Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 28.08.2009

OVG NRW (ablauf der frist, verwaltungsgericht, ausnahme, zweifel, richtigkeit, grund, frist, verlängerung, dach, obiter dictum)

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 1308/08
Datum:
28.08.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 A 1308/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 4 K 3873/06
Schlagworte:
Zulassungsantrag, Darlegung, Rechtsänderung, Ausnahme,
Schlusspunktheorie
Normen:
VwGO § 124a Abs. 4; BauO NRW § 74a
Leitsätze:
1. Ist nach Ablauf der Frist für die Darlegung der Gründe, aus denen die
Berufung zuzulassen sein soll, eine Rechtsänderung eingetreten, bleibt
diese bei der Entscheidung über den Zulassungsantrag grundsätzlich
unberücksichtigt. Dies kann dann anders sein, wenn ernstliche Zweifel
an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gerade unter Bezug auf
eine bevorstehende Rechtsänderung fristgerecht dargelegt worden sind.
Der Bezug auf eine noch anstehende Ratssitzung, in der eine
Bebauungsplanänderung beschlossen werden soll, reicht nicht.
2. Im Verfahren nach § 74a BauO NRW auf Erteilung einer Ausnahme
von Festsetzungen eines Bebauungsplans werden regelmäßig nicht alle
öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft, die einem Vorhaben etwaig
entgegenstehen können.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfah¬rens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfah¬ren auf 20.000,--
Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
2
I.
3
Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich die geltend gemachten ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht.
4
Für die Zulassungsentscheidung des Senats kommt es nicht darauf an, dass sich die
Rechtslage nach Erlass des angefochtenen Urteils mit der Bekanntmachung der
16. vereinfachten Änderung des Bebauungsplans Nr. 4a "T. -I. " der
Beigeladenen am 27. Juni 2008 geändert hat. Allerdings hat diese Bekanntmachung zur
Folge, dass damit die zuletzt erlassene, am 18. Februar 2008 bekannt gemachte
Veränderungssperre der Beigeladenen gemäß § 17 Abs. 5 BauGB außer Kraft getreten
ist, wie auch aus deren § 4 Satz 4 folgt. Dies gilt unabhängig davon, ob diese
Bebauungsplanänderung ihrerseits wirksam ist oder nicht; das Risiko der Gültigkeit des
Bebauungsplans trägt vielmehr grundsätzlich die ihn erlassene Gemeinde.
5
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 1990
6
- 4 B 174.89 -, BRS 50 Nr. 99.
7
Bei Berücksichtigung der Bebauungsplanänderung wären die Veränderungssperren,
mit deren Wirkungen sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil eingehend
auseinandergesetzt hat, ohne Bedeutung für eine Entscheidung über das hier strittige
Begehren der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB im
Rahmen der Festsetzungen der Urfassung des Bebauungsplans Nr. 4a. Diese hätte
sich - wenn die Bebauungsplanänderung im vorliegenden Verfahren auf Zulassung der
Berufung vom Senat zu beachten wäre - vielmehr allein nach den Festsetzungen dieser
Planänderung oder bei deren Unwirksamkeit nach den Festsetzungen der Urfassung
des Bebauungsplans zu richten. Dem Senat ist eine Berücksichtigung der genannten
Planänderung im vorliegenden Zulassungsverfahren jedoch verwehrt, weil diese
Rechtsänderung nicht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb der dort genannten
Frist von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils des
Verwaltungsgerichts als Zulassungsgrund geltend gemacht worden ist und auch nicht
geltend gemacht werden konnte.
8
Allerdings beurteilt sich die Frage, ob ein (dargelegter) Grund für die Zulassung der
Berufung besteht, nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts über den Zulassungsantrag. Maßgeblich ist allein, ob nach der
Rechtslage in diesem Zeitpunkt das angefochtene Urteil den (dargelegten) ernstlichen
Zweifeln an seiner Richtigkeit begegnet. Der Ablauf der Frist für die Darlegung solcher
Zweifel legt nicht den für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt fest. Ob die
Berufung nach der Sach- und Rechtslage im hierfür maßgeblichen Zeitpunkt zuzulassen
ist, hat das Oberverwaltungsgericht allerdings nur im Rahmen der rechtzeitig
dargelegten Gründe zu beurteilen. Ist erst nach Ablauf der hierfür geltenden Frist eine
Rechtsänderung eingetreten, kann der Antragsteller nicht mit Blick auf diese erstmals
neue Zulassungsgründe geltend machen; die Rechtsänderung muss aus diesem Grund
unberücksichtigt bleiben. Hat der Antragsteller hingegen mit Blick auf eine
bevorstehende Änderung der Rechtslage vor Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 VwGO
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dargelegt, steht der
Berücksichtigung der späteren Rechtsänderung nicht entgegen, dass sie erst nach
Ablauf der Frist, aber vor der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den
9
Zulassungsantrag eingetreten ist.
Vgl. zu alledem: BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2003 - 7 AV 2.03 -,
NVwZ 2004, 744.
10
Gemessen an diesen Maßstäben sind im vorliegenden Fall ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des angefochtenen Urteils auf Grund der erst nach Ablauf der Frist des
§ 124a Abs. 4 VwGO am 24. Juni 2008 infolge der Bekanntmachung der Planänderung
vom 27. Juni 2008 eingetretenen Rechtsänderung (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB) nicht
fristgerecht dargelegt worden. Das diesbezügliche Vorbringen auf S. 20/21 der
Zulassungsbegründung beschränkt sich auf folgenden Wortlaut:
11
"Der Abschluss des aktenkundigen B-Plan-Verfahrens mit Ausschluss des
Mobilfunks steht nun unmittelbar bevor; Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
war schon vor der mündlichen Verhandlung eingeleitet und ist inzwischen beendet.
Die Abwägung ist umfassend. Zu allem wird noch näher vorgetragen werden."
12
Diese Ausführungen finden sich zwar am Ende des Abschnitts I der
Zulassungsbegründung, mit dem ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht werden. Sie lassen jedoch schon nicht
hinreichend erkennen, dass die Richtigkeit des Urteils selbständig tragend auch und
gerade wegen einer künftigen Rechtsänderung in Zweifel gestellt werden soll.
Insbesondere fehlt es an konkreter Darlegung, was mit dem "unmittelbar"
bevorstehenden Abschluss des Planänderungsverfahrens gemeint ist und welche
rechtlichen Konsequenzen sich hieraus für den geltend gemachten und vom
Verwaltungsgericht bejahten Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahme
ergeben würden. So ist in den angeführten Ausführungen der Zulassungsbegründung
zum Ergebnis der Trägerbeteiligung nichts gesagt worden. Ihnen lässt sich mithin noch
nicht einmal entnehmen, dass - nach Einschätzung der Beigeladenen - der Planentwurf
voraussichtlich unverändert als Satzung beschlossen werden könne.
