Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.01.2002

OVG NRW: zahl, erlass, zugang, arbeiter, amtszeit, arbeitsvermittler, vergütung, betrug, arbeitsamt, sicherheit

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 993/01.PVB
Datum:
24.01.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 993/01.PVB
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 3b K 1858/00.PVB
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Zur Vorbereitung der für den 29. März 2000 vorgesehenen Personalratswahl stellte der
Wahlvorstand ausweislich seines Protokolls der Sitzung vom 1. Februar 2000 fest, dass
die Dienststelle 602 in der Regel Beschäftigte habe und der Personalrat aus elf
Mitgliedern bestehe. In dem am 2. Februar 2000 ausgehängten Wahlausschreiben heißt
es dementsprechend, es sei ein aus elf Mitgliedern bestehender Personalrat zu wählen.
Am 29. März 2000 wurde die Personalratswahl wie vorgesehen durchgeführt. In der
Bekanntmachung des Wahlergebnisses vom 30. März 2000 stellte der Wahlvorstand die
Wahl von insgesamt elf namentlich bezeichneten Mitgliedern in den Personalrat fest.
3
Am 13. April 2000 hat der Antragsteller als Dienststellenleiter das vorliegende Verfahren
mit dem Antrag,
4
die beim Arbeitsamt B. am 29. März 2000 durchgeführte Personalratswahl für ungültig
zu erklären,
5
eingeleitet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Zahl der in der
Dienststelle in der Regel Beschäftigten liege unter 600, so dass lediglich ein aus neun
Mitgliedern bestehender Personalrat zu wählen gewesen wäre. Die vom Wahlvorstand
zugrunde gelegte Zahl von 602 in der Regel Beschäftigten sei unzutreffend und habe
deshalb zur Wahl eines zu großen Personalrats geführt.
6
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Fachkammer für
Bundespersonalvertretungssachen dem Antrag stattgegeben und die beim Arbeitsamt
B. am 29. März 2000 durchgeführte Personalratswahl für ungültig erklärt. Zur
Begründung hat die Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen im
Wesentlichen ausgeführt: Der Wahlvorstand habe die Zahl der zu wählenden
Personalratsmitglieder fehlerhaft bestimmt. Dies habe zu einem fehlerhaften
Wahlausschreiben geführt, da nicht elf, sondern lediglich neun Personalratsmitglieder
zu wählen gewesen seien. Bei der Ermittlung der Zahl der in der Regel Beschäftigten
sei in erster Linie, jedoch nicht ausschließlich vom Stellenplan auszugehen. Wenn über
längere Zeit hinaus weniger oder mehr Mitarbeiter als im Stellenplan vorgesehen
beschäftigt würden, sei diese tatsächliche Beschäftigung auch maßgeblich. Gemessen
an diesen Grundsätzen ergebe sich folgendes: Zum Zeitpunkt des Erlasses des
Wahlausschreibens seien nach dem Stellenplan 453 Stellen ausgewiesen gewesen,
die mit 493 Plankräften besetzt gewesen seien. Darüber hinaus seien 18 Arbeiter
(einschließlich der Angestellten, die eine der Rentenversicherung der Arbeiter
unterliegende Tätigkeit ausübten) und 22 befristet Eingestellte in der Dienststelle tätig
gewesen. Weiterhin habe die Dienststelle zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens 35 zur
Ausbildung und 27 beurlaubte Beschäftigte zu verzeichnen gehabt. An der Richtigkeit
dieser vom Antragsteller tagesaktuell für den 2. Februar 2000 ermittelten Zahl von 595 in
der Regel Beschäftigten zu zweifeln, bestehe keine Veranlassung. Die vom Beteiligten
erhobenen Einwände überzeugten nicht. Bei der von ihm angenommenen Zahl von 602
in der Regel Beschäftigten sei er von einem ersichtlich nicht korrekt aktualisierten
Organisations- und Geschäftsverteilungsplan vom 26. Mai 1999 ausgegangen. Hinzu
komme, dass es bei der Auswertung dieses Plans zu offensichtlichen Fehlern
gekommen sei, indem ein Beschäftigter doppelt gezählt sowie eine zur Einstellung
vorgesehener Person, die ihren Dienst jedoch nicht angetreten habe, und ein von der
Liste gestrichener Beschäftigter jeweils mitgezählt worden seien. Auch die Behauptung
