Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.05.2005

OVG NRW: stand der technik, bebauungsplan, gutachter, kläranlage, gemeinde, genehmigung, zahl, eigentümer, gefahr, vollzug

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Oberverwaltungsgericht NRW, 10 B 2657/04.NE
06.05.2005
Oberverwaltungsgericht NRW
10. Senat
Beschluss
10 B 2657/04.NE
Der Vollzug des Bebauungsplans Nr. BS 39 "Östliche Bahnhofstraße"
der Gemeinde I. wird bis zur Entscheidung über den
Normenkontrollantrag des Antragstellers im Verfahren 10 D 93/04.NE
ausgesetzt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfah-rens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e : Der sinngemäß gestellte Antrag,
den Vollzug des Bebauungsplans Nr. BS 39 "Östliche Bahnhofstraße" der Gemeinde I. bis
zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag im Verfahren 10 D 93/04.NE
auszusetzen,
ist zulässig.
Insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den
Normenkontrollantrag stellen, wer geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift
oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt
zu werden. Diese Anforderungen gelten gleichermaßen für einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO.
Nach dem tatsächlichen Vorbringen des Antragstellers ist es nicht ausgeschlossen, dass er
durch die Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans in einem seiner Rechte
verletzt wird. In Betracht kommt insoweit eine Verletzung des ihm zustehenden Rechts auf
gerechte Abwägung seiner privaten Interessen. Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte
Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privater Belange, die
für die Abwägung erheblich sind, und kann deshalb ein "Recht" im Sinne von § 47 Abs. 2
Satz 1 VwGO sein. Das Interesse des Antragstellers an einer im Rahmen der genehmigten
Variationsbreite ungehinderten Ausübung seines vorhandenen, überwiegend auf
Nutztierhaltung spezialisierten landwirtschaftlichen Betriebes und sein im Wege einer
Bauvoranfrage bereits konkretisiertes Bedürfnis nach einer künftigen Betriebserweiterung
waren in die Abwägung der durch die Planung berührten öffentlichen und privaten
Interessen einzustellen. Der Bebauungsplan ermöglicht eine zusammenhängende
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Bebauung von bisher im Außenbereich gelegenen und im Wesentlichen unbebauten
Grundstücken in der weiteren Umgebung des emittierenden Betriebs des Antragstellers.
Das Näherrücken der Bebauung an den Betrieb kann Nutzungskonflikte hervorrufen und
unter Umständen Betriebseinschränkungen zum Nachteil des Antragstellers zur Folge
haben. Dem steht nicht entgegen, dass die vorhandenen Betriebsgebäude von den zur
Bebauung vorgesehenen Teilen des Plangebiets mehr als 300 m entfernt liegen. Die vom
Antragsteller betriebene Nutztierhaltung - überwiegend werden Mastschweine gehalten -
verursacht erfahrungsgemäß erhebliche Geruchsimmissionen auch auf weiter entfernt
liegenden Flächen. Nach Nr. 4.4.2 der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL), die
Regelungen für die Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen trifft, besteht
das Beurteilungsgebiet aus den gemäß Nr. 4.4.3 GIRL gebildeten quadratischen
Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den
Emissionsschwerpunkt befinden, dessen Radius mindestens 600 m beträgt.
Der Antrag ist auch begründet.
Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung
erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen
dringend geboten ist. Die Entscheidung über den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO setzt eine
Gewichtung der widerstreitenden Interessen voraus, bei der insbesondere auf die Folgen
für den Antragsteller abzustellen ist, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht
erginge, der Normenkontrollantrag in der Hauptsache jedoch Erfolg hätte.
Nach diesen Maßstäben ist es dringend geboten, die Vollziehung des angegriffenen
Bebauungsplans bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag im Verfahren 10 D
93/04.NE auszusetzen, um schwere Nachteile zu Lasten des Antragstellers abzuwehren.