13
Eine Berücksichtigung der Planänderung bei der Zulassungsentscheidung des Senats
scheidet im Übrigen auch deshalb aus, weil in der hier gegebenen Situation eine im
Sinne der angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
"bevorstehende" Änderung der Rechtslage vor dem Satzungsbeschluss schon nicht
hinreichend geltend gemacht werden konnte. Die Aussage der Beigeladenen auf S. 21
der Zulassungsbegründung, die Abwägung sei "umfassend", geht fehl. Eine solche
Aussage kann vor dem abschließenden Satzungsbeschluss des Rates über eine
Bebauungsplanänderung gar nicht getroffen werden, wenn man nicht eine unzulässige,
zur Ungültigkeit des Satzungsbeschlusses führende Vorabbindung des Rates
annehmen wollte. Die abschließende Abwägungsentscheidung bei der Aufstellung von
Bebauungsplänen ist dem Satzungsbeschluss vorbehalten und obliegt dem
Gemeindeorgan, das den Satzungsbeschluss zu fassen hat
14
- vgl.: BVerwG, Urteil vom 25. November 1999
15
- 4 CN 12.98 -, BRS 62 Nr. 45 -,
16
hier mithin der Stadtverordnetenversammlung der Beigeladenen. Solange diese
Entscheidung nicht getroffen worden ist, kann über den mutmaßlichen Ausgang des
Plan(Änderungs)Verfahrens einschließlich der Frage, ob es überhaupt zu einem
17
Satzungsbeschluss kommt, nur spekuliert werden. Anderes mag gelten, wenn bis zum
Ablauf der Frist für die Begründung des Zulassungsantrags jedenfalls der
Satzungsbeschluss gefasst ist, mithin der künftige Planinhalt feststeht, und nur noch die
förmliche Abwicklung der Inkraftsetzung des Bebauungsplans (Ausfertigung, ortsübliche
Bekanntmachung) aussteht. Im vorliegenden Fall hat die Stadtverordnetenversammlung
der Beigeladenen den Satzungsbeschluss über die Planänderung jedoch - aus
welchem Grund auch immer - erst am Tag nach Ablauf der Begründungsfrist gefasst.
Über die Frage, ob die Planänderung zu berücksichtigen ist, hat der Senat bereits im
Zulassungsverfahren abschließend zu entscheiden. Eine - im Übrigen insoweit nicht
ausdrücklich geltend gemachte - Zulassung der Berufung etwa wegen besonderer
tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2
Nr. 2 VwGO) oder grundsätzlicher Bedeutung (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO) in Bezug auf diese Frage scheidet schon deshalb aus, weil die
Auseinandersetzung der Beteiligten über die Berücksichtigungsfähigkeit der
Planänderung mit der Berufungszulassung erledigt wäre. Im Berufungsverfahren wäre
dann in jedem Fall die Bebauungsplanänderung, sofern diese wirksam sein sollte, zu
beachten. Im Übrigen ist die hier interessierende Frage der Berücksichtigungsfähigkeit
von Rechtsänderungen, die nach Ablauf der Frist für die Begründung des
Zulassungsantrags eingetreten sind, durch die bereits angeführte Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. Im vorliegenden Fall geht es
maßgeblich nur noch um die konkrete Anwendung der dort entwickelten Grundsätze auf
die besonderen Umstände des hier gegebenen Einzelfalls.
18
Soweit sich die Zulassungsbegründung gegen die Wertung im Urteil des
Verwaltungsgerichts wendet, die Veränderungssperre vom 14. September 2005,
bekanntgemacht am 24. September 2005, und deren Verlängerung vom 5. September
2007, bekanntgemacht am 20. September 2007, seien aus verschiedenen Gründen
unwirksam, kommt es auf das diesbezügliche Vorbringen nicht an. Im Zeitpunkt der
Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 8. April 2008 waren diese Satzungen
bereits durch die am 18. Februar 2008 erfolgte Bekanntmachung der Satzung über die
(erneute) Veränderungssperre vom 13. Februar 2008 außer Kraft gesetzt worden, wie
das Verwaltungsgericht auf S. 14 des angefochtenen Urteils ausdrücklich angesprochen
hat. § 5 Satz 2 der Veränderungssperre vom 13. Februar 2008 legt fest, dass mit
Inkrafttreten dieser Satzung die Satzung vom 24. September 2005 sowie die erste
Verlängerung vom 20. September 2007 außer Kraft treten. Diese Regelung ist eindeutig
und besagt, dass mit der Inkraftsetzung der Veränderungssperre vom 13. Februar 2008
die vorherigen Satzungen nicht mehr gelten sollen. Sie ist mit Blick auf im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren artikulierte Bedenken gegen die Wirksamkeit der
Satzung vom 24. September 2005 sowie deren erster Verlängerung vom 20. September
2007 nach den Ausführungen auf S. 4 der Niederschrift über die Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung vom 13. Februar 2008 erfolgt, weil man "den sicheren
Weg beschreiten durch Aufstellung einer neuen, die richterlichen Hinweise
umsetzenden Veränderungssperre". Hiernach verbietet es sich, die Regelung über das
Außerkraftsetzen der früheren Veränderungssperre einschließlich ihrer Verlängerung
etwa dahin zu verstehen, dass die früheren Satzungen gleichwohl für den Fall weiter
gelten sollten, dass sich die (neue) Veränderungssperre vom 13. Februar 2008
ihrerseits - aus welchen Gründen auch immer - als unwirksam erweisen sollte.
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Für die Entscheidung über die von der Beigeladenen geltend gemachten ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts kommt es hiernach
20
- soweit es um die von der Beigeladenen erlassenen Veränderungssperren geht -
ausschließlich darauf an, ob das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, die
Veränderungssperre vom 13. Februar 2008 könne dem Vorhaben der Klägerin nicht
entgegengehalten werden. Diese Wertung hat das Verwaltungsgericht auf zwei
Begründungen gestützt:
21
- Zum einen könne die Veränderungssperre dem Vorhaben der Klägerin schon
deshalb nicht entgegengehalten werden, weil auf deren Geltungsdauer zugunsten der
Klägerin die (teilweise faktische) Zurückstellung des auf dem Dach des Hauses
T1. Straße 2 letztlich zugelassenen Vorhabens der Fa. W. anzurechnen sei
und bei deren grundstücksbezogener Berücksichtigung die 3-Jahres-Frist des § 17
Abs. 1 Satz 3 BauGB bezüglich des Vorhabens der Klägerin überschritten sei (S. 13 f.
des Urteils).
22
- Zum anderen begegne die Veränderungssperre vom 13. Februar 2008 auch deshalb
Bedenken, weil dem Satzungsgeber im Zeitpunkt des Beschlusses über diese
Veränderungssperre erkennbar gewesen sei, dass es sich faktisch um eine
Verlängerung über den Zeitraum von drei Jahren hinaus handele, so dass die (erneute)
Veränderungssperre den - hier nicht gegebenen - Anforderungen des § 17 Abs. 2
BauGB genügen müsse (S. 14 ff. des Urteils).
