Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.10.2008

OVG NRW: ausrüstung des fahrzeugs, lebensmittel, verordnung, toilette, kontrolle, verfügung, beeinflussung, zustand, einbau, bestandteil

Oberverwaltungsgericht NRW, 13 E 1107/08
Datum:
14.10.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 E 1107/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 16 K 2695/08
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. Juli 2008 wird auf Kosten des
Klägers zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Bernschütz zu Recht wegen
fehlender Erfolgsaussicht der Klage (§ 166 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V.
m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -) abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen ist
nicht geeignet, die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen. Die
auf § 39 Abs. 2 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) gestützte
Ordnungsverfügung dürfte rechtmäßig sein.
3
1.) Dies gilt zunächst für die Forderung nach einer festen Abtrennung zwischen
Fahrerbereich und Verkaufsbereich. Gemäß § 39 Abs. 1 LFGB ist die Überwachung der
Einhaltung der Vorschriften des LFGB, der auf seiner Grundlage erlassenen
Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen
Gemeinschaft im Anwendungsbereich des Gesetzes Aufgabe der zuständigen
Behörden. Diese treffen gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB die notwendigen Anordnungen
und Maßnahmen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung
künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor
Täuschung erforderlich sind.
4
Gemäß Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anhang II Kapitel III Nr. 1 der Verordnung (EG) 852/2004
vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene müssen ortsveränderliche Betriebsstätten,
zu denen das Verkaufsfahrzeug des Klägers gehört, soweit praktisch durchführbar, so
gelegen, konzipiert und gebaut sein und sauber und instand gehalten werden, dass das
Risiko der Kontamination, insbesondere durch Tiere und Schädlinge, vermieden wird.
5
Für die Beförderung von Lebensmitteln fordert Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anhang II Kapitel IV
Nr. 6 der Verordnung (EG) 852/2004 überdies, dass die Lebensmittel in
Transportbehältern und/oder Containern so zu platzieren und zu schützen sind, dass
das Kontaminationsrisiko so gering wie möglich ist.
Vor dem Hintergrund dieser Vorgaben ist die Forderung nach dem Einbau einer festen
Abtrennung zwischen Fahrerbereich und Verkaufsbereich rechtlich nicht zu
beanstanden. Im Fahrerbereich dürften durch die Lüftung und das Fahren mit ganz oder
teilweise geöffnetem Fenster regelmäßig in größerem Maße Abgase und andere
Verunreinigungen der Luft einschließlich Krankheitserregern in das Innere des
Fahrzeugs gelangen. Zu berücksichtigten ist überdies, dass es sich bei den verkauften
belegten Brötchen um leicht verderbliche Lebensmittel (Käse- und Wurstwaren) handelt.
Dass unter diesen Umständen das Risiko einer Kontamination der Lebensmittel besteht,
leuchtet ein. Ebenso einleuchtend ist, dass ein Vorhang mit der ihm eigenen
Luftdurchlässigkeit weniger geeignet ist, dieses Risiko zu minimieren als eine feste
Abtrennung.
6
Dass der Einbau einer festen Abtrennung „praktisch nicht durchführbar" ist, vermag der
Senat nicht zu erkennen, zumal der Beklagte, wie sich aus dem Verwaltungsvorgang
(Bl. 45) ergibt, problemlos zwei Kostenschätzungen für einen solchen Einbau hat
einholen können. Die gegenteilige Behauptung des Klägers ist nicht ansatzweise
substantiiert worden. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Auch die
Verhältnismäßigkeit der Anordnung begegnet angesichts des hohen Wertes der von der
Kontaminationsgefahr betroffenen Rechtsgüter keinen Bedenken.
7
2.) Die Forderung nach der Ausrüstung des Fahrzeugs mit einer betriebsbereiten
Vorrichtung zum hygienischen Waschen der Hände ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Sie folgt aus Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anhang II Kapitel III Nr. 2 a) der Verordnung (EG)
852/2004, wonach bei einem Verkaufsfahrzeug u. a. geeignete Vorrichtungen zum
hygienischen Waschen der Hände zur Verfügung stehen müssen. Dass bei der
Kontrolle am 25. Februar 2008 eine solche Vorrichtung nicht in betriebsbereitem
Zustand vorhanden war, ist unstreitig.
8
Die Verfügung bedarf insoweit allerdings angesichts des Umstandes, dass das
Fahrzeug u. a. mit einer Spüle ausgestattet, eine Nachrüstung also nicht zwingend
erforderlich ist, der Auslegung. Diese ist indes problemlos möglich. In der Begründung
der Ordnungsverfügung werden die im Raum stehenden Möglichkeiten aufgeführt,
nämlich einerseits die Benutzung eines über einen Ablaufhahn verfügenden Kanisters
mit warmem Wasser und andererseits die Inbetriebnahme der vorhandenen Spüle. Die
Verfügung zielt unzweifelhaft darauf ab, dass bei Nutzung des Wohnmobils als
Verkaufsfahrzeug die Spüle in einen betriebsbereiten Zustand versetzt oder ein den
beschriebenen Anforderungen entsprechender Kanister bereitgestellt oder eine andere
Möglichkeit zum hygienischen Waschen der Hände geschaffen wird (vgl. § 21
Ordnungsbehördengesetz NRW). Einwände gegen die so verstandene Forderung hat
der Kläger nicht erhoben.