Es besteht die Gefahr, dass ohne die einstweilige Anordnung - auch wenn der
Normenkontrollantrag in der Hauptsache Erfolg hätte - der landwirtschaftliche Betrieb des
Antragstellers betrieblichen Einschränkungen unterworfen und/oder in seinen
Entwicklungsmöglichkeiten behindert würde. Zu derartigen Beschränkungen könnte es
kommen, wenn die durch die Planung ermöglichte Wohnbebauung bis zur rechtskräftigen
Entscheidung des Normenkontrollhauptsacheverfahrens weitgehend fertiggestellt würde
und insbesondere die den Betriebsgebäuden am nächsten gelegenen Wohnhäuser
entgegen der Annahmen des Rates der Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren
Geruchsemissionen des Betriebs ausgesetzt wären, die den Begriff der schädlichen
Umwelteinwirkungen gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG erfüllen. Auch Anlagen, die keiner
Genehmigung nach § 4 BImSchG bedürfen, sind ungeachtet der zu Grunde liegenden
Baugenehmigungen so zu errichten und zu betreiben, dass die nach dem Stand der
Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen verhindert und die
unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden
(§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG). Sollte der landwirtschaftliche Betrieb des
Antragstellers schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen - beispielsweise Gerüche
verursachen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet wären, Gefahren, erhebliche
Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die an die Betriebsgebäude herangerückte
Wohnbebauung herbeizuführen -, könnte die zuständige Behörde nach § 24 Satz 1
BImSchG die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen und
den Betrieb einschränken.
Als planbedingte Behinderungen der gegenwärtigen Betriebsausübung kommen hier
zusätzliche behördliche Auflagen und Anordnungen zum Schutz der geplanten neuen
Wohnbebauung in Betracht.
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Dem Bebauungsplan liegt eine "Gutachtliche Stellungnahme zu den Geruchsimmissionen
im Planungsgebiet BS 39 der Gemeinde I. " der RWTÜV Systems GmbH vom 3. Juli 2003 -
ergänzt am 13. April 2004 - zu Grunde, die zu dem Ergebnis gelangt, dass bei
Berücksichtigung des zur Zeit der Erhebungen vorhandenen Tierbestandes von insgesamt
zwölf in der weiteren Umgebung des Plangebiets angesiedelten landwirtschaftlichen
Betrieben und der dem Plangebiet unmittelbar benachbarten Kläranlage der in der Tabelle
1 der Nr. 3.1 GIRL genannte Immissionswert von 0,10 im Plangebiet nicht überschritten
wird. Dieser Wert beschreibt die Geruchshäufigkeit indem er prozentual die Zahl der
Jahresstunden angibt, in denen es zu Geruchswahrnehmungen auf der jeweiligen
Beurteilungsfläche kommt. Der Gutachter hat bei seinen Berechnungen angenommen,
dass bestimmte geruchsrelevante Teile der Kläranlage abgedeckt werden und hinsichtlich
der Abluft dieser Anlagenteile eine Reinigung mittels Biofilter erfolgt.
Die Prognose erweist sich jedoch bei der in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
gebotenen summarischen Prüfung als nicht geeignet, die aus der Planung folgende Gefahr
betrieblicher Beschränkungen zu Lasten des Antragstellers einigermaßen sicher
ausschließen zu können.
Ist in einem Bebauungsplanverfahren eine prognostische Abschätzung von zu erwartenden
Immissionen erforderlich, kann diese zwar - je nach den Umständen des Falles - mehr oder
weniger grob sein, doch muss sie im Ergebnis hinreichend aussagekräftig sein, um die
Wahrung der Zumutbarkeitsschwelle abwägungsgerecht beurteilen zu können. Diesen
Anforderungen entspricht die vom Antragsteller angegriffene Geruchsimmissionsprognose
nicht. Sie lässt nicht ausreichend sicher vermuten, dass das Plangebiet durch die
bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe und die umgebaute Kläranlage keinen
unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt sein wird und deshalb nachteilige Eingriffe
in die vorhandenen Betriebe auszuschließen sind.
Der Geruchsimmissionsprognose fehlt bereits die zutreffende Prognosebasis, denn der ihr
zu Grunde gelegte Sachverhalt erfasst das tatsächlich zu berücksichtigende
Emissionspotenzial möglicherweise nur unvollkommen. Auf Nachfrage des Senats hat die
Antragsgegnerin bestätigt, dass sich der Gutachter bei der Berechnung der im Plangebiet
zu erwartenden Geruchsimmissionen ausschließlich am vorhandenen Tierbestand der in
die Berechnung einbezogenen landwirtschaftlichen Betriebe orientiert hat. Er hat diesen
Bestand im Wesentlichen durch Befragung der Landwirte im Rahmen von Ortsterminen und
- im Falle des Betriebes T. - auf der Grundlage von Angaben des Landwirts gegenüber dem
Staatlichen Umweltamt I1. ermittelt. Das für die Umrechnung in Großvieheinheiten
maßgebliche Gewicht der jeweils gehaltenen Tiere hat der Gutachter ermittelt, indem er die
Landwirte gefragt hat, mit welchem durchschnittlichen Gewicht die Tiere ein- und
ausgestallt werden. In welcher Weise er für den Betrieb T1. das durchschnittliche Gewicht
der gehaltenen Tiere ermittelt hat, geht weder aus der Geruchsimmissionsprognose noch
aus den im gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätzen hervor.