23
Allerdings hat das Verwaltungsgericht die letztgenannte Begründung mit den Worten
eingeleitet, es sei "ergänzend... noch anzumerken, dass die Veränderungssperre auch
aus einem weiteren Grund erheblichen rechtlichen Bedenken begegnet". Gleichwohl
sind die nachfolgenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts nicht etwa als
ein die Entscheidung nicht tragendes "obiter dictum" zu verstehen. Sie lassen vielmehr
keinen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die (erneute) Veränderungssperre
aus den angeführten Gründen als unwirksam angesehen hat. Damit ist das
angefochtene Urteil, soweit es um die Veränderungssperre vom 13. Februar 2008 geht,
auf zwei jeweils selbständig tragende Begründungen gestützt, so dass ernstliche
Zweifel an der Richtigkeit des Urteils insoweit nur vorliegen können, wenn beide
Begründungen hinreichend in Frage gestellt sind. Das ist hier aus folgenden Gründen
nicht der Fall:
24
Soweit es um eine zu Gunsten der Klägerin greifende Anrechnung der (auch faktischen)
Zurückstellung des Vorhabens der Fa. W. geht, mag davon auszugehen sein, dass
auf eine Veränderungssperre jede für ein Grundstück ergangene (auch faktische)
Zurückstellung ohne Rücksicht auf die Person des Bauantragstellers und das konkret
beantragte Vorhaben anrechenbar ist.
25
In diesem Sinne: VGH BW, Urteil vom 8. November 2002 - 3 S 107/02 -,
BRS 65 Nr. 112; letztlich offen gelassen in BVerwG, Beschluss vom
25. März 2003 - 4 B 9.03 - BRS 66 Nr. 122.
26
Problematisch erscheint dies jedoch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein
bestimmtes Vorhaben zwar eine gewisse Zeit förmlich zurückgestellt, die begehrte
baurechtliche Zulassungsentscheidung - hier in Form einer der Fa. W. erteilten
Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - aber dann doch, wenn auch mit gewisser weiterer
zeitlicher Verzögerung, erteilt worden ist. In einer solchen Situation ist die förmliche und
faktische Zurückstellung gleichsam "verbraucht" worden und hat sich nur in einer
27
gewissen Verzögerung der baulichen Ausnutzbarkeit des betreffenden Grundstücks
ausgewirkt. Ob die Anrechnung (faktischer) Zurückstellungen in der Tat
grundstücksbezogen zu erfolgen hat und dabei auch Fallgestaltungen der hier
vorliegenden Art erfasst werden, kann jedoch letztlich dahinstehen, weil jedenfalls die
zweitgenannte, das verwaltungsgerichtliche Urteil insoweit selbständig tragende
Begründung, durch das Zulassungsvorbringen nicht ernstlich in Zweifel gestellt wird.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auf S. 14/15 des angegriffenen Urteils davon
ausgegangen, die erschwerten Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 VwGO für eine drei
Jahre überschreitende Veränderungssperre, nämlich dass "besondere Umstände" die
drei Jahre überschreitende Geltungsdauer "erfordern" müssen, seien auch dann zu
beachten, wenn - wie hier - eine bereits nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB verlängerte
Veränderungssperre während des laufenden Verlängerungszeitraums aufgehoben und
durch eine erneute Veränderungssperre ersetzt werde. Zwar hat die Gemeinde die
Möglichkeit, statt einer (erneuten) Verlängerung auch eine erneute Veränderungssperre
zu erlassen. Geht die Gemeinde diesen Weg, kann sie jedoch dadurch die strengen
Anforderungen des § 17 Abs. 2 VwGO nicht unterlaufen. Jedenfalls dann, wenn sich die
Planungsziele nicht wesentlich unterscheiden, ist von einer Einheit zwischen der
früheren und der erneuten Veränderungssperre auszugehen, so dass für die
nachfolgende erneute Veränderungssperre dieselben Anforderungen an das Vorliegen
"besonderer Umstände" gelten wie für die zweite Verlängerung.
28
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 10. September 1976
29
- 4 C 39.74 -, NJW 1977, 400 = BRS 30 Nr. 75, Beschluss vom 29. März
2007 - 4 BN 11.07 -, BRS 71 Nr. 117.
30
Dass hier im genannten Sinne von einer Einheit zwischen der - außer Kraft gesetzten -
Veränderungssperre vom 14. September 2005 einschließlich ihrer Verlängerung vom
5. September 2007 einerseits und der (erneuten) Veränderungssperre vom 13. Februar
2008 andererseits auszugehen ist, unterliegt keinem Zweifel. Der (erneuten)
Veränderungssperre liegt nach ihrem § 1 ein am 3. September 2003 bekannt gemachter
Beschluss zur 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 4a "T. -I. " zu Grunde.
Nichts anderes war auch bereits Grundlage der Veränderungssperre vom
14. September 2005, wie aus deren § 1 folgt. Der einheitliche Sicherungszweck der
Veränderungssperren wird im Übrigen bestätigt durch die bereits angesprochenen
Erwägungen bei der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung vom
13. Februar 2008, angesichts der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren artikulierten
Bedenken gegen die frühere Veränderungssperre, über deren Berechtigung "man
trefflich durch alle Instanzen streiten" könne, wolle man den sicheren Weg durch
Aufstellung einer neuen Veränderungssperre beschreiten. Auch ist ohne Weiteres
davon ausgehen, dass sich die Planungsziele nicht wesentlich geändert haben. Sowohl
die erste als auch die erneute Veränderungssperre diente jeweils dem Ziel, die
Umsetzung des am 23. Juli 2003 beschlossenen Konzepts zur Steuerung von
Mobilfunkstandorten durch Änderung des Bebauungsplans Nr. 4a zu sichern, wie aus
dem jeweiligen § 1 der entsprechenden Satzungen folgt.
31
Wenn die Beigeladene gleichwohl am 13. Februar 2008 eine erneute
Veränderungssperre mit einer regulären Geltungsdauer von zwei Jahren nach § 17
Abs. 1 Satz 1 BauGB beschlossen hat, wird dies den genannten, bereits seit
Jahrzehnten anerkannten Anforderungen an eine erneute Veränderungssperre nicht
32
gerecht. Seit Erlass der ersten Veränderungssperre vom 14. September 2005 waren
bereits nahezu zweieinhalb Jahre verstrichen, so dass eine Geltungsdauer der
(erneuten) Veränderungssperre bis zum Februar 2010, mithin eine Gesamtdauer der
Veränderungssperren von über vier Jahren, nur unter den erschwerten
Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB zulässigerweise festgesetzt werden konnte,
wie das Verwaltungsgericht auf S. 15 des angegriffenen Urteils zutreffend ausgeführt
hat.
