Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 04.10.2001

OVG NRW: grundstück, stadt, schwund, hauptsache, kanalisation, abwasseranlage, satzung, gewerbe, pauschalabzug, vollstreckung

Oberverwaltungsgericht NRW, 9 A 367/00
Datum:
04.10.2001
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 A 367/00
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 14 K 8296/96
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Parteien es bezüglich der
Niederschlagswassergebühr in der Hauptsache für erledigt erklärt
haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens bezüglich des
erledigten Teils des Rechtsstreits sowie die übrigen Kosten des
Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung
Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Kläger sind Eigentümer des Hausgrundstücks Am T. 17 in C. , das an die städtische
Mischwasserkanalisation angeschlossen ist.
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Mit Bescheid vom 22. Januar 1996 zog die Beklagte die Kläger unter anderem zu einer
Schmutzwassergebühr von 276,36 DM (147 m³ x 1,88 DM) und zu einer
Niederschlagswassergebühr von 288,80 DM (95 qm befestigte bzw. bebaute Fläche x
3,04 DM) heran.
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Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren haben die Kläger rechtzeitig Klage erhoben
und geltend gemacht, es sei fraglich, ob die Kalkulation der Gebührensätze
ordnungsgemäß erfolgt sei, insbesondere ob bei der Position kalkulatorischer Zinsen
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ein Zinssatz von 8 % gerechtfertigt sei. Der im Schmutzwassermaßstab für die
Berechnung der Einleitungsmenge vorgesehene Abzug von 10 % von der bezogenen
Frischwassermenge sei zu gering.
Die Kläger haben beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1996 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 16. Au-gust 1996 hinsichtlich der Schmutzwasser- und
Niederschlagswassergebühr aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat sich auf die Begründung des Widerspruchsbescheides bezogen und
vorgetragen, der auf die Stadt entfallende Finanzierungsanteil an der mitgenutzten
Kläranlage der Stadt L. sei nach Anschaffungswerten abgeschrieben worden.
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Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen
wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage mit der Begründung stattgegeben, der
Maßstab für die Schmutzwassergebühr sei fehlerhaft. Ferner sei die Zuordnung der
Kostenmassen zwischen Schmutzwasserbereich und Niederschlagswasserbereich zu
Lasten des Letzteren fehlerhaft, so dass jedenfalls der Gebührensatz für das
Niederschlagswasser nichtig sei.
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Mit der zugelassenen Berufung macht die Beklagte unter Vorlage eines von ihr
eingeholten Gutachtens über die Ermittlung eines getrennten
Abwassergebührenmaßstabes für Schmutz- und Regenwasser vom 22. November 2000
bzw. vom 17. Mai 2001 geltend: Auf der Grundlage dieses Gutachtens seien die
Gebührensätze überprüft und durch die 18. Satzung zur Änderung der Beitrags- und
Gebührenordnung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage
(Kanalabgabensatzung) vom 15. Dezember 2000 für 1996 rückwirkend zum 1. Januar
1996 auf 2,95 DM/je Benutzungseinheit Schmutzwasser erhöht und auf 2,37 DM/je
Bezugseinheit Niederschlagswasser ermäßigt worden. Durch Änderungsbescheid vom
9. Januar 2001 sei demgemäß die Schmutzwassergebühr für die Kläger von 276,36 DM
auf 433,65 DM erhöht (= + 157,29 DM) und die Niederschlagswassergebühr von 288,80
DM auf 225,15 DM ermäßigt (= - 63,65 DM) worden.
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Anlass für die 1996 eingeführte neue Maßstabsregelung für das Schmutzwasser
(Pauschalabzug von 10 % von der bezogenen Frischwassermenge) sei der Umstand
gewesen, dass die frühere Abzugsregelung mit einem Grenzwert von 60 m³ unwirksam
gewesen sei. Da es für eine Vielzahl von Kleinabnehmern wirtschaftlich nicht sinnvoll
sei, die auf dem Grundstück infolge Verbrauchs/Verdunstung etc. zurückgehaltene
Frischwassermenge bzw. das in die Kanalisation eingeleitete Schmutzwasser mit
Zähleinrichtungen zu messen, habe man den Pauschalabzug von 10 % eingeführt, um
den bei allen Grundstücken auftretenden Schwund zu erfassen. Kleineinleiter würden
dadurch der Notwendigkeit enthoben, den Schwund nachweisen zu müssen. Der
Schwund bei Großabnehmern liege regelmäßig über 10 %. Diese hätten normalerweise
Zähleinrichtungen und könnten den über 10 % hinausgehenden Schwund nachweisen.
