Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.04.2007

OVG NRW: beförderung, vergleich, präsident, konkurrent, sozialarbeiter, kreis, qualifikation, polizeibeamter, bewährungshilfe, verfügung

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 1789/06
Datum:
16.04.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 A 1789/06
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 12 K 4417/01
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger steht als Sozialamtmann im Dienst des Beklagten und ist seit Oktober 1979
als Gerichtshelfer bei der Staatsanwaltschaft F. tätig.
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Im Justizmitteilungsblatt NRW vom 01. März 2001 schrieb der Beklagte u. a. die Stelle
eines Sozialamtsrates/rätin - Sozialarbeiter/in in der Führungsaufsichtsstelle - bei dem
Landgericht C. aus. Neben dem Kläger bewarb sich Sozialamtsrat U. auf diese Stelle.
Dieser ist seit November 1973 als Bewährungshelfer beim Landgericht C. tätig und seit
1975 dort zugleich Vertreter des Beamten des gehobenen Sozialdienstes bei der
Führungsaufsichtsstelle.
3
In der anlässlich dieser Bewerbung vom Leitenden Oberstaatsanwalt in F. erstellten
Personal- und Befähigungsnachweisung vom 15. März 2001 wurden die Fähigkeiten
und Gesamtleistungen des Klägers mit „sehr gut" beurteilt. Für das angestrebte Amt sei
er „hervorragend geeignet". Die von der Präsidentin des Landgerichts C. unter dem 8.
Juni 2001 über Sozialamtsrat U. erstellte Personal- und Befähigungsnachweisung wies
dessen Leistungen mit „gut" aus; für das angestrebte Amt sei er „hervorragend
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geeignet".
Mit Schreiben vom 26. Juli 2001 teilte der Präsident des Oberlandesgerichts I. dem
Kläger mit, dass beabsichtigt sei, die Stelle einem Mitbewerber zu übertragen. Unter
dem 30. Juli 2001 bat der Kläger um nähere Auskünfte zum
Bewerbungsauswahlverfahren. Am 8. August 2001 legte er gegen die
Auswahlentscheidung Widerspruch ein.
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Unter dem 13. August 2001 teilte der Präsident des Oberlandesgerichts I. dem Kläger
die Gründe für die Besetzung der Stelle mit Sozialamtsrat U. mit und wies mit
Widerspruchsbescheid vom 5. September 2001 den Widerspruch des Klägers zurück.
Zur Begründung führte er aus, dass aufgrund der differierenden statusrechtlichen Ämter
auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Noteneinstufungen kein
wesentlicher Leistungsvorsprung eines Konkurrenten feststellbar sei. Die Beamten
seien nach den Einschätzungen ihrer direkten Dienstvorgesetzten für das
ausgeschriebene Amt „hervorragend geeignet". Dabei habe die Präsidentin des
Landgerichts C. auf ihre Kenntnisse aus der Tätigkeit des Beamten U. als
Bewährungshelfer und aus der vertretungsweisen Erledigung der Aufgaben des
Sozialarbeiters in der Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht C. zurückgreifen
können. Dem Dienstvorgesetzten des Klägers, in dessen Geschäftsbereich keine den in
der Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht vergleichbaren Tätigkeiten anfallen
würden, hätten hingegen nur die Erkenntnisse aus der Tätigkeit des Klägers als
Gerichtshelfer zur Verfügung gestanden. Die abschließende Bestimmung der Eignung
für einen Dienstposten bzw. ein Beförderungsamt sei Aufgabe des Vorgesetzten, der für
die Besetzungsentscheidung zuständig sei. Daher komme der Eignungsbeurteilung des
Präsidenten des Oberlandesgerichts, die in Übereinstimmung mit der der Präsidentin
des Landgerichts C. getroffen worden sei, maßgebliche Bedeutung zu. Der Beamte U.
werde als geeigneter für die Übertragung des ausgeschriebenen Amtes erachtet. Für die
Tätigkeit eines Bewährungshelfers und Sozialarbeiters in der Führungsaufsichtsstelle
sei die Betreuung des Probanden einerseits und die Überwachung der Lebensführung
und Einhaltung der Auflagen andererseits kennzeichnend. In dieser Funktion habe sich
Sozialamtsrat U. bereits seit längerem hervorragend bewährt. Das
Überwachungsmoment sei für die Tätigkeit eines Gerichtshelfers nicht kennzeichnend,
so dass der Kläger insoweit nur über theoretische Kenntnisse verfüge. Auch der
früheren Tätigkeit des Klägers als Polizeibeamter komme in diesem Zusammenhang
keine ausschlaggebende Bedeutung zu, da der dortige Aufgabenbereich nicht
vergleichbar mit demjenigen im erstrebten Beförderungsamt sei. Ebenso stelle die
Nebentätigkeit des Klägers als Dozent für Polizei- und Kriminalkommissare kein
hinreichendes Indiz für eine Eignung als Sozialarbeiter in der Führungsaufsichtsstelle
dar. Trotz der fachlich hoch einzuschätzenden Qualifikation des Klägers komme eine
Übertragung des angestrebten Amtes aufgrund der vergleichsweise besseren Eignung
des Mitbewerbers nicht in Betracht.
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Der Antrag des Klägers vom 10. August 2001 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
mit dem Ziel, die Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens auf den
Konkurrenten zu untersagen, wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen vom 4. Oktober 2001 (1 L 1525/01) abgelehnt. Der Antrag auf Zulassung
der Beschwerde wurde mit Beschluss des erkennenden Senats vom 28. November
2001 (1 B 1363/01) abgelehnt.
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Mit Verfügung vom 28. Februar 2002 wurde Sozialamtsrat U. die ausgeschriebene
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Stelle mit Wirkung vom 1. April 2002 übertragen.
Der Kläger hat bereits am 21. September 2001 Klage erhoben, zu deren Begründung er
ausgeführt hat, der Beklagte habe bei seiner Entscheidung über die Besetzung der
ausgeschriebenen Stelle das Prinzip der Bestenauslese nicht hinreichend beachtet.