des Beteiligten, die Dienststelle habe mehr als 22 befristet Beschäftigte zu verzeichnen,
könne die Richtigkeit der ermittelten Zahl von 595 in der Regel Beschäftigten nicht
erschüttern. Aus der Anzahl der dem Beteiligten zur Mitbestimmung vorgelegten
befristeten Verträge könne nicht auf die Gesamtzahl der befristet Beschäftigten
geschlossen werden. Die vom Beteiligten vorgelegte Liste der befristeten Einstellungen
ergebe, dass zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens die Verträge von 24 befristeten
Beschäftigten bereits beendet gewesen, zwei Personen nicht eingestellt worden und
zwei doppelt in die Liste aufgenommen worden seien. Die vom Beteiligten geltend
gemachte Annahme des Wahlvorstands, konkrete Planungen über zusätzliche
Aufgaben hätten ein Ansteigen der Beschäftigtenzahl erwarten lassen, sei nicht durch
konkrete Fakten belegt. Der Antragsteller habe eine zu erwartende Personalmehrung in
Abrede gestellt. Dem sei der Beteiligte nicht substantiiert entgegengetreten,
insbesondere habe er nicht dargelegt, welche konkrete Äußerung des Antragstellers
oder welche nachvollziehbaren Fakten den Wahlvorstand veranlasst hätten, für den
überwiegenden Teil der Amtsperiode des zu wählenden Personalrats von einer höheren
als der vom Antragsteller ermittelten Zahl der in der Regel Beschäftigten auszugehen.
7
Gegen diesen den Prozessbevollmächtigten des Beteiligten am 19. Februar 2001
zugestellten Beschluss haben diese am 13. März 2001 Beschwerde eingelegt und diese
nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat am 7. Mai 2001
begründet.
8
Im Wesentlichen führt der Beteiligte an: Die Art der Zählung der in der Regel
Beschäftigten durch die Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen sei nicht
9
nachvollziehbar, so dass insofern auch die Zahl von 595 in der Regel Beschäftigten
nicht nachvollziehbar sei. Die Quote für Auszubildende und
Verwaltungsinspektoranwärter sei erhöht worden. Statt neun seien zehn Auszubildende
und statt drei seien fünf Verwaltungsinspektoranwärter ausgebildet worden. Aufgrund
stellenplanmäßiger Veränderungen zum 1. Januar 2000 habe es einen Zugang von vier
Stellen (nämlich 1,0 Arbeitsberater, 1,0 Arbeitsvermittler, 0,5 Bearbeiter BAB/Reha, 0,5
Bürosachbearbeiter Abteilung Büro, 1,0 Sachbearbeiter Abteilung Büro) gegeben. Im
Jahre 2000 seien Ausgabeermächtigungen vorgesehen gewesen für beamtete
Hilfskräfte in einer Anzahl von vier Jahreskräften sowie für Vergütung und Löhne der
Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag zehn Monatsarbeitskräfte - also noch einmal eine
Arbeitskraft. Entgegen dem erstinstanzlichen Vorbringen des Antragstellers sei für das
Jahr 2001 statt eines Abbaus von 6,5 Stellen ein Zuwachs von 2,5 Stellen zu
verzeichnen gewesen. So stehe einem Zugang von 8,5 Stellen (2,5 Stellen im höheren
Dienst, 1,0 Arbeitsvermittler, 1,0 Bürosachbearbeiter BillB, 3,5 Sachbearbeitern BuStra
und 0,5 Bürokraft BuStra) lediglich ein Wegfall von sechs Stellen gegenüber. Zudem sei
die Ausgabeermächtigung für Vergütung und Löhne der Kräfte mit befristetem
Arbeitsvertrag auf 47 Monatsarbeitskräfte erhöht worden. In der Vergangenheit seien
immer über 600 in der Regel Beschäftigte in der Dienststelle tätig gewesen. Sofern die
Zahl unter 600 abgesunken gewesen sein sollte, könne es sich bloß um ein
Tagesereignis handeln. Entgegen der Fachkammer für
Bundespersonalvertretungssachen seien auch mehr als 22 befristet Beschäftigte in die
Berechnung einzubeziehen. Dies ergebe sich aus den einzelnen abgeschlossenen
Arbeitsverträgen. Im Übrigen hätten sich die vom Wahlvorstand angestellten
Zukunftsprognosen bestätigt. So seien im August 2000 23 Zusatzkräfte eingestellt
worden. Zudem seien ab dem 1. Januar 2002 1000 Arbeitsvermittler auf 181
Arbeitsämter im Bundesgebiet verteilt für drei Jahre befristet eingestellt worden.