Dem lässt sich nicht, wie auf S. 12 der Zulassungsbegründung ausgeführt wird,
entgegenhalten, es sei "für den Satzungsgeber gerade nicht erkennbar und nicht
beabsichtigt" gewesen, im Februar 2008 eine Verlängerung über den Zeitraum von drei
Jahren hinaus zu beschließen; es sei vielmehr "erstmals eine effektive Sicherung
der in Aufstellung befindlichen B-Plan-Änderung durch ausnahmslose Aufnahme von
Vorhaben i.S.d. § 65 BauO - auch des Mobilfunks (Nr. 18) -" gegangen. Diese
Ausführungen gehen am bereits dargelegten Gehalt des Beschlusses vom 13. Februar
2008 vorbei. Bei diesem ging es der Stadtverordnetenversammlung darum, weiteren
Streit über den rechtlich zulässigen Inhalt der erstmaligen Veränderungssperre und ihrer
Verlängerung zu vermeiden und "den sicheren Weg" zur weiteren Sicherung der bereits
seit langem eingeleiteten Planung zu beschreiten. Auch der Umstand, dass mit § 5
Satz 2 der Satzung über die Veränderungssperre vom 13. Februar 2008 die früheren
Satzungen ausdrücklich außer Kraft gesetzt wurden, belegt, dass dem Satzungsgeber
bewusst war, dass er nicht gleichsam am Punkt Null erstmals von einer
Veränderungssperre als Instrument zur Sicherung der bereits seit Jahren laufenden
Planung Gebrauch machte, sondern dass es ihm darum ging, die Möglichkeit zur
Fortdauer des bisherigen Einsatzes des Sicherungsinstruments "Veränderungssperre"
rechtlich hinreichend abzusichern.
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Die Zulassungsbegründung gibt auch keinen Anlass zu Zweifeln an der Wertung des
Verwaltungsgerichts, im vorliegenden Fall lägen keine besonderen Umstände im Sinne
von § 17 Abs. 2 BauGB vor.
34
Die Beigeladene weist insoweit auf S. 13 der Zulassungsbegründung insbesondere
darauf hin, sie habe mit ihrem Konzept "Neuland" beschritten und es seien im Laufe der
Zeit "intensive Verhandlungen mit den Betreibern geführt und auch ernsthafte
Untersuchungen zur Umsetzungsfähigkeit ihres Konzeptes vorgenommen" worden. Des
weiteren verweist sie auf S. 14/15 der Zulassungsbegründung insbesondere darauf, sie
habe mit Blick auf Äußerungen der Klägerin zur Möglichkeit einer einvernehmlichen
Lösung die Mediation versucht; insoweit dürfe "ein Prozessbeteiligter durchaus die
Erwartung in ein Verfahren setzen, dass in jeder Lage dieses Verfahrens v.a.
gerichtlicherseits auf eine vergleichsweise Regelung hingewirkt" werde.
35
Dieses Vorbringen verkennt schon vom Ansatz her die Anforderungen des § 17 Abs. 2
BauGB. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem vorstehend sowie auch
vom Verwaltungsgericht bereits angesprochenen Urteil vom 10. September 1976
ausgeführt:
36
"Es liegt geradezu in der Natur der Sache, dass sich bei Planungen fast immer
Argumente dafür finden lassen werden, sie noch nicht abzuschließen, sondern
durch weitere Bemühungen das Ergebnis zu verbessern oder zusätzlich
abzusichern. Derart zu argumentieren ist - gerade wegen der in dieser
Argumentation liegenden Gefahr der Endlosigkeit - bei der verbindlichen
37
Bauleitplanung nur im Rahmen des § 17 oder doch unter gehörigem
Respekt vor diesen Fristen vertretbar. Dass sich
- vielleicht - noch bessere Lösungen denken lassen, rechtfertigt nicht, die Planung
(auch in ihrer das Eigentum belastenden Auswirkung) auf Dauer in der Schwebe zu
halten."
38
Wenn sich die Beigeladene dazu entschlossen hat, eine Bauleitplanung einzuleiten, mit
der sie die Errichtung von Mobilfunkanlagen verbindlich steuern will, darf sie von den
das private Eigentum einschränkenden Möglichkeiten einer Veränderungssperre nur
zeitlich begrenzt Gebrauch machen, wie das Verwaltungsgericht auf S. 16 des
angegriffenen Urteils zutreffend näher ausgeführt hat. Dies gilt umso mehr, wenn es
39
- wie hier - nur um einen räumlich begrenzten Bereich geht, nämlich der Sache nach
allein um die Frage, ob auf dem Gebäude T1. Straße 2 zu den bereits vorhandenen
Mobilfunkanlagen auch die Anlage der Klägerin hinzutreten darf oder nicht.
40
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht damit eine Anwendbarkeit der
Veränderungssperre vom 13. Februar 2008 (auch) deshalb abgelehnt, weil deren auf
zwei (weitere) Jahre befristeter Erlass den Anforderungen an "besondere Umstände" im
Sinne von § 17 Abs. 2 BauGB nicht genügt.
41
Soweit auf S. 15 der Zulassungsbegründung eine "vollständige Befassung mit dem
Sachbescheidungsinteresse der Klägerin" vermisst wird, kommt es auf den in diesem
Zusammenhang betonten "Konsens über den Alternativstandort 'Stadthalle' in der
Variante 'K_Neu'" nicht an. Zutreffend merkt die Klägerin auf S. 11 ihres Schriftsatzes
vom 21. August 2008 hierzu an, das Sachbescheidungsinteresse an einem
Verpflichtungsbegehren für einen bestimmten Standort entfalle nicht dadurch, dass
Alternativstandorte für das Vorhaben erörtert würden.
42
Schließlich geben die Darlegungen der Zulassungsbegründung auch nichts her für
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Wertung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin
habe einen Anspruch auf die begehrte Ausnahme von den Festsetzungen der
Urfassung des Bebauungsplans Nr. 4a nach § 31 Abs. 1 BauGB. Insoweit hat das
Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf S. 17 ff. des angegriffenen Urteils
maßgeblich darauf gestützt, der Erteilung der Ausnahme stünden städtebauliche
Gründe, die hier allein beachtlich seien, nicht entgegen.