Unter Zugrundelegung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen seien die Leistungen
der Konkurrenten nicht als gleich einzustufen. Zwar verhalte sich die Beurteilung des
Konkurrenten zu dessen Leistungen in einem im Vergleich zu ihm - dem Kläger -
höheren statusrechtlichen Amt. Dieser Umstand sei jedoch nicht geeignet, bei den hier
gegebenen unterschiedlichen Noten einen Leistungsgleichstand anzunehmen. Dabei
sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte in seinen Beurteilungen auch
Zwischenstufen wie „obere" bzw. „untere Grenze" vergebe, so dass hinsichtlich der
Leistungsbeurteilung von einer Differenz von mehr als einer Note auszugehen sei. Im
Übrigen sei zu beachten, dass er bereits seit dem Jahr 1993 durchgehend mit „sehr gut"
beurteilt sei. Der Mitbewerber habe diese Bestnote bislang noch nie erreicht, so dass er
diesem auch unter dem Gesichtspunkt der Leistungsentwicklung vorzuziehen sei. Er
verfüge zudem angesichts des zusätzlichen berufsspezifischen Studiums zum Diplom-
Pädagogen sowie seiner Promotion über eine zusätzliche Qualifikation, die der
Konkurrent nicht vorweisen könne. Da er somit leistungsmäßig besser einzustufen sei,
komme ein Rückgriff auf weitere Hilfskriterien nicht in Betracht. Im Übrigen sei die
Annahme eines Eignungsvorsprungs des Konkurrenten für den zu besetzenden
Dienstposten nicht nachvollziehbar. Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift des
Justizministeriums für die Führungsaufsicht werde für den Sozialarbeiter in der
Führungsaufsichtsstelle als Qualifikation lediglich „Erfahrung in der Strafrechtspflege"
gefordert. Eine besondere Erfahrung in der Bewährungshilfe sei demgegenüber nicht
Voraussetzung. Darüber hinaus verfüge er aufgrund seiner früheren Tätigkeit als
Polizeibeamter und seiner langjährigen Dozententätigkeit an der Fachhochschule für
öffentliche Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen sowie aufgrund der in der
Gerichtshilfe tatsächlich anfallenden Tätigkeiten über einschlägige Erfahrungen. Die
Vorgehensweise des Beklagten, die Benotung der eigenen unterstellten Behörde - des
Landgerichts C. - derjenigen der Staatsanwaltschaft F. vorzuziehen, sei nicht rechtens.
Die von unterschiedlichen Behörden erstellten Beurteilungen dürften nicht abweichend
gewichtet werden.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 5. September 2001 zu verpflichten, ihn auf die im
Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Nr. 5 vom 1. März 2001
ausgeschriebene Stelle „Sozialamtsrat/rätin", Sozialarbeiter in der
Führungsaufsichtsstelle b.d. LG C. „ zu befördern.
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Der Beklagte hat unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens
beantragt,
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die Klage abzuweisen.
13
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird,
hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
eine Rechtsgrundlage, der zufolge ein Beamter einen Rechtsanspruch auf Zuweisung
eines bestimmten Beförderungsdienstpostens und anschließender Beförderung habe,
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existiere grundsätzlich nicht. Der Kläger habe allerdings einen sog.
Bewerbungsverfahrensanspruch. Dagegen sei nicht einzuwenden, dass es sich
vorliegend hinsichtlich des streitigen Dienstpostens nicht für beide Bewerber um einen
Beförderungsdienstposten handele, sondern der Konkurrent sich bereits im
statusrechtlichen Amt eines Sozialamtsrates befinde. Denn auch wenn die Auswahl
zwischen einem Umsetzungs- und einem Beförderungsbewerber zu treffen sei, sei der
Dienstherr an die Beachtung des Besten-ausleseprinzips gebunden, wenn er die
Besetzung der ausgeschriebenen Stelle ersichtlich unter dieser Prämisse vornehmen
wolle. Die Entscheidung des Beklagten über die Besetzung des ausgeschriebenen
Dienstpostens sei rechtlich jedoch nicht zu beanstanden. Es unterliege keinen
durchgreifenden Bedenken, dass der Beklagte die Konkurrenten bei Zugrundelegung
der aktuellen dienstlichen Beurteilungen hinsichtlich ihrer Leistungen gleich eingestuft
habe. Die Beurteilung des Klägers weise zwar hinsichtlich der Leistungen die im
Vergleich zu seinem Konkurrenten um eine ganze Notenstufe bessere Note „sehr gut"
auf. Der Umstand, dass diese Beurteilung dem Kläger in dem im Vergleich zum
Konkurrenten niedrigeren statusrechtlichen Amt erteilt worden sei, gleiche diesen
Vorsprung jedoch aus. Der dienstlichen Beurteilung eines Beamten in einem solchen
höheren Amt komme gegenüber der dienstlichen Beurteilung eines Mitbewerbers in
einem niedrigeren Amt im Allgemeinen ein höheres Gewicht zu. Der Maßstab für die
dienstlichen Anforderungen bestimme sich nach dem jeweils inne gehaltenen Amt im
statusrechtlichen Sinne. Diese unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäbe würden es
rechtfertigen, jedenfalls bei einer - nur - um eine Notenstufe schlechteren Beurteilung
aus dem höheren statusrechtlichen Amt gegenüber der aus dem nächst niedrigeren Amt
einen Leistungsgleichstand der Beamten anzunehmen. Dieser Annahme stehe nicht
entgegen, dass die Beurteilung des Umsetzungsbewerbers keine Notendifferenzierung
im Sinne von „oberer" oder „unterer Bereich" aufweise. Auch wenn nach der
Beurteilungspraxis des Beklagten solche Notendifferenzierungen üblich seien,
erscheine es trotz einer Differenz von zwei (Teil-)Notenstufen dennoch vertretbar, die
Leistungen beider Bewerber in Anbetracht des höherwertigen Amtes des Sozialamtsrats
U. als im Wesentlichen gleich anzusehen. Die bei diesem Sachstand vom Beklagten
seiner Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Eignungseinschätzung sei gleichfalls
rechtlich nicht zu beanstanden. Dass der Beklagte dabei trotz gleicher
Eignungsbeurteilung einen Eignungsvorsprung des Sozialamtsrats U. angenommen
habe, unterliege dabei keinen Bedenken. Der vom Kläger erhobene Einwand, er weise
die bessere Leistungsentwicklung auf und sei deshalb besser qualifiziert, trage nicht.
