Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.06.2010

OVG NRW (kläger, grundstück, grunddienstbarkeit, zeichnung, kanal, lwg, entwässerung, richtigkeit, zweifel, antrag)

Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 2244/09
Datum:
23.06.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 A 2244/09
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e:
1
Der Antrag hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der
ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -) nicht gegeben ist. Dieser Zulassungsgrund liegt
nur vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche
Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird, wobei es
zur Darlegung (§ 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO) dieses Berufungszulassungsgrundes
ausreicht, wenn die Begründung einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine
erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt.
2
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. April 2010 15 A 2914/09 -, vom 25.
September 2008 15 A 3231/07 -, vom 9. September 2008 15 A 1791/07
und vom 28. August 2008 - 15 A 1702/07 .
3
Für die Darlegung dieses Berufungszulassungsgrundes ist somit erforderlich, dass
konkrete tatsächliche oder rechtliche Feststellungen im angefochtenen Urteil aus
ebenso konkret dargelegten Gründen als (inhaltlich) ernstlich zweifelhaft dargestellt
werden.
4
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. April 2010 15 A 2914/09 - und vom 2.
November 1999 15 A 4406/99 -.
5
Davon ausgehend sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht ersichtlich.
6
1.) Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger im Besitz einer (formgerechten)
wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis war bzw. ist. Entscheidend ist, dass – worauf
der Beklagte in seiner Antragserwiderung der Sache nach zu Recht hingewiesen hat –
der Kläger seitens der Gemeinde nicht gemäß § 53 Abs. 3a Satz 1 des Wassergesetzes
für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG) von der in § 53 Abs. 1c Satz 1 LWG
angeordneten Pflicht zur Überlassung von Abwasser, wozu nach § 51 Abs. 1 Satz 1
LWG auch Niederschlagswasser gehört, freigestellt worden ist. Die Freistellung ist
nämlich neben der möglicherweise durch eine etwaige wasserrechtliche Erlaubnis
nachgewiesenen gemeinwohlverträglichen ortsnahen Einleitung des
Niederschlagswassers in ein Gewässer zweite konstitutive Voraussetzung für einen
Übergang der Pflicht zur Beseitigung des Niederschlagswassers auf den Kläger.
7
Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang meint, das Verwaltungsgericht setze sich
über die Tatsache hinweg, dass am 10. Oktober 1995 ein Telefongespräch mit dem
zuständigen Mitarbeiter des Bauamtes geführt worden sei und dieser erklärt habe, dass,
wenn der Kanal nur für den Kläger und seine Ehefrau, d. h. dessen bzw. deren
Grundstück angelegt werde, das Stadtbauamt Einwendungen nicht erhebe, vermag
dieses Vorbringen die Zulassung der Berufung nicht zu begründen.
8
Es wird schon nicht hinreichend deutlich gemacht, welche tragende Überlegung des
Verwaltungsgerichts der Kläger mit diesem Vorbringen letztlich in Frage stellen will.
Ungeachtet dessen kann sich aus der schon nicht dokumentierten, nicht belastbar
nachgewiesenen Formulierung: "dass das Stadtbauamt Einwendungen nicht erhebe"
keine vom Kläger offenbar aber angenommene Befreiung vom Anschluss- und
Benutzungszwang ergeben. Die vom Kläger für seine Rechtsposition in Anspruch
genommene – angebliche - Äußerung eines Baumamtsmitarbeiters deutet schon vom
allgemeinen Sprachgebrauch her allenfalls auf eine Duldung hin, der aber eine
Befreiungswirkung nicht zuerkannt werden kann.
9
2.) Aus den vorstehenden Gründen kommt es auch auf die Frage der formellen
Baurechtswidrigkeit der tatsächlichen Entwässerungssituation auf dem Grundstück des
Klägers nicht an. Selbst wenn es zu einer nachträglichen baurechtlichen Legalisierung
der Entwässerungssituation auf dem Grundstück des Klägers gekommen sein sollte,
was allerdings sehr fraglich ist, könnte dies eine – nach den obigen Darlegungen hier
fehlende - Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht ersetzen, da der
baurechtlichen Genehmigung keine Konzentrationswirkung zukommt.
10
3.) Entgegen der Auffassung des Klägers begegnet das erstinstanzliche Urteil auch
nicht deshalb ernstlichen Richtigkeitszweifeln, weil er aus rechtlichen Gründen daran
gehindert sei, das Regenwasser in einen vor dem Hausgrundstück in einem Privatweg
verlegten Kanal einzuleiten.
11
Dies trifft nicht zu. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht insoweit auf die im
Tatbestand seines Urteils wörtlich zitierte Grunddienstbarkeit hin, die es mit Blick auf
ihren Wortlaut zulässt, nicht nur das Schmutz-, sondern auch das Niederschlagswasser
in den fraglichen Kanal einzuleiten.
12
Der Kläger räumt ein, dass dem Verständnis des Verwaltungsgerichts von der
Grunddienstbarkeit bei isolierter Betrachtung des zitierten Dienstbarkeitstextes
beigetreten werden kann. Er meint aber, es sei zudem die der Grunddienstbarkeit
beigefügte Zeichnung in den Blick zu nehmen, die integraler Bestandteil der
13
Grunddienstbarkeit sei. Aus der Zeichnung ergebe sich sodann, dass sich die
Grunddienstbarkeit, da zwischen der Garage und der gedachten Verbindungsleitung
zwischen dem Gebäude und dem Revisionsschacht lediglich ein Schmutzwasserkanal
eingezeichnet sei ("SW"), nicht auf die Regen-, sondern auf die
Schmutzwasserabführung beziehe.
Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Er geht wie der Beklagte
vielmehr davon aus, dass die der Bestellungsurkunde beigefügte Zeichnung vor allem
den Verlauf der Entwässerungskanalisation dokumentieren soll, da es aufgrund des
vorhandenen Kanalsystems letztlich ohne Belang ist, ob nur Schmutzwasser oder
solches und Niederschlagswasser über die Kanalleitung in die öffentliche
Abwasseranlage gelangt. Ins Gewicht fällt aber vor allem, worauf der Beklagte ebenfalls
zu Recht hinweist, dass gemäß der vom Kläger in Bezug genommenen Zeichnung vom
Revisionsschacht offenbar nicht nur eine Entwässerungsleitung abzweigt, sondern auch
eine zweite, die vom Revisionsschacht auf die Ecke der Südseite des Gebäudes zuläuft.
Diese könnte der Dachflächenentwässerung dienen. Das wird jedenfalls vom Kläger im
Nachgang zur Antragserwiderung des Beklagten nicht bestritten, wozu, wenn dies nicht
den Tatsachen entspräche, aller Anlass bestanden hätte.
14
Im Übrigen verkennt der Kläger, dass sich die Zeichnung - soweit es um das
maßgebliche dienende Grundstück geht - zur dort gestatteten Art der Entwässerung
überhaupt nicht verhält. Der Eintrag "SW" findet sich allein auf dem herrschenden
Grundstück, vermag also über die gestattete Entwässerung auf dem dienenden
Grundstück letztlich keine Auskunft zu geben, so dass doch wieder auf die textliche
Fassung zurückzugreifen ist, von der auch der Kläger einräumt, sie gestatte auch die
Entwässerung von Niederschlagswasser.
15
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung
16
ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
17
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
18