43
Das Verwaltungsgericht hat diese Wertung auf S. 18 ff. im Wesentlichen damit
begründet, im vorliegenden Fall gehe es um ein allgemeines Wohngebiet, in das durch
gewerbliche Nutzungen im Erdgeschoss des Gebäudes bereits "Unruhe" getragen
worden sei. Durch die ausnahmsweise Zulassung der strittigen Anlage würden
angesichts ihrer "Größe" und unter Berücksichtigung der - nach Erteilung des
Einvernehmens durch die Beigeladenen - vom Beklagten erteilten Ausnahme (richtig:
Befreiung) weder der Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets verfälscht noch
das Regel-Ausnahme-Verhältnis in eine Schieflage gebracht. Auch die mit dem
Vorhaben verbundenen Immissionen rechtfertigten eine Versagung der Erteilung der
Ausnahme nicht, da nach gefestigter Rechtsprechung bei Einhaltung der Grenzwerte
der 26. BImSchV nicht davon ausgegangen werden könne, dass die menschliche
Gesundheit - auch und gerade der in der Nachbarschaft Wohnenden - völlig
unzureichend geschützt wäre. Insoweit sei angesichts der Standortbescheinigung der
44
Bundesnetzagentur davon auszugehen, dass eine sich den Grenzwerten annähernde
Belastung im Bereich der deutlich niedrigeren Wohngebäude in der Nachbarschaft auf
Grund der Höhenlage des Gebäudes T1. Straße 2 nicht zu erwarten sei. Angesichts
der geringen Höhe der Antennenträger und der Versorgungseinheit, die auf dem Dach
des achtgeschossigen Gebäudes errichtet werden sollten, könne keine Rede davon
sein, dass dem Vorhaben eine erdrückende Wirkung (Gebot der Rücksichtnahme)
zukommen könnte. Auf einen Schutz des Ortsbilds vor einem Antennenwald komme es
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nur an, wenn der Plangeber entsprechende
Festsetzungen in den Bebauungsplan aufgenommen habe. Das treffe hier nicht zu.
Unabhängig davon sei die strittige Anlage wegen ihrer im Vergleich zum Gebäude
geringfügigen Ausmaße mit Blick auf ihre optischen Auswirkungen bei der im
Zusammenhang mit dem Ortsbild erforderlichen großräumigen Betrachtung zu
vernachlässigen, zumal bereits eine andere (größer dimensionierte) Anlage auf dem
Dach errichtet und am Gebäude mehrere Satellitenschüsseln und Fernsehantennen
angebracht seien. Der Beklagte habe auch nicht das Mobilfunkkonzept der
Beigeladenen berücksichtigen müssen. Dieses diene weder einer Steuerung des
Ermessens durch die dieses ausübende Behörde noch der Sicherung einer
einheitlichen Praxis bei der Erteilung von Befreiungen. Die streitige Anlage
widerspreche nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans in der (bei der
Entscheidung des Verwaltungsgerichts) gültigen Fassung, vielmehr handele es sich um
ein nach der Wertung des Verordnungsgebers im Plangebiet ausnahmsweise
zulässiges Vorhaben. Demgemäss komme es nicht darauf an, dass bei Entscheidungen
nach § 31 Abs. 2 BauGB die Absicht der Gemeinde, einen bestehenden
Bebauungsplan zu ändern, grundsätzlich geeignet sei, die Versagung einer Befreiung
im Rahmen des Ermessens zu begründen. Die - hier in Rede stehende - Ausnahme sei
nach der Definition des § 31 Abs. 1 BauGB keine Durchbrechung des Bebauungsplans
als Rechtsnorm, weil sie Bestandteil des Bebauungsplans selbst sei. Das
Ausnahmeermessen sei kein Ersatz für bisher unterbliebene oder fehlgeschlagene
bauplanungsrechtliche Festsetzungen gemäß § 1 Abs. 6 und Abs. 9 BauGB im
Bebauungsplan.
Diese Erwägungen entsprechen der vom Verwaltungsgericht im Wesentlichen
zutreffend wiedergegebenen Rechtslage und werden der hier gegebenen Sachlage
gerecht. Ihre Richtigkeit wird durch die Zulassungsbegründung nicht ernstlich in Zweifel
gestellt. Im Einzelnen ist hierzu anzumerken:
45
Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Prüfung des Ausnahmeermessens auf
S. 17 seines Urteils nicht ausschließlich auf § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO abgestellt,
sondern zutreffend auch den auf S. 15 der Zulassungsbegründung erwähnten § 4 Abs. 3
Nr. 2 BauNVO aufgeführt, mithin die Erteilung einer Ausnahme für "sonstige nicht
störende Gewerbebetriebe" geprüft.
46
Die schlichte Behauptung, gewerbliche Nutzungen im Erdgeschoss des Gebäudes (u.a.
eine Bäckerei) fielen im Umfeld nicht als belastend auf, vernachlässigt die vom
Verwaltungsgericht zu Recht betonte Vielfalt dort vorhandener gewerblicher Nutzungen
als Bäckerei, Blumenhandel, Gaststätte und Gemischtwareneinzelhandel. Gerade die
letztgenannten Gewerbetriebe sind in besonderem Maß geeignet, einem Gebäude auch
der hier in Rede stehenden Dimensionen einen deutlich durch gewerbliche Nutzungen
geprägten Charakter zu vermitteln.
47
Dass das Gebäude durch die Mobilfunkanlagen "optisch dominiert" würde, liegt
48
angesichts der Höhe der Attika des Daches von 22,86 m mit einem weiteren kleineren
Dachaufbau von knapp 3 m einerseits und der maximalen Höhe der dort bereits
befindlichen und noch zu errichtenden Mobilfunkanlagen von rd. 4 m (vgl. die Ansicht
Bl. 6 des zweiten Teils der Beiakte Heft 1) andererseits fern. Angesichts dieser
Dimensionen geht auch der Hinweis der Zulassungsbegründung etwa auf den
Beschluss des 10. Senats des beschließenden Gerichts vom 6. Mai 2005 - 10 B
2622/04 - (BRS 69 Nr. 83) fehl. In jenem Fall ging es um ein viergeschossiges
- nicht, wie hier, um ein achtgeschossiges - Gebäude und eine Mobilfunkanlage, die auf
9,99 m Länge (zuzüglich einer 40 cm langen Blitzfangstange) aus dem Dach
herausragte.
49
Die schlichte Behauptung auf S. 16 der Zulassungsbegründung, das Ortsbild sei "auch
im Geltungsbereich eines B-Plans ohne diesbezüglich ausdrückliche Festsetzungen
geschützt", besagt nichts darüber, ob und unter welchen Aspekten das Ortsbild bei der
Zulassung von Ausnahmen nach § 31 Abs. 1 BauGB zu berücksichtigen ist und
weshalb im konkreten Fall insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen sollen.
50
Der Hinweis auf S. 16 der Zulassungsbegründung, eine gebietsunverträgliche Unruhe
könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht
51
- BVerwG, Beschluss vom 5. März 1984
52
- 4 B 20.84 -, NVwZ 1984, 647 -
53
auch durch psychische Spannungen auftreten, mag zutreffen. In jener Entscheidung
ging es jedoch um "die aus der abstrakten Gefährlichkeit einer Raubtierhaltung im
Garten eines Wohngebiets herrührende psychische Belastung der Nachbarschaft".
Weshalb die hier gegebene Situation mit einer solchen Fallgestaltung vergleichbar sein
könnte, erschließt sich aus der Zulassungsbegründung nicht.