Der Beteiligte beantragt,
10
den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag abzulehnen.
11
Der Antragsteller beantragt,
12
die Beschwerde zurückzuweisen.
13
Zur Begründung führt er an: Die Quoten für Auszubildende und
Verwaltungsinspektoranwärter seien unverändert geblieben. Eine Veränderung sei nur
in der Verteilung zwischen den Gruppen der Nachwuchskräfte eingetreten. Dies ergebe
sich aus den vom Landesarbeitsamt mit Schreiben vom 11. November 1999 und 17.
Oktober 2000 festgelegten Quoten. Ausweislich der vom Landesarbeitsamt zum 1.
Januar 2000 erstellten Auflistung der stellenplanmäßigen Veränderungen seien 6,5
Stellen, auf denen acht Beschäftigte eingesetzt gewesen seien, abgezogen und drei
Stellen, auf denen drei Beschäftigte eingesetzt seien, zugeteilt worden. Der Beteiligte
habe die Stellenabzüge nicht erwähnt sowie eine bloße Umwandlung als Zugang
gerechnet, so dass nicht von einem Plus von vier, sondern von einem Minus von 4,5
Stellen auszugehen sei. Im Übrigen seien diese Veränderungen bereits berücksichtigt
worden. Die Erhöhung der Zahl der Ermächtigungen für beamtete Hilfskräfte habe sich
auf den Stellenbestand nicht erhöhend ausgewirkt, da die Dienststelle in
entsprechendem Umfang Stellenmittel dem Landesarbeitsamt zur dortigen
Bewirtschaftung habe zurückgeben müssen. Die Ausnutzung der Ausgabeermächtigung
von zehn Monatskräften für Beschäftigte mit befristetem Arbeitsvertrag sei dem
14
Wahlvorstand bereits bekannt gewesen und in den dem Wahlvorstand gemeldeten
Zahlen enthalten. Die stellenplanmäßigen Veränderungen für das Jahr 2001 seien zum
maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen. Zudem seien die vom Beteiligten
angeführten Zahlen und Fakten unzutreffend. So habe es zur Bekämpfung illegaler
Beschäftigung ein Zugang von lediglich 1,5 Stellen gegeben, dem jedoch ein Abgang
von acht Stellen gegenüberstehe. Bei der vom Beteiligten genannten Stelle des
Arbeitsvermittlers SB handele es sich lediglich um die Verlegung der Stelle innerhalb
der Abteilung Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung. Im Ergebnis sei festzustellen,
dass einem Zugang von neun Stellen ein Abgang von 14 Stellen gegenüberstehe mit
der Folge, dass sich die Stellenanzahl um fünf vermindert habe. Sofern erstinstanzlich
von einem Abzug von 6,5 Stellen ausgegangen worden sei, habe es sich um einen
Rechenfehler gehandelt. Hinsichtlich der Zahl der befristet Beschäftigten sei
festzustellen, dass am 1. April 2000 lediglich 18 Arbeitnehmer befristet beschäftigt
gewesen seien.
Hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten in der Anhörung vor dem Fachsenat wird auf
das Sitzungsprotokoll verwiesen.
15
Wegen des Vorbringens der Beteiligten sowie des Sach- und Streitstands im Übrigen
wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
16
II.
17
Die fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete Beschwerde ist zulässig. Sie hat
auch in der Sache Erfolg.
18
Der Antrag ist zulässig. Als Dienststellenleiter ist der Antragsteller nach § 25 BPersVG
anfechtungsberechtigt. Die Anfechtungsfrist von zwölf Arbeitstagen, vom Tage der
Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, hat der Antragsteller eingehalten, da
das Wahlergebnis am 30. März 2000 bekannt gemacht worden und der
Anfechtungsantrag am 13. April 2000 beim Verwaltungsgericht eingegangen ist.
19
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
20
Nach § 25 BPersVG ist der Anfechtungsantrag begründet, wenn gegen wesentliche
Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen
worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das
Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Daran fehlt es hier.