9
3.) Auch die Forderung nach einer Entfernung der Campingtoilette begegnet keinen
rechtlichen Bedenken. Abgesehen von den oben zitierten Forderungen des Art. 4 Abs. 2
i. V. m. Anhang II Kapitel III Nr. 1 und Kapitel IV Nr. 6 der Verordnung (EG) 852/2004
nach einer Minimierung des Kontaminationsrisikos ist hier auch § 3 Satz 1 der
Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) vom 8. August 2007 betroffen, dem zufolge
10
Lebensmittel nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden dürfen,
dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer
nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. „Nachteilige Beeinflussung" in
diesem Sinne ist gemäß § 2 Nr. 1 LMHV eine Ekel erregende oder sonstige
Beeinträchtigung der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln,
wie durch Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Gerüche,
Temperaturen, Gase, Dämpfe, Rauch, Aerosole, tierische Schädlinge, menschliche und
tierische Ausscheidungen sowie durch Abfälle, Abwässer, Reinigungsmittel,
Pflanzenschutzmittel, Tierarzneimittel, Biozid-Produkte oder ungeeignete Behandlungs-
oder Zubereitungsverfahren.
Angesichts der räumlichen Enge in einem Wohnmobil, der Abtrennung der Toilette von
dem Verkaufsraum lediglich durch eine einzige dünne Wand bzw. Tür, des Umstandes,
dass nach dem Ergebnis der Kontrolle vom 25. Februar 2008 nicht zwingend davon
ausgegangen werden kann, dass das in dem Toilettenraum vorhandene
Handwaschbecken stets in betriebsbereitem Zustand ist, und der Tatsache, dass es um
den Verkauf unverpackter und teilweise leicht verderblicher Lebensmittel geht, erscheint
die Forderung des Beklagten gemessen an den genannten Vorschriften gerechtfertigt,
zumal sich der Begriff „nachteilige Beeinflussung" i. S. v. § 3 LMHV wohl nicht allein auf
gesundheitlich relevante Umstände bezieht.
11
Vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Kommentar, Stand: März 2008, C 176, § 2 LMHV
Rdnr. 11.
12
Die bloße Untersagung der Nutzung der Toilette wäre kein gleich geeignetes Mittel, da
sie sich letztlich nicht kontrollieren ließe. Zu einer wirksamen Kontrolle sind die
Lebensmittelbehörden im Übrigen nach § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB, der seinerseits v. a.
auf Art. 3 der Verordnung (EG) 882/2004 vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen
zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der
Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz zurückgeht, verpflichtet.
13
Der Senat vermag auch eine Unverhältnismäßigkeit der Forderung nicht zu erkennen.
Dabei geht er davon aus, dass sich die Campingtoilette ohne größeren Aufwand
entfernen lässt. Zwar ist in der Beschwerdeschrift die Rede davon, die Toilette sei „fester
Bestandteil des Fahrzeugs", das Verlangen, „den Klotopf ... herauszureißen", sei
unverhältnismäßig und die Entfernung der Toilette sei „recht kostenintensiv". Der
Beklagte hat in seiner Erwiderung indes im Einzelnen ausgeführt, dass lediglich die
Herausnahme des „(auch nach den Aussagen des Klägers vor Ort) mobilen Behälters"
aus seiner Halterung erforderlich und nicht ersichtlich sei, inwieweit dadurch überhaupt
Kosten entstehen sollten. Dem ist der Kläger lediglich mit der - nichtssagenden -
Erklärung entgegen getreten, es handele sich „um ein Bauteil, das werksseitig
Bestandteil des Fahrzeugs ist". Eine auch nur ansatzweise substantiierte Schilderung
des Aufwands, den eine Entfernung der Toilette bedeuten würde, fehlt. Angesichts des
konkreten Vortrags des Beklagten über die Beschaffenheit der Campingtoilette und das
Gespräch bei der Kontrolle vom 25. Februar 2008 wäre eine solche Schilderung
angezeigt.
14
4.) Lässt sich nach alledem eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht
feststellen, so kann dahinstehen, welche Folgerungen aus dem Umstand zu ziehen
sind, dass das nach § 166 VwGO i. V. m. § 117 ZPO vorgeschriebene Formular
„Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" zum Teil lückenhaft
15
(z. B. keine Angaben über den Verkehrswert des Hauses und der Kraftfahrzeuge), zum
Teil - jedenfalls gemessen an den Einkommensteuerbescheiden 2006 und 2007 -
wahrheitswidrig (Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit/Gewerbebetrieb;
Einkünfte beider Ehegatten aus Vermietung und Verpachtung) ausgefüllt worden ist.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
16
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
17
18