Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.12.2007

OVG NRW: eigentümer, erfüllung, rechtsnachfolger, absicht, widerspruchsverfahren, käufer, beliehener, gestaltung, erstmaliger, verfügung

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 394/07
Datum:
06.12.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 A 394/07
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Aachen, 4 K 193/06
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 863,- EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils
des Verwaltungsgerichts, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ergeben sich aus seinen
Darlegungen nicht.
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Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Pflicht zur
Gebäudeeinmessung gemäß dem hier anzuwendenden § 14 Abs. 2 VermKatG NW
1990 nicht nur den Eigentümer oder Erbbauberechtigten trifft, der selbst ein Gebäude
hat errichten oder in seinem Grundriss verändern lassen, sondern auch etwaige
Rechtsnachfolger. Die dagegen erhobenen Bedenken des Klägers greifen nicht durch.
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Die genannte Vorschrift kann nicht in der Weise verstanden werden, dass nur derjenige
zur Gebäudeeinmessung verpflichtet sein soll, der zum Zeitpunkt der
Gebäudeerrichtung oder -änderung Eigentümer oder Erbbauberechtigter war. Selbst
wenn der Wortlaut Anlass zu diese Annahme gäbe, wie der Kläger („konditional
bestimmte Norm") zur Begründung seines Zulassungsantrags vorträgt, widerspräche es
dem eindeutigen Sinn und Zweck der Regelung. Die Gebäudeeinmessung dient der
Fortführung des Liegenschaftskatasters. Diese hat unbeschadet der Frage zu erfolgen,
wer jeweils Eigentümer eines Grundstücks ist, §§ 9 ff. VermKatG 1990 (heute §§ 11 ff.
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VermKatG NRW). Die Geschehnisse im Falle des Klägers, nämlich Errichtung eines
Gebäudes durch den Grundstücksvoreigentümer mit dem Ziel der umgehenden
Veräußerung ist ein häufig vorzufindender tatsächlicher Verlauf. Es wäre im Hinblick auf
das Ziel der Fortführung des Liegenschaftskatasters unsinnig gewesen, die
Verpflichtung zur Gebäudeeinmessung auch in diesen Fällen auf die Eigentümer im
Zeitpunkt der Errichtung oder Änderung von Gebäuden und damit auf Personen zu
beschränken, die in typischer Weise ihre Eigentümerstellung so schnell wie möglich
aufgeben wollen. Die typische Folge davon ist nämlich, dass der Voreigentümer die
tatsächliche und rechtliche Möglichkeit verliert, das zur Erfüllung der
Gebäudeeinmessungspflicht Erforderliche zu veranlassen.
Der Kläger missversteht das von ihm in Anspruch genommene Urteil des früher für das
Kataster- und Vermessungsrecht zuständig gewesenen 7. Senats des erkennenden
Gerichts vom 14. 11. 1985 - 7 A 2095/85 -, OVGE 38, 186 (191). Dieser Entscheidung
liegt nicht der Grundsatz zugrunde, dass der Eigentümer „als" Verursacher in Anspruch
genommen wird. Das hätte darauf hindeuten können, dass derjenige Eigentümer zur
Gebäudeeinmessung verpflichtet wäre, der die Errichtung oder Änderung veranlasst hat.
Vielmehr hat der 7. Senat nur die gesetzgeberischen Überlegungen für die Begründung
der Einmessungs- und Kostentragungspflicht zu Lasten des Eigentümers durch die § 10
Abs. 2 und 3 VermKatG in der seinerzeit geltenden Fassung, die im wesentlichen § 14
Abs. 2 und 3 VermKatG 1990 entsprach, bildhaft vergleichend („gleichsam") erläutert.
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Es besteht auch kein Anlass, entsprechend dem wenig substanziierten Vortrag des
Klägers § 14 Abs. 2 VermKatG 1990 im Sinne seiner Auffassung verfassungskonform
auszulegen. Die Fortführung des Liegenschaftskatasters dient dem allgemeinen Wohl.
Die Belegenheit des zu vermessenden Gegenstandes erfordert und rechtfertigt die
Inanspruchnahme des jeweiligen Eigentümers. Damit wird in angemessener Weise die
Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG konkretisiert, ohne die
allgemeine Handlungsfreiheit des Grundeigentümers nennenswert zu beschränken. Der
Erwerber eines Grundstücks wie der Kläger hat die Möglichkeit, im Rahmen der
Vereinbarungen mit dem Veräußerer zu klären, wer die Kosten einer noch nicht
erfolgten Gebäudeeinmessung zu tragen hat.
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Die Ausführungen des Klägers zu angeblicher Selbstbindung der Verwaltung und
rechtsmissbräuchlichem Verhalten liegen neben der Sache. Die Pflicht zur
Gebäudeeinmessung ist sowohl der Sache nach als auch bezüglich der verpflichteten
Person eine gesetzliche Pflicht. Deren Erfüllung durchzusetzen hatte der Beklagte das
Instrument des § 14 Abs. 3 VermKatG 1990.