Eine Benachteiligung dieser Gruppe finde daher nicht statt. Der Schwund von ca. 10 %
sei anhand von Literaturstimmen geschätzt worden.
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Nachdem die Beklagte die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der
Niederschlagswassergebühr aufgehoben hat, haben die Parteien den Rechtsstreit
insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sich das
Verfahren nicht in der Hauptsache erledigt hat.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und des Sachverhalts im Einzelnen wird
auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der
Beklagten ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Im Hinblick auf die übereinstimmende Teilerledigungserklärung der Parteien war das
Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO insoweit einzustellen.
Das angefochtene Urteil ist - bezogen auf den erledigten Teil (=
Niederschlagswassergebühr in Höhe von ursprünglich 288,80 DM) - wirkungslos (§ 167
VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).
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Die im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Sie bezieht sich inhaltlich auf
eine festgesetzte Schmutzwassergebühr in Höhe von 276,36 DM.
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Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass der angefochtene
Gebührenbescheid vom 22. Januar 1996 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.
August 1996 rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1
VwGO). Die der Heranziehung der Kläger zugrunde liegende Kanalabgabensatzung der
Stadt C. vom 22. Dezember 1981 in der Fassung der 10. Änderungssatzung vom 22.
Dezember 1995 und der 16. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1999 ist - bezogen
auf die nach § 2 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG) vom 21. Oktober 1969,
GV NRW S. 712, i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 6. Oktober 1987, GV NRW S. 342,
notwendige Maßstabsbildung - unwirksam.
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Die Maßstabsbildung bezüglich der Schmutzwassergebühr in §§ 9 Abs. 1 und 2, 16
Kanalabgabensatzung verstößt gegen § 6 Abs. 3 KAG. Nach § 9 Abs. 1
Kanalabgabensatzung wird die Schmutzwassergebühr nach der Menge der Abwässer
berechnet, die in die öffentliche Abwasseranlage von einem angeschlossenen
Grundstück unmittelbar oder mittelbar eingeleitet wird. Dabei gilt nach § 9 Abs. 2
Kanalabgabensatzung als Abwassermenge 90 % der dem Grundstück zugeführten oder
der auf ihm gewonnenen Wassermenge, abzüglich der der öffentlichen Abwasseranlage
nachweisbar nicht zugeführten Wassermengen nach § 16. § 16 Kanalabgabensatzung
regelt den Abzug für nachweisbar nicht eingeleitete Wassermengen, soweit sie 10 %
der Frischwassermenge übersteigen. Der gewählte Maßstab ist ein so genannter
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Wahrscheinlichkeitsmaßstab im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG, der nur gewählt
werden darf, wenn die Wahl eines Wirklichkeitsmaßstabes besonders schwierig oder
wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Außerdem darf der Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht
in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen. Hier hat die
Stadt den allgemein anerkannten und eingeführten Wahrscheinlichkeitsmaßstab in
Gestalt des so genannten Frischwassermaßstabes,
vgl. Urteil des Senats vom 18. Juli 1997 - 9 A 2933/95 -, KStZ 1998, 219; Urteil vom 5.
August 1994 - 9 A 1248/92 -, KStZ 1994, 213,
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kombiniert mit einer weiteren Wahrscheinlichkeitsannahme, nämlich der Annahme, dass
10 % des bezogenen Frischwassers nicht der Kanalisation zugeführt werden. Er basiert
auf der Prämisse, dass a) ein Teil des einem Grundstück zugeführten Frischwassers
regelmäßig auf dem Grundstück verbraucht wird und nicht die gesamte
Frischwassermenge das Grundstück als Abwasser verlässt, weil ein Teil
hauswirtschaftlich genutzt, zur Speisung von Heizungsanlagen verbraucht oder zum
Bewässern der Außenanlagen verwendet wird, und dass b) diese Schwundmenge auf
allen angeschlossenen Grundstücken in einer gewissen Relation zur bezogenen
Frischwassermenge steht. Letztere Annahme greift regelmäßig nur, wenn die
Nutzungsstruktur der angeschlossenen Grundstücke einigermaßen homogen ist. Der
reine "unmodifizierte" Frischwassermaßstab ist deshalb nur dann unbedenklich, wenn
eine einigermaßen gleich bleibende Relation zwischen der Menge des auf dem
Grundstück verbrauchten Wassers und der Menge des in die Kanalisation eingeleiteten
Schmutzwasser besteht.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1967 - VII C 15.65 -, BVerwGE 26, 317; OVG NRW,
Urteil vom 20. Februar 1974 - 2 A 454/72 -, Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1974,
188.