Der erhobene tatsächliche Bestand wäre - sowohl was die Zahl als auch das Gewicht der
berücksichtigten Tiere angeht - nur dann als Prognosebasis geeignet, wenn feststünde,
dass er mit dem nach der Genehmigungslage zulässigen Bestand im Wesentlichen
übereinstimmt. Ob das so ist, lässt sich jedoch anhand der dem Senat zur Verfügung
stehenden Unterlagen auch nicht annäherungsweise feststellen. Um in Fällen wie diesem
eine verwertbare Grundlage für eine Immissionsprognose zu erhalten, ist es grundsätzlich
unerlässlich, das tatsächlich zulässige Emissionspotenzial zu ermitteln, wie es sich aus
den für die berücksichtigten landwirtschaftlichen Betriebe erteilten Baugenehmigungen
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beziehungsweise immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen ergibt. Nur auf einer
solchen Grundlage ist die Prognose hinreichend aussagekräftig, um die in die Abwägung
einzustellenden widerstreitenden Belange von Wohnnutzung und Landwirtschaft richtig
gewichten und zu einem gerechten Ausgleich bringen zu können. Dass - wie die
Antragsgegnerin vorträgt - der Gutachter keine leerstehenden Ställe angetroffen hat und ihr
auch keine Erkenntnisse vorliegen, wonach einer der fraglichen Landwirte über eine
Genehmigung verfügt, die einen größeren Tierbestand erlaubt, vermag die
genehmigungsbezogene Ermittlung der Prognosebasis nicht zu ersetzen. Das gilt
jedenfalls dann, wenn - wie hier - absehbar ist, dass bereits bei Berücksichtigung des
tatsächlichen Nutztierbestandes die im Plangebiet zu erwartende Geruchsbelastung mit
einer Geruchshäufigkeit von 10 % der Jahresstunden den für Wohngebiete maximal
zulässigen Wert erreicht.
Was die Entwicklungsmöglichkeiten der landwirtschaftlichen Betriebe - insbesondere des
Betriebs des Antragstellers angeht -, hat der Rat im Rahmen der Abwägung der öffentlichen
und privaten Belange angenommen, dass sich eine Erweiterung der Tierhaltung in der
Nähe des Plangebiets auch nachteilig auf Immissionsorte außerhalb des Plangebiets
auswirken würde, an denen die einschlägigen Orientierungswerte bereits durch
landwirtschaftliche Emissionen überschritten seien. Als solche Immissionsorte hat der Rat
die einem Wohngebiet zugeordneten Häuser G.-------straße 6, 8, 10 und 12 sowie das im
Außenbereich gelegene Haus S.----------straße 15 genannt. Nach der
Geruchsimmissionsprognose treten dort derzeit - berücksichtigt man die geplanten
Emissionsminderungen bei der Kläranlage - Geruchshäufigkeiten von 14 %
beziehungsweise 20 % der Jahresstunden auf. Die Beaufschlagung der maßgeblichen
Beurteilungsflächen würde sich nach der Prognose um nur jeweils 0,01 auf 0,15
beziehungsweise 0,21 erhöhen, wenn der Antragsteller das zum Gegenstand seiner
Bauvoranfrage gemachte Stallgebäude für 1.100 Mastschweine südwestlich seiner
Hofstelle errichten würde. Im Plangebiet käme es dagegen zu massiven Erhöhungen der
Werte um 0,11 bis 0,15. Angesichts dieser Zahlen und des Umstandes, dass die oben
bezeichneten Immissionsorte nicht - wie das Plangebiet - nordwestlich sondern nordöstlich
des geplanten Schweinestalles liegen und von diesem etwa 1.000 m beziehungsweise
1.200 m entfernt sind, ist die Prognose auch hinsichtlich der konkret angedachten
Betriebserweiterungen des Antragstellers in keiner Weise aussagekräftig. Aus ihr geht
beispielsweise nicht hervor, welche möglichen emissionsmindernden Maßnahmen der
Gutachter berücksichtigt hat. So ist es mit Blick auf die konkreten Umstände ohne weiteres
denkbar, den geplanten Schweinestall so zu errichten und zu betreiben, dass keine
Immissionssteigerungen an den vom Rat genannten Immissionsorten auftreten, wohl aber
in dem etwas mehr als 200 m entfernten Plangebiet.