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Vgl. Urteile des erkennenden Gerichts vom 7. 4. 1994 - 9 A 917/92 - und vom 26. 11.
2004 - 10 A 1898/03 -, NVwZ-RR 2005, 517 = DVP 2006, 36.
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Nach dem Übergang des Eigentums konnte der Beklagte sich insoweit nur noch an den
Kläger wenden. Dieser allerdings hatte es in der Hand, bei der Gestaltung des
Kaufvertrages zu klären, auf wessen Kosten die gesetzlich geforderte
Gebäudeeinmessung durchzuführen ist. Er war im übrigen nach eigenem Vorbringen im
Widerspruchsverfahren spätestens seit der ersten Aufforderung des Beklagten
gegenüber der Voreigentümerin im Februar 2002 über deren Absicht informiert, ihm als
Käufer die Veranlassung der Gebäudeeinmessung zu überlassen.
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Auch der auf das oben genannte Urteil vom 7. 4. 1994 - 9 A 917/92 - gestützte Einwand
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des Klägers, die Pflicht zur Kostentragung sei nicht entstanden, weil der Beklagte ihm
entgegen § 14 Abs. 3 VermKatG 1990 eine Frist zum Nachweis der Beauftragung eines
Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs gesetzt habe, greift nicht durch. Dieses
Urteil ist für das vorliegende Verfahren unergiebig, weil es sich mit den Rechtsfolgen
des fehlenden Zugangs, aber nicht mit dem Inhalt einer Fristsetzung gemäß § 14 Abs. 3
VermKatG befasst. Die dem Kläger zugegangene Fristsetzung ist bezüglich des vom
Kläger gerügten Inhalts unbedenklich. Die Beauftragung einer zur Vornahme der
Gebäudeeinmessung befähigten Stelle war die konkrete Verfahrenshandlung, die der
Beklagte gemäß § 14 Abs. 3 VermKatG 1990 vom Gebäudeeinmessungspflichtigen
allein sinnvoller Weise zu fordern hatte. Die Gebäudeeinmessung war gemäß § 14 Abs.
2 S. 1 VermKatG 1990 den Katasterämtern und den Öffentlich bestellten
Vermessungsingenieuren vorbehalten. Seine - alternative - Beauftragung als
Katasteramt brauchte der Beklagte in der Fristsetzungsverfügung nicht gesondert
aufzuführen, weil die Nichtbeauftragung eines Öffentlich bestellten
Vermessungsingenieurs durch den Eigentümer ohnehin gemäß § 14 Abs. 3 VermKatG
1990 sein Tätigwerden zur Folge hatte. Der zu beauftragende Öffentlich bestellte
Vermessungsingenieur ist als Beliehener mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse
betraut
vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 26. 11. 2004, a.a.O. und vom 4. 9. 2007 - 14 A 4267/05
-, NRWE,
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und durch die Vorschriften seiner Berufsordnung (§§ 10 und 1 ÖbVermIng BO NW)
verpflichtet, die Gebäudeeinmessung in angemessener Zeit zu erledigen und die
darüber gefertigte Vermessungsschrift dem Katasteramt zur Verfügung zu stellen. Über
die Beauftragung hinausgehende Tätigkeiten waren vom Kläger deshalb nicht zu
fordern. Desgleichen ist der Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers nicht durch
§ 14 Abs. 3 VermKatG 1990 verpflichtet, sofort nach erstmaliger Fristsetzung selbst - auf
Kosten des Eigentümers - das Erforderliche zu veranlassen. Es belastet den Eigentümer
eines Grundstücks nicht, wenn ihm eine weitere Frist zur Erfüllung seiner
Gebäudeeinmessungspflicht eingeräumt wird.
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Die vom Kläger geltend gemachten weiteren Zulassungsgründe der besonderen
rechtlichen Schwierigkeiten und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, §
124 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO sind nicht dargelegt. Insoweit trägt der Kläger lediglich
vor, dass in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt sei,
ob durch § 14 Abs. 2 Satz 1 VermKatG 1990 der Eigentümer zum Zeitpunkt der
Errichtung oder Änderung eines Gebäudes oder dessen Rechtsnachfolger verpflichtet
sei. Unbeschadet des Umstandes, dass die Vorschrift inzwischen außer Kraft getreten
ist, ist davon auszugehen, dass nicht jede Frage, zu der es keine ober- oder
höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, rechtlich schwierig und/oder von
grundsätzlicher Bedeutung. Im übrigen ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass der
Normgehalt von § 14 Abs. 2 Satz 1 VermKatG 1990 im Wortlaut zum Ausdruck kommt
und sich unschwer aus Sinn und Zweck erschließt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
52 Abs. 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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