27
Ergibt sich demgegenüber, dass ein Benutzer in erheblichem Umfang mehr Wasser
verbraucht als der Durchschnitt der Benutzer, so ist eine Regelung in der Satzung
erforderlich, die dem Rechnung trägt,
28
so BVerwG, Urteil vom 14. April 1967 - VII C 15.65 -, a.a.O.,
29
wobei der Nachweis der nicht eingeleiteten Wassermengen dem Gebührenpflichtigen
auferlegt werden kann.
30
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Februar 1974 - II A 454/72 -, a.a.O.
31
Diesen von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben wird der von der Stadt C.
gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht mehr gerecht.
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Statt der notwendigen Korrektur des ungenauen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs
"Frischwassermenge" durch eine konkrete Wirklichkeitskomponente, nämlich
nachgewiesene Schwundmenge, kombiniert die Stadt C. den ungenauen
Wahrscheinlichkeitsmaßstab "Frischwassermenge" mit einer weiteren, noch dazu
unplausiblen Wahrscheinlichkeitsannahme, nämlich dass auf allen angeschlossenen
Grundstücken jeweils 10 % der bezogenen Frischwassermenge zurückgehalten
werden. Für den Ersatz der notwendigen Wirklichkeitskomponente durch eine
Wahrscheinlichkeitsannahme kann sich die Stadt nicht auf die Grundsätze des § 6 Abs.
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3 Satz 2 KAG NRW berufen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das Ablesen bzw.
Berechnen der nicht eingeleiteten Wassermengen für die Stadt als Betreiber der
Abwasserentsorgungsanlage besonders schwierig wäre, wenn man berücksichtigt, dass
das Messen und die Nachweispflicht den Benutzern auferlegt ist. Es ist auch nicht
erkennbar, dass es wirtschaftlich nicht vertretbar wäre, die nachgewiesenen
Abzugsmengen bei der Gebührenberechnung zu berücksichtigen. Wie dem Senat aus
vielen Verfahren bekannt ist, haben viele Gemeinden eine Mindestnachweismenge von
15 m³ oder 20 m³ eingeführt, die verhindert, dass auch Geringstmengen auf den
Grundstücken gemessen und dann der Gebühren berechnenden Stelle mitgeteilt
werden. Selbst wenn bei Einführung einer Mindestnachweismenge von 15 m³ im Jahr
möglicherweise mehr Herabsetzungsanträge gestellt werden würden, als es bei der von
der Beklagten gewählten Maßstabsregelung der Fall ist, so hat die Beklagte doch nicht
dargelegt, dass es wirtschaftlich nicht vertretbar ist, diesen Mehraufwand hinzunehmen,
den andere Gemeinden ohne Weiteres hinnehmen. Deshalb erscheint der Ersatz der
konkreten Nachweismethode als Korrektur zum Frischwassermaßstab durch den von
der Stadt C. gewählten Wahrscheinlichkeitsmaßstab weder unter dem Gesichtspunkt
der Schwierigkeit noch unter dem der wirtschaftlichen Unvertretbarkeit gerechtfertigt.
Es kommt Folgendes hinzu: Die Annahme der Beklagten, auf jedem angeschlossenen
Grundstück würden jeweils ca. 10 % des bezogenen Frischwassers auf dem Grundstück
zurückgehalten oder verbraucht, ist frei gegriffen. Wie die Beklagte auf Anfrage mitgeteilt
hat, liegen ihr konkrete, auf das Stadtgebiet C. bezogene Erfahrungswerte nicht vor. Die
von der Beklagten angeführte Literaturstimme (Schulte: Entwässerungsgebühr und
Bagatellgrenze - Zur Berechnung der Höhe des Mengengrenzwertes -, KStZ 1988, Seite
162) gibt für eine solche Annahme in Bezug auf das Stadtgebiet C. nichts her. Schulte
geht in seiner Berechnung davon aus, dass auf einem Durchschnittsgrundstück in
Größe von 440 qm und mit einer Belegung von zehn Bewohnern im Schnitt 60 m³ im
Jahr auf dem Grundstück zurückgehalten werden. Hierbei entfallen nach den
Berechnungen von Schulte 16 m³ auf Verbrauch durch 1. Wäsche, 2. Baden und
Waschen, 3. Raumpflege, 4. Gießen von Blumen und Balkonpflanzen, 5. Kochen und
Geschirrspülen. 44 m³ entfallen auf Gartenbewässerung. Übernimmt man den Ansatz
von Schulte bezüglich der praktisch nicht nachweisbaren Mengen, die durch
hauswirtschaftliche Betätigung auf dem Grundstück verdunsten oder verbleiben, d.h.