Denn die Leistungswicklung als Qualifikationsmerkmal komme erst zum Tragen, wenn
anhand der maßgeblichen aktuellen dienstlichen Beurteilungen einschließlich ihrer
Ausschärfung ein Qualifikationsgleichstand bestehe. Ein solcher Gleichstand sei im
vorliegenden Fall aber gerade nicht gegeben.
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, das
Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise angenommen, dass es bei einer Differenz
von zwei Notenstufen vertretbar sei, seinen Konkurrenten als ihm in Bezug auf die
Leistung gleichbewertet anzusehen. Damit verkenne es die im Beurteilungswesen der
Justiz den einzelnen Notenstufen zukommende Bedeutung. Der erkennende Senat
habe in seinem Urteil vom 15. Januar 2003 - 1 A 2338/01 - die besondere Bedeutung
der Zwischennoten bei der Beurteilung von Richtern herausgestellt. Deshalb sei davon
auszugehen, dass er um zwei Noten besser als der Konkurrent gewesen sei. Ein
solcher Notenunterschied sei derart gravierend, dass nicht mehr davon ausgegangen
werden könne, dass die Leistungen beider Bewerber als im Wesentlichen gleich
anzusehen seien. Demgemäß könne auch den Erwägungen zur Eignung der Bewerber
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nicht gefolgt werden. Aufgrund seiner wesentlich besseren Leistungsnote könne auf die
Eignung nicht mehr rekurriert werden. Selbst wenn man dies anders sehe, ergebe sich
nichts anderes: Denn die Überlegung, dass derjenige einen Qualifikationsvorsprung
habe, der einen bestimmten Dienstposten schon innehabe, führe zwangsläufig dazu,
dass bei Auswahlentscheidungen im Rahmen von Beförderungsentscheidungen
derjenige, der einen solchen Dienstposten nicht innehabe, zwangsläufig nicht
ausgewählt werden könne. Dies würde gegen den Grundsatz verstoßen, dass jeder
Bewerber unter Berücksichtigung seiner Leistung und Befähigung gleichen Zugang zu
einem öffentlichen Amt haben müsse. Letztlich könne diese Überlegung jedoch
deswegen dahinstehen, weil jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall die
Eignungsprognose rechtlich nicht relevant sei, da sie allenfalls bei Gleichstand der
Beurteilungen im Rahmen des Leistungsgrundsatzes herangezogen werden könne.
Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen
vom 14. Februar 2006 - 12 K 4417/01 - unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli
2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2001 zu
verpflichten, den Kläger auf die im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-
Westfalen Nr. 5 vom 1. März 2001 ausgeschriebene Stelle „Sozialamtsrat/-rätin,
Sozialarbeiter/in in der Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht C. „ zu befördern,
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hilfsweise,
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unter Abänderung des vorgenannten Urteils den Beklagten unter Aufhebung des
Bescheides vom 26. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.
September 2001 zu verpflichten, über die Beförderung des Klägers auf die im
Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Nr. 5 vom 1. März 2001
ausgeschriebene Stelle „Sozialamtsrat/-rätin, Sozialarbeiter in der
Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht C. „ unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Der Kläger nehme zu
Unrecht an, dass einer Beurteilung aus einem um eine Besoldungsgruppe niedrigeren
statusrechtlichen Amt automatisch dann eine höhere Wertigkeit zukomme, wenn diese
Beurteilung um zwei Notenstufen besser ausfalle als die Beurteilung aus dem höheren
Amt. Dies lasse sich auch nicht auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 29.
Juli 2004 - 6 B 1212/04 - stützen. In jenem Verfahren sei über Beurteilungen
entschieden worden, die offenbar im Bezirk derselben Ernennungsbehörde erteilt
worden seien. Darüber hinaus sei es für diesen Fall lediglich als „rechtlich nicht zu
beanstanden" bezeichnet worden, einen Gleichstand von Beurteilungen dann
anzunehmen, wenn die Beurteilung aus dem niedrigeren Amt eine um mindestens
einen Punktwert höhere Bewertung aufweise. Ergänzend sei in dem Beschluss des
erkennenden Senats vom 21. November 2005 - 1 B 1202/05 - ausdrücklich festgestellt
worden, dass die Gewichtung von in unterschiedlichen Statusämtern erzielten
Beurteilungen schwerlich für alle denkbaren Fälle einheitlich und schematisch
festgelegt werden könne. Vielmehr hänge die Gewichtung sehr stark von den
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Umständen des Einzelfalles ab, wobei auch dem Dienstherrn bzw. der für die
Auswahlentscheidung zuständigen Stelle ein gewisser Gewichtungsspielraum
verbleibe. Eine von der Standardkonstellation abweichende Gewichtung sei
insbesondere dann gerechtfertigt, wenn die Aufgabenbereiche und
Tätigkeitsschwerpunkte der den Beurteilungen zugrunde liegenden Statusämter
deutlich voneinander abweichen würden. Im vorliegenden Fall seien die zu
gewichtenden Beurteilungen im Geschäftsbereich verschiedener Behörden erteilt
worden. Darüber hinaus würden sich die den Beurteilungen zugrunde liegenden
Aufgabenbereiche und Tätigkeitsschwerpunkte deutlich voneinander unterscheiden.
