetrag von 200,- DM nicht zu, so
dass zu seiner Berücksichtigung neben den regulären Rentenbeiträgen schon deshalb
keine Veranlassung besteht.
Soweit sich der Antragsgegner bei dem dem freigebliebenen Einkommensbetrag von
2.454,26 DM gegenüberzustellenden pauschalen Selbstbehalt des Stiefvaters (1.000,- DM)
unter Abzug des Unterkunftskostenanteils, der konkret berechnet wird, an den
Empfehlungen des Deutschen Vereins aus Januar 1995
- NDV 1995, 1 (8) Nr. 113 -
in Verbindung mit den Leitlinien zum Unterhaltsrecht des OLG Hamm, Stand 1. Juli 1998,
FamRZ 1998, 804 (806) Nr. 20,
orientiert hat,
so auch BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 5 C 32.97 -, FEVS 49, 55 = DVBl 1999, 458
= DÖV 1999, 257 = NWVBl 1999, 89 = NDV-RR 1999, 9,
bedarf dies nach Ansicht des Senats im Hinblick auf die fehlende rechtliche
Unterhaltsverpflichtung einer Modifikation.
Offengelassen von BVerwG, Urteil vom 29. Februar 1996 - 5 C 2.95 -, FEVS 46, 441 (443).
Um wieviel genau der Freibetrag deshalb erhöht werden muss, weil der
Nichtunterhaltspflichtige familiär weiter von dem Hilfesuchenden entfernt ist oder auch die
Möglichkeit einer Auflösung der Haushaltsgemeinschaft nicht ausgeschlossen ist,
zum Ansatz: Conradis in LPK-BSHG, 5. Aufl., § 16 Rdn. 15 m.w.N.,
braucht hier allerdings nicht abschließend entschieden zu werden. Denn auch wenn bei
der allein möglichen vorläufigen Betrachtung in Anlehnung an die Nr. 114 der
Empfehlungen des Deutschen Vereins (a.a.O.) lediglich ein Mindestzuschlag von 20 v.H.
gemacht wird, so dass sich der Selbstbehalt des Stiefvaters auf 1.200,- DM beläuft,
errechnet sich ausweislich der nachfolgenden Ausführungen kein den Antragstellern
eventuell zugute kommender Einkommensüberschuss.
Dabei sieht der Senat zunächst ungeachtet der Nr. 115 der Empfehlungen des Deutschen
Vereins (a.a.O.) und der Nr. 33 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des OLG Hamm (a.a.O. S.
807) wegen der einheitlichen Praxis von Antragstellern und Antragsgegner jedenfalls bei
der hier allein möglichen summarischen Prüfung keine Veranlassung, von einem
Selbstbehalt für die unterhaltsberechtigte Ehefrau von 756,- DM abzuweichen.
Vor dem Hintergrund der durch eidesstattliche Versicherung ihrer Mutter belegten
Behauptung der Antragsteller, dass zwischen den Eheleuten zur Deckung der auf die
Kinder entfallenden Mietkosten der Einsatz des Kindergeldes vereinbart worden sei, hält es
der Senat andererseits in Abweichung von der Bedarfsberechnung des Antragsgegners für
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geboten, bei dem Stiefvater und seiner Ehefrau nur die anteiligen Unterkunftskosten als
Bedarf zu berücksichtigen. Der Vereinbarung entspricht es dabei am ehesten, von den aus
der Kaltmiete (979,- DM), den Nebenkosten (150,- DM) und dem Heizungsaufwand (93,48
DM) bestehenden Gesamtkosten in Höhe von 1.222,48 DM abzüglich 75,- DM Wohngeld =
1.147,48 DM das nicht von der Jugendhilfe abgezweigte Kindergeld in Höhe von 533,- DM
abzusetzen. Dieser Betrag liegt auch nur wenig unter dem, was bei der Annahme von vier
Bewohnern kopfteilmäßig auf die Antragstellerin zu 1. und den Antragsteller zu 2.
zusammen entfallen würde. Dieser Kontrollrechnung unter Einbeziehung des
Antragstellers zu 3. fünf Kopfteile zu unterlegen, erscheint bei vorläufiger Betrachtung unter
den gegebenen Umständen nicht angebracht. Der Antragsteller zu 3. dürfte sich im
Antragszeitraum nur an wenigen Tagen in der Familienunterkunft aufgehalten haben.
Zudem spricht gemessen an der Anzahl von vier Wohnräumen und unter Berücksichtigung
der Andersgeschlechtlichkeit der Antragstellerin zu 1. alles dafür, dass für den Antragsteller
zu 3. kein eigener Schlafraum vorgehalten worden ist.
Nimmt man Unterkunftskosten des Stiefvaters und seiner Ehefrau von demnach 614,48 DM
an, verbleibt dem Stiefvater bei einem Gesamtbedarf über dann 2.570,48 DM (1.200,- DM +
756,- DM + 614,48 DM) von einem bereinigten Einkommen von 2.454,26 DM kein
verfügbarer Restbetrag.
Ungeachtet dessen besteht aber jedenfalls die Vermutung, dass ein Stiefvater
kompensierende Vorteile, wie hier eine auf die Anrechenbarkeit der Stiefkinder beruhende
Steuerersparnis, weitergibt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1964 - V C 203.62 -, FEVS 11, 45, Urteil vom 14. Juni
1967 - V C 102.66 -, FEVS 15, 205, OVG Berlin, Urteil vom 18. Februar 1965 - VI B 12.64 -,
FEVS 13, 54.