21
Vorliegend kommt allein in Betracht und ist auch vom Antragsteller ausschließlich zur
Begründung seines Wahlanfechtungsantrags angeführt worden, dass gegen die zu den
wesentlichen Vorschriften über das Wahlverfahren zu rechnende Bestimmung des § 16
Abs. 1 Satz 1 BPersVG verstoßen worden ist, indem der Wahlvorstand die Zahl der zu
wählenden Personalratsmitglieder zu hoch festgelegt hat mit der Folge, dass das
Wahlausschreiben eine unzutreffende Zahl der zu wählenden Personalratsmitglieder
enthielt und infolge dessen auch eine unzutreffende Zahl von Personalratsmitgliedern
gewählt worden ist. Ein solcher Verstoß ist jedoch nicht festzustellen.
22
Die vom Wahlvorstand festgelegte Zahl von elf zu wählenden Personalratsmitgliedern
entspricht den Vorgaben aus § 16 Abs. 1 Satz 1 BPersVG. Danach besteht der
Personalrat in Dienststellen mit 601 bis 1000 in der Regel Beschäftigten aus elf
23
Mitgliedern. Die Zahl von über 600 in der Regel Beschäftigten war entgegen der
Auffassung des Antragstellers vorliegend erreicht.
Zur Ermittlung der Zahl der in der Regel Beschäftigten ist in erster Linie, jedoch nicht
ausschließlich, auf den Stellenplan zurückzugreifen; dieser dient nur als - freilich
gewichtiger - Anhalt und macht keineswegs eine Nachprüfung gegenstandslos. Bei
dieser Prüfung anhand der tatsächlichen Gegebenheiten ist von den "geregelten
Verhältnissen" auszugehen und eine auf längere Sicht abstellende Betrachtungsweise
maßgeblich. Für die Bewertung tatsächlicher Abweichungen vom Stellenplan als
"Regelstand" ist entscheidend, ob ein bestimmter Personalbestand von Dauer ist. Das
folgt aus dem Zweck der in Rede stehenden Regelungen. Dieser besteht darin, eine
zahlenmäßig angemessene Repräsentation der Beschäftigten während der Amtszeit der
Personalvertretung zu bewirken. Er bedingt zugleich, dass sich die Auslegung des
Merkmals der "dauerhaften Beschäftigung" an der Dauer der Amtszeit der
Personalvertretung ausrichten muss. Eine derartige Dauerhaftigkeit wird sich - wenn
nicht schon aus dem Stellenplan - oft aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis oder
aus der jeweiligen personellen Maßnahme herleiten lassen. Eine dauerhafte
Beschäftigung des Personalbestands kann aber auch dadurch bewirkt werden, dass
eine zusammenhängende Aufgabe - losgelöst von den jeweils damit beschäftigten
Personen - mehrere aufeinander folgende, kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse
gleichsam zu einem über einen längeren Zeitraum bestehenden
Beschäftigungsverhältnis verbindet. Zu berücksichtigen sind all jene Aufgaben und
sonstigen beschäftigungswirksamen Umstände, welche unmittelbar oder mittelbar das
mit der Dauer der Wahlperiode in Einklang zu bringende Bild prägen. Das sind
diejenigen Umstände, welche, sei es periodisch wiederkehrend, sei es einheitlich
fortbestehend, während des überwiegenden Teils des der Wahlperiode entsprechenden
Zeitraums gegeben oder für diese Zeitspanne mit hinreichender Sicherheit zu erwarten
sind. Danach ist derjenige Beschäftigungsstand zugrunde zu legen, der während des
überwiegenden Teils der Amtszeit der Personalvertretung mindestens zu erwarten ist
oder gar überschritten wird. Im Rahmen der Prognose, welcher Beschäftigungsstand für
den überwiegenden Teil der Amtsdauer der Personalvertretung zu erwarten ist, ist
zunächst einmal von der Situation im Zeitpunkt des Wahlausschreibens auszugehen.
Für ein gleich bleibendes Verhältnis des Stellenplans zum Regelstand spricht bei
Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig eine tatsächliche Vermutung. Andere
Umstände sind (mit) zu berücksichtigen, wenn sie voraussichtlich - allein oder
zusammen mit den bisherigen Verhältnissen - in einer Art und Weise für die
bevorstehende Wahlperiode den zu erwartenden Personalbestand beeinflussen und
dies durch ein höheres Maß an Gewissheit gekennzeichnet ist; sie müssen allerdings
für den Wahlvorstand zum Beurteilungszeitpunkt erkennbar sein. Das "Mehr" an
Gewissheit muss so eindeutig sein, dass es gerechtfertigt erscheint, die
Regelvermutung außer Acht zu lassen. Um dies beurteilen zu können, bedarf es
grundsätzlich sowohl eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke der
Dienststelle als auch eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung.