Letztlich könne dies aber dahinstehen. Maßgeblich für die Auswahlentscheidung sei die
Einschätzung gewesen, dass der Bewerber U. einen Eignungsvorsprung gegenüber
dem Kläger besessen habe und ihm deshalb die ausgeschriebene Stelle zu übertragen
gewesen sei. Es sei anerkannt, dass allein der für die Stellenbesetzung verantwortliche
Dienstvorgesetzte darüber zu entscheiden habe, welchen Bewerber er für den
qualifiziertesten halte. Der Dienstvorgesetzte habe die Anforderungen eines Amtes
seines Geschäftsbereichs zu bestimmen und hieran ausgerichtet die Eignung eines
Bewerbers für dieses Amt zu bewerten. Er sei berechtigt und verpflichtet, eine von
einem anderen Dienstvorgesetzten erteilte Leistungs- und Eignungsbeurteilung nach
den für seinen Geschäftsbereich geltenden Maßstäben zu gewichten. Hierzu habe er im
vorliegenden Besetzungsverfahren die den Bewerbern zugewiesenen und von ihnen
mit vergleichbar großem Erfolg wahrgenommenen dienstlichen Tätigkeitsbereiche
verglichen und mit Blick auf die für das zu übertragende Amt zu stellenden
Eignungsanforderungen gewürdigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, des Verwaltungsvorgangs (1 Heft) und der Personalakten des Klägers (3
Hefte) sowie des Sozialamtsrats U. (4 Hefte) verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24
Die zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung des Klägers hat in der
Sache keinen Erfolg.
25
Die Klage ist zulässig. Insbesondere hat sich das Begehren des Klägers nicht dadurch
erledigt, dass seinem Konkurrenten die ausgeschriebene Stelle zwischenzeitlich
übertragen worden ist. Der Grundsatz der Ämterstabilität steht dem Begehren des
Klägers nicht entgegen. Seinem Konkurrenten wurde kein Amt im statusrechtlichen Sinn
übertragen. Das Amt eines Sozialamtsrats hatte dieser bereits zuvor inne; er wurde
lediglich auf den neuen Dienstposten umgesetzt. Diese innerorganisatorische
Maßnahme könnte für den Fall, dass sich der Kläger im vorliegenden Verfahren
durchsetzt, ohne weiteres im Wege der Rückumsetzung rückgängig gemacht werden.
26
Die Klage ist jedoch weder mit ihrem Haupt- noch mit ihrem Hilfsantrag begründet. Der
Kläger hat keinen Anspruch darauf, auf die unter dem 1. März 2001 ausgeschriebene
Stelle eines Sozialamtsrats befördert zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Auch ein
Anspruch auf erneute Bescheidung seines diesbezüglichen Begehrens steht ihm nicht
zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
27
Eine Rechtsgrundlage, der zufolge ein Beamter einen - strikten - Rechtsanspruch auf
Beförderung hat, existiert grundsätzlich nicht.
28
Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 -, DVBl. 2000, 485, und vom 25. April
1996 - 2 C 21.95 -, BVerwGE 101, 112; Senatsbeschluss vom 5. April 2001 - 1 B 315/01
-, RiA 2002, 95.
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Der Beamte hat (lediglich) einen durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungskräftig verbürgten
sowie in §§ 7 Abs. 1, 25 LBG NRW einfachgesetzlich konkretisierten Anspruch darauf,
dass er als Bewerber in einem Beförderungsauswahlverfahren nach Maßgabe der
Grundsätze der Bestenauslese (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung)
ermessens-, beurteilungs- und grundsätzlich auch verfahrensfehlerfrei in einen
Vergleich mit etwaigen Mitbewerbern einbezogen und entsprechend dem - in den
Grenzen gerichtlicher Überprüfbarkeit rechtmäßigen - Ergebnis dieses Vergleichs
behandelt wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch).
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, DVBl. 2002, 1633;
BVerwG, Urteile vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, DVBl 2004, 317, und vom 25.
August 1988 - 2 C 51.86 -, BVerwGE 80, 123; aus der Senatsrechtsprechung Beschluss
vom 23. Juni 2004 - 1 B 455/04 -, Juris, m. w. N.
31
Diesen Anspruch, der sich im Einzelfall zu einem Anspruch „auf Beförderung"
verdichten kann, wenn - namentlich nach dem Ergebnis der Bestenauslese - aus
Rechtsgründen nur ein bestimmter Beamter hätte befördert werden dürfen, macht der
Kläger hier geltend. Er ist aber (bezogen auf den Kläger) durch den Beklagten nicht
verletzt worden und vermag deswegen weder den Haupt- noch den Hilfsantrag zu
stützen.
32
Dem u. a. bei Beförderungen zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese entspricht
es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf
unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Regelmäßig sind dies die -
bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - aktuellen dienstlichen
Beurteilungen. Neben diesen sind - vor der Anwendung sog. Hilfskriterien - als weitere
unmittelbar leistungsbezogene Kriterien auch die Aussagen früherer dienstlicher
Beurteilungen zu berücksichtigen, da diese Aufschluss über die Leistungsentwicklung
sowie das Vorhandensein bestimmter (persönlicher) Eignungskriterien und damit
zugleich für eine künftige Bewährung in dem Beförderungsamt geben können. Sie
bilden darüber hinaus auch einen gewissen Kontrollmaßstab für etwaige
Bevorzugungen oder Benachteiligungen von Bewerbern bei aktuellen, insbesondere
anlassbezogenen Beurteilungen.
33
Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, DVBl. 2003, 1548; ferner
Senatsurteil vom 28. April 2004 - 1 A 1721/01 -, Juris.
34
Der Entscheidung des Dienstherrn bleibt es bei der Auswertung der Beurteilungen
insbesondere überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen
Leistung zu rechnenden Umständen er - im Verhältnis zueinander - bei seinen
Auswahlerwägungen das größere Gewicht beimisst (Gewichtungsspielraum).
35
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58, m. w. N.
36
Es bewegt sich im Bereich der ureigenen Bewertungskompetenz des Beklagten,
Leistung, Eignung und Befähigung von konkurrierenden Bewerbern nach den von ihm
bestimmten, auf den ausgeschriebenen Dienstposten bezogenen Maßstäben zu
37
beurteilen. Dieser Bereich der Wertung entzieht sich weitgehend einer Kontrolle durch
die Verwaltungsgerichte. Der Dienstherr ist lediglich gehalten, seine Wertung auf
substantiierte Einwendungen des Beamten hin zu plausibilisieren. Erweist sich hiernach
die Bewertung durch den Dienstherrn als nachvollziehbar und erfüllt sie die übrigen
Vorraussetzungen, die an die Rechtmäßigkeit einer Beurteilung geknüpft sind, so ist sie
von den Verwaltungsgerichten zu akzeptieren und kann nicht durch eine andere
Bewertung ersetzt werden.