Der bloße Umstand, dass der Stiefvater ausweislich seines Kontostands verschuldet ist,
steht jedenfalls bei einer vorliegend offenbar dennoch verbliebenen finanziellen
Dispositionsfreiheit der entsprechenden Zuwendung solcher Beträge, die der Existenz der
Stiefkinder zu verdanken sind und die sonst einen zusätzlichen Steuerabzug darstellen
würden, nicht entgegen. Bei der Höhe der wegen Steuerersparnis getätigten Zuwendung
hält der Senat unter Berücksichtigung des vorläufigen Charakters des Verfahrens eine am
Durchschnitt der vorausgegangenen Zeiten orientierte Pauschalierung für sachgerecht und
realistisch, da auf diese Weise den ausweislich der Verwaltungsvorgänge stark
schwankenden Einkommensverhältnissen des Stiefvaters, der typischen Handhabung
durch einen Stiefvater und der Praktikabilität Rechnung getragen wird. Danach erscheint
hier ein monatlicher Vorteilsausgleich von 50,- DM als angebracht.
Bei der Deckung des regelsatzbemessenden Bedarfs der Antragsteller an Hilfe zum
Lebensunterhalt ist abgesehen von der danach anzurechnenden Leistung des Stiefvaters
in Höhe von 50,- DM zusätzlich nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG jedoch noch ein
Einkommensanteil der Mutter zu berücksichtigen.
Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 1998 - 6 S 354/97 -, FEVS 49, 201.
Einkommen des Stiefvaters kann nämlich dadurch zu Einkommen der Antragsteller
werden, dass es dieser zugeführt und so zu einer Einkunft in Geld oder Geldeswert im
Sinne von § 76 Abs. 1 BSHG wird.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1998 - 5 C 37.97 -, FEVS 49, 307 (310).
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Die Höhe des Selbstbehalts der Mutter von 756,- DM, wie sie der Antragsgegner seinen
Berechnungen zum Einkommen des Stiefvaters in Anlehnung an die Empfehlungen des
Deutschen Vereins zugrunde gelegt hat, ist von den Antragstellern vorliegend nicht in
Abrede gestellt, sondern in ihre eigene Berechnung übernommen worden. Mit einem
solchem Betrag wird der aktuelle Regelsatz eines haushaltsangehörigen Ehegatten von
438,- DM um 318,- DM überschritten.
Die Einlassung, die Unterhaltsleistungen an die Mutter seien als Naturalleistung erbracht
worden, kann der Verwendung des genannten Überschusses zugunsten der drei
Antragsteller nach Auffassung des Senats nicht entgegengehalten werden. Ob
Sachleistungen als Sachbezüge (vgl. § 2 der DVO zu § 76 BSHG) Einkünfte in Geldeswert
und damit Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG sind, mag zweifelhaft sein,
wenn sie nicht zur Weitergabe an die Kinder geeignet sind.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1998 - 5 C 37.97 -, aaO.
Dass die Mutter Naturalunterhalt in einer zur Weitergabe ungeeigneten Weise erhalten hat,
haben die insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Antragsteller jedoch ebensowenig
glaubhaft gemacht wie Zahlungen des Stiefvaters auf Schulden der Mutter. Wenn - wie in
der Zulassungsschrift vorgetragen - die Mutter Verfügungen über das Gehaltskonto
zugunsten der Antragsteller treffen durfte, liegt vielmehr nahe, dass erstere auch im
Rahmen ihrer Unterhaltsansprüche dementsprechend verfahren und geldwerte Vorteile
weitergeben konnte. Die Ungeklärtheit des vorstehenden Komplexes geht dabei letztlich zu
Lasten der Antragsteller.
Es erscheint sachgerecht, auf den regelsatzbemessenen Bedarf der Hilfe zum
Lebensunterhalt der Antragsteller zu 1. und 2. von monatlich 356,- DM und des
Antragstellers zu 3. von anteilig (5/30) 59,33 DM, wie ihn auch der Antragsgegner
angenommen hat, den Gesamtbetrag der nach alledem berücksichtigungsfähigen Mittel
des Stiefvaters und der Mutter in Höhe von 368,- DM proportional zur Anrechnung kommen
zu lassen. Danach wird der monatliche Bedarf der Antragsteller zu 1. und 2. mit jeweils
6/13 von 368,- DM = 169,85 DM und der monatliche Bedarf des Antragstellers zu 3. mit 1/13
von 368,- DM = 28,30 DM anderweitig gedeckt. Für die Zeit vom 15. bis zum 31. Oktober
1999 errechnet sich für Bedarf und Deckung ein Anteil von jeweils 17/31.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 159 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO i.V.m. §
100 Abs. 1 ZPO.
Auf ihren erst mit Schriftsatz vom 10. Januar 2000 durch die Überreichung vollständiger
Erlärungen zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vervollständigten
Antrag kann den Antragstellern gemäß § 166 VwGO iVm §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. aus B. R. nur insoweit gewährt
werden, als die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach Maßgabe der obigen Ausführungen
auch Aussicht auf Erfolg bietet.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.