Sollte die durch den Bebauungsplan ermöglichte Wohnbebauung bis zum Abschluss des
Normenkontrollhauptsacheverfahren weitgehend verwirklicht sein, würde dem Antragsteller
der spätere Erfolg in jenem Verfahren möglicherweise nichts nützen. Die Eigentümer
genehmigter Bauvorhaben im Plangebiet könnten sich, sofern der Antragsteller nicht jede
einzelne Baugenehmigung mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifen würde, auf
die Legalisierungswirkung der Baugenehmigungen berufen. Ob der Antragsteller bei einer
späteren Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans die Beseitigung von nach §
67 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW genehmigungsfrei errichteten Vorhaben erreichen könnte, ist
zweifelhaft. Nach § 67 Abs. 8 Satz 2 BauO NRW darf die Beseitigung eines Vorhabens
wegen eines Verstoßes gegen planungsrechtliche Vorschriften, der auf der Nichtigkeit des
Bebauungsplans beruht, nur dann verlangt werden, wenn eine Beeinträchtigung von
Rechten Dritter dies erfordert. Die Reichweite dieser Vorschrift, die das
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ordnungsbehördliche Einschreiten der Bauaufsichtsbehörden regeln soll, ist ungeklärt. Das
Bundesverwaltungsgericht hat in der Vergangenheit mehrfach deutlich gemacht, dass die
Beachtung und Durchsetzung des materiellen Bauplanungsrechts im Rahmen
landesrechtlich geregelter Verfahren grundsätzlich nicht zur Disposition des
Landesgesetzgebers steht.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 300, Beschluss
vom 17. April 1998 - 4 B 144.97 -, BRS 60 Nr. 169 und Beschluss vom 9. Februar 2000 - 4
B 11.00 -, BauR 2000, 1318.
Ob - abgesehen davon - die Voraussetzungen des § 67 Abs. 8 Satz 2 BauO NRW auch
dann erfüllt sein können, wenn die durch den Bebauungsplan ermöglichte Wohnbebauung
nach ihrer Fertigstellung - sollte der Bebauungsplan im
Normenkontrollhauptsacheverfahren für unwirksam erklärt werden - bauplanungsrechtlich
als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB zu beurteilen wäre,
bedarf letztlich keiner Entscheidung. In jedem Fall würde der Antragsteller bei einer
weitgehenden Fertigstellung der geplanten Wohnbebauung einer unüberschaubaren
prozessualen Situation ausgesetzt sein, die für sich genommen einen schweren Nachteil
im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO begründen würde.
Nach allem überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Interesse der
Eigentümer der im Plangebiet gelegenen Grundstücke, von den ihnen durch den
Bebauungsplan eingeräumten Bebauungsmöglichkeiten noch vor der rechtskräftigen
Entscheidung im Normenkontrollhauptsacheverfahren Gebrauch machen zu können.
Unabhängig von einer Außervollzugsetzung wegen drohender schwerer Nachteile für den
Antragsteller, können auch Gesichtspunkte, die für die Unwirksamkeit des Bebauungsplans
vorgebracht werden, gegebenenfalls eine einstweilige Anordnung gemäß § 47 Abs. 6
VwGO rechtfertigen, wenn der Normenkontrollantrag auf Grund dieser Gesichtspunkte im
Hauptsacheverfahren offensichtlich Erfolg haben wird. Bei summarischer Prüfung spricht
Überwiegendes für die Unwirksamkeit des Bebauungsplans, weil er den Anforderungen
des § 1 Abs. 6 BauGB (§ 1 Abs. 7 BauGB n.F.), wonach bei der Aufstellung der
Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander
gerecht abzuwägen sind, nicht genügen dürfte. Der Rat der Antragsgegnerin hatte bei der
Abwägung neben dem öffentlichen Interesse an der Schaffung weiterer Wohnbauflächen
auch das Interesse der in der Nähe des Plangebiets angesiedelten landwirtschaftlichen
Betriebe an der Beibehaltung ihrer betrieblichen Situation zu berücksichtigen und etwaige
planbedingte Konflikte zwischen diesen Belangen zu lösen. Der vom Rat gefundenen
Lösung liegen die auf die oben erwähnte Geruchsimmissionsprognose der RWTÜV
Systems GmbH gestützten Annahmen zu Grunde, dass ein Nutzungskonflikt bezogen auf
den vorgefundenen Bestand nicht auftrete und wesentliche Betriebserweiterungen mit
Rücksicht auf außerhalb des Plangebiets liegende Wohnnutzungen ohnehin
ausgeschlossen seien. Die Geruchsimmissionsprognose trägt diese Annahmen jedoch
nicht, da - wie oben dargestellt - hinsichtlich der Richtigkeit der grundlegenden
Ausgangsdaten Unklarheit besteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.