Diese dargelegten Grundsätze finden auch auf den vorliegenden Fall Anwendung. Die
Besonderheit, dass hier nicht ausschließlich Beförderungsbewerber am
Auswahlverfahren beteiligt sind, sondern ein Beförderungsbewerber (der Kläger) in
Konkurrenz zu einem Umsetzungsbewerber (Sozialamtsrat U. ) steht, rechtfertigt keine
abweichende Betrachtung. Der Kläger erstrebt mit seiner Bewerbung die Übertragung
eines höherwertigen Amtes. Sein Konkurrent, Sozialamtsrat U. , hat das von der
Ausschreibung erfasste Amt im statusrechtlichen Sinn bereits inne; ihm geht es um die
Übertragung eines anderen Dienstpostens im Wege der Umsetzung. Dem Dienstherrn
hätte es in diesem Fall zwar freigestanden, das Auswahlverfahren von vornherein auf
Umsetzungs- und/oder Versetzungsbewerber zu beschränken. Ebenso hätte er die
Möglichkeit gehabt, nach der zunächst „offenen" Ausschreibung im Verlaufe des
Auswahlverfahrens eine Beschränkung auf den Kreis der Umsetzungs- oder
Versetzungsbewerber vorzunehmen.
38
Vgl. Senatsbeschluss vom 7. August 2006 - 1 B 653/06 -, Juris.
39
Schließlich hätte es ihm auch aus jedem sachlichen Grund freigestanden, das
eingeleitete Auswahlverfahren vollständig abzubrechen und den Dienstposten im Wege
der Umsetzung oder Versetzung zu besetzen. Trifft der Dienstherr jedoch - wie hier
geschehen und bis in das Berufungsverfahren hinein aufrechterhalten - eine
Organisationsentscheidung des Inhalts, dass er sich unter Einbeziehung von
Beförderungs-, Umsetzungs- und Versetzungsbewerbern ausschließlich auf eine
Auswahl nach Maßgabe des Bestenausleseprinzips (Leistungsgrundsatzes) festlegen
will, muss er sich daran festhalten lassen.
40
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237.
41
In Anwendung dieser Grundsätze - Auswahl nach dem Leistungsprinzip unter
Beachtung des Gewichtungsspielraums des Beklagten - auf den vorliegenden Fall
ergibt sich:
42
Die Auswahlentscheidung des Beklagten ist plausibel. Für den Senat ist ohne weiteres
nachvollziehbar und einsichtig, warum Sozialamtsrat U. dem Kläger vorgezogen worden
ist. Zu Recht konnte der Beklagte - unter Anwendung der offen gelegten Maßstäbe -
davon ausgehen, dass beide Bewerber im Wesentlichen denselben Leistungsstand
aufweisen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger eine
um zwei Teilnotenstufen bessere Gesamtleistungsbeurteilung als sein Konkurrent
erhalten hat. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass - gerichtsbekannt - im
Geschäftsbereich des Justizministers für das Land Nordrhein-Westfalen das
Überspringen von Teilnotenstufen von einer Beurteilung zur darauf folgenden unüblich
ist.
43
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 B 90/05 -; Urteil vom 15. Oktober 2003
44
- 1 A 2338/01 -, NVwZ-RR 2004, 874.
Hieraus lässt sich jedoch im Umkehrschluss - und auch das ist dem Kläger ohne
weiteres zuzugeben - ableiten, dass den Teilnotenstufen „unterer Bereich",
„uneingeschränkt" und „oberer Bereich" in der praktischen Handhabung die Bedeutung
eigenständiger Notenstufen zukommt. Gleichwohl führt allein der Umstand, dass der
Kläger mit der Leistungsbewertung „sehr gut" gegenüber dem Konkurrenten mit der
Bewertung „gut" um zwei derartige Notenstufen besser beurteilt worden ist, nicht
gleichsam automatisch auf ein anzunehmendes Leistungsgefälle zwischen den
Konkurrenten, in Anbetracht dessen der Unterschied im statusrechtlichen Amt von
vornherein jegliches Gewicht verlöre. Der Beklagte hat entscheidend auf den Umstand
des höheren statusrechtlichen Amts des Konkurrenten abgestellt und bereits in seiner
an den Kläger gerichteten Auskunft vom 13. August 2001 hervorgehoben, dass er den
Unterschied in der Bewertung der fachlichen Leistungen als nuanciell ansehe und ihm
keine im Rahmen des Leistungsprinzips zu beachtende Bedeutung zumesse.
Entscheidend für diese Bewertung sei, dass die Leistungen des Sozialamtsrats U.
bereits in dem vom Kläger erst erstrebten höherwertigen Amt erbracht worden seien.
Gegen diesen in die Leistungsgewichtung eingestellten Aspekt - höheres Gewicht einer
in einem höheren statusrechtlichen Amt erzielten Beurteilung - gibt es weder im
Grundsätzlichen etwas zu erinnern noch ist seine konkrete Anwendung auf den
vorliegenden Fall rechtlich zu beanstanden.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts kommt der dienstlichen
Beurteilung des Inhabers eines höherwertigen Amtes gegenüber der gleichlautenden
dienstlichen Beurteilung eines Mitbewerbers im Allgemeinen ein größeres Gewicht zu.
46
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Dezember 1999 - 12 B 1857/99 -, DÖD 2000, 137,
vom 29. Juli 2004 - 6 B 1212/04 -, DÖD 2006, 15, und vom 21. November 2005 - 1 B
1202/05 -, IÖD 2006, 74.