24
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1991 - 6 P 1.89 -, Buchholz 251.7 § 13 NWPersVG
Nr. 3 = PersR 1991, 369 = PersV 1992, 81 = RiA 1992, 128 = ZBR 1992, 89 = ZfPR
1991, 164; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 1994 - 1 A 3122/93.PVL -, PersV
1996, 402 = RiA 1995, 201; jeweils m.w.N.
25
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, dass in der Dienststelle zum
Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens die Zahl der in der Regel Beschäftigte
26
mehr als 600 betrug.
Bei Erlass des Wahlausschreibens am 2. Februar 2000 waren nach den vom Beteiligten
nicht durchgreifend in Frage gestellten Angaben des Antragstellers in der Dienststelle
595 Beschäftigte vorhanden. So wies der Stellenplan 453 Stellen aus, die mit 493
Plankräften besetzt waren. Darüber hinaus gab es 40 Beschäftigte, die über den
Stellenplan hinaus geführt wurden. Dabei handelte es sich um 18 Arbeiter
(einschließlich der Angestellten, die eine der Rentenversicherung der Arbeiter
unterliegende Tätigkeit ausüben) und 22 befristet Beschäftigte. Schließlich waren noch
62 Beschäftigte vorhanden, die außerhalb des Stellenplans geführt wurden. Diese
setzten sich aus 35 in der Ausbildung befindliche und 27 beurlaubte Beschäftigte
zusammen.
27
Dieser zum maßgeblichen Zeitpunkt vorhandene Bestand an Beschäftigten ist aufgrund
der Einschätzung der zukünftigen Entwicklung zu erhöhen.
28
So ergibt sich eine Erhöhung um drei in der Regel Beschäftigte aus dem Umstand, dass
bei Erlass des Wahlausschreibens mit hinreichender Sicherheit eine entsprechende
Erhöhung der Zahl der Auszubildenden und Verwaltungsinspektoranwärter für das Jahr
2000 und die Folgejahre zu erwarten war. Nachdem noch für den 1. September 1999
eine Einstellungs- und Zulassungsquote von neun Auszubildenden und drei
Verwaltungsinspektoranwärter vorgesehen war, sind die Quoten vom Landesarbeitsamt
Nordrhein-Westfalen für den Einstellungstermin 1. September 2000 auf zehn
Auszubildende und fünf Verwaltungsinspektoranwärter erhöht worden. Diese Zunahme
um drei Beschäftigte war bei Erlass des Wahlausschreibens bereits hinreichend sicher
bekannt, da die Quotenverteilung bereits mit Schreiben des Landesarbeitsamts
Nordrhein-Westfalen vom 11. November 1999 der Dienststelle mitgeteilt worden ist.
Dass nach dem Vorbringen des Antragstellers mittlerweile eine Auszubildende wieder
ausgeschieden ist, ist unerheblich, da für die prognostische Einschätzung allein auf die
Situation bei Erlass des Wahlausschreibens abzustellen ist. In der Zeit danach
eintretende unvorhersehbare Veränderungen haben außer Betracht zu bleiben.
29
Eine weitere Erhöhung um sechs in der Regel Beschäftigte folgt aus der prognostischen
Einschätzung der zu erwartenden Zahl von befristet Beschäftigten.
30
Die dem Wahlvorstand vom Antragsteller genannte und auch von der Fachkammer für
Bundespersonalvertretungssachen seiner Entscheidung zugrunde gelegte Zahl von 22
befristet Beschäftigten stellt allein auf den zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens zu
erwartenden Ist-Zustand ab. Um jedoch eine zahlenmäßig angemessene
Repräsentation der Beschäftigten während der Amtszeit der Personalvertretung zu
bewirken, darf sich der Blick bei der Bestimmung der Zahl der in der Regel
Beschäftigten nicht auf eine solche Momentaufnahme beschränken. Vielmehr ist eine
prognostische Einschätzung vorzunehmen, wie sich auf längere - d.h. die gesamte
Wahlperiode berücksichtigende - Sicht die Beschäftigungszahlen entwickeln werden.