wonach auf zehn Personen 16 m³ Schwund im Jahr anfallen, und bezieht das auf die
Bevölkerung der Stadt C. , die laut Anlage 3.2 zur Gebührenkalkulation für das Jahr
1996 311.645 Einwohner umfasst, dann ergibt sich daraus für den Bereich der Stadt C.
eine Schwundmenge von: 311.645 x 16 m³ : 10 = 498.632 m³. Bezogen auf die in der
Gebührenkalkulation (Anlage 2) für das Jahr 1996 prognostizierte
Frischwasserbezugsmenge von 21.842.300 m³ macht das 2,28 % aus. Der Rest des von
der Beklagten gewählten Abschlags von 10 %, d.h. 7,72 % des jeweiligen
Frischwasserbezugs für ein Grundstück, entfielen damit auf das Bewässern der
Außenanlagen. Eine solche Annahme erscheint hinsichtlich einer Großstadt wie C.
nicht mehr plausibel. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Großstadt C. , wie der
endgültigen Fassung des überreichten Gutachtens vom 17. Mai 2001, Seite 8 Tabelle 3
und Seiten 15/16 Tabelle 6, zu entnehmen ist, keine homogene Nutzungs-
/Bebauungsstruktur aufweist, sondern neben Wohnbebauung mit über 50 %
unbefestigten Flächenanteilen auch stark verdichtete Zonen (wie der Stadtkern im
Altstadtbereich, Gewerbe- und Industriegebiete, Wohnbebauungen in Mischgebieten mit
Gewerbe- und Verwaltungsgebäuden, Reihenhäuser in Randstadtbereichen), in denen
der befestigte Anteil der Erdoberflächen 60 % und mehr ausmacht. Vor diesem
tatsächlichenm Hintergrund spricht nichts für die Annahme, in solchen verdichteten
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Zonen würden jeweils 7,72 % des jeweiligen Frischwasserbezugs für ein Grundstück für
das Bewässern und Sprengen der Freiflächen/Gartenflächen verwandt. Die von der
Stadt C. gewählte Maßstabsregelung führt letztendlich dazu, dass jeder
Grundstückseigentümer, der nachweisen kann, dass er einen Schwund über der
Bagatellgrenze von 15 m³ hat, dessen Nachweismenge aber unter 10 % der bezogenen
Frischwassermenge liegt, nach dem von der Beklagten gewählten Gebührenmaßstab
mehr zahlt als wenn eine Bagatellgrenze existierte. Auch die Nutzer, die mehr als 10 %
ihrer Frischwassermenge auf dem Grundstück verbrauchen, beipielsweise
Gewerbebetriebe, zahlen nach der Maßstabsregelung der Beklagten mehr, als wenn sie
die durch Zähleinrichtung gemessene, nachgewiesene Schwundmenge (oberhalb einer
Bagatellgrenze von beispielsweise 15 m³) in voller Höhe abziehen könnten. Für den
"Normal"-Verbraucher, der keinen Schwund nachweisen kann und zu dessen Gunsten -
nach der Begründung zur Gebührenkalkulation - die 10 % Klausel eingeführt worden ist,
stellt sich die 10 % Abzugsregelung als "Null-Summen-Spiel" heraus. Denn der
Verringerung der individuellen Einleitungsmenge steht eine entsprechende Erhöhung
des Gebührensatzes gegenüber.
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO
zurückzuweisen. Hinsichtlich des in der Hauptsache erledigten Teils des Rechtsstreits
hat die Beklagte gemäß § 161 Abs. 2 VwGO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen,
weil sie voraussichtlich unterlegen wäre. Sie hat in der mündlichen Verhandlung
eingeräumt, dass auch der durch die 18. Änderungssatzung vom 15. Dezember 2000
zur Kanalabgabensatzung festgelegte Gebührensatz für Niederschlagswasser überhöht
ist.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708
Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2
VwGO nicht gegeben sind.
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