47
Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Maßstab für die dienstlichen
Anforderungen im Blick auf das innegehaltene Amt im statusrechtlichen Sinne zu
bestimmen ist. Sobald der Beamte befördert ist, fällt er aus dem Kreis der vor der
Beförderung mit ihm zu vergleichenden Beamten heraus und tritt in den Kreis der
nunmehr mit ihm zu vergleichenden Beamten des Beförderungsamtes ein. Das Anlegen
eines höheren Maßstabes wird, wenn der beförderte Beamte seine Leistungen nicht
mehr steigert, regelmäßig dazu führen, dass die Beurteilung im neuen Amt schlechter
ausfällt als diejenige im vorangegangenen, niedriger eingestuften Amt.
48
Vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Teil B,
Rn. 255.
49
Hierdurch verschiebt sich zugleich der Beurteilungsmaßstab im Verhältnis zu den
(noch) nicht beförderten Beamten. Diese Verschiebung zum Zwecke der Herstellung der
Vergleichbarkeit solcher Beurteilungen mit anderen Beurteilungen (in einem niedrigeren
bzw. noch höherwertigeren Statusamt) auszugleichen, dient im vorliegenden Fall die
entsprechende zusätzliche Gewichtung durch den Dienstherrn im Rahmen des
Auswahlverfahrens. Das hierbei zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht (des
höherwertigen Amtes) kann nicht für alle denkbaren Fälle einheitlich festgelegt werden.
Vielmehr hängt es stark von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei auch dem
Dienstherrn bzw. der für die Auswahlentscheidung zuständigen Stelle ein gewisser
50
Gewichtungsspielraum verbleibt.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. November 2005 - 1 B 1202/05 -, a. a. O.
51
Einen Grundsatz dergestalt, dass durch eine Beurteilung in einem um eine
Besoldungsgruppe höherwertigen statusrechtlichen Amt nur eine - schlechtere - (Teil-
)Notenstufe ausgeglichen werden könnte, gibt es nicht. Ihm stünde bereits entgegen,
dass es ausschließlich Aufgabe des Dienstherrn, und zwar letztlich der für die
Besetzungs-/Beförderungsentscheidung zuständigen Stelle, ist, nach Maßgabe des
Prinzips der Bestenauslese die (von den jeweiligen Beurteilern festgestellten)
Leistungen der Konkurrenten gewichtend miteinander zu vergleichen. Welchen
Umständen er dabei welches Gewicht beimisst, obliegt - soweit er seine
Wertungskriterien plausibilisiert - ausschließlich ihm. Der Senat kann in diesem
Zusammenhang offen lassen, ob noch weitergehende als die hier gegebenen
Unterschiede in der Leistungsbewertung durch den Umstand ausgeglichen werden
können, dass sich der letztlich vorgezogene Beamte in einem höheren statusrechtlichen
Amt befindet. Insoweit kommt es für den jeweils zu entscheidenden Fall darauf an, ob
der Dienstherr nachvollziehbare Erwägungen anstellt, seine Entscheidung mithin
plausibilisiert. Die wertende Entscheidung selbst kontrolliert das Gericht nur begrenzt,
so insbesondere auf Willkürfreiheit.
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Im vorliegenden Fall kommt ergänzend folgende - rechtlich nicht zu beanstandende -
Erwägung des Beklagten zum Tragen: Der Präsident des Oberlandesgerichts I. hat mit
Widerspruchsbescheid vom 5. September 2001 darauf verwiesen, dass nach der
Beurteilungspraxis in seinem Geschäftsbereich kein Beamter des gehobenen
Sozialdienstes in dem Amt des Klägers mit der Spitzennote beurteilt sei. Diesen
Umstand durfte und musste der Präsident des Oberlandesgerichts zum Anlass nehmen,
die Maßstäbe, die der Spitzenbeurteilung des Klägers zugrunde lagen, in einen
Vergleich mit den von in seinem Geschäftsbereich vergebenen Beurteilungen
einzustellen. Unter Auswertung des gesamten Beurteilungsverlaufs des Klägers
offenbart sich danach - jedenfalls in der Leistungsspitze - ein deutlich strengerer,
nämlich in Bezug auf die Vergabe der Note „sehr gut" äußerst zurückhaltender Maßstab
im Geschäftsbereich des Präsidenten des Oberlandesgerichts I. . Überdies ist
gemessen an der Beurteilungspraxis bei der Staatsanwaltschaft F. nicht erkennbar,
dass dort das Anlegen eines höheren Maßstabs beim Erreichen eines höherwertigen
Amtes wirklich „ernst genommen" worden ist. Beides - schwächerer Maßstab in der
Leistungsspitze und gleichbleibender Maßstab beim Erreichen eines höherwertigen
Amtes - ergibt sich in aller Deutlichkeit bei dem Vergleich des nachfolgend dargelegten
Beurteilungsverlaufs des Klägers mit demjenigen seines Konkurrenten und bedarf
darüber hinaus keiner weitergehenden Aufklärung durch den Senat:
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So wurden die Leistungen des Klägers im Amt eines Sozialinspektors unter dem 17.
April 1986 bereits mit „gut" bewertet. Im höheren Amt eines Sozialoberinspektors wurde
ihm unter dem 24. Februar 1987 unter wörtlicher Wiedergabe und Bestätigung der
Vorbeurteilung dieselbe Note zuerkannt. Es wurde nach dem Erreichen des höheren
statusrechtlichen Amtes weder ein strengerer Maßstab zu erkennen gegeben noch
wurde eine Leistungssteigerung dokumentiert. Dasselbe Bild zeigt sich im folgenden
Verlauf: Erstmals mit Beurteilung vom 15. Dezember 1992 wurde der Kläger im Amt
eines Sozialoberinspektors mit der Note „sehr gut" und nach seiner Ernennung zum
Sozialamtmann zum 1. August 1993 unter dem 30. Mai 1995 wiederum mit „sehr gut"
beurteilt. Auch dieser Beurteilung lässt sich weder entnehmen, dass nunmehr wegen
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des erreichten höheren statusrechtlichen Amtes strengere Maßstäbe an die Erreichung
der Spitzennote angelegt worden wären noch dass der Kläger seine Leistungen
tatsächlich gesteigert hätte.