31
In diesem Zusammenhang ist dem Antragsteller zuzugestehen, dass sich im Voraus die
genaue Zahl der in Zukunft befristet Beschäftigten nur schwer, wenn nicht sogar
überhaupt nicht ermitteln lässt. Als feste Größe ist allein die im Haushaltsplan als
"Ausgabeermächtigung für Vergütung und Lohn der befristet Beschäftigten"
vorgesehene Kräftezahl vorhanden, die vorliegend für das Jahr 2000 10 Monatskräfte
betrug. Über diese Ausgabenermächtigung hinaus standen (und stehen) dem
32
Antragsteller aber aus dem Umstand, dass ihm die Stellenbewirtschaftung für den
mittleren und gehobenen Dienst übertragen worden ist, in erheblichem Umfang weitere
Möglichkeiten zum Abschluss befristeter Arbeitsverträge zur Verfügung. Solche ergeben
sich insbesondere aus der Ausschöpfung von Stellenmitteln aus Stellenresten
Teilzeitbeschäftigter sowie aus solchen Stellen, die im Zusammenhang mit
Veränderungen des Stellenplans, wegen langfristiger Erkrankung der Stelleninhaber
oder wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit unbesetzt sind. Diese Möglichkeiten
des Einsatzes befristet Beschäftigter lassen sich in Anbetracht der ihnen zugrunde
liegenden Unwägbarkeiten nicht verlässlich voraussagen. In Würdigung dessen ist für
die Herleitung einer auf die Zukunft gerichteten Prognose auf Erfahrungswerte aus der
Vergangenheit zurückzugreifen.
Ausgehend davon ist die Zahl der bei Erlass des Wahlausschreibens vorhandenen
befristet Beschäftigten um sechs zu erhöhen. Dies folgt aus der vom Antragsteller unter
dem 16. Januar 2002 erstellten Aufstellung der Durchschnittszahlen der jeweils zum 15.
eines Monats beschäftigten Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag. Danach betrug die
Zahl der befristet Beschäftigten im Jahr 1999 durchschnittlich 28.
33
Dieser Wert ist für die Ermittlung der Zahl der in der Regel Beschäftigten zugrunde zu
legen, da er eine hinreichend verlässliche Aussage enthält, welcher regelmäßige
Beschäftigtenstand in der Dienststelle vorhanden ist. Als Durchschnittswert des
Vorjahres trägt er dem Umstand einer erheblichen Spannweite der einzelnen
Monatszahlen (z.B. 12 am 15. Januar und 37 am 15. November) angemessen
Rechnung. Er ist auch nicht als zu hoch anzusehen, da die Zahl von 28 befristet
Beschäftigten im Jahr 1999 lediglich in vier Monaten unter-, jedoch in acht Monaten
überschritten worden ist.
34
Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich für das Jahr 2000 vom Grundsatz her aus der
Aufstellung ein Anhalt für eine steigende Tendenz ableiten lässt. Denn im Hinblick
darauf, dass sich der Wert für den 15. Januar 2000 gegenüber den für den 15. Januar
1999 um 10 (22 gegenüber 12) nahezu verdoppelt hatte und die Zahl der befristet
Beschäftigten regelmäßig in der zweiten Jahreshälfte ansteigt, sprachen gewichtige
Anhaltspunkte für eine zu erwartende Zunahme der befristet Beschäftigten gegenüber
den aktuell bei Erlass des Wahlausschreibens vorhandenen.
35
Schließlich ist noch ergänzend - wenn auch nicht entscheidend - zu berücksichtigen,
dass auch bei der vorherigen Personalratswahl von über 600 in der Regel Beschäftigten
ausgegangen und diese Zahl im Zusammenhang mit den erfolgten zwei Freistellungen
während der gesamten Wahlperiode auch nicht in Frage gestellt worden ist.
36
Da mithin aufgrund der Einschätzung der zukünftigen Entwicklung eine Erhöhung des
bei Erlass des Wahlausschreibens vom Antragsteller angenommenen Bestands von
595 tatsächlich vorhandenen Beschäftigten um neun vorzunehmen ist, kommt es nicht
darauf an, ob bei der vom Antragsteller ermittelten Zahl auch derjenige Beschäftigte
hätte berücksichtigt werden dürfen, der sich zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits in der
Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell befand.
37
Vgl. in diesem Zusammenhang: OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2001 - 1 A
315/01.PVL -; Bay. VGH, Beschluss vom 14. November 2001 - 17 P 01.638 -; jeweils
m.w.N.
38
Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren.
39
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht
vorliegen.
40