54
Die weiter angesprochenen Ausführungen des Senats zum Stichwort "Antennenwald"
55
- OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2005
56
- 7 B 2752/04 -, BRS 69 Nr. 84 -
57
beziehen sich auf eine räumlich weitergreifende, gebietsbezogene Betrachtung und
gerade nicht auf eine hier angestrebte Bündelung von Anlagen an einem bestimmten,
für mehrere Netzbetreiber gleichermaßen geeigneten Standort. Dieser ist bereits
dadurch gekennzeichnet, dass zu den auf dem Dach des Hauses T1. Straße 2
bereits vorhandenen mehreren Funkmasten bzw. Anlagen noch die der Klägerin
hinzutreten sollen. Davon, dass das Dach erst durch die hier strittige Anlage "zum
Blickfang" werde, kann damit keine Rede sein.
58
Der Hinweis auf S. 17 der Zulassungsbegründung (383) auf die dort genannte
Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
59
- BayVGH, Urteil vom 2. August 2007 - 1 BV 06.464 -
60
ist für den vorliegenden Fall ohne Belang, so dass das Verwaltungsgericht hierauf zu
Recht "mit keinem Wort" eingegangen ist. Auf S. 11 der Entscheidung wird zwar
ausgeführt, da gesundheitsschädliche Wirkungen elektromagnetischer Felder unterhalb
der geltenden Grenzwerte nicht gänzlich ausgeschlossen werden könnten, gebe es für
eine vorsorgende Bauleitplanung auf diesem Gebiet sachliche Gründe, denn es gehe
nicht nur um ein von der Allgemeinheit als sozialadäquat hinzunehmendes
Risikopotential jenseits der Schwelle der "praktischen Vernunft". Um eine solche
"vorsorgende Bauleitplanung" geht es bei der hier allein interessierenden Frage eines
Anspruchs der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahme im Rahmen der Festsetzungen
der Urfassung des Bebauungsplans Nr. 4a jedoch nicht. Der Beigeladenen ist es
gerade nicht gelungen, ihre Änderungsplanung mehr als vier Jahre nach deren
Einleitung so rechtzeitig zum Abschluss zu bringen, dass sie bei der
Zulassungsentscheidung des Senats (noch) zu berücksichtigen wäre.
61
Im Übrigen ist auf S. 9 der genannten Entscheidung des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts
62
- BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2007
63
- 1 BvR 382/05 -, BRS 71 Nr. 74 -
64
ausdrücklich betont, es lägen keine gesicherten Anhaltspunkte dafür vor, dass die den
Grenzwerten der §§ 2 und 3 der 26. BImSchV zugrunde liegende Risikoabschätzung
überholt sein könnte, so dass derzeit keine weitergehende Pflicht des Staates zur
Vorsorge bestehe.
65
Soweit auf S. 17 der Zulassungsbegründung ferner ausgeführt wird, das
Oberverwaltungsgericht für das Land Rheinland-Pfalz
66
- OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. August 2003
67
- 1 A 10196/03 -, JURIS -
68
habe herausgearbeitet, "dass ein auf Vorsorgegründe gestütztes Mobilfunkkonzept von
der Bauaufsicht zu berücksichtigen" sei, finden sich in jener Entscheidung (RdNr. 39)
allein folgende auf die Ermessenausübung bei der Erteilung von Befreiungen nach § 31
Abs. 2 BauGB bezogenen Sätze:
69
"Dabei ist es sicherlich auch nicht zu beanstanden, wenn eine Kommune für diese
Ermessensausübung ein Konzept entwickelt, um eine einheitliche Praxis bei der
Erteilung von Befreiungen zu sichern. Jedoch genügt hier das von der Beklagten -
nach dem erstinstanzlichen Urteil - entwickelte Standortkonzept für
Mobilfunksendeanlagen in zweifacher Hinsicht nicht den Voraussetzungen, die
letztlich erfüllt sein müssen, damit es Grundlage für eine fehlerfreie
Ermessensausübung darstellen kann..."
70
Ob diesen Erwägungen überhaupt zu folgen ist, kann letztlich dahinstehen. Die
Unterschiede zwischen dem Ermessen bei Zulassung einer - vom Plan ermöglichten -
Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB und dem Ermessen bei Erteilung einer - dem Plan
an sich widersprechenden - Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB hat das
71
Verwaltungsgericht bei seiner Auseinandersetzung mit dem genannten Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz auf S. 21 des angegriffenen Urteils zutreffend
näher dargelegt. Die bloße Darstellung einer anderweitigen Sicht in der
Zulassungsbegründung stellt diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht
ernstlich in Zweifel.
Die Ausführungen auf S. 18 f. der Zulassungsbegründung zum "gutachterlich belegten
merkantilen Minderwert, der mobilfunkbedingt ist," geben gleichfalls keinen Anlass zur
Zulassung der Berufung. Die hierzu von der Zulassungsbegründung angeführte
Rechtsprechung ist für den hier interessierenden Sachverhalt nicht einschlägig. So
verhält sich die dort erwähnte Entscheidung des Bundesgerichtshofs
72
- BGH, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06 -, NJW 2006, 2187 -
73
zum Verhältnis von Wohnungseigentümern untereinander und führt zur Frage, ob eine
im Grundbuch eingetragene Befugnis eines Wohnungseigentümers, auf dem Dach des
gemeinschaftlichen Gebäudes eine Funkfeststation zu betreiben, den Betrieb einer
Mehrzahl solcher Anlagen gestatte, aus (JURIS RdNr. 23):
74
"Die Anzahl der erlaubten Funkfeststationen auf dem Dach des gemeinschaftlichen
Gebäudes ist... für sämtliche Beteiligten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung.
Dabei stehen sich die Interessen des jeweiligen Berechtigten und der übrigen
Wohnungseigentümer gegenüber. Während der Berechtigte bei Errichtung mehrerer
Anlagen höhere Mieteinnahmen von den Mobilfunkbetreibern erzielen wird, kann
dies bei den Wohnungen der anderen Eigentümer zu einem gravierenden
Wertverlust führen."
75
Diese Erwägungen haben mit der hier in Rede stehenden Zulassung einer Ausnahme
nach § 31 Abs. 1 BauGB durch die zuständige Behörde nichts zu tun. Demgemäss hat
die Klägerin der diesbezüglichen Zulassungsbegründung auf S. 16 ihres Schriftsatzes
vom 21. August 2008 zutreffend entgegengehalten, keine ernstzunehmende Stimme in
Rechtsprechung und Literatur vertrete die Auffassung, wegen eines diesbezüglichen
"merkantilen Minderwerts" könne ein ansonsten zulässiges Vorhaben wegen Verstoßes
gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot unzulässig werden. Das hierauf
bezogene Vorbringen der Beigeladenen auf S. 7 ihres Schriftsatzes vom 30. August
2008 setzt dem nichts Substantielles entgegen.
76
Schließlich vermögen auch die Ausführungen zur Standortbescheinigung der
Bundesnetzagentur auf S. 20 der Zulassungsbegründung die Richtigkeit des
angefochtenen Urteils nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen.