Grundlegend anders verhält sich dies im Geschäftsbereich des Präsidenten des
Oberlandesgerichts I. , wie der Beurteilungsverlauf des Konkurrenten U. belegt. Dessen
letzte Beurteilung im Amt eines Sozialoberinspektors vom 8. April 1987 weist die
Leistungsgesamtnote „gut" auf. Diese Beurteilung wird in der erstmals im Amt eines
Sozialamtmanns erstellten Beurteilung vom 17. Februar 1988 zunächst wörtlich
wiedergegeben. Im Anschluss daran wird festgehalten, dass der Beamte mit Wirkung
zum 12. Januar 1988 zum Sozialamtmann ernannt worden sei und nunmehr im
Vergleich mit allen Beamten entsprechenden Amtes des Geschäftsbereichs zu
beurteilen sei. Im Hinblick auf den geänderten Beurteilungshintergrund würden die
Gesamtleistungen nunmehr mit „gut (untere Grenze)" beurteilt. Dieses
Beurteilungsergebnis wurde in den folgenden Beurteilungen vom 21. Februar 1992, 21.
Juni 1993 und 21. Juni 1994 aufrechterhalten. Mit Beurteilung vom 20. Juli 1995 erhielt
der Konkurrent U. - unter ausdrücklicher Feststellung einer Leistungssteigerung - die
Note „gut", die mit Beurteilungen vom 5. Juni 1997 und 15. September 1998 bestätigt
wurde. In der erstmals nach seiner Beförderung zum 22. Januar 1999 im Amt eines
Sozialamtsrats erstellten Beurteilung vom 8. Juni 2001 wurde unter ausdrücklicher
Feststellung einer deutlichen Leistungssteigerung „schon jetzt" die Note „gut" vergeben.
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Der Präsident des Oberlandesgerichts I. hat damit zulässigerweise mit der in Rede
stehenden Gewichtung zugleich die Wertigkeit der von dem Kläger erreichten
Leistungsnote in den Gesamtzusammenhang des Leistungsspektrums vergleichbarer
Beamter seines Geschäftsbereichs eingeordnet. Diese Erwägung ist ohne weiteres
zulässig, wenn nicht gar geboten, um eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen
herzustellen, die in unterschiedlichen Geschäftsbereichen erstellt worden sind. Hierfür
zuständig ist allein der für die Besetzung der Stelle verantwortliche Dienstvorgesetzte.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. April 1995 - 12 B 82/95 -, IÖD 1995, 257.
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Dass hiermit die Leistung des Klägers gleichsam einem Quervergleich unterzogen wird,
folgt notwendigerweise aus dem Umstand, dass zum Kreis der Bewerber Beamte
zählen, die bei unterschiedlichen Behörden und - wie hier - im Geschäftsbereich eines
anderen höheren Dienstvorgesetzten beschäftigt sind.
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Der Beklagte durfte danach vor dem Hintergrund des grundsätzlich höheren Gewichts
der im höheren Statusamt erzielten Beurteilung und zusätzlich unter Berücksichtigung
des Beurteilungsverlaufs sowie der sich hieraus abzuleitenden unterschiedlichen
Beurteilungsmaßstäbe den aktuellen Leistungsstand des Klägers und denjenigen
seines Konkurrenten im Ergebnis ohne Rechtsfehler als im Wesentlichen gleich
einschätzen. Anhaltspunkte für Willkür hat der Kläger nicht dargelegt; auch dem Senat
ist hierfür nichts ersichtlich.
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Auf dieser Grundlage spricht nichts dagegen, wenn der Beklagte in Bezug auf die
Eignungsprognose die Vorerfahrungen des Sozialamtsrats U. als so bedeutend
gewichtet, dass sie insgesamt zu seinem Qualifikationsvorsprung führen. Was für die
vergleichende Einschätzung der Leistungsbeurteilung durch den für die
Auswahlentscheidung verantwortlichen Dienstvorgesetzten gilt, trifft ebenso auf die
Eignungsbeurteilung zu: Nur der Dienstvorgesetzte hat alleinverantwortlich darüber zu
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entscheiden, welchen Bewerber er für den geeignetsten hält.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. April 1995 - 12 B 82/95 -, a. a. O.
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Dass dem Präsidenten des Oberlandesgerichts I. bei der Einschätzung der Eignung ein
beachtlicher Bewertungsfehler unterlaufen wäre, lässt sich weder dem Vorbringen des
Klägers noch dem Akteninhalt entnehmen. Die Anforderungen an die Plausibilisierung
der Auswahlentscheidung gehen nicht so weit, dass der Beklagte die sich im Rahmen
seines Beurteilungs- und Entscheidungsermessens haltenden Erwägungen -
weitergehend als geschehen - „transparent begründen" müsste. Der die
Auswahlentscheidung treffende Dienstvorgesetzte ist zur Plausibilisierung in einer
Weise verpflichtet, die über eine formelhafte Behauptung hinausgeht und die Gründe
und Argumente des Dienstherrn einsichtig und für außenstehende Dritte
nachvollziehbar macht. Der Umfang der im Einzelfall gebotenen Begründung ist dabei
von den konkreten Umständen der Auswahlentscheidung abhängig. Entscheidend ist,
dass der Beamte die Gründe und Argumente des Dienstherrn erfährt. Der Weg, der zu
seiner Nichtberücksichtigung geführt hat, muss für ihn sichtbar werden.
62
Die vom Präsidenten des Oberlandesgerichts I. dargelegten Erwägungen reichen aus,
die Sachgründe zu verstehen, aus denen er trotz des „Gleichstandes" nach den
Endnoten der jeweiligen Eignungsbeurteilungen letztendlich doch einen beachtlichen
Eignungsvorsprung des Konkurrenten U. angenommen hat. Zunächst hat der Beklagte
erkannt, dass beide Konkurrenten nach ihren Personal- und
Befähigungsnachweisungen dieselbe Eignungsnote aufweisen. Beide Bewerber
wurden hiernach als „hervorragend geeignet" für das ausgeschriebene Amt eingestuft.
