Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 03.07.2008

OVG NRW: wiedereinsetzung in den vorigen stand, gesetzliche frist, verfügung, rechtsmittelbelehrung, verschulden, rechtsirrtum, ausnahme, unverzüglich, aussetzung, hochschule

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 1747/08
Datum:
03.07.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 1747/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 26 K 3497/07
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
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Der Senat versteht das von dem Kläger eingelegte und als "Berufung" bezeichnete
Rechtsmittel als einen - hier nach §§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 4 Satz 1 allein statthaften -
Antrag auf Zulassung der Berufung, weil der Kläger zumindest in der mehrseitigen
Anlage zum Schriftsatz vom 19. Juni 2008 auch von einem "Antrag auf Zulassung der
Berufung" spricht und (sinngemäß) das Vorliegen der Zulassungsgründe des § 124 Abs.
2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO geltend macht; diesem ihm bereits mit Verfügung vom 27. Juni
2008 dargelegten Verständnis ist der Kläger auch nicht entgegengetreten.
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Der so verstandene Antrag ist indes unzulässig, weil sich der Kläger bei der
Antragstellung nicht - wie nach § 67 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO vorgeschrieben - durch
einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des
Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt hat vertreten lassen. Auf
das für die Einlegung des Zulassungsantrags geltende Vertretungserfordernis ist der
Kläger in der dem erstinstanzlichen Urteil beigegebenen Rechtsmittelbelehrung
zutreffend hingewiesen worden. Dem danach gegebenen Vertretungsmangel kann
entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus Gründen der Kostenersparnis
durch "vorläufige Befreiung vom Anwaltszwang" abgeholfen werden, weil das Gesetz
eine solche Ausnahme nicht vorsieht und der Sinn und Zweck des normierten
Vertretungserfordernisses der Zulassung einer solchen Ausnahme auch
entgegenstünde. Hierauf ist der Kläger bereits mit der o. g. Verfügung hingewiesen
worden, welche ihm am Vormittag des 30. Juni 2008 und damit noch vor dem Ende der
(nicht verlängerbaren) Frist nach § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO mit Ablauf des 30. Juni
2008 bekannt gegeben worden ist. Eine Reaktion des Klägers innerhalb der Antragsfrist
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ist nicht erfolgt.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Zulassungsantrag nunmehr auch deshalb
unzulässig ist, weil die Antragsfrist für einen (formgerecht und damit wirksam gestellten)
Zulassungsantrag nicht gewahrt ist. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand nach § 60 VwGO sind nicht erkennbar. Eine solche Wiedereinsetzung setzt u. a.
voraus, das der Betroffene ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist
einzuhalten (§ 60 Abs. 1 VwGO). Hier war der Kläger nach Aktenlage indes gerade nicht
ohne Verschulden verhindert, die Antragsfrist zu wahren. Eine rechtliche
Fehleinschätzung des Beteiligten über die Form- und Fristgebundenheit eines
Rechtsbehelfs ist jedenfalls dann schon in der Regel als verschuldet anzusehen, wenn
der Rechtsirrtum vermeidbar war; von Vermeidbarkeit in diesem Sinne ist insbesondere
dann auszugehen, wenn der Rechtsirrtum auf mangelnden Rechtskenntnissen des
Beteiligten beruht, da es diesem grundsätzlich obliegt, unverzüglich juristischen Rat
einzuholen.
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Vgl. etwa Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 60 Rn. 83, m. w. N.
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Dies ist vorliegend offensichtlich nicht geschehen. Außerdem muss hier von einer
Vermeidbarkeit des (im übrigen noch am letzten Tag der Antragsfrist durch die
gerichtliche Verfügung vom 27. Juni 2008 ausgeräumten) Rechtsirrtums auch deshalb
ausgegangen werden, weil dem Kläger eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung
erteilt worden ist und von ihm deshalb erwartet werden konnte, sein Verhalten an dieser
Rechtsmittelbelehrung zu orientieren und sich deshalb bei der Antragstellung
ordnungsgemäß vertreten zu lassen.
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Vgl. hierzu etwa Czybulka, in: Sodan/Ziekow, a. a. O., § 60 Rn. 84, m. w. N.
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Lediglich ergänzend soll ausgeführt werden, dass die von dem Kläger ferner begehrte
Aussetzung des zweitinstanzlichen Verfahrens schon deshalb nicht in Betracht gezogen
werden konnte, weil der Kläger - wie bereits ausgeführt - innerhalb der Antragsfrist
keinen wirksamen Zulassungsantrag gestellt und das Verfahren nunmehr seinen
rechtskräftigen Abschluss gefunden hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das Urteil des
Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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