77
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die von der Klägerin
beantragte Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, deren Erteilung in § 74a BauO NRW
verfahrensrechtlich geregelt ist. Mit Erteilung der Ausnahme, zu der das
Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, ist die Klägerin jedoch noch nicht
berechtigt, die strittige Mobilfunkanlage in Betrieb zu nehmen. § 4 der Verordnung über
das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) vom
20. August 2002 (BGBl. I S. 3336), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005
(BGBl. I S. 1970), legt vielmehr ausdrücklich fest, dass eine ortsfeste Funkanlage mit
einer äquivalenten isotropen Strahlungsleistung (EIRP) von 10 Watt und mehr - dass es
hier um eine solche Anlage geht, steht außer Streit - nur betrieben werden darf, wenn für
78
diesen Standort eine gültige Standortbescheinigung vorliegt. Ob eine solche gültige
Standortbescheinigung vorliegt, ist im Verfahren nach § 74a BauO NRW von der
Bauaufsichtsbehörde bei der Erteilung einer nach den Festsetzungen des
einschlägigen Bebauungsplans zulassungsfähigen Ausnahme nicht zu prüfen, so dass
die von der Beigeladenen im Zulassungsverfahren gerügten Mängel der
Standortbescheinigung kein Grund wären, die von der Klägerin beantragte Ausnahme
zu versagen. Dafür, dass der Klägerin überhaupt keine rechtswirksame
Standortbescheinigung für das strittige Vorhaben erteilt werden könnte und deshalb
etwa das Rechtsschutzinteresse für die von ihr verfolgte Verpflichtungsklage fehlen
würde, hat die Beigeladene im Zulassungsverfahren nichts Substantielles dargetan.
Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass es auf die von der Beigeladenen im
Zulassungsverfahren weiter angesprochenen Folgerungen aus der sog.
Schlusspunkttheorie (vgl. etwa S. 8 ihres Schriftsatzes vom 30. August 2008) hier schon
deshalb nicht ankommt, weil es im vorliegenden Verfahren gerade nicht um die
Erteilung einer Baugenehmigung geht, die nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW zu
erteilen ist, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
Das Vorhaben der Beigeladenen ist vielmehr nach § 65 Abs. 1 Nr. 18 BauO NRW
unstreitig genehmigungsfrei.
79
II.
80
Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich ebenso wenig die geltend gemachte
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO).
81
Soweit hierzu auf S. 21 der - fristgerecht eingereichten - Zulassungsbegründung vom
24. Juni 2008 die Frage der Verfassungsgemäßheit der 26. BImSchV erwähnt wird,
besteht schon deshalb kein Anlass zur Berufungszulassung, weil das
Bundesverfassungsgericht noch in dem zu I. angesprochenen Beschluss vom
24. Januar 2007 ausdrücklich betont hat, es sei nicht erkennbar, dass die zur Wahrung
der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichteten Stellen - bezogen auf den hier in Rede
stehenden Schutz vor schädlichen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer
Felder - völlig untätig geblieben wären oder gesicherte neue wissenschaftliche
Erkenntnisse vorlägen, die ein Einschreiten der Gerichte erforderlich machten.
82
Hinsichtlich der auf S. 22 der Zulassungsbegründung angesprochenen
"Argumentationskette" des Verwaltungsgerichts zu einer analogen Anwendung des § 17
Abs. 1 Satz 2 BauGB ist schon nicht hinreichend erkennbar, welche konkreten
Rechtsfragen insoweit überhaupt grundsätzliche Bedeutung haben sollen (vgl. im
Übrigen die nachfolgenden Ausführungen zur Darlegung des Zulassungsgrunds der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache).
83
Auf die weiter angesprochene "Frage der Wirksamkeit von Mobilfunkkonzepten und
darauf gründender Bauleitplanung" kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an, wie
aus den vorstehenden Darlegungen zu I. folgt.
84
Die im Schriftsatz der Beigeladenen vom 29. Juli 2008 - nach Ablauf der
Begründungsfrist für den Zulassungsantrag - vorgetragene Auflistung von Rechtsfragen
(425 ff.) gibt nicht etwa "zusammenfassend und vertiefend" den bisherigen Vortrag
wieder, sondern formuliert erstmals konkrete Fragen von angeblich grundsätzlicher
85
Bedeutung. Diese Fragen sind schon wegen Ablaufs der Begründungsfrist nicht
berücksichtigungsfähig.
Im Übrigen wird diese Auflistung auch nicht den Anforderungen an die Darlegung des
Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gerecht. Zur
Darlegung dieses Zulassungsgrunds ist die Rechtsfrage, auf die es nach Auffassung
des Rechtsmittelführers ankommt, auszuformulieren und substantiiert auszuführen,
warum sie klärungsbedürftig und entscheidungserheblich ist und weshalb sie für
grundsätzlich gehalten wird.
86
Vgl. hierzu etwa: OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2005 - 7 A 1516/04 -
m.w.N..
87
Eine reine Auflistung abstrakter Fragen, wie sie hier ohne Bezug auf den konkreten Fall
formuliert wurden, wird dem nicht gerecht.
88
III.
89
Das Zulassungsvorbringen gibt auch keinen Anlass, die Berufung wegen einer
entscheidungserheblichen Abweichung von einer Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats
der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts zuzulassen
(Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
90
Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht einen das
Urteil tragenden Rechtssatz aufgestellt hat, der mit den in der konkret bezeichneten
ober- oder höchstrichterlichen Entscheidung enthaltenen Rechtssätzen nicht vereinbar
ist.
91
Vgl. auch hierzu etwa: OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2005 -
7 A 1516/04 - m.w.N..
92
Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen auf S. 22 der Zulassungsbegründung
schon deshalb nicht, weil diverse Entscheidungen nur im Zusammenhang mit einer
gewissen "Problematik" (hier: des Antennenwalds) bzw. einer "zentralen Streitfrage"
erwähnt sind. Es fehlt jedoch die Herausarbeitung der ober- oder höchstrichterlichen
Rechtssätze, von denen das Verwaltungsgericht mit einem von ihm aufgestellten
Rechtssatz abgewichen sein soll.
93
IV.
94
Die Berufung ist auch nicht wegen eines der Beurteilung des Senats als
Berufungsgericht unterliegenden Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung
beruhen kann, zuzulassen (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
95
Entgegen den Ausführungen auf S. 22/23 der Zulassungsbegründung kann von einem
verfahrensfehlerhaften "Überraschungsurteil" keine Rede sein. Ein solches
96
"Überraschungsurteil" kommt in Betracht, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis
auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem ein gewissenhafter und kundiger
Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte. Dies gilt erst recht, wenn das Gericht
97
einen rechtlichen Hinweis zu einer entscheidungserheblichen Frage erteilt und im Urteil
entgegengesetzt entscheidet, ohne die Verfahrensbeteiligten auf die Änderung der
rechtlichen Beurteilung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben zu haben.