Die Präsidentin des Landgerichts C. hat dabei auf ihre Kenntnisse aus der Tätigkeit des
Konkurrenten als Bewährungshelfer und aus der vertretungsweisen Erledigung der
Aufgaben des Sozialarbeiters in der Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht C.
zurückgreifen können. Demgegenüber - so betont es der Präsident des
Oberlandesgerichts I. ausdrücklich - hätten dem Leitenden Oberstaatsanwalt in F. , in
dessen Geschäftsbereich keine der in der Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht
vergleichbare Tätigkeit anfalle, nur die Erkenntnisse aus der Tätigkeit des Klägers als
Gerichtshelfer zur Verfügung gestanden. Die Betreuung des Probanden einerseits und
die Überwachung der Lebensführung und Einhaltung der Auflagen andererseits würden
in erster Linie die Tätigkeit eines Bewährungshelfers und Sozialarbeiters in der
Führungsaufsicht kennzeichnen; in diesen Funktionen habe sich Sozialamtsrat U.
bereits seit längerem hervorragend bewährt.
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Diese auf die Eignungsprognose bezogenen Erwägungen sind im Sinne der
Rechtsprechung des Senats ohne weiteres nachvollziehbar. Gerichtlicher Überprüfung
unterliegt darüber hinaus nur noch die Überschreitung der Grenzen des Ermessens,
also in diesem Zusammenhang etwa die Frage, ob der Gewichtung des Umstands
„Vorerfahrung auf dem Dienstposten" sachwidrige Erwägungen zugrunde liegen. Das ist
nicht der Fall.
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Im Allgemeinen ist es ohne weiteres zulässig, die bisherige Bewährung auf einem
bestimmten Dienstposten der (abschließenden) Eignungsprognose des Dienstherrn
zugrunde zu legen und hieraus ggf. einen Bewährungsvorsprung abzuleiten.
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Vgl. hierzu und zu einem daran anschließenden Systemwechsel bei der Gewichtung
von Leistungen Senatsbeschlüsse vom 29. März 2007 - 1 A 4833/05 und 1 A 5158/05 -.
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Auch im konkreten Fall und gemessen an dem vom Beklagten aufgezeigten
Anforderungsprofil erscheint es nicht sachwidrig, im Rahmen der auf der Grundlage der
dienstlichen Beurteilung vorzunehmenden Eignungsfeststellung genau diese
Vorerfahrungen ausschlaggebend zu berücksichtigen. Ganz im Gegenteil ist eine
solche Vorerfahrung im Rahmen der Eignungseinschätzung von Bewerbern für den in
Rede stehenden Dienstposten von besonderer Bedeutung. Beachtliche Nuancen
können sich hierdurch auch in Bezug auf in ihren Beurteilungen jeweils als - wie hier -
„hervorragend geeignet" ausgewiesene Bewerber ergeben. Dass der Kläger darauf, ob
er solche Vorerfahrung im Laufe seines beruflichen Werdegangs sammeln konnte, im
Wesentlichen keinen Einfluss hat, führt nicht auf eine Art Verwertungsverbot dieses
Umstands. Auch sein Anspruch auf Gleichbehandlung beim Zugang zu öffentlichen
Ämtern ist nicht beeinträchtigt. Die geforderte besondere Eignung muss nicht notwendig
auf ganz bestimmten besonderen (persönlichen) Fähigkeiten des Betroffenen beruhen.
Sie kann sich vielmehr auch aus einem bestimmten Werdegang und den dabei
gewonnenen - im Verhältnis zu denjenigen des Mitbewerbers gewichtend als
Besonderheit zu qualifizierenden - dienstlichen Erfahrungen eines der Bewerber in den
vom Dienstherrn für die Besetzungsentscheidung als wesentlich erachteten Bereichen
ergeben.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. November 2005 - 1 B 1202/05 -, a. a. O.
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Auf diese Weise - besondere Würdigung der in der Beurteilung Ausdruck findenden
Vorerfahrung des Konkurrenten - trägt der Beklagte auch der Anforderung Rechnung,
dass der Dienstherr in aller Regel verpflichtet ist, den Inhalt der Beurteilung daraufhin zu
würdigen, ob sich aus ihm Anhaltspunkte für einen Qualifikationsvorsprung eines der
Bewerber gewinnen lassen (sog. Ausschärfung oder Ausschöpfung).
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. November 2005 - 1 B 1202/05 -, a. a. O.
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Aus den benannten Gründen ist die nicht durchschlagende Berücksichtigung der vom
Kläger hervorgehobenen besonderen Qualifikationen wie sein Abschluss als Diplom-
Pädagoge, seine Promotion, seine Vorerfahrung als Polizeibeamter und seine
langjährige Dozententätigkeit an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung durch
den Beklagten nicht zu beanstanden. Seiner Pflicht, die persönlichen
Befähigungsmerkmale des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen, hat er genügt; wie er
diese in Bezug auf den konkret zu besetzenden Posten gewichtet, obliegt seiner
Einschätzungsprärogative. Dementsprechend hat der Beklagte darauf verwiesen, trotz
der hoch einzuschätzenden fachlichen Qualifikation des Klägers seien seine
Kenntnisse, die dieser für den ausgeschriebenen Posten benötige, eher theoretischer
Natur. Damit stellt der Beklagte - entgegen der Ansicht des Klägers - keine vermeintlich
gegen eine allgemeine Verwaltungsvorschrift verstoßende konstitutive Voraussetzung
für den ausgeschriebenen Posten auf. Er weist nur zulässigerweise in Wahrnehmung
seiner Bewertungskompetenz darauf hin, dass die spezielle Vorerfahrung des
Konkurrenten diesen als (letztlich noch) geeigneter erscheinen lässt.
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Ist hiernach als Ergebnis der vom Beklagten durchgeführten Bestenauslese nicht zu
beanstanden, Sozialamtsrat U. auf der Grundlage eines wertend ermittelten
(wesentlichen) Leistungsgleichstandes als besser geeignet als den Kläger anzusehen,
steht diesem weder ein unmittelbarer Anspruch auf Beförderung, dessen weitere
Voraussetzungen hiernach unerörtert bleiben können, noch ein Anspruch auf erneute
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Entscheidung über seinen Bewerbungsverfahrensanspruch zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2
VwGO, § 127 BRRG) nicht vorliegen.
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