Vgl.: BVerfG, Beschluss vom 15. August 1996
98
- 2 BvR 2600/95 -, NJW 1996, 3202.
99
Für einen solchen Sachverhalt liegen hier schon deshalb keine Anhaltspunkte vor, weil
die Beigeladene noch nicht einmal vorträgt, die Beteiligten hätten in der mündlichen
Verhandlung vom 8. April 2008 keine Gelegenheit gehabt, zu der vom Vorsitzenden der
Kammer nach dem Vortrag in der Zulassungsbegründung als "überraschend"
bezeichneten Lösung des Falls Stellung zu nehmen. Zudem weist die Klägerin auf S. 21
ihres Schriftsatzes vom 21. August 2008 unwidersprochen darauf hin, die angeblich
überraschenden Rechtsfragen seien in der mündlichen Verhandlung erörtert worden.
100
Ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel liegt entgegen den Ausführungen auf
S. 23 der Zulassungsbegründung auch nicht darin, dass der berichterstattende Richter
des Verwaltungsgerichts als Rat der Nachbarstadt tätig sei und sich deshalb als
befangen habe erklären müssen.
101
Die Zulassungsbegründung legt schon nicht dar, dass im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren ein entsprechender Befangenheitsantrag gestellt worden sei. Selbst wenn
dies der Fall gewesen wäre, könnte die Berufung nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO
mit der Begründung zugelassen werden, ein Ablehnungsgesuch gegen den genannten
Richter sei vom Verwaltungsgericht fehlerhaft abgelehnt worden.
102
Vgl.: OVG NRW, Beschluss vom 7. August 2001
103
- 1 A 3047/01 -, NVwZ-RR 2002, 541; Niedersächsisches OVG, Beschluss
vom 8. Januar 2002
104
- 1 MA 3669/01 -, NVwZ-RR 2002, 471; BayVGH, Beschlüsse vom
27. Oktober 2006 - 2 ZB 05.1790 -, JURIS-Dokumentation, vom 17. Oktober
2007
105
- 6 ZB 06.1635 -, JURIS-Dokumentation und vom 16. Juli 2008 -
6 ZB 06.2715 -, JURIS-Dokumentation; ferner: Seibert in Sodann/Ziekow,
VwGO, 2. Aufl. 2005, § 124 RdNr. 206; a.A. lediglich Sächsisches OVG,
Beschluss vom 1. August 2000
106
- 1 B 58/99 -, JURIS-Dokumentation = SächsVBl 2001, 10.
107
Nichts anderes gilt, wenn ein Richter - verfahrensfehlerhaft - eine
Befangenheitserklärung unterlassen haben sollte. Schließlich ist auch nicht
ansatzweise dargetan oder sonst erkennbar, weshalb der betreffende Richter auf Grund
seiner Ratstätigkeit in einer Nachbarstadt im vorliegenden Verfahren befangen sein
sollte.
108
Der weitere Einwand auf S. 23 der Zulassungsbegründung, das Verwaltungsgericht
109
habe "trotz Vortrags neuer Studienergebnisse zu athermischen Effekten kein Gutachten
eingeholt", begründet schon deshalb keinen entscheidungserheblichen
Verfahrensmangel, auf Grund dessen die Berufung zuzulassen wäre, weil die
Beigeladene insoweit keinen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellt hat. Ein Gericht verstößt nämlich
grundsätzlich dann nicht gegen seine Aufklärungspflicht, wenn es von einer
Beweiserhebung absieht, die eine von einem Rechtsanwalt vertretene Partei nicht
ausdrücklich beantragt hat.
Vgl. etwa: BVerwG, Beschluss vom 2. März 1978
110
- 6 B 24.78 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 164 und Beschluss vom
8. November 1993
111
- 11 B 149.93 - JURIS.
112
Im Übrigen bestand auch kein Anlass für eine solche Beweiserhebung, weil das
Bundesverfassungsgericht - wie dargelegt - selbst 2007 noch keinen Anlass gesehen
hatte, die Verfassungsgemäßheit der Grenzwerte der 26. BImSchV in Zweifel zu ziehen.
113
V.
114
Schließlich ist auch kein hinreichender Grund dafür dargetan, die Berufung wegen der
auf S. 29 der Zulassungsbegründung dargelegten besonderen tatsächlichen oder
rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund nach § 124
Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
115
Die auf S. 21 der Zulassungsbegründung angesprochene, von der "allg. Praxis
Streitwertfestsetzung in Mobilfunksachen" abweichende Streitwertfestsetzung lässt
schon deshalb keine Schlussfolgerungen auf besondere Schwierigkeiten der
Rechtssache aus, weil der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens nach § 52 Abs. 1 GKG
kein Maßstab für die Streitwertfestsetzung ist.
116
Besondere Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO
lassen sich hier auch nicht etwa aus dem Umfang des angegriffenen Urteils herleiten.
Dieser war, wie die Klägerin auf S. 17 ihres Schriftsatzes vom 21. August 2008
zutreffend anspricht, wesentlich veranlasst durch das in seinen zeitlichen Abläufen
gestaffelte Vorgehen der Beigeladenen, die mit diversen Veränderungssperren in jedem
Fall eine Erteilung der von der Klägerin begehrten Ausnahme verhindern wollte. Die
Vielzahl der vom Verwaltungsgericht insoweit im Einzelnen geprüften rechtlichen
Aspekte besagt noch nicht, dass diese besondere Schwierigkeiten aufwiesen, wobei
dahinstehen kann, ob alle diese Prüfungen in der Tat auch erforderlich waren. Die
maßgeblichen - hier entscheidungserheblichen - Anforderungen an
Veränderungssperren sind im Übrigen weitgehend seit langem höchstrichterlich geklärt.
Auch in tatsächlicher Hinsicht weist der Sachverhalt, soweit er entscheidungserheblich
ist, keine besonderen Schwierigkeiten auf, die sich von den in baurechtlichen Verfahren
üblichen Wertungen unterscheiden.
117
Ebenso wenig können etwa aus dem Umfang des vorliegenden Beschlusses des
Senats besondere Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hergeleitet.
Das umfangreiche Zulassungsvorbringen, das sich in wesentlichen Teilen auf nicht
118
entscheidungserhebliche bzw. gar neben der Sache liegende Aspekte bezieht und auf
für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht einschlägige Rechtsprechung
verweist, hat dem Senat nur deshalb Anlass zu zahlreichen der vorstehenden
Ausführungen gegeben, um dem Zulassungsvorbringen die - vom Verwaltungsgericht
berücksichtigte - zutreffende Rechtslage im Detail entgegenzuhalten und sich nicht dem
Vorwurf auszusetzen, das Zulassungsvorbringen nicht umfassend gewürdigt zu haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.
119
Die Festsetzung des Streitwerts stützt sich auf § 52 Abs. 1 GKG.
120
Